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Verfahren zur Herstellung von Valenciennesspitze auf einfädigen Klöppelmaschinen
Mit der Entwicklung der einfädigen Spitzenklöppelmaschine ist es möglich geworden,
fast alle Arten von Klöppelspitzen auf maschinellem Wege und damit auf wirtschaftliche
Weise herzustellen. Trotzdem blieb eine Spitzenart auch noch bei maschineller Ferstellung
auf Klöppelmaschinen verhältnismäßig teuer, nämlich die sogenannten Valenciennesspitzen.
Das sind äußerst feinfädige Spitzen, deren Grund aus rhombischen oder vieleckigen
Maschen besteht und von einem oder mehreren bändchenartigen Streifen in dichter
(Leinenschlag-) Bindung durchzogen ist. Diese Leinenschlagstreifen erfordern auf
der Klöppelmaschine sehr viel Stillstände, und da sie sich außerdem über die ganze
Länge der Spitze erstrecken, so ist die Herstellung solcher Spitzen auf der Klöppelmaschine
außergewöhnlich zeitraubend und teuer.
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Dazu kommt für den Absatz dieser maschinell geklöppelten Valenciennesspitzen
noch erschwerend hinzu, daß, besonders in Frankreich, auf dem Tüllstuhl eine Nachahmung
der Valenciennesspitze hergestellt wird, die zwar weniger vollkommen, aber desto
billiger ist und deshalb dem Absatz der maschinegeklöppelten Valencienn:esspitzen
großen Abbruch tut.
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Man war deshalb schon lange bestrebt, die Herstellung maschinengeklöppelter
Valenciennesspitzen wirtschaftlicher als bisher zu gestalten. In dieser Hinsicht
brachte die neuerdings erfolgte Einführung der schnelllaufenden Kleinstichmaschine
schon einen gewissen Fortschritt. Dieser Fortschritt war aber für die maschinengeklöppelte
Valenciennesspitze immer noch nicht ausreichend, um den Wettbewerb mit der Tüllstuhlspitze
Mzunehmen.
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Zweck der vorliegenden Erfindung ist es, diesem Mangel abzuhelfen
und die Herstellung von Valenciennesspitzen auf der einfädigen Klöppehnaschine noch
wirtschaftlicher zu machen als bisher. Dieses Ziel ist erfindungsgemäß dadurch erreicht,
daß die Spitze mit Mittelendfäden gearbeitet ist, und zwar in der Weise, daß die
Mittelendfäden im maschenförmigen Grund der Spitze schräglaufende Klöppelfäden der
Teillitzchen ersetzen, während sie in der Figur als längsdurchlaufende Stengelfäden
zwischen den in einf?cher Flechtbindung arbeitenden Klö@pelfädeneingebunden sind.
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Durch diese besondere Arbeitsweise wird die Herstellung der Spitze
ganz wesentlich verbilligt, und zwar einerseits, indem statt des teueren Leinenschlages
in den Figurstreifeln nur mit einfachem Flechtschlag, d. h. ohne Stillstand, gearbeitet
wird, während anderseits: auch in dem maschenförmigen Grund der Spitze eine wesentliche
Ersparnis sowohl an Klöppelfäden als auch an Bindungen erzielt werden kann.
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Die Anwendung von Mittelendfäden ist bei der einfädigen Klöppehnaschine
zwar schon für einzelne Sonderzwecke bekannt, sei es als Hilfsfäden bei der vorübergehenden
Schlauchbildung
auf dem Dorn oder in den Spitzenrändern. Ebenso hat man schon bei Filetspitzen Mittelendfäden
verwendet, die jedoch ausschließlich als Stengelfäden dienen. Gemäß vorliegender
Erfindung arbeiten dagegen die Mittelendfäden wahlweise bald als Stengelfäden in
der Figur und bald nach Art von schrägzwirnenden Klöppelfäden. Bei dieser Arbeitsweise
werden die Mittelendfäden in bekannter Weise von ortsfesten Spulen über ein in der
Tellerachse angeordnetes Röhrchen entnommen, so daß sie keine Flechtbewegung ausführen,
sondern von den übrigen Flechtfäden lediglich einfach gekreuzt oder auch umzwirnt
werden. Im ersteren Fall, d. h. in breiteren GeflechtspartLen oder Musterstreifen,
bleiben diie Mittelendfäden, gerade durchlaufend, als Stengelfä,den in ihrer Lage,
während sie bei der Umzwirnung von den sie umschließenden Flechtfäden in die Schräglage
gezogen werden und dadurch im fertigen Geflecht einen schrägzwirnenden Klöpp.elfaden
ersetzen, ohne selbst an der Flechtarbeit. teilzunehmen.
