DE4401338A1 - Verfahren zum Ableiten eines Gas-Luftgemisches aus einem Raum - Google Patents

Verfahren zum Ableiten eines Gas-Luftgemisches aus einem Raum

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Ableiten eines toxischen Gas-Luftgemisches, das Sulfurylfluorid als Wirkbestandteil enthält, aus einem Raum, in dem das Gas zur Schädlingsbekämpfung wirksam war.
Ein derartiges Verfahren, bei dem das abgeleitete Gas-Luftgemisch über einen Gaswäscher geführt wird, ist aus der DE 42 05 459 A1 bekannt.
Zur Schädlingsbekämpfung werden die betreffenden Räume, beispielsweise Kirchenraum, Museumsraum, Bibliotheksraum oder Vorratslagerraum, begast. Ein solcher Raum ist oft auch eine Kammer, in die der zu behandelnde Gegenstand eingestellt wird oder die von dem zu behandelnden Gegenstand aufgebaut wird. Nach der Einwirkungszeit des Gases muß der Raum gelüftet werden. Es ist oft unerwünscht, daß das Behandlungsgas einfach in die Umgebung abgeleitet wird.
In dem Konferenzbericht "Proceedings of the 1st International Conference on Insect Pests in the Urban Environment", St. John′s College, Cambridge, 30. Juni bis 03. Juli 1993, ist in dem Artikel Dr. G. Binker "Report on the first fumigation of a church in Europe using sulfuryl fluoride", S. 51 bis 55, die Entwesung eines Kirchenraums unter Einsatz von Sulfurylfluorid (SO₂F₂) beschrieben. Sulfurylfluorid hat gegenüber dem bisher vielfach verwendeten Methylbromid den Vorteil, daß es nicht karzinogen ist und die Ozonschicht nicht beeinflußt. Dennoch ist es aus Umweltschutzgründen gelegentlich unerwünscht, einen so begasten Raum einfach in die Umgebung zu entlüften, obwohl dabei die Konzentration des Wirkbestandteils in der Luft sehr niedrig ist.
Versuche haben gezeigt, daß das Sulfurylfluorid in einem Gaswäscher nur sehr schlecht reagiert und in diesem kaum zurückgehalten werden kann.
In der Literaturstelle "Journal of Chemical Physics", Volume 54, Number 8, 15. April 1971, S. 3445 bis 3449 ist die thermische Behandlung eines SO₂F₂-Argon- Gemisches beschrieben, bei der SO₂F₂ gespalten wird. Ein derartiges Verfahren eignet sich für das Verfahren der eingangs genannten Art nicht.
Verfahren zum Cracken von Erdöl, also organischen Produkten, sind bekannt. Bei dem bei dem Verfahren der eingangs genannten Art vorliegenden Gas-Luftgemisch handelt es sich nicht um ein solches organisches Produkt.
Es sind auch Verfahren zur katalytischen bzw. thermischen Nachverbrennung von beispielsweise kohlenstoffhaltigen Abgasen bekannt. Durch die Verbrennung wird die Oxidationszahl erhöht. Dies kann bei SO₂F₂ nicht zum gewünschten Ergebnis führen.
Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren der eingangs genannten Art vorzuschlagen, bei dem verhindert wird, daß das Sulfurylfluorid im gasförmigen Zustand in die Umgebung entweicht.
Erfindungsgemäß ist obige Aufgabe bei einem Verfahren der eingangs genannten Art dadurch gelöst, daß das aus dem Raum abgeleitete Gas-Luftgemisch thermisch so behandelt wird, daß der Wirkbestandteil (SO₂F₂) wenigstens überwiegend aufgespalten wird, und daß danach die Spaltprodukte in einem Gaswäscher in einer basischen Lösung neutralisiert oder in einem Filter ausgefiltert werden.
Durch die thermische Behandlung zerfällt das Sulfurylfluorid in verschiedene Spaltprodukte, insbesondere SO₂, HF, F₂. Diese sind wesentlich reaktionsfreudiger als SO₂F₂. Die Spaltprodukte werden in der basischen Lösung des Gaswäschers sicher neutralisiert. Die neutralisierte Lösung läßt sich in flüssigem Zustand gezielt entsorgen. Es ist auch möglich, die neutralisierte Lösung zu trocknen; dann ist eine trockne Entsorgung möglich.
Die Spaltprodukte können auch in einem Filter, beispielsweise Aluminiumoxid-Filter, ausgefiltert werden. Insgesamt ist dadurch erreicht, daß das Sulfurylfluorid und auch seine Spaltprodukte nicht in gasförmigem Zustand in die Umgebung entweichen.
Die Verwendung eines Filters hat den Vorteil, daß sich das Filtermaterial vergleichsweise einfach regenerieren läßt. Demgegenüber wird die basische Lösung bei der Reaktion mit den Spaltprodukten irreversibel verbraucht. Eine Rückgewinnung einer funktionstüchtigen basischen Lösung wäre aufwendig und unwirtschaftlich. Der Filter dagegen läßt sich ausheizen oder nach Neutralisation auswaschen.
Die in der Luft enthaltene Luftfeuchtigkeit fördert das Entstehen von neutralisierbaren Spaltprodukten. Falls die vorhandene Luftfeuchtigkeit nicht ausreicht, kann zusätzlich Wasser eingedüst werden.
Das Sulfurylfluorid wird also nicht verbrannt, sondern es wird einer Pyrolyse bzw. einer thermisch unterstützten Reaktion mit Wasser unterworfen.
Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und der folgenden Beschreibung. Die Figur zeigt eine Anlage zur Durchführung des Verfahrens schematisch.
In einem Raum (1), beispielsweise einem Kirchenraum, befindet sich ein toxisches Gas-Luftgemisch, bestehend aus Luft, Luftfeuchtigkeit und SO₂F₂, dem ggfs. als Synergist CO₂ (Kohlendioxid) zugesetzt sein kann, in einer Konzentration, die nach einer gewissen Zeit Schädlinge abgetötet hat, die sich in Einrichtungsgegenständen des Raumes (1) befinden. Der Raum (1) ist in üblicher Weise abgedichtet. Er kann auch so abgedichtet sein, wie dies in der DE 42 05 459 A1 beschrieben ist. Dort ist außen um den Raum (1) eine weitere Abdichtung gelegt, wobei zwischen der inneren Abdichtung und der äußeren Abdichtung ein Zwischenraum besteht. Aus dem Raum (1) bzw. dem Zwischenraum soll das Gas-Luftgemisch abgezogen werden. Hierfür wird an den Raum (1) bzw. den Zwischenraum eine Leitung (2) mit einem Sauggebläse angeschlossen. Die Leitung (2) wird über einen Wärmetauscher (3) mit einem beheizbaren Reaktor (4) verbunden.
Ausgangsseitig ist der Reaktor (4) über eine Leitung (5) und den Wärmetauscher (3) an einen Gaswäscher (6) angeschlossen, in dem sich eine basische Lösung, beispielsweise Natronlauge, befindet.
Das Gas-Luftgemisch wird im Reaktor (4) so erhitzt, daß das Sulfurylfluorid aufgespalten wird. Hierfür herrscht im Reaktor (4) eine Temperatur zwischen 260°C und 2600°C, insbesondere 800°C bis 1000°C. Zur Verbesserung der Spaltreaktion kann im Reaktor (4) ein Katalysator angeordnet werden. Die Temperatur wird so gewählt, daß das Sulfurylfluorid (SO₂F₂) möglichst vollständig gespalten wird.
Bei dieser thermischen Behandlung von Sulfurylfluorid können im Prinzip drei Reaktionskomplexe ablaufen:
  • 1. Reaktionskomplex:
    SO₂F₂ → SO₂ + F₂
    2F₂ + 2H₂O → 4HF + O₂
    2SO₂ + O₂ → 2SO₃
    SO₃ + H₂O → H₂SO₄
  • 2. Reaktionskomplex:
    2SO₂F₂ + 2H₂O → 2SO₂ + O₂ + 4HF
    2SO₂ + O₂ → 2SO₃
    SO₃ + H₂O → H₂SO₄
  • 3. Reaktionskomplex:
    SO₂F₂ + H₂O → HF + HSO₃F
    HSO₃F + H₂O → HF + H₂SO₄
In die Reaktionen greift ersichtlich das Wasser der Luftfeuchtigkeit stark ein. Die Zusammensetzung der Spaltprodukte hängt wesentlich von der Temperatur und dem Feuchtigkeitsgehalt der das SO₂F₂ enthaltenden Luft ab. Die Oxidation des Schwefeldioxids zu Schwefeltrioxid erfolgt teils durch Luftsauerstoff und teils durch den bei der Reaktion gebildeten Sauerstoff. Die durch die Reaktionen hauptsächlich entstehenden Spaltprodukte sind SO₂, F₂ und HF.
Alle bei den genannten Reaktionen entstandenen Spaltprodukte werden mit der Luft dem Gaswäscher (6) zugeführt. In diesem werden sie - mit Ausnahme des Sauerstoffs - aufgefangen bzw. neutralisiert, wobei im Gaswäscher (6) folgende Reaktionen ablaufen:
SO₂ + 2NaOH → Na₂ SO₃ + H₂O
HF + NaOH → NaF + H₂O
F₂ + 2NaOH → 2NaF + 1/2 O₂ + H₂O
HSO₃F + NaOH → Na(SO₃F) + H₂O
HSO₃F + 3NaOH → NaF + Na₂SO₄ + 2H₂O
SO₃ + 2NaOH → Na₂SO₄ + H₂O
H₂SO₄ + 2NaOH → Na₂SO₄ + 2H₂O.
Die genannten Säure-Base-Reaktionen treten je nach den Reaktionsbedingungen im vorhergehenden Spaltprozeß bzw. dem Vorliegen der bei den dortigen Reaktionen entstandenen Spaltprodukte auf.
Diese Reaktionen erfolgen schnell, da die genannten Spaltprodukte mit der basischen Lösung heftiger reagieren als es SO₂F₂ als solches tun würde.
Im Wärmetauscher (3) wird das in den Reaktor (4) eintretende Gas-Luftgemisch von dem den Reaktor (4) verlassenden, im Reaktor (4) aufgeheizten, Gas-Luftgemisch vorerwärmt. Das in den Gaswäscher (6) eintretende Gas-Luftgemisch soll eine Temperatur haben, die zwischen der Raumtemperatur und etwa 80°C liegt.
Die neutralisierten Spaltprodukte liegen im Gaswäscher (6) in gelöster Form vor, so daß sie diesen nicht über einen Luftabzug (7) verlassen. Die neutralisierten Spaltprodukte lassen sich in flüssiger Form gezielt entsorgen.
Wenn eine Entsorgung in trockener Form gewünscht ist, wird die neutralisierte Lösung getrocknet.
Als basische Lösung im Gaswäscher (6) eignen sich auch andere Laugen, beispielsweise Kalkmilch. Bei Anwesenheit von Calcium-Ionen fällt im Gaswäscher (6) bei den Reaktionen nahezu unlösliches Calciumfluorid (CaF₂) sowie Calciumsulfat (CaSO₄) aus. Das Sulfurylfluorid wird damit im Endergebnis in handhabbare, entsorgbare Feststoffe überführt.
Es ist auch möglich, daß dem Sulfurylfluorid im Raum (1) als Synergist Kohlendioxid zugesetzt ist. Das Kohlendioxid beschleunigt die Atmung der Insekten und erhöht damit indirekt die Wirksamkeit des Sulfurylfluorids. Dadurch ist gleichzeitig die für die Begasung notwendige Menge von Sulfurylfluorid reduziert.
Das Kohlendioxid wird zusammen mit der Luft und dem Sulfurylfluorid aus dem Raum (1) abgeleitet. Wenn im Reaktor (4) mit höheren Temperaturen als etwa 1200°C gearbeitet wird, wird dem Reaktor (4) ein Vorfilter vorgeschaltet, der das Kohlendioxid ausfiltert. Es ist dadurch vermieden, daß sich das Kohlendioxid im Reaktor (4) in giftiges Kohlenmonoxid umwandelt, was bei Temperaturen über 1200°C geschehen würde. Die Verwendung des Kohlendioxid-Vorfilters ist vor allem angezeigt, wenn vergleichsweise große Mengen an Kohlendioxid, beispielsweise mehr als 5 Vol.-%, zugesetzt sind.
Wird nicht mit einem Kohlendioxid-Vorfilter gearbeitet, dann ist es zweckmäßig, wenn anstelle des Gaswäschers (6), der eine basische Lösung enthält, ein Filter verwendet wird, der die Spaltprodukte des Sulfurylfluorids herausfiltert. Das Kohlendioxid tritt dann unverändert durch den Filter hindurch. Würde, insbesondere bei großen Kohlendioxidmengen, ein Gaswäscher mit einer basischen Lösung verwendet, dann würde das Kohlendioxid selbst einen großen Teil der basischen Lösung verbrauchen, was unerwünscht ist. Denn die basische Lösung läßt sich nach Gebrauch wirtschaftlich nicht als basische Lösung rückgewinnen.

Claims (11)

1. Verfahren zum Ableiten eines toxischen Gas-Luftgemisches, das Sulfurylfluorid als Wirkbestandteil enthält, aus einem Raum, in dem das Gas zur Schädlingsbekämpfung wirksam war, dadurch gekennzeichnet, daß das aus dem Raum abgeleitete Gas-Luftgemisch thermisch so behandelt wird, daß der Wirkbestandteil wenigstens überwiegend aufgespalten wird, und daß danach die Spaltprodukte in einem Gaswäscher in einer basischen Lösung neutralisiert oder in einem Filter ausgefiltert werden.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Behandlung bei einer Temperatur zwischen 260°C und 2600°C, insbesondere zwischen 800°C und 1000°C, erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Behandlung in Anwesenheit von H₂O, insbesondere der Luftfeuchtigkeit des Gas-Luftgemisches, erfolgt.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die thermische Behandlung unter Katalyse mittels eines Katalysators erfolgt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß das die Spaltprodukte enthaltende Gas-Luftgemisch vor dem Gaswäscher gekühlt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, daß die Kühlung in einem Wärmetauscher erfolgt, der das Gas-Luftgemisch vor der thermischen Behandlung vorerwärmt.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die basische Lösung nach der Reaktion mit den Spaltprodukten getrocknet wird.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß die basische Lösung Natronlauge ist.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß die basische Lösung Kalkmilch ist.
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, daß dem Sulfurylfluorid als Synergist Kohlendioxid beigemischt ist und daß das Kohlendioxid in einem Vorfilter vor der thermischen Behandlung ausgefiltert wird.
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß dem Sulfurylfluorid als Synergist Kohlendioxid beigemischt ist und daß das Kohlendioxid durch das die Spaltprodukte ausfilternde Filter hindurchgelassen wird.
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