-
Verfahren zur Herstellung einer an der Luft Cyanwasserstoffsäure abspaltenden
Calciumverbindung Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung- einer
an der Luft Cyanwasserstoffsäure abspaltenden Calciumverbindung.
-
Es ist bekannt, daß die Cyanide des Calciums nicht in fester und reiner
Form erhalten werden können. Man pflegt Lösungen von Calciumcyanid (Ca(CN)2) auf
die Weise herzustellen, daß man Cyanwasserstoffsäure in eine Aufschwemmung von Calciumhydroxyd
einbringt oder geeignete wäßrige Lösungen, z. B. Calciumsulfat und Bariumcyanid,
aufeinander wirken läßt. Bariumsulfat fällt aus; und Calciumcyanid bleibt in der
Lösung zurück. Der Versuch, das Calciumcyanid in fester Form durch Eindampfen der
Lösung zu gewinnen, bleibt immer erfolglos, weil es sich unter Abspaltung von Cyanwasserstoffsäure
zersetzt, so daß nur Calciumhydroxyd zurückbleibt. Es ist ferner bekannt, flüssiges
Ammoniak als Lösungsmittel für die verschiedensten Salze, z. B. auch Cyanide, zum
Zwecke der Reinigung zu verwenden.
-
Neuerdings ist auch ein Verfahren zur Herstellung von Cyanverbindungen
durch Einwirken von Cyanwasserstoffsäure auf Carbid bekannt geworden. Man erhält
hiernach z. B. ein Calciumcyanid enthaltendes Produkt von der Formel Ca(CN), - 2
HCN dadurch, daß man Cyanwasserstoffsäure auf Calciumcarbid einwirken läßt. Das
gemäß der vorliegenden Erfindung erhaltene Produkt hat ähnliche Eigenschaften, unterscheidet
sich aber in verschiedener Hinsicht, insbesondere durch die chemische Zusammensetzung.
Beide Stoffe haben die Eigenschaft, sich, wenn sie der Luft ausgesetzt werden, zu
zersetzen und Cyanwasserstoffsäure abzuspalten. Daher ist der im folgenden beschriebene
Körper für besondere Zwecke, z. B. für die Ausräucherung von Insekten und tierischen
Schädlingen, verwendbar. Er kann ferner zur Extraktion von Metallen aus deren Erzen,
zur Herstellung anderer cyanhaltiger Verbindungen, zur Verbesserung elektrolytischer
Bäder und für andere Zwecke benutzt werden.
-
Das neue Verfahren zur Herstellung einer Calciumcyanverbindung verwendet
wasserfreies flüssiges Ammoniak als Reaktionsträger. Z. B. wird ein Calciumsalz,
das in Cyanid verwandelt werden soll, in handelsüblichem wasserfreiem flüssigem
Ammoniak aufgelöst. Dem wasserfreien Ammoniak setzt man Cyanwasserstoffsäure oder
eine Lösung von Ammoniumcyanid zu. Auch andere Cyanide, die sich in dem flüssigen
Ammoniak lösen, können an Stelle des Ammoniumcyanids oder der Cyanwasserstoffsäure
Verwendung finden. Beim Zusatz
von Cyanwasserstoffsäure zu flüssigem
wasserfreiem Ammoniak oder zu einer Lösung eines geeigneten Salzes in flüssigem
Ammoniak bildet sich scheinbar Ammoniumcyanid, und dieses reagiert dann als cyanwasserstoffsaures
Salz. Das Verfahren kann so ausgeführt werden, daß man zwei Lösungen herstellt,
eine solche des Calciumsalzes in wasserfreiem flüssigem Ammoniak und eine andere,
die Cyanwasserstöff säure in wasserfreiem flüssigem Ammoniak gelöst enthält. Werden
diese beiden Lösungen vereinigt, so vollzieht sich eine doppelte-Umsetzung, und
es entsteht ein Niederschlag, der' abfiltriert und dann durch Verdunstung des anhaftenden
Ammoniaks am besten unter Luftabschluß getrocknet werden kann: Wird ein Produkt
von größerer Reinheit verlangt, so kann man die anhaftende Lösung durch Waschen
mit wasserfreiem Ammoniak vor dem Trocknen entfernen.
-
Es ist nicht notwendig, daß das Ammoniak völlig wasserfrei sei. Auch
mit Ammoniak, das geringe - Mengen Wasser enthält, vollzieht sich die Umsetzung,
falls die Wassermenge 17 Gewichtsprozent des wasserfreien Ammoniaks nicht überschreitet.
Bis zu 15 Gewichtsprozent-Wasser erfolgt keine Abnahme der Ausbeute. Es ist jedoch
zweckmäßig, die Wassermengen möglichst niedrig zu halten, da das Wasser sich in
der Mutterlauge ansammelt und erst durch wiederholtes Destillieren daraus entfernt
werden müßte. Man kann auch von Calciumsalzen ausgehen, die Kristallwasser enthalten.
Das Wasser wird zwar während der Reaktion frei, stört aber bei der Herstellung des
Cyanids nicht.