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Auf der Zeichnung ist die Erfindung in zwei Ausführungsbeispielen
dargestellt, und zwar zeigt Fig. i eine nach dem Verfahren gemäß der Erfindung hergestellte
Valenciennesspitze mit rhombischen Grundmaschen und einem einfachen Bändchenstreifen
als Figur, Fig.2 den Fadenverlauf bei Bildteig der rhombischen Grundmaschen in größerem
Maßstab, Fig.3 den Fadenverlauf bei Bildung des Figurstreifens, Fig. q. ein Spitzenrauster
mit vieleckigen Grundmaschen und zwei wellenförmig sich kreuzenden Figurstreifen
und zwischen den Figurstreifen angeordnete Ziermuster, Fig.5 den Fadenverlauf bei
Bildung der vieleckigen oder rundlichen Grundmaschen, Fig.6 den Fadenverlauf bei
Herstellung der sechseckigen Masche des Droschelgrtmdes, Fig. 7 den Fadenverlauf
bei Bildung eines unter dem Namen Fond-Chan_t .bekannten Ziergrundes, Fig.8 den
Fadenverlauf bei Herstellung des sogenannten Scbneeflockenziergrundes, Fig. 9 eine
Spitze mit umrahmter Figur, Fig. io den Fadenverlauf bei der Figurumrahmung nach
Fig.9 in stark vergrößertem Maßstab, Fig. i i den Fadenverlauf bei einem Fond-Chant
mit zwei Mittelendfäden auf je drei Flechtfäden.
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Beim Ausführungsbeispiel nach Fig. z ist a der aus rhombischen Maschen
gebildete Grund der Spitze, durch den sich -als Figur ein dichter geflochtener Streifenb
hindurchzieht, welcher in seinem Verlauf den Bögen am Spitzenrande angepaßt ist.
Während bei den handgeklöppelten Valenciennesspitzen die Einzellitzchen der rhombischen
Maschen je aus vier Flechtfäden bestehen (vgl. als Literatur: M a r i e S c h ü
t t e »Alte Spitzen«, S. 68 und 22o), sind diese Einzellitzchen gemäß vorliegender
Erfindung aus einem Mittelendfaden d und nur zwei Flechtfäden c, c' gebildet (Fig.2),
welche den Mittelendfaden Umzwirnen und dabei mit in die Schräglage der Litzchen
überführen.
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Jeweils an den Kreuzungsstellen zweier Einzellitzchen, z. B. an der
Stelle/, werden die Flechtfäden der beiden Einzellitzchen gegeneinander ausgetauscht,
und es findet hier eine richtige Verflechtung statt. Die Mittelendfäden nehmen jedoch
an dieserVerflechtung nicht teil, sondern kehren in die entgegengesetzte Schräglage
um, da sie auf ihrem Flechtteller verbleiben und hier von dem neu ausgetauschten
Klöppelpaar weiter umzwirnt werden. Während die Flechtfäden also im wesentlichen
diagonal fast über die ganze Breite der Spitze verlaufen, nehmen die Mittelendfäden
einen zickzackförmigen Verlauf, welcher sich in die Breiterrichtung der Spitze nur
über eine halbe Maschenbreite hin und her .erstreckt. Dieser eigenartige Verlauf
der Mittelendfäden wird dadurch erzielt, daß sie im vorliegenden Fall nur mit einer
äußerst geringen Spannung eingearbeitet sind, so daß sie in ihrer Richtung den sie
jeweils umzwirnenden Klöpp elfäden folgen.
