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Verfahren zur Entfernung von Schwefelwasserstoff Es ist bekannt, daß
bei Vergasungsprozessen irgendwelcher Art das entstehende Gas Schwefelwasserstoff
mit sich führt, wenn das Ausgangsprodukt schwefelhaltige Verbindungen enthält. Es
ist bereits bekannt, basische oder metalloxydhaltige Stoffe in Lösung oder in wäßriger
Suspension zur Entfernung des Schwefelwasserstoffs zu verwenden; deren Herstellung
erfordert jedoch eine besondere Behandlung an sich schon wertvoller Ausgangsstoffe.
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Es wurde nun in dem Staub der Hochofengasreinil;ung ein Absorptionsmittel
gefunden, das zur Entfernung von Schwefelwasserstoff aus Gasen vorzüglich geeignet
ist. Der Hochofenstaub wird für den genannten Zweck in aufgeschlämmtem Zustande
verwendet. Hierdurch wird ein Stoff nutzbar gemacht, der bisher zum größten Teil
als Abfall angesehen «erden mußte. Hochofenstaub hat j e nach Art der Möllerung
des Hochofens verschiedene Zusammensetzung. Er enthält durchschnittlich größere
Mengen Zink, Eisen, \langan, Blei neben Calciumoxyd. Im allgemeinen sorgt man aus
besonderen Gründen dafür, daß der zur Abscheidung gelangende Hochofenstaub nicht
sofort mit der Atmospliäre in Berührung kommt. Nach einiger Zeit tritt eine langsame
Oxydation der im Hochofenstaub enthaltenen Metallteilchen ein. Im Hochofenstaub
enthaltene Kohlensäure und die Kohlensäure der Luft führen diese Oxyde in basische
Carbonate über. Ein derartiger Hochofenstaub eignet sich an sich schon zur Absorption
von Schwefelwasserstoff. Wenn man aber dafür sorgt, daß der abgeschiedene Hochofenstaub
sofort mit der Luft in Berührung kommt, so tritt infolge des pyrophoren Charakters
der im Hochofenstaub enthaltenen Bestandteile eine so lebhafte Oxydation des Staubes
ein, daß dieganze Masse, besonders bei höherem Zinkgehalt, ins Glühen kommt. Nur
das Calciumoxyd bleibt in ursprünglichem Zustand. Wird nun der Hochofenstaub in
diesem Zustande höchster Reaktionsfähigkeit, also heiß, in Wasser eingetragen, so
erhält man eine Aufschlämmung, die besonders imstande ist, Schwefelwasserstoff ztt
binden. Durch das Wasser verwandeln sich die obengenannten Oxvde sofort in die entsprechenden
Hvdroxyde, die die Fähigkeit haben, unter Bildung von in Wasser unlöslichen Sulfiden
den Schwefelwasserstoff zu binden. Je nach der Menge des zu bindenden Schwefelwasserstoffes
wird man die Aufschlämmung in verdünntem oder konzentriertem Zustand verwenden.
Die Reaktionsfähigkeit der Aufschlämmung hängt, wie schon erwähnt, auch von der
Zusammensetzung des Hochofenstaubes
ab. Führt das Ausgangsprodukt
sehr viel Zink und Kalk mit sich, so kann zur Absorption eine verdünntere Aufschlämmung
benutzt werden als bei geringem Zink- und Kalkgehalt. Nach Durchführung eines längeren
Absorptionsprozesses ist die Aufschlämmung verbraucht. Das Suspensionsmittel (Wasser)
wird von den festen Stoffen durch Klärung oder Filtration getrennt und erneut dazu
benutzt, Schwefelwasserstoff zu binden, da dieses Klärwasser lösliches Calciumhydroxyd
und Alkali enthält, und daher vorteilhaft zum Aufschlämmen der regenerierten Masse
verwendet.
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Durch Schwefelaufnahme verbrauchter Hochofenstaub kann wieder absorptionsfähig
gemacht werden, indem er durch einen gelinden Glühprozeß (Oxydation) von Schwefel
befreit und im Glühzustand wieder mit Wasser in Berührung gebracht wird. Das entweichende
Schwefeldioxyd kann zu Schwefelsäure oder elementarem Schwefel aufgearbeitet werden.
Ist noch nicht benutzter Hochofenstaub infolge längerer Lagerung inaktiv geworden,
so bewirkt eine Wärmebehandlung auf schwache Rotglut eine Aktivierung des Staubes.
