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Verfahren zur Erzeugung hochwertigen Blehls aus lnais. Die bisher
bekannten Methoden zur Erzeugung von Mehlen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln zeigen
bei ihrer Anwendung für Mais große Übelstände, da diese Verfahren keine scharfe
Scheidung zwischen nährstoffreichen und nährstoffarmen Substanzen der Frucht ermöglichen.
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Im trockenen Maiskorn sind die nährstoffarmen Bestandteile der Frucht
(Oberhaut, Mittelschicht, Ouerzellenschicht, Schlauchzellen
usw.)
mit den nährstoffreichen Bestandteilen der Frucht (Aleuronzellen und den darauffolgenden
Stärkeendospermzellen) miteinander so innig verbunden, daß durch die bekannten Aufschließverfahren
(Mahlverfahren) eine exakte Scheidung der Fruchtbestandteile und eine restlose Entfernung
aller Gewebereste nicht zu erzielen ist.
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Beim Mais ist aber ein kräftig wirkendes Aufschließverfahren insbesondere
aus dem Grunde erforderlich, weil dort auch noch die Stärkekörner in eigenartiger
Weise untereinander verkittet sind und bei gewöhnlicher Aufschließung dem Gärungsvorgang
bei der Broterzeugung Widerstand entgegensetzen bzw. bei Maismehlbeimengungen zu
einem »Sitzenbleiben« des Teiges bzw. Gebäcke, d. h. zu schwer verdaulichem Gebäck,
Veranlassung geben.
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Trotzdem die mangelhafte Aufschließung des Maises die Hauptursache
für das leichte Verderben, schlechte Back- und Verdauungsfähigkeit des aus ihm gewonnenen
Mehles bildet, ist es bisher nicht gelungen, für ihn eine Aufschließmethode zu finden,
die rasch und wirtschaftlich die scharfe Scheidung zwischen nährstoffreichen und
nährstoffarmen Substanzen ermöglicht.
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Hinzu kommt noch, daß bei Mais die Keimlinge ihrer Masse nach einen
beträchtlichen Anteil des Kornes bilden und einen bedeutenden Ölgehalt aufweisen,
der, wenn die Keimlