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Verfahren zur Zerlegung von Steinkohlenurteer ohne Destillation in
seine Bestandteile. Die vorliegende Erfindung bezweckt die Zerlegung von Steinkohlenurteer
ohne Destillation. Es ist schon ein Verfahren bekannt geworden, das die restlose
Entfernung der sauerstoffhaltigen Bestandteile aus Teerdestillaten bewirken soll,
da für viele Verwendungszwecke dieser Destillate die Anwesenheit der zur Zersetzung
und Verharzung neigenden sauren Körper unerwünscht ist. Das bekannte Verfahren besteht
aber darin, daß die Teere bzw. deren Destillate, um die Zwischenöle getrennt von
den Kreosoten für sich zu gewinnen, erst mit einer verdünnten, zur Lösung der Kreosote
eben ausreichenden Menge Ätzlauge und dann mit einem Überschuß von stark konzentrierten
Ätzalkalien, vorteilhaft in der Wärme, behandelt werden.
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Im Gegensatz hierzu bezweckt das Verfahren die -Gewinnung von Phenolen
und Neutralölen aus Steinkohlenurteer ohne Destillation. Dies geschieht gemäß der
Erfindung dadurch, daß Steinkohlenurteer, ohne destilliert zu werden, nacheinander
mit mehreren stark verdünnten Natronlaugen, von denen jede im gleichen Gewichtsverhältnis
zum Steinkohlenurteer steht, bei gewöhnlicher oder schwach erhöhter Temperatur gewaschen
wird. Erfahrungsgemäß wird bei der Behandlung des Steinkohlenurteers mit der ersten
Natronlauge ein großer Teil der Lauge vom Urteer absorbiert, so daß erst die nachfolgenden
Waschlaugen, zweckmäßig etwa drei, Phenole in steigender Menge aufnehmen. Alsdann
werden die Phenole aus den Phenolatlösungen in an sich bekannter Weise entweder
durch völliges Absättigen mit Kohlensäure oder Abstumpfen des Alkalis mit verdünnter
Mineralsäure gefällt, um dann zweckmäßig noch mit warmem Wasser nachgewaschen zu
werden.
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Der Steinkohlenurteer besteht in der Hauptsache aus zwei Körperklassen,
den Teersäuren (Phenolen) und den neutralen Kohlenwasserstoffen. Bisher verarbeitete
man den Teer immer in der Art, daß man ihn destillierte und das Destillat mit Natronlauge
erschöpfend auszog. Den Urteer selbst vor seiner Destillation zu zerlegen, hat man
wohl versucht, allein die Ergebnisse waren nicht ermutigend. Wäscht man den Teer
mit Natronlauge üblicher Konzentration, z. B. solcher von i j Prozent NaOH, so ist
die Schichtenbildung infolge der Dickflüssigkeit des Urteers und der Dunkelfärbung
des Phenolats kaum erkennbar, die Scheidung geht sehr langsam vor sich und ist auch
nicht vollkommen, da die Phenolatlauge recht erhebliche Mengen neutraler 051e einschließt;
anderseits ist es kaum möglich, den Neutralölanteil phenolfrei zu erhalten. Auch
die Eigenschaften der gewaschenen und extrahierten Produkte sind sehr unerquicklich,
da sie anscheinend durch die Wirkung der Lauge weitgehend verharzen und den weiteren
Reinigungsvorgang dadurch äußerst erschweren.
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Die Zerlegung des Urteers ohne Destillation hat auch deshalb wirtschaftliche
Bedeutung, weil die Destillation fast aller Urteerprodukte mit seiner mehr oder
minder großen Zersetzung verknüpft ist. So gehen z. B. die
viskosen
Eigenschaften der Neutralölanteile des Urteers, welche als Schmiermittel in Frage
kommen, bei cler Destillation fast ganz verloren.
