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Verfahren zur Gewinnung von Salmiak und Soda Die Herstellung der Soda
geschieht heute vorzugsweise durch Umsetzung von Chlornatrium mit doppeltkohlensaurem
Ammon bzw. dessen Bestandteilen in wässeriger Lösung. Es entstehen hierbei Salmiak
und Natriumbicarbonat, welch letzteres aus der Lösung ausfällt und nach der Filtration
zu Soda calciniert wird. Der Salmiak, der in Lösung bleibt, wird mit Kalkmilch gespalten
und das Ammoniak zwecks Wiederverwendung im nächsten Prozeß abgetrieben. Der Umsetzungsgrad
der beiden Komponenten macht etwa 66 % aus. Das Verfahren ist also in wirtschaftlicher
Hinsicht nicht so ergiebig, wie es zu wünschen wäre.
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In vielen Fällen jedoch soll auch der entstandene Salmiak gewonnen
werden, wenn z. B. genügend Ammoniak zur Verfügung steht, wie es in den Ammoniak
erzeugenden Betrieben der Fall ist. In solchen Fällen ist man genötigt, die :Mutterlauge
einzudampfen und durch Tiefkühlen den Salmiak abzuscheiden, der jedoch mit Alkalisalzen
verunreinigt ist. Man kann jedoch auch den Salmiak ausfällen, wenn man die Umsetzung
der beiden Ausgangsstoffe in einer Lösung vornimmt, die ein leichtlösliches Natriumsalz
(z. B. Natriumnitrat) gelöst enthält. Hier wird durch Zusatz von Ammonbicarbonat
Natriumbicarbonat abgeschieden, worauf durch Zusatz von Chlornatrium zum Filtrat
der Salmiak zur Ausscheidung gelangt. Nach einem anderen Verfahren wird die Umsetzung
in einer 40 °/oigen Ammoniaklösung vorgenommen, wobei sich zunächst das gebildete
Natriumbicarbonat abscheidet, während aus dem Filtrat durch Absaugen des Ammoniaks
der Salmiak zur Abscheidung gebracht wird.
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Auch diese Verfahren arbeiten nicht mit voller Ausbeute und haben
außerdem den Nachteil, daß außerordentlich große Mengen an Umsetzungsflüssigkeit
benötigt werden, die dazu zwingen, die Reaktionsapparaturen in sehr großen Ausmaßen
herzustellen. Weiter entstehen erhebliche Mengen an Waschflüssigkeiten, deren Verarbeitung
verhältnismäßig schwierig ist und die Aufstellung besonderer Apparaturen erfordert.
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Die Vermeidung dieser Nachteile ist der Zweck vorliegenden Verfahrens.
Es wurde gefunden, daß bei Verwendung von flüssigem Ammoniak die Umsetzung der beiden
Ausgangsstoffe roo °/,i- ist, da das Natriumbicarbonat in flüssigem Ammoniak vollständig
unlöslich ist, während sich der gebildete Salmiak leicht löst; man kann also nach
erfolgter Reaktion das Gemisch abfiltrieren und erhält, nachdem der Filterrückstand
mit flüssigem Ammoniak nachgewaschen ist, eine zoo °/oige' Ausbeute an Natriumbicarbonat,
während der gesamte Salmiak im Filtrat gelöst ist und aus diesem durch Absaugen
des Ammoniaks abgeschieden werden kann.
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Es ist an sich bekannt, daß flüssiges Ammoniak viele Salze auflöst
und daß es dazu verwandt wird, Gemische von Salzen zu trennen, z. B. Ammonnitrat
und Alkalisulfat. Es
ist weiter bekannt, daß flüssiges Ammoniak
auch auf seine Verwendbarkeit als Umsetzungsmittel für chemische Reaktionen untersucht
wurde, seine Verwendung jedoch für die Umsetzung von Chlornatrium mit Ammoncarbonaten
wurde bisher noch nicht vorgeschlagen trotz .der Vorteile, die es für die Herstellung
von Salmiak und Soda aus den erwähnten Ausgangsstoffen bietet. Zudem ist sowohl
Ammonium- als auch Natriumbicarbonat in flüssigem Ammoniak unlöslich, und es war
somit nicht vorauszusehen, daß die Umsetzung quantitativ in Richtung der Bildung
von Natriumbicarbonat und Salmiak verlaufen werde.
