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Verfahren zur Herstellung von Lösungen stark keimtötender Wirkung
Nach dem Hauptpatent ist erfindungsgemäß ein Verfahren zur Herstellung von Lösungen
stark keimtötender Wirkung :beschrieben worden, nach welchem man zu Lösungen von
Säuren, Basen oder entsprechenden Salzen, deren Konzentration kleiner als n/5o ist,
o,85 °/o NaCa oder äquivalente Lösungen von KC1, CaCl, NaHC03 u. dgl. allein oder
in Gemischen zugibt.
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Nun wurde weiterhin gefunden, daß solche Lösungen stark keimtötender
Wirkung da-Aurch außerordentlich verstärkt werden, daß man an Stelle der dort angegebenen
Salze minimale, praktisch unwirksame Mengen bekannter Desinfektionsmittel zur Verstärkung
der Wirkung von Alkalien oder Säuren oder mehrbasigen Salzen verwendet oder zu geeigneten
Kombinationen neutraler Salze mit Alkalihydraten, Säuren oder mehrbasigen Salzen
zusammenfügt. Man kann hierbei auf minimale Bruchteile sonst als wirksam verwendeter
Mengen bekannter Desinfektionsmittel, z. B. der Schwermetalle, der Halogene, der
Phenole, der Chinin- oder Acridiniumderivate, unter anderen z. B. des Dioxy-,liamiiioar
senobenzol-dihydrochlorid, herabgehen und hat dabei, je nach dein Anwendungszwecke;
nur zu berücksichtigen, ob die betreffenden Desinfektionsmittel in alkalischer oder
saurer Lösung in ihrer Wirksamkeit ge-Nach dem Hauptpatent ist erfindungsgemäß oder
Kolloide biologischer Medien oder künstlicher Gemische wesentlich eingeschränkt
werden.
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Es ist zwar für die sporicide Wirkung verdünnter Phenollösungen bekannt,
daß Säuren durch Herabsetzung der Löslichkeit des Phenols dessen Desinfektionswirkung
steigern. Auch ist bekannt, daß die desinfektorische Wirkung, z. B. von Chinin,
nur von der freien Base ausgeübt wird, daher bei sinkender H-Ionen-Konzentration
zunimmt und der Vorschlag gemacht worden ist, solche Mittel zu verwenden, die ihre
Wirkung optimal bei pH 6,5 bis 7 haben, statt bei pH 8, wie die Chininderivate,
also Alkaloide von schwächer basischem Charakter als die bisherigen Chininderivate,
die etwa schon bei pH 7 total vollständig liydrol-,-tisch dissoziiert sind. Von
einer Ausgleichung der optimalen Wirkungsbedingungen von Desinfektionsmitteln durch
geeignete Lösungsmittel ist aber bisher noch nirgends etwas erwähnt worden. Auch
ist bisher noch nicht erkannt worden, daß an sich unwirksame Konzentrationen von
Phenol z. B. die baktericide Wirkung praktisch ebenfalls unwirksamer Lösungen von
Elektrolyten erheblich verstärken. Die neue Erfindung hat somit im Gegensatz zu
den bisher an manchen Orten zerstreut gemachten Einzelbeobachtungen
der
Wirkungssteigerung mancher organischer, meist zyklischer Verbindungen durch Veränderungen
der pH zum Ziele die Wirkungssteigerung von indifferenten Lösungen von Säuren, Basen
oder entsprechend wirkenden Salzen oder von geeigneten, an sich schon wirksamen
Kombinationen neutraler Salze mit Alkalien, Säuren oder mehrbasischen Salzen durch
Zusatz von minimalen, an sich praktisch unwirksamen Konzentrationen von Desinfektionsmitteln
überhaupt, unter Berücksichtigung der für diese optimalen Wasserstoffionenkonzentrationen.
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So wird z. B. O_uecksilber Chlorid durch n/ioo bis n/i ooo NaOH in
seiner desinfektorischen Wirkung gegen Staphylokokken im Vergleich mit seiner reinen
Wirkung in destilliertem Wasser erheblich herabgesetzt, in entsprechender schwachsaurer
Lösung dagegen gegenüber seiner reinen Wirkung beträchtlich gesteigert. Kochsalz
(o,85 °/o) gleicht die verschiedenen Wirkungen dieser Lösungen im wesentlichen wieder
aus, während der Zusatz von Serumeiweiß die Wirkung im ganzen beträchtlich herabsetzt,
die Verstärkung der Wirkung nach der sauren Seite dagegen wieder klar hervortreten
läßt. Ähnlich verhält sich Kupfersulfat, welches insbesondere durch Kochsalz eine
.mächtige Wirkungssteigerung, wenigstens in wässerigen Lösungen, erfährt, wenn auch
seine absolute Wirkung sich als wesentlich geringer als die des Quecksilberchlorids
darstellt.
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Goldchlorid wird gegenüber seiner reinen Wirkung durch Neutralsalze
nicht beeinträchtigt, wird aber mit minimalen Verschiebungen nach der alkalischen
Seite der Wasserstoffionenkonzentration gegenüber seiner reinen Wirkung erheblich
eingeschränkt, nach der sauren Seite mächtig gesteigert. Zusatz von Serumeiweiß
schränkt seine Wirkung relativ ein.
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Silbernitrat wird in seiner Wirkung durch Neutralsalze praktisch aufgehoben,
durch minimale Zusätze von Natronlauge oder entsprechenden Salzen über die reine
Wirkung hinaus gesteigert, durch Säure dagegen erheblich eingeschränkt. In Gegenwart
von Neutralsalzen in physiologischer Konzentration, bei einer Wasserstoffionenkonzentration
entsprechend 7,1 pH, sowie bei minimalen Verschiebungen nach der sauren Seite (6,6
pH) wird die Wirkung des Silbers fast vollständig aufgehoben, erreicht dagegen bei
pH 7,6 bis 7,8 optimale Wirkung gegenüber der reinen Wirkung in destilliertem Wasser;
auch bei Gegenwart von Serumeiweiß ist dies Verhalten, wenn auch bei leichter Einschränkung
der Gesamtwirkung, ausgesprochen.
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Jodverbindungen, z. B. Kaliumjodatum, Natriumjodatum, verhalten sich
analog wie Goldchlorid. Das Optimum der Halogensalze ist nach der sauren Seite orientiert.
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Phenol wirkt in Konzentrationen kleiner als i % nicht mehr zureichend
auf patliogene Keime. Durch Zusatz von Kochsalz wird seine Wirkung unwesentlich
beeinflußt; durch minimale Konzentrationen von Natronlauge, insbesondere aber bei
Gegenwart von Kochsalz, in der Dauerwirkung um das io- bis 3ofache verstärkt.
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Ähnlich wie die Schwermetalle verhalten sich unter entsprechenden
Verhältnissen Chinin und seine höheren Homologen, wobei Chinin, Äthylhydrocuprein
und IsoamylhydrocupreiiZ sich hinsichtlich ihrer Abhängigkeit von der Wasserstoffionenkonzentration
ähnlich den Silbersalzen, Isoctylhydrocupreinumdihydrochloricum ähnlich der durch
Säure begünstigten Metallreihe, alle insgesamt aber leinsichtlich ihrer Beeinflussung
durch Salze und Eiweiß ähnlich dem Quecksilberchlorid verhalten.
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Die Acridiniumderivate werden in ihrer Desinfektionswirkung in wässeriger
Lösung durch Neutralsalze nicht beeinträchtigt. Während sie, im Neutralpunkt praktisch
wirkungslos, durch geringe Verschiebung der pH nach der sauren Seite in der Wirkung
vollständig aufgehoben werden, entfalten sie durch geringe Steigerung der Wasserstoffionenkonzentration
auch bei Gegenwart von Serumeiweiß eine mächtige Wirkung. Ähnlich verhält sich Dioxydiaminoarsenobenzol.
Ausführungsbeispiele r. Es soll eine Silberlösung zur Behandlung von Schleimhautentzündungen,
z. B. der Blase, hergestellt werden. Bisher wurden zu diesem Zwecke sehr konzentrierte
Lösungen verwendet (i : ioo bis i : iooo), welche starke Schädigungen der Schleimhaut
im Gefolge hatten: Nach dem neuen Verfahren wird eine schwach alkalische Kochsalz-
oder Ringerlösung (n/2oo NaOH) verwendet, welcher Silbernitrat oder kolloides Silber
nur in Verdünnung von i : 30 ooo bis i ; 5o ooo zugesetzt wird. Eine solche Lösung
wirkt, auch in Gegenwart von Eiweiß, annähernd so stark auf pathogene Keime, z.