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Wie leicht ersichtlich, wird durch diese Arbeitsweise und Ausbildung
der Einzellitzchen ;gegenüber der bisher meist üblichen Ausführung für vierfädige
Litzchen :eine wesentliche Ersparnis an Material und vor allen Dingen an Bindungen
und daher an Zeit erzielt.
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Das gleiche gilt im wesentlichen für die Ausbildung des Figurstreifens
b, welcher bisher ausschließlich im sogenannten Leinenschlag gearbeitet wurde, während
er gemäß der Erfindung, wie aus Fig.3 hervorgeht, nunmehr in der Weise gearbeitet
wird, daß die Mittelendfäden d gerade durchlaufen und in gewöhnlichem Flechtenschlag
von den zugehörigen Flechtfäden c eingebunden sind.
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Dadurch wird erreicht, da.ß die Flechtfäden sämtlich die ganze Breite
des Figurstreifensohne Stillstand durchlaufen können, während bei den bislherigen
Leinenschlagstreifen außerordentlich häufige und lange Stillstände der Klöppel erforderlich
sind.
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Um die Bindung bei der Bildung des Figurstreifens deutlicher erkennen
zu lassen, ist der Fadenverlauf in Fig. 3 in der Längsrichtung
stark
verzerrt gezeichnet, so daß die Flechtfäden in stark schräger Richtung zu liegen
scheinen, während sie in Wirklichkeit in so dichter Folge vom Kronenschläger an
den. Flechtpunkt herangeschlagen werden, daß sie fast rechtwinklig zur Längsrichtung
der Spitze und dicht nebeneinanderliegen, wobei sie im Verein mit den Mittelendfäden
eine geschlossene Decke bilden, wie aus Fig.i erkennbar ist. Die durchlaufenden
Mittelendfäden wirken dabei in vorteilhafter Weise so, daß sie die übrigen Flechtfäden
auseinanderhalten und dadurch den Streifen gleichmäßiger und breiter erscheinen
lassen.
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Das weitere Beispiel nach Fig. 4. zeigt, darf sich die neue Spitze
nicht nur mit :einem Grund von rhombischen Maschen, sondern auch mit rundlichen
Maschen herstellen läßt, z. B. mit annähernd sechseckigen Maschen im sogenannten
Netz- oder Tüllgrund a. Die Arbeitsweise dieses Spitzengrundes mit Mittelendfäden
ist aus Fig. s erkennbar. Wie ein Vergleich dieser Darstellung mit Fig. 2 zeigt,
ist die Bindung in beiden Fällen grundsätzlich dieselbe. Da jedoch im zweiten Beispiel
die Spannung der Mittelendfäden etwas stärker gewählt ist, so wird dadurch die Fadenbindung
an den Kreuzungsstellen etwas auseinandergezogen, und man erhält an Stelle der rhombischen
ivlaschenform eine annähernd sechseckige oder mehr abgerundete Maschenform. Mit
anderen Worten: die Kreuzungsstellen sind in der Querrichtung der Spitze etwas auseinandergezogen,
und dadurch ist der Masche eine etwa sechseckige Form gegeben.
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Zu dem gleichen Zweck kann man auch, wie in Fig. 6 dargestellt ist,
den Klöppelaustausch an der Kreuzungsstelle mehrmals vornehmen. Dadurch. erscheinen
die waagerechten Linien der Maschen verstärkt. Man erhält dann den bei Valenciennesspitzen
;eben; falls vielfach angewendeten Droschelgrund, welcher dem Grund nach Fig. q.
ähnelt, wenn man das Zeichnungsblatt um 9o` verdreht.
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Bei dem Ausführungsbeispiel nach Fig. q. werden zwei dichter geflochtene
Streifen b, b'
verwendet, welche ebenfalls in der in F ig. 3 dargestellten
Weise mit Mittelendfäden, aber wellenförmig miteinander verschlungen sind. Dabei
sind die zwischen ihnen eingeschlossenen Teile g, h des Spitzengrundes mit ,einem
sogenannten Ziergrund ausgefüllt. Im Beispiel nach Fig. 4. ist 'für die Stellen
g ein Ziergrund gewählt, ähnlich dem bekannten »Antwerpener Spelgrond«, oder auch
»Point de Paris« genannt. Die Stellen h dagegen sind mit dem sogenannten »Schneeflockengrund«
,oder Point de neige ausgefüllt. Die Abbildungen nach Fig. ; und 8 der Zeichnung
zeigen, wie auch diese Art von Ziergrund unter Benutzung von Mittelendfäden beispielsweise
gebildet werden kann.