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Das Verfahren kann auf Grund ausgeführter Versuche folgendermaßen
durchgeführt werden: Äquimolekulare Mengen Chlornatrium (58o kg) und Ammonbicarbonat
(79o kg) werden .miteinander gemischt und in ein Druckgefäß gebracht, das zweckmäßig
mit Rührwerk versehen ist. Dann wird flüssiges Ammoniak zugesetzt, dessen Menge
jedoch geringer sein kann als es seinem Lösungsvermögen für die zu entstehende Salmiakmenge
entspricht. Die Umsetzung vollzieht sich nach der Gleichung Na Cl +NH,HCOs
- NH4 C1 + NaH C O3. Dadas entstehende Ammonchlorid in Ammoniak anscheinend leichter
löslich ist als Natriumchlorid, so geht die Reaktion nur in einer Richtung vor sich,
obschon Ammoniumbicarbonat und Natriumbicarbonat schwer löslich sind, so daß die
Umsetzung vollständig ist und die Ausbeuten praktisch ioo °/o betragen.
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Nach erfolgter Reaktion wird der Inhalt des Druckgefäßes in eine Drucknutsche
abgelassen, auf der sich das gebildete Natriumbicarbonat sammelt, während die Lösung
von Salmiak in flüssigem Ammoniak einem behälter zufließt. Das Gut auf der Nutsche
wird mit flüssigem Ammoniak nachgewaschen bis zum Verschwinden der Chlorreaktion.
Der Gesamtbedarf an flüssigem Ammoniak richtet sich nach der Löslichkeit des Salmiaks,
und man verfährt zweckmäßig so, daß man für das Reaktionsgefäß nur einen Teil, und
den Rest zum Auswaschen des Natriumbicarbonats auf der Nutsche verwendet. Natürlich
kann das flüssige Ammoniak auch geringe Mengen Wasser enthalten, jedoch nur so viel,
daß das Natriumbicarbonat noch ungelöst bleibt und nicht den Salmiak verunreinigt.
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Das im Auffangebehälter befindliche Filtrat, dem auch die Waschflüssigkeit
zugeflossen ist, wird nun abgesaugt, wobei man praktisch so verfährt, daß das abgesaugte
Ammoniak wieder komprimiert wird und in einer Leitung oder einem Mantel am Filtrat
vorbeigeleitet wird, wodurch die Verdampfungs- und Kompressionswärme gegeneinander
ausgetauscht werden, so daß sowohl der Kraftverbrauch als auch der Bedarf an Wärme
und Kühlmitteln äußerst gering sind. Das komprimierte und wieder verflüssigte Ammoniak
fließt einem Vorratsbehälter zu und kann von neuem zur Umsetzungsreaktion verwandt
werden. Der Salmiak bildet vor dem Erstarren eine viskose Flüssigkeit, die scheinbar
eine lockere Additionsverbindung zwischen Salmiak und Ammoniak darstellt, sich aber
leicht zersetzt.
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Bei den Versuchen wurden ioo °/oige Ausbeuten an Natriumbicarbonat
und Salmiak erhalten. Der gebildete Salmiak war beim Glühen bis auf i
% Rückstand flüchtig und enthielt 66 % Chlor, war also von großer
Reinheit.
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Das gebildete Natriumbicarbonat gab mit Silbernitrat eine sehr geringe
Trübung, konnte also praktisch als chlorfrei angesprochen werden. Es enthielt jedoch
geringe Mengen an Ammoniak und außerdem Carbamat, was aber für die Reinheit der
herzustellenden Soda bedeutungslos ist und lediglich von Einfluß ist auf die Art
des Kalzinationsprozesses.
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Es ist zweckmäßig, für die Reaktion einen geringen Überschuß von Ammonbicarbonat
zu verwenden, um sicher zu gehen, daß das Natrium des Kochsalzes vollständig ausgefällt
wird.