B. Staphylokokken oder Streptokokken wie die Lösung von Silbernitrat in reinem Wasser;
zudem wird das zarte Schleimhautgewebe dabei nicht angegriffen. und Schmerzen bei
der Behandlung nicht verursacht, der entzündliche Prozeß wird unter Abtötung der
Erreger in schonendster Weise geheilt.
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2. Mit einer Lösung nach der neuen Erfindung entsprechend Oueclzsilber(IZ)-chloridlösung
i : 30 ooo und NCl n/333 wird Tilletia tritici derart behandelt, daß o,i g der Sporen
im Glas mit 2o ccm dieser Desinfektionslösung geschüttelt werden. Nach i bzw.
d.
Stunden wird der Inhalt auf Filter verteilt; der eine Teil mit Wasser nachgewaschen
und der andere so verwendet. Nach dem Trocknen werden o,oo5 g auf Calciumnährboden
aufgesetzt. Im Kontrollversuch wurden die Sporen nur mit Wasser behandelt. Es zeigte
sich zunächst keinerlei Unterschied zwischen der i und d. Stunden lang behandelten
Probe sowie zwischen der gewaschenen und ungewaschenen. Die Versuche wurden über
12 Tage ausgedehnt. Während bei der Kontrolle am .a.. Tage bei einzelnen Sporen
beginnende Keimung festgestellt werden konnte, war bei den erfindungsgemäß behandelten
Proben am :I. Tage nur eine ganz vereinzelt beginnende Keimung festzustellen. Am
5. Tage war auch diese beginnende Keimung abgestorben, während sich in den Kontrollversuchen
starke Keimung und ganze Körperbildung zeigte. Dieses Bild blieb das gleiche bis
zur Versuchsbeendigung am 12. Tage.
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3. Eine Bauchfellentzündung, welche seit 24 Stunden im Gange ist,
soll durch Spülung der Bauchhöhle zum Stillstand und zur Ausheilung gebracht werden.
Es ist schon im Anschluß an den Durchbruch eines brandigen Wurmfortsatzes freier
Eiter zwischen den Darmschlingen vorhanden. Solche Fälle gelten im allgemeinen als
aussichtslos. Durch reichliche Spülung mit einer schwach alkalischen (n!ioo NaCH)
Kochsalz- (o,85 %) oder Ringerlösung, unter Zusatz von Äthoxydiaminoacridinlactat
oder 2, 7-Dimethyl-3-dimethylamino-io-methylacridiniumchlorid (1: 100 ooo), wird
der Fortschritt der Eiterung aufgehalten, der Eiter zum Verschwinden gebracht und
das Bauchfell instand gesetzt, sich der Eitererreger, welche durch die Lösung schon
geschädigt sind, mittels normaler Abwehr zu entledigen. Eine Äthoxydiaminoacridinlactatlösung
allein oder in so hoher Verdünnung kann diese Wirkung nicht erzielen. Eine konzentriertere
Lösung (i : iooo bis 5ooo), wie sie zur örtlichen Desinfektion verwendet wird, hat
überdies schwere Zerstörung zur Folge und bildet durch mögliche Aufsaugung eine
Vergiftungsgefahr.
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Daß die beschriebene heilkräftige Wirkung erst durch die besondere
Kombination an sich indifferenter Komponenten zustande kommt, ergibt sich u. a.
aus folgendem Versuch: Zwei Reihen von Mäusen werden mit gleichen Mengen einer Verdünnung
von 2, 7-Dimethvl-3-dimethylamino-6-ainino- io-methylacridiniumchlorid (i : ioo
ooo) in physiologischer Kochsalzlösung, welche hochvirulente Streptokokken enthält,
intraperitoneal gespritzt. Die erste Reihe der Tiere erhält das neutrale Gemisch,
die zweite ein schwach alkalisches nioo NaOH. Während das neutrale Gemisch noch
fast bis zu einer Stunde tödlich für die Mäuse wirkt, ist das alkalische schon nach
wenigen Minuten wirkungslos, weil die Streptokokken schon so schwer geschädigt sind,
daß die normale Abwehr der Maus selbst zahlreicher überlebender Keime Herr wird.
Die nur mit keimhaltiger Kochsalzlösung infizierten Tiere sterben sämtlich an Streptokokkensepsis,
ebdnso die mit schwachen Allealilösungen behandelten.