-
Bei der Umsetzung tritt das Säureradikal des Salzes mit dem Ammoniak
in der Mutterlauge zusammen. Wenn man also Calciumnitrat als Ausgangsstoff benutzt,
enthält die Lösung Ammoniumnitrat. Durch Eindampfen der Lösung kann man das freie
Ammoniak wiedergewinnen, und man erhält dann das Ammoniumsalz, in diesem Falle also
Ammoniumnitrat, in fester Form. Dieses Salz entsteht als Nebenprodukt, es kann als
Düngemittel oder für andere Zwecke Verwendung finden. Auch kann man durch Zusatz
von Calciumoxyd oder Calciumhydroxyd das Ammoniak daraus regenerieren und dabei
das Calciumsalz, nämlich Calciumnitrat, daraus gewinnen. Beide Stoffe können wieder
in den Kreislauf eingeführt werden, so daß ein Kreislaufverfahren entsteht, bei
dem alle Stoffe, die in die Reaktion eingeführt werden, entweder als Cyanidverbindungen
oder als regenerierte Stoffe wiedergewonnen werden. Beispiel i5o ccm handelsübliches
flüssiges Ammoniak werden in einem Dewargefäß mit 25 ccm Cyanwasserstoffsäure versetzt,
so daß eine Lösung von Ammoniumcyanid entsteht. In einem zweiten Dewargefäß werden
io g Calciumnitrat Ca (N03)2 - 4 H20 in ungefähr ioo ccm handelsüblichem wasserfreiem
flüssigem Ammoniak aufgelöst. Von der Ammoniümcyanidlösung wird dann so viel zu
der Calciumnitratlösung hinzugefügt, bis sich kein weiterer Niederschlag mehr bildet.
Dann wird dieser abgenutscht, mit 50 ccm wasserfreiem flüssigem Ammoniak
gewaschen und in einen 150 ccm haltenden Erlenmeyerkolben gegeben. Dieser wird nun
in ein 40' C warmes Wasserbad eingetaucht und das darin befindliche Salz im Vakuum
von 66o mm i Stunde lang getrocknet. Es werden so. ungefähr 3 g des Produktes gewonnen.
Die Analyse ergab Ca ............ 32,6 % CN ............ 39,8"/, NH3............
27,1 °/o. Die Analysen des nach dem oben angegebenen Beispiel hergestellten Stoffes
und auch die vieler anderer Proben, die in entsprechender Weise gewonnen wurden,
zeigen, daß der Stoff ziemlich genau die chemische Zusammensetzung Ca (CN) 2 - 2
NH3 hat. Wahrscheinlich unterliegt die Menge des in die Verbindung eingetretenen
Ammoniaks Schwankungen, je nach den Bedingungen, unter denen man arbeitet. Die Verbindung
mag daher auch die Formel Ca (CN) 2 - y (NH3) besitzen.
-
Die so hergestellten Calciumcyanidverbindungen bilden getrocknet winzige
weiße Teilchen von scheinbar kristallinischer Form. Sie sind leicht in Wasser und
in Methylalkohol löslich; die Lösung zeigt die gewöhnlichen Reaktionen der Calciumionen
und der Cyanwasserstoffionen und auch die üblichen Reaktionen von Ammoniaklösungen,
die diese Stoffe enthalten. Die neue Verbindung ist bei Luftabschluß beständig.
An der Luft zersetzt sie sich und spaltet ein Gemisch von Cyanwasserstoffsäure und
Ammoniakgas ab. Es mag sich dabei auch etwas Ammoniumcyanid bilden, das ebenfalls
leicht flüchtig ist, so daß es bei der Verwendung als Quelle für sich abspaltenden
Cyanwasserstoff zur Schädlingsbekämpfung und zu anderen Zwecken nicht wesentlich
hinderlich ist.
-
Um die Geschwindigkeit der Zersetzung an der Luft zu messen, wurden
Schichten des neuen Salzes, die ungefähr 3,2 mm dick waren, während bestimmter Zeiten
der Luft ausgesetzt. Die nachfolgende Tabelle gibt die Ergebnisse wieder, indem
sie die Prozente der abgespaltenen
Cyanwasserstoffsäure und die
Zeit der Lüftung vergleicht
Zeiten für die Prozente der ab nespalter en |
Luftaussetzung Cyanwasserstoffsiture |
i Stunde .............. 22,2 |
2 Stunden .. .. . . . .. . . . . 55,8 |
Stunden . . . . . . . . . . . . . 99,o |
Einige Proben wurden q. Tage lang der Luft ausgesetzt; es zeigte sich, daß nach
dieser Zeit der Rückstand immer noch weiß aussah, nachdem praktisch alles darin
enthaltene Cyan in Form von Cyanwasserstoffsäure entwichen war. Das zeigt, daß keine
Polymerisation der Cyanwasserstoffsäure stattfindet, denn polymerisierte Cyanwasserstoffsäure
ist braun oder schwarz. Ja, es ist geradezu ein Kennzeichen des neuen Erzeugnisses,
daß selbst dann, wenn es in Schichten von beträchtlicher Stärke der Luft ausgesetzt
wird, keine Polymerisation neben der Zersetzung eintritt. Es kann also alle Cyanwasserstoffsäure
frei und für den in Aussicht genommenen Zweck nutzbar gemacht werden. Hierin liegt
ein offenbarer Vorteil des neuen Erzeugnisses, das sich dadurch von anderen Stoffen,
welche Cyanwasserstoffsäure gebunden enthalten und die meist große Neigung zur Polymerisation
an der Luft zeigen, unterscheidet.
-
Die oben beschriebene Calciumcyanidverbindung ist ein höchst brauchbares
Produkt, das für viele wirtschaftliche Zwecke mit verhältnismäßig geringen Kosten
verwendet werden kann. Es entspricht der Formel: Ca (CUT) z ' S' (NHJ.