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Das geschilderte Verfahren eignet sich vorzüglich zur Absorption von
Gasen, die Schwefelwasserstoff mit sich führen, z. B. zur Reinigung von Koksgas,
Wassergas, Schwelgas usw.
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Eine weitere Verwendungsmöglichkeit liegt ferner in der Benutzung
der obengenannten aktiven Aufschlämmung, um den bei der Granulation von Schlacken
sich bildenden Schwefelwasserstoff zu binden. Es ist bekannt, daß beim Eingießen
von glühender Schlacke, welche oberhalb des eigentlichen Abstichlochs, aus dem sogenannten
Schlackenloch, abfließt, in Wasser zum Zwecke der Granulation die Sulfide der glühenden
Schlacke augenblicklich durch Wasser zersetzt werden. 'Mit dem verdampfenden Wasser
entweichen große Mengen Schwefelwasserstoff. Der Geruch nach diesem Gas macht sich
in der Umgegend der Granulationsanlage deutlich bemerkbar. Auf die Dauer kann diese
ungesunde Atmosphäre zu gesundheitlichen Schädigungen führen. Man hat sich nun bis
jetzt so geholfen, daß man bei der Granulation so viel Wasser benutzt hat, daß praktisch
wenig Wasserdampf sich bilden konnte, so daß der entstehende Schwefelwasserstoff
von der großen Menge Wasser absorbiert werden konnte. Dieses Verfahren wirk: sich
naturgemäß infolge des hohen Verbrauches an Wasser so stark aus, daß die Wirtschaftlichkeit
des Granulationsverfahrens in Frage gestellt werden kann. Im übrigen reichert sich
bei starkem Wasserverbrauch dieses Wasser nach und nach mit Schwefelwasserstoff
an, so daß nach einer kurzen Zeit auch bei Zufluß von Frischwasser ein schwefelwasserstoffhaltiges
Wasser zur Granulation verwendet wird, das in Berührung mit glühender Schlacke allmählich
Schwefelwasserstoff abgeben muß. Würde man nur mit Frischwasser arbeiten, so wäre
die Granulation überhaupt nicht wirtschaftlich.
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Bei Benutzung einer gemäß der Erfindung hergestellten Hochofenstaubaufschlämmung
werden die Gefahren der Schwefelwasserstoffbildung sofort beseitigt. Die in der
Aufschlämmung enthaltenen Hydroxyde absorbieren den bei der Granulation entstehenden
Schwefelwasserstoff sofort und bilden selbst unlösliche Sulfide. Diese setzen sich
mit der granulierten Schlacke und mit den übrigen Bestandteilen der Hochofenstaubaufschlämmung
ab. Das geklärte Wasser ist praktisch schwefelwasserstofffrei und kann zur Herstellung
einer neuen aktivierten Hochofenstaubaufschlämmung benutzt werden. Der große wirtschaftliche
Vorteil dieser Anwendung der Erfindung besteht aber nicht nur in der restlosen Absorption
des Schwefelwasserstoffs und in der Wiederbenutzung des geklärten Wassers, sondern
auch in der Ersparnis des Granulationswassers selbst. Großversuche zeigen, daß man
dem geklärten Wasser nur so viel an Frischwasser zuzufügen braucht, wie durch die
Verdampfung verloren geht und durch die granulierte Schlacke selbst herausgebracht
worden ist. Die Ersparnis an Wasser beträgt durchschnittlich d.o bis 50 °/o. Durch
diese Ersparnis und durch die damit erzielten Erfolge wird die Granulation von Schlacken
auf eine wirtschaftlich einwandfreie Basis gestellt. Die Auswirkung des Verfahrens
ist allerdings nur dann vollständig, wenn die ganze Aufschlämmung, nicht das Filtrat
der Aufschlämmung, zu Absorptionszwecken benutzt wird. Es hat sich gezeigt, daß
auch das Wasser, das die aktivierte Hochofenstaubaufschlämmung erzeugt hat, nach
Klärung oder Filtration Schwefelwasserstoff absorbierende Wirkungen ausüben kann.
Hier wirken allerdings nur die löslichen Bestandteile des Calciumhydroxydes. Bei
der Gesamtaufschlämmung wirken aber auch die unlöslichen Hy droxyde, und diese sind
die Hauptursache für die Schwefelwasserstoffbindung.