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Natürlich ist die Erfindung nicht auf die oben dargestellten Beispiele
beschränkt, vielmehr sind auch andere Ausführungen möglich. Insbesondere könnte
die Ausfüllung der Figur auch mit anderen Arten von Ziergrund erfolgen, und die
Figuren könnten, wie bei den sogenannten Brüsseler Spitzen, noch durch Effektfäden
.eingefaßt oder umrändert stein.
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Eine Spitze mit einer derart umrahmten Figur ist beispielsweise in
Fig. 9 und io dargestellt. Beteiner solchen Spitze treten infolge der Verwendung
von Mittelendfäden jedoch besondere Schwierigkeiten an den Stellen auf, wo der Effektfaden
auf eine längere Strecke parallel zu den Längsrändern der Spitze verläuft, wie beispielsweise
an der Stelle k, weil bei der fortwährenden Zwirnung des Effektfadens um den Mittelendfaden
ein Hinaufschieben der Bindungen an den Flechtpunkt der Maschine nicht mehr möglich
sein würde. Diese Schwierigkeiten sind erfindungsgemäß dadurch vermieden, daß der
Effektfaden in bestimmten Abständen nach rechts oder links auf einen Nachbarteller
übergeleitet wird, d. h. auf einem Übexgangsteller, welcher keinen Mittelendfadm
führt. In Fig. io ist der Faden- bzw. Klöppellauf bei dieser Bindungsweise dargestellt.
Dabei ist p der zur Umrahmung des Musters dienende Effektfaden und m der Mittelendfaden,
um den der Effektfaden auf eine längere Strecke herumgeschlungen werden soll. Erfindungsgemäß
wird dabei der Effektfaden an den Stellen g, g auf den vorübergehend benachbarten
Übergangsteller ohne i\Iittelendfaden geleitet, und zwar vorzugsweise in die dichtgeflochtene
Figur hinein, während gleichzeitig der benachbarte Klöppelfaden t der Figur um eine
Tellerbreite früher umkehrt, um eine Kollision mit dem Klöppel des Effektfadens
zu vermeiden. Infolge der Feinheit des Musters ist diese Abweichung an der fertigen
Spitze mit bloßem Auge kaum zu erkennen, vielmehr scheint der Effektfaden bzw. die
Umrahmungskante der Figur vollständig geradlinig durchzulaufen. Nur bei genauem
Hinsehen ist an den Stellen r, t' ein kleines Loch in der Spitze erkennbar, welche
jedoch deren Aussehen nicht beeinträchtigt.
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Ferner ist es nicht erforderlich, daß, wie bei dem dargestellten Beispiel,
für je zwei Flechtfäden ein Mittelendfaden verwendet wird, sondern gegebenenfalls
könnte auch durchweg oder an einzelnen Stellen der Spitze eine größere oder geringere
Anzahl Mittelendfäden verwendet werden, beispielsweise für je drei Flechtfäden zwei
Mittelendfäden. Die letztgenannte Art der Verwendung von Mittelendfäden gibt u.
a. :eine besonders vorteilhafte
Möglichkeit zur Bildung eines Grundes,
welcher das Aussehen des bekannten Fond-Chant besitzt und der in Fig. i i in vergrößertem
Maßstab dargestellt ist. Dabei sind die-parallel zur Spitzenkante längsdurchlaufenden
beiden Fadengruppen nur aus jie einem Flechtfadens und einem Mittelendfaden m gebildet,
während die schräg verlaufenden Litzchen, .ähnlich wie in den vorhergehenden Beispielen,
je aus zwei Flechtfäden c, c' und einem Mittelendfaden d gebildet
sind.
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Schließlich ist der Begriff Valenciennesspitze nicht im engen, sondern
im weiten. Sinne aufzufassen, so daß auch dessen bekannte Abarten mit darunterfallen.