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Verfahren zur Herstellung von Sprengstoffen und Sprengladungen Bei
der Einwirkung von Ammoniak auf Glykolchlorhydrin oder Äthylenoxyd entsteht eine
homologe Reihe von Verbindungen, die sowohl Alkohole als auch starke Basen sind.
Je nachdem ein, zwei oder drei. Äthanolreste in das Ammoniakmolekül eintreten, entstehen
Mono:äthanolamin, Diäthanolamin oder Triäthanolamin
Diese Verbindungen sind als Basen befähigt, kristallisierte Salze, z. B. Chlorhydrate
oder Nitrate, zu ;ergeben, die, sämtlich wasserlöslich sind, und außerdem können
sie als Alkohole mit Salpetersäure verestert werden, so daß also z. B. Mono,äthanolamin
mit z Mol. Salpetersäure ein wasserlösliches Estersalz: Monoäthanolamindinitrat,
und Triäthanolamin mit q. Mol. Salpetersäure ein Triäthanolamintetranitrat liefert.
Diese Esternitrate haben sämtlich den Charakter hochbrisanter Sprengstoffe, wobei
sich die Derivate der einzelnen Homologen durch eine außerordentlich verschiedene
chemische Stabilität unterscheiden. Es nimmt nämlich bei den Salpetersäureestiern
die Basizit.ät der veresterten Base mit der Anhäufung der mit Salpetersäure beladenen
Äthanolgruppen stark ab, so daß z. B. der dreifache Salpetersäureester des Triäthanolamins,
ein dickliches Öl,
nur noch sehr schwach basischen Charakter besitzt. Der
Ester löst sich wohl noch in mäßig konzentrierter Salpetersäure unter Bildung eines
kristallisierharen Tetranitrates auf. Dieses Tetranitrat zerfällt aber bei Auflösung
in einer größeren Wassermenge wieder in die Base und -verdünnte Salpetersäure, spaltet
sich also hydrolytisch, und zwar so vollkommen, daß. die Salpetersäure vollständiZ
titriert werden kann.
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Die Folge dieser hydrolytischen Spaltbarkeit ist eine außerordentlich
große UnstaNlität des Produktes. Während das Tri,äthanolamintrinitrat als Verbindung,
die gleichzeitig Base und gleichzeitig Salpetersläureester ist, die Eigentümlichkeit
hat, sich selbst zu verseifen und aus diesem Grunde chemisch unstabil ist, ist das
Tetranitrat deshalb unstabil, weil es durch die leichte Abspaltbarkeit der salzbildenden
Salpetersäure der sauren Vers.eifung
unterliegt, so daß das reine
kristallisierte Tetranitrat _ beim Erwärmen auf z. B. 75° sich bereits nach wenigen
Minuten vollständig zersetzt.
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Unter diesen Umständen. kommen. di° Salpetersäurederivate des Triäthanolamins
für den praktischen Gebrauch als Sprengstoffe überhaupt nicht in Frage.
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Es wurde nun die überraschende Feststellung gemacht, daß in der obererwähnten
homologen Reihe die Basizität der Salpetersäureester und damit die chemische Stabilität
der Estersalze mit verminderter Zahl der Äthanolreste in einem solchen Maße zunimmt,
daß, während das Diäthanolamintrinitrat noch ein Estersalz von mittlerer Stabilität
ist, das Monoäthanola@mindinitrat
einen Sprengstoff von außerordentlicher chemischer Stabilität darstellt, der zugleich
den Vorzug hervorragender Kraftleistung neben großer Unempfindlichkeit gegen m-chanische
Einflüsse besitzt.
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Diese verhältnismäßig einfache chemische Verbindung, die auch als
Dinitrat des jz)-Amido:äthylalkohols bezeichnet werden kann, ist bisher völlig unbekannt
geblieben, und zwar vermutlich wegen seiner schwierigen Herstellung. Diese Schwierigkeiten
konnten indessen überwunden werden. Das gereinigte Estersalz schmilzt bei io3°,
ohne sich zuverändern, und kann bei dieser Temperatur zu einem Guß von der Dichte
1,53 gegossen werden, der alle bisher bekannten Sprengladungen vorn ähnlicher Brisanz
und Kraftleistung an Unempfindlichkeit gegenüber mechanischen Einflüssen und Beschuß
übertrifft. Das Monoäthanolamindinitrat ist in Wasser sehr leicht löslich und in
geringem Maße hygroskopisch. Es ist angesichts seiner hohen spezifischen Energie
(Bleiblockausbauc'hung 412 ccm) und seiner günstigen Sauerstoffbilanz (0--14,zo'o)
bei seiner zugleich sehr geringen Empfindlichkeit gegen Schlag und Reibung einer
weitgehenden Verwendung als Sprengstoff fähig.
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Eine Mischung z. B. aus 4o Teilen Ammonsalpeterund 6o Teilen Monoäthan:olamindinitrat,
die etwa Sauerstoffgleichgewicht aufweist, ergibt eine Bleiblockausbauchung von
41o ccm netto.
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Der für die Herstellung gegossener Sprengladungen zu militärischen
Zwecken etwas hohe Schmelzpunkt von 1o3° kann durch geringen Zusatz verwandter Nitrate
weitgehend gesenkt werden.
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Beispiel 1 Eine Mischung von goo,ö Monoäthanolamindinitrat und i o
°.'o Methylaminnitrat hat einen Erstarrungspunkt von 8z° und kann bei einer Temperatur
von 83 bis 85° bequem in Formen gegossen werden, wobei man gegossene Sprengladungen
von hoher Dichte, außerordentlicher Brisanz (q.05 ccm) und vollkommener Beschußsicherheit
erhält, wie sie bisher noch völlig unbekannt waren,, da z. B. Pikrinsäure eine Ausbauchung
von nur Sao ccm aufweist.
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Beispiel Monoäthanolamindinitrat und Diäthamolamintrinitrat sind bei
ihrer nahen chemischen Verwandtschaft besonders dazu befähigt, Eutektica zu bilden,
so daß. eine Mischung gleicher Teile, von denen das Monoderivat bei 1o3° und,das
Diderivat bei iao° schmilzt, einen Erstarrungspunkt von 74,5° besitzt, sich also
wenig oberhalb dieser Temperatur gießen läßt.