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Es wurde nun gefunden, daß die Zerlegung des Urteers aber doch in
leichter und vollkommener Weise gelingt, wenn man eine außergewöhnlich dünne Natronlauge
anwendet. Der Verlauf des Verfahrens ist sehr eigenartig.
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Beispiel. iooo kg Urteer werden bei gewöhnlicher oder schwach erhöhter
Temperatur mit i ooo 1 3prozentiger Natronlauge innig verrührt und dann im Scheidegefäß
kurzeZeit ruhig stehengelassen. Bei der hier angewendeten absichtlich großen Verdünnung
schwimmt die Phenolatlauge auf dem Neutralöl. Es ist bemerkenswert, daß zuerst ein
großer Teil der "Natronlauge vom Urteer adsorbiert wird; erst wenn genügend Natronlauge
vorhanden ist, kommt es zur Scheidung. Dementsprechend sind in der ersten Waschlauge
nur wenig Phenole enthalten, in steigender :Menge im zweiten und dritten Auszug
und in wieder kleiner werdender Menge in der vierten Waschlauge, welche meist genügt.
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Die Zahlen schwanken je nach Beschaffenheit des Teers. Im Durchschnitt
aus zahlreichen Versuchen «-erden erhalten Die Weiterverarbeitung erfolgt in der
Weise, daß aus den Phenolatlösungen mit Kohlensäure oder Mineralsäure die. Phenole
gefällt werden, die nur mit zweckmäßig warmem Wasser nachgewaschen zu «erden brauchen.
Für das Neutralöl genügt die Wasserwäsche.
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Die Produkte sind als solche verwendbar oder können, da sie nicht
destilliert sind, nach Bedarf durch Destillation unter gewöhnlichem oder vermindertem
Druck mit und ohne Anwendung von Wasserdampf noch weiter gereinigt werden.
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Man ist natürlich nicht genau an 3prozentige Natronlauge gebunden;
für einen guten Erfolg ist es zweckmäßig, im Gegenstrom zu arbeiten. Die Zahl der
Wäschen läßt sich auch durch Vergrößerung der Natronlaugenmenge beliebig kürzen.
Bei sehr dickflüssigen Teeren ist es ratsam, bei schwach erhöhter Temperatur die
Waschung auszuführen.
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Die technischen Vorteile, die die beanspruchte Arbeitsweise gegenüber
dem bekannten Verfahren bietet, bestehen in der Hauptsache darin, daß es nach ihr
gelingt, dem Steinkohlenurteer die sauren Bestandteile in leichtester Weise zu entziehen
und die primären Neutralöle mit unveränderten Eigenschaften abzuscheiden, während
diese beim üblichen Abtreiben des Teers ihre technisch wertvollste Eigenschaft,
viskos zu sein, fast völlig verlieren. Diese Zerlegung des Steinkohlenurteers mit
Hilfe der verwendeten sehr dünnen Natronlauge bedeutet eine äußerst schonende Behandlung
des Urteers. Dieselbe Wirkung ist durch Anwendung stärkerer Lauge, etwa gemäß der
Arbeitsweise des bekannten Verfahrens, nicht zu erreichen, da die Schichtenbildung
sehr schlecht erkennbar wird und außerdem unreine Produkte erhalten werden, und
zwar phenolhaltige Kohlenwasserstoffe und Phenole mit N eutralölgehalt. Zudem werden
bei Anwendung starker Natronlauge, anscheinend durch chemischen Eingriff des starken
Ätznatrons, schon Verdikkungserscheinungen, wahrscheinlich durch Polymerisation,
ausgelöst. Bei dem vorliegenden Verfahren gelingt, auch im Betriebe, die Scheidung
mit sehr dünner Lauge leicht, während bei Anwendung starker Natronlauge die Trennung,
selbst bei sorgfältigsten Laboratoriumsversuchen, nur höchst unvollkommen erreicht
wird und nur die vorerwähnten schlechten Ergebnisse liefert.