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Umsteuerbare Ventilsteuerung für Kolbenmaschinen Die Erfindung betrifft
eine umsteuerbare Ventilsteuerung für Kolbenmaschinen, insbesondere für mehrzylindrige
Kolbenmaschinen, die durch umlaufende Nockenscheiben mit verschiedener Nockeneinstellung
und konstantem Voreilwinkel betrieben werden. Es sind Ventilsteuerungen dieser Art
bekannt, bei denen unerwünschte Beschleunigungswirkungen dadurch ausgeglichen werden,
daß die Nockenscheibenrollen, welche die beiden Einlaßventile an den entgegengesetzten
Enden der Zylinder steuern, um z8o° gegeneinander versetzt werden und auf die Nocken
vermittels einer starken Ausgleichfeder drücken, die durch Vermittlung einer geeigneten
Hebelkraft wirkt. Es liegen dann zwei Rollen an ein und derselben Expansionsnockenscheibe
an den beiden entgegengesetzten Enden eines Durchmessers an. Mittels der Ausgleichfeder
wird ein Druck solcher Stärke ausgeübt, daß dem durch das Schließen der Ventile
verursachten Beschleunigungsstoß entgegengewirkt wird. Diese Anordnung hat für die
Arbeit .der Maschine insofern ungünstige Folgen, als, abgesehen von der verwickelten
Anordnung der Ausgleichfedern und der anderen Hilfsmittel, schon allein die Notwendigkeit,
die Rollen an den gegenüberliegenden Enden eines Durchmessers der Nockenscheibe
anzubringen, den Konstrukteur dazu zwingt, die Ventile stets paarweise anzuordnen,
so daß er also in der Anordnung dieser Ventile nicht unabhängig ist.
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Es gibt aber viele vorteilhafte Möglichkeiten, die ohne die Abhängigkeit
von der paarweisen Anordnung in Erwägung gezogen werden könnten, aber wegen der
erwähnten Beschränkung außer Anwendung bleiben müssen.
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Die Anordnung der Ventilsteuerung nach der Erfindung hat den Vorteil,
daß die Rollen in jeder beliebigen Stellung zu dem Profile der Nockenscheibe angeordnet
werden können und die Ventile unabhängig voneinander steuern, wobei die erforderliche
Ausgleichung und Genauigkeit durch andere Mittel als die Gegenüberstellung erreicht
wird. Man erlangt so die größte Freiheit hinsichtlich der Ventilanordnung.
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Bei der Ventilsteuerung nach der Erfindung werden wie bisher zwei
in der Form gleiche, aber symmetrisch angeordnete Einlaßnockenscheiben verwendet,
von denen jeweils die eine das Öffnen und die andere die Expansion steuert und welche
von Kurbeln einer gemeinsamen Umsteuerwelle vermittels auf einer Stellschraube sitzender,
sich drehender Stellmuttern und in diese mit Spiel eingreifender, an den Kurbelstangen
angelenkter Schubringe gegeneinander in Drehrichtung zum Zwecke der Umsteuerung
oder Füllungsveränderung
verstellt werden. Das Wesen der Erfindung
besteht darin, daß die Einlaß-, ventile sich mit ihren in Wechselwirkung mit den
Nockenscheiben stehenden Rollen beim Schließen mit der vollen, durch die Schließbewegung
herbeigeführten Kraft einseitig gegen die Ablaufflanken der Expansionsnockenscheibe
anlegen. Dadurch wird die lose auf der Welle sitzende Expansionsnockenscheibe so
weit vorwärts gedreht, wie es der Spielraum zwischen der zugehörigen Stellmutter
und dem zugehörigen Schubring gestattet, mit der Wirkung, daß ein zuckungsfreier
zwangsläufiger Gang der Steuerung ohne Benötigung besonderer Ausgleicheinrichtungen
gewährleistet und es ermöglicht ist, den Rollen für die einzelnen Ventile jede beliebige
Lage zu der Nockenscheibe zuzuteilen.
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In Fig. 6 der Zeichnung ist das Kreis- oder polare Diagramm der Dampfvorgänge
für Ventilsteuerungen der bisher bekannten Art dargestellt. Dieses Diagramm hat
die doppellinige Gestalt; es enthält nämlich die beiden Kurvenzweige a und b für
den Kurbelwinkel, bei welchem das Einlaßventil während der Vorwärtsbewegung (im
Sinne des Uhrzeigers) sich schließt und bei welchem es sich bei der Rückwärtsbewegung
(entgegen dem Uhrzeiger) zu öffnen beginnt, während die beiden Kurvenzweige c und
d die Öffnungslage bei Vorwärtsbewegung und das Abschließen des Dampfes bei Rückwärtsbewegung
wiedergeben.
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Das entsprechende Kreisdiagramm für die neue Ventilsteuerung hat einlinige
Gestalt, da der Füllungsgrad sich nicht mehr bei der Vorwärtsbewegung gemäß der
Kurve a ändert, sondern gemäß derselben Kurve b, die auch das Gesetz für das Ventiloffnen
bei der Rückwärtsbewegung darstellt; ähnlich stellt auch die einzige Kurve c sowohl
das Gesetz für das Ventiloffnen bei der Vorwärtsbewegung als auch für das Dampfabschließen
bei der Rückwärtsbewegung dar.
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Es kann sein, daß der von den Ventilen verursachte Vorwärtsstoß bzw.
Stöße nicht genügen, um die Expansionsscheibe konstant in ihrer äußersten Vorwärtsstellung
zu halten, besonders wenn übermäßige Reibung vorhanden ist. In einem solchen Falle
wird eine Anordnung benutzt, welche das Bestreben hat, die Scheibe in der vorgerückten
Lage zu halten. Fig. ia und ib zeigen eine der möglichen Ausführungsformen einer
solchen Anordnung.
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Die Nockenwelle A, welche mit derselben Geschwindigkeit wie die Triebwelle
umläuft, treibt in Pfeilrichtung Nockenscheiben C und C an, eine Öffnungs-
und eine Expansionsscheibe, welche lose auf die Welle aufgesetzt sind und vermittels
Schnecken R und R' in Drehung versetzt werden, die durch Stangen B und B'
mit den Nockenscheiben verbunden sind. Diese Schnecken sind auf eine steilgängige
Schraube V aufgeschraubt, die in die Nockenscheibenwelle eingeschnitten ist und
sich mit derselben dreht, während ihre Längsverschiebung durch die die Schnecken
R und R' umfassenden Ringe L
und L' gesteuert wird. Diese Ringe
werden durch Gelenke T und T von den Kurbeln W und W' verstellt, die durch
den Untersteuerhebel gesteuert werden.
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Diese ganze Anordnung ist bekannt einschließlich des toten Ganges,
der zwischen den Schnecken R und R' einerseits und ihren Stellringen L und
L' andererseits vorgesehen ist.
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Gemäß der Erfindung liegt zwischen jeder Schnecke und ihrem Stellring
eine Ringscheibe L bzw. l' und eine Anzahl von Federn M bzw. M'; der
Druck dieser Federn überwindet die Reibungswiderstände und drückt die betreffenden
Nockenscheiben in die gewünschte Richtung (in die Vorwärtsstellung bei der Expansionsscheibe)
; so wird der bisher freie tote Gang durch einen »elastischen -toten Gang« ersetzt,
d. h. durch einen toten Gang, der dauernd vernichtet wird, aber zur Geltung kommt,
wenn es notwendig ist (nämlich wenn die Kurbelarme W und W'
sich in
der Nähe ihrer Totpunkte befinden), um eine konstante Winkelvoreilung für den Einlaß
zu erlangen.
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Die ständige Arbeit der Expansionsscheibe in ihrer ganz vorgerückten
Stellung, wie sie durch die beschriebene Vorrichtung oder durch eine gleichwertige
gesichert wird, gestattet eine vollständige Unabhängigkeit der Lage der Rollen am
Profil der Scheiben.
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Durch die Erfindung ist es ermöglicht, mit einem einzigen Paar von
Einlaßscheiben eine Anzahl von Schwingen unabhängig zu bewegen, von denen jede ein
Einlaßventil steuert (natürlich innerhalb der Grenzen der zulässigen Abmessungen
der Schwinge und des gegenseitigen zur Verfügung stehenden Raumes).
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In Fig.2, 3 und 5 sind schematisch beispielsweise zwei Fälle der Steuerung
zweier oder dreier Einlaßventile durch ein einziges Paar von Einlaßnockenscheiben
für die Deckelseite bzw. die Kurbelseite dargestellt, und zwar in Fig. 2 und 3 für
eine Zweizylindermaschine mit parallelen Zylindern und um 9o° gegeneinander versetzten
Kurbeln und in Fig. 5 für eine Dreizylindermaschine mit gegeneinander um i2o° versetzten
Kurbeln.
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Wenn man mit demselben Paar von Einlaßscheiben entweder ausschließlich
alle Ventile auf der Deckelseite des Zylinders oder
ausschließlich
alle Ventile auf der Kurbelseite von Zylindern steuert, deren Kolben an Kurbeln
angeschlossen sind, die die gleiche Kröpfung haben, sich mit gleicher Geschwindigkeit
drehen und Schubstangen gleicher Länge haben, so ist die veränderliche Wirkung der
nicht unendlichen Schubstangen bei allen Füllungsgraden die gleiche und macht sich
in gleicher Weise und in der gleichen Richtung bei den durch das gleiche Paar von
Nockenscheiben geregelten Einlaßphasen geltend.
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So ist es möglich, durch eine geeignete Korrektur (in entgegengesetzter
Richtung) der Profile der entsprechenden Paare von Einlaßnockenscheiben, die alle
Ventile der Deckelseite und alle Ventile der Kurbelseite bewegen, genügend die obenerwähnten
Einwirkungen der Schubstange auszugleichen.
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Es ist insbesondere möglich, dadurch die Ventile i. und im (Fig. 2
und 3) einer Zweizylinderlokomotive zu steuern und dabei den Einfluß der Winkliglage
der Schubstange ausreichend auszugleichen, daß man zwischen den beiden Zylindern
in Längsrichtung eine Nockenscheibenwelle A anordnet, die mit der gleichen Geschwindigkeit
wie die Kurbelwelle umläuft, wobei durch Getriebe b (die Kegelgetriebe oder Schraubengetriebe
sein können) die Bewegung von einer der Triebachsen der Lokomotive abgeleitet wird.
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Die Welle A erstreckt sich in das Innere eines Kastens C, der die
Nockenscheiben, Schwingen und Hebel zum Steuern der Einlaß- und Auslaßventile der
beiden Zylinder y und y' enthält.
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S, und Sm sind die gemeinsamen Mittellinien der Auslaßventile und
i, und i"" die gemeinsamen Mittellinien der Einlaßventile auf der Deckel- bzw. Kurbelseite
der beiden Zylinder. In Fig. 2 ist die gegenseitige, zueinander rechtwinklige Lage
der beiden Schwingen dargestellt, welche von demselben Nockenpaar bewegt werden
und die entsprechenden Einlaßventile (die beiden Ventile der Deckelseite oder der
Kurbelseite) der Zylinder mit um 9o° gegeneinander versetzten Kurbeln steuern.
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Gibt man den Profilen des Nockenscheibenpaares, welches die Ventile
der Kurbelseite steuert, eine geeignete größere- Ausdehnung als denen des anderen
Nockenscheibenpaares, so ist es möglich, bei der Kurbelseite des Zylinders einen
Füllungsgrad mit einem größeren Winkel gegen den Totpunkt zu erreichen als auf der
Deckelseite, wodurch der lineare Abstand im Hub gegenüber dem entsprechenden Totpunkte,
der sich bei gleichen Kurbelwinkeln infolge der Winkellage der Schubstange ergibt,
genügend ausgeglichen wird. Fig. 5 zeigt, wie die Schwingen am Umfang desselben
Nockenscheibenpaares angeordnet werden, wenn die drei Einlaßventile (Deckelseite
oder Kurbelseite) bei einer Dreizvlindermaschine mit um i2o° versetzten Kurbeln
von den Schwingen zu steuern sind; bei dieser Steuerung ist es ebenfalls möglich,
auf demselben oben beschriebenen Wege den Ausgleich der infolge der Winkliglage
der Schubstange eintretenden Phasenverschiebungen zu erreichen.
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Das Arbeitsdiagramm, das mit der Ventilsteuerung nach der Erfindung
erreicht wird, gestattet infolge der dauernd vorgerückten Stellung der Expansionsnockenscheibe,
das Maß der Kompression im Zylinder bei hohem Füllungsgrad zu vermindern, indem
eine Hilfsauslaßnockenscheibe mit der Expansionsscheibe verbunden wird, wie in Fig,
q.a, 4.b und q.c in einer der möglichen Ausführungsformen dargestellt ist.
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Zu der gewöhnlichen Auslaßnockenscheibe D, welche unveränderlich durch
geeignete, an der Nockenscheibenwelle A befestigte Mitnehmer z, z' bei der Drehung
in einer bestimmten Richtung mitgenommen wird, ist eine Hilfsscheibe D' hinzugefügt,
welche lose auf der Nabe der Scheibe D aufsitzt und Seite an Seite mit ihr liegt.
Beide Scheiben arbeiten auf dieselben Rollen, die die Auslaßventile steuern.
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Die Hilfsscheibe D' hat dasselbe Profil wie die Scheibe D und ist
mit einem kreisförmigen Schlitz C versehen, durch welchen die Enden von Stangen
B' und B hindurchtreten, die an der Expansionsnockenscheibe bzw. an
der Einlaßöffnungsscheibe befestigt sind.
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Die Zeichnung zeigt die Nockenscheiben, wie sie bei Vollsteuerung
in Vorwärtsrichtung erscheinen, unter Drehung in Pfeilrichtung. Hierbei befinden
sich die Stangen B', B
an den entgegengesetzten Enden des Schlitzes
C, und das Schließprofil der Hilfsscheibe D' eilt um einen Winkel
a-ß gegen das Profil der Scheibe D nach.
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Unter diesen Umständen wird das Öffnen des Ventils von der durch die
Mitnehmer z, z' angetriebenen Scheibe D' bewirkt, und das Schließen wird von der
Scheibe D erlaubt, welche während der Schließperiode sich nicht verschieben kann,
da sie daran durch die Stange B' gehindert wird, welche sich ihrerseits nicht nach
vorn verschieben kann, weil die mit ihr verbundene Expansionsnockenscheibe sich
bereits in ihrer äußersten Vorwärtslage befindet.
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Bei Verminderung des Füllungsgrades bewegt sich die Stange B' in der
Pfeilrichtung vorwärts, so daß die Scheibe D', welche das Schließen des Ventils
regelt, sich in der
gleichen Richtung vorwärts bewegen kann, bis
sich die Füllung um den Winkel «-ß vermindert. Von diesem Augenblick an überdecken
sich die Profile der Scheiben D und D',
und die Scheibe D', welche
lose ist, hat überhaupt keine Wirkung mehr, so daß die Kompression konstant bleibt.
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Bei der Rückwärtsdrehung übernimmt die Stange B die Funktion,
welche die Stange B'
bei der Vorwärtsbewegung hatte, und bei voller Rückwärtssteuerung
ist der Nacheilwinkel für die Kompression y-(ca-ß).
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Mit Hilfe der beschriebenen Hilfsnockenscheibe kann man eine sehr
niedrige Kompression bei den höchsten Füllungsgraden erreichen, wobei diese Kompression
allmählich vergrößert werden kann, wenn der Füllungsgrad verkleinert wird, bis sie
ihren größten Wert beispielsweise erreicht, wenn der Füllungsgrad etwa 5o 0i, beträgt;
bei allen kleineren Füllungsgraden bleibt dann die Kompression konstant.
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Bei Verwendung der Hilfsscheibe D' ist das Gesetz der Kompressionsänderung
das besterreichbare unter Berücksichtigung sowohl der mechanischen als auch der
thermodynamischen Arbeit.