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Elektrischer Isolierstoff Die Wicklung größerer elektrischer Maschinen
für hohe Spannungen, insbesondere die Wicklung von Turbogeneratoren, wird meist
mit Micafolium, d. h. mit einem Isolierstoff isoliert, welcher aus Spaltglimmer
besteht, der auf Papier als Träger mit einem Bindemittel aufgeklebt ist. Die Stäbe
oder Spulen der Wicklung werden mit einer mehrfachen Lage dieses Isolierstoffes
umgeben, so daß je nach der Spannung eine bis mehrere Millitneter dicke Isolierschicht
entsteht.
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Die neuzeitliche Entwicklung der Technik zeigt das Bestreben, immer
größere Leistungen in einer Maschineneinheit zu vereinigen, womit eine Erhöhung
der Generatorspannung Hand in Hand geht. An die Isolierstoffe werden daher bezüglich
des Isolationsvermögens dünner Isolierschichten, bezüglich seiner dielektrischen
Verluste und seiner Widerstandsfähigkeit gegen Hitze wachsende Anforderungen gestellt.
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Der Isolierstoff muß einerseits hinsichtlich seiner Durchschlagsfestigkeit,
seiner dielektrischen Verluste und der damit zusammenhängenden Eigenerwärmung den
angewandten Maschinenspannungen entsprechen, und mit Rücksicht auf diese Eigenschaften
des Isolierstoffes ist der Spannung elektrischer Maschinen eine obere Grenze gesetzt.
Andererseits wird die zulässige Erwärmung der Maschine ebenfalls durch die Eigenschaften
des Isolierstoffes, nämlich seine Wärmebeständigkeit, begrenzt.
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Auf die Verwendbarkeit von Micafolium hat das angewendete Bindemittel
bestimmenden EinfluB. Bisher verwandte man als solches Schellacklösung und war durch
die diesem Isolierstoff eigentümlichen dielektrischen Verluste und die damit zusammenhängende
Eigenerwärmung an Spannungen gebunden, deren obere' Grenze etwa bei r2 ooo Volt
liegt. Andererseits ist diesem Micafolium mit Schellackbindemittel eine bestimmte
Widerstandsfähigkeit gegen Hitze eigentümlich, und Versuche haben ergeben, daß dieser
Isolierstoff bei einer Erwärmung auf höhere Temperaturen eine Schwellung zeigt,
als deren Folge seine rasche Zerstörung erfolgt. Dieses Schwellen des Isolierstoffes
wird durch Drücke hervorgerufen, die von dem bei höherer Temperatur sich verflüssigenden
Schellack und von Dämpfen, die sich zwischen dem Spaltglimmer bilden, hervorgebracht
werden.
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Die Ursache für diese Erscheinung liegt in folgendem: Bekanntlich
ist Schellack zum Unterschied von anderen Harzen nicht in pflanzlichen oder mineralischen
Ölen löslich,
. und er muß daher zwischen dem Spaltglimmer in Form
seiner alkoholischen Lösung verwendet werden, aus welcher der Alkohol nicht vollkommen
verdunstet. Der trockene Schellack enthält noch etwa 3 o/p Lösungsmittel. Der Alkohol
hat einen niedrigen Siedepunkt und daher einen höhen Dampfdreck; z. B. ist sein
Dampfdruck bei 115' 3,9 kg pro cm2. Der Schellack wird bei 6o bis ioö° C weich und
schmilzt bei ioo bis i 5o0 C. Das Auftreiben des Isolierstoffes, welches die erste
Stufe zur vollkommenen Zerstörung der Isolation bildet; wird von dem resultierenden
Druck hervorgerufen, welcher sich aus dem Druck des flüssigen Schellacks, dem Dampfdruck
des Alkohols und demjenigen der Feuchtigkeit des Papiers; welches als Träger dient,
zusammensetzt.
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Die Erfindung hat einen neuen Isolierstoff zum Gegenstand, für welchen
an Stelle der Schellacklösung ein neues Bindemittel verwendet wird, wodurch der
Isolierstoff wesentlich bessere Eigenschaften erhält, als je das bisher verwendete
Micafolium mit Schellackbindemittel hatte. Das neue Bindemittel besteht aus einer
Masse, die einen natürlichen festen Kohlenwasserstoff, ein polymerisiertes Pflanzenöl
und die Verbindung eines die Masse flüssig erhaltenden Harzes mit einem mehrwertigen
Alkohol enthält, ist in Kohlenwasserstoffen löslich und: wird in gelöster Form zur
Herstellung des Isolierstoffes verwendet.
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Im folgenden soll ein Verfahren zur Herstellung eines speziellen Bindemittels,
welches sich aus Grundstoffen der obengenannten Gattungen zusammensetzt, geschildert
werden.
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Es werden 14,5 kg Kolophonium; io kg
Chinaholzöl und 1,6 kg
Glycerin in einen besonderen Topf eingebracht, der ganz geschlossen ist und Öffnungen
besitzt, welche zur Einführung eines Thermometers und von Rührschaufeln dienen.
Diese Masse wird rasch auf eine Temperatur von 300° C erhitzt und diese Temperatur
ungefähr 30 Minuten lang beibehalten. Hierauf werden 42, kg pulverisierter Manjakasphalt
hinzugefügt und die Erhitzung unter fortwährendem Umrühren und Einhaltung einer
Temperatur von 250° C etwa q. Stunden lang fortgesetzt, d. h. so lange, bis die
Bestandteile gut durchgemischt sind und die Mischung weder feste noch gasförmige
Bestandteile mehr enthält. Diese Substanz wird dann in eine Pfanne geschüttet und
abkühlen gelassen, dann gemahlen und durch ein feines Sieb gesiebt. Das auf diese
Weise erhaltene pulverisierte Bindemittel wird in einem Kohlenwasserstoff, z: B:
Gasolin, Benzol, Xylol oder in einer Mischung von zwei oder mehreren dieser Lösungsmittel,
aufgelöst. Zur Herstellung eines Isolierstoffes aus Spaltglimmer auf einem Träger
empfiehlt sich besonders die Verwendung eines Bindemittels, das aus ungefähr 72
kg pulverisierter Bindemasse, gelöst in einer Mischung von 721 Benzol und 72 1 GasoIin,
besteht. Zur Anpassung an besondere Zwecke kann das Mischungsverhältnis des Lösungsmittels
auch geändert werden. Das auf den Spaltglimmer aufgetragene getrocknete Bindemittel
besitzt einen Schmelzpunkt von etwa 2oo° C, wird jedoch bei i5o° weich, so daß es
das richtige Haftvermögen für die Herstellung der Isolation für die Leiter von Turbogeneratoren
besitzt. Es enthält nicht mehr als etwa o,5°1" des Lösungsmittels und ist arm an
flüchtigen Bestandteilen.
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Das angegebene Verfahren benutzt den Umstand, daß Chinaholzöl schnell
zu einer starren gallertartigen Masse polymerisiert, welche in heißem Harz löslich
ist, wenn es auf 25o bis 27o° C erhitzt wird. Das Hinzufügen von Glycerin hat den
Zweck, den Säuregehalt des Harzes zu reduzieren, was beim Siedepunkt des Glycerins
vor sich geht, indem sich die Säure des Harzes mit dem Glycerin zu Glycerin-Ester-Gurnini
verbindet. Sobald die Mischung auf ungefähr 300° C erhitzt ist, gehen beide Prozesse,
das Polymerisieren des Chinaholzöles bei gleichzeitiger Bindung des säurefreien
Harzesters einerseits und das Abdestillieren überschüssiger flüchtiger Bestandteile
andererseits, gleichzeitig vor sich. Die obengenannten Bestandteile können in verschiedenem
Verhältnis miteinander gemischt werden. Z. B. gewinnt man durch die Mischung von
$ Teilen Chinaholzöl mit 12 Teilen Harz und i Teil Glycerin und Erhitzung -der Mischung
auf etwa 300° C während 2o Minuten eine zähe asphaltartige Masse, die bei ungefähr
6o° C weich wird und bei Erhitzung auf 150° C während 2d. Stunden weniger als i
°)o flüchtige Bestandteile abgibt. Diese Masse kann mit einem natürlichen Kohlenwasserstoff,
wie z. B. mit Gilsonit oder Manjakasphalt, in verschiedenem Verhältnis gemischt
werden, und man erhält auf diese Weise ein Bindemittel, dessen Tropfpunkt mit dem
Gehalt an Gilsonit oder Manjakäsphalt wechselt und welches bei gewöhnlicher Temperatur
nicht klebt. Wird z. B. i Teil Gilsönit mit 2 Teilen der obengenannten Mischung
verbunden, dann entsteht ein schwarzes Bindemittel, welches bei 95 bis ioo° C weich
wird. Wenn es einer Temperatur von 15o° C 24 Stunden lang ausgesetzt` ist, verflüchtigen
sich weniger als o,82°/" der Mässe, und in einem Lösemittel im Verhältnis von i
Teil Masse zu 2 Teilen Lösemittel aufgelöst, kann es auf
den Spaltglimmer
und das als Träger dienende Material in der üblichen Art aufgetragen werden.
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Durch mannigfache Abänderungen des Mischungsverhältnisses der Bestandteile
der Masse und der Art der verwendeten Grundstoffe gelingt es, Isolierstoffe herzustellen,
welche den verschiedensten Anforderungen gerecht werden. So können z. B. andere
natürliche oder Kunstharze als die Masse flüssig erhaltende Mittel in obigem Prozeß
verwendet werden, z. B. Kopal, Harzester oder ein Kunstharz, welches durch die Verbindung
von Glycerin mit Phthaleinanhydrid entsteht. An Stelle von Chinaholzöl können auch
andere pflanzliche Öle verwendet werden, z. B. Leinöl und Perillaöl. Gilsonit, Stearinpech,
Glanzpech und andere natürliche Kohlenwasserstoffe, insbesondere solche, die einen
hohen Schmelzpunkt haben, können an Stelle von Manjakasphalt verwendet werden. Gilsonit
hat sich für diesen Zweck als besonders geeignet erwiesen.
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An Stelle von Glycerin können andere mehrwertige Alkohole verwendet
werden, z. B. Äthylenglykol oder Propylenglykol, Mannose oder überhaupt irgendein
mehrwertiger Alkohol, welcher den Säuregehalt des Harzes reduziert. Das Mischungsverhältnis
kann in weiten Grenzen geändert werden, und man hat es durch Änderung der Menge
hinzugefügten Kohlenwasserstoffes in der Hand, den Tropfpunkt der Masse in höhere
oder tiefere Temperaturbereiche zu verlegen. Die Herstellung von Micafolium und
Micaband erfolgt auf bekannte Art unter Verwendung dieses neuen Bindemittels an
Stelle der bisher verwendeten Schellacklösung. Es können also als Träger für den
Spaltglimmer die verschiedensten Papiersorten (hergestellt aus Hanf oder Jute, aus
reinem Holzstoff oder Baumwollfasern), Japanpapier, Leinen Seide usw. verwendet
werden. Um einen Isolierstoff zu erhalten, welcher bei der Erhitzung eine möglichst
kleine Schwellung aufweist, empfiehlt sich besonders die Verwendung von solchen
Papiersorten, die bei der Erhitzung möglichst kleine Mengen flüchtiger Bestandteile
abgeben, und dies sind besonders Japanpapier oder überhaupt Papier aus Baumwollfasern
und Holzstoffpapier.
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Vor dein Aufbringen des Spaltglimmers muß der Bindemittelschicht auf
dem tragenden Stoff jene Weichheit und jenes Haftvermögen gegeben werden, welches
zur weiteren Behandlung zweckdienlich ist. Man läßt also den mit einer Bindemittelschicht
versehenen Träger durch eine besondere Lösung hindurchlaufen, welche die Eigenschaft
hat, das Bindemittel in der gewünschten Art zu verändern. Die Isolierstoffe, welche
man unter Verwendung des neuen Bindemittels herstellt, weisen folgende Vorteile
auf: Ihre dielektrischen Verluste sind kleiner als die von Isolierstoffen, die mit
Schellacklösung als Bindemittel hergestellt sind. Infolgedessen haben diese Isolierstoffe
eine kleinere Selbsterwärmung. Daher kann man mit der Maschinenspannung auf viel
größere Werte gehen, als mit den bisherigen Isolierstoffen erreichbar war, ohne
die Verluste zu erhöhen und ohne fürchten zu müssen, daß eine unzulässige Eigenerhitzung
der Isolation eintritt.
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Sodann ist das neue Bindemittel in hohem Grade biegsam, und diese
Biegsamkeit im Verein mit der geringen Dampfentwicklung bei Erhitzung ermöglicht
es, den Anteil an Spaltglimmer im Isolierstoff zu vergrößern, wodurch die Isolationsfähigkeit
bedeutend erhöht wird. Da man somit für die gleiche Spannung mit dünneren Isolationsschichten
auskommen kann als bisher, so kann man die Nutenquerschnitte verkleinern; andererseits
kann man unter Beibehaltung der früheren Nutenquerschnitte zu viel höheren Maschinenspannungen
übergehen und dabei den wünschenswerten Sicherheitsgrad der Isolierung erzielen.
Einen weiteren Vorteil bietet der Umstand, daß das Bindemittel nur einen kleinen
Prozentsatz Lösungsmittel enthält und bei entsprechender Zusammensetzung selbst
einer Temperatur von 15o° C dauernd ausgesetzt werden kann, wobei es einen kleinen
Dampfdruck hat und die Menge entwickelten Dampfes derart gering ist, daß eine Schwellung
der Isolation nicht zustande kommt. Durch Änderung des Mischungsverhältnisses kann
man das Bindemittel derjenigen Temperatur anpassen, welcher der Isolierstoff betriebsmäßig
ausgesetzt werden soll. Es ist daher möglich, die Strombelastung der Leiter auf
einen Wert zu erhöhen, der bei Verwendung der bisherigen Isoliermittel nicht erreichbar
war, ohne daß durch die entsprechend höheren Temperaturen die Güte der Isolation
beeinträchtigt wird. Dieser Umstand spielt besonders bei neuzeitlichen Großmaschinen
eine Rolle, von denen man oft hohe dauernde überlastungsfähigkeit verlangt.
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Schließlich besitzt der Isolierstoff den Vorteil, daß er billig ist
und auf einfache Weise hergestellt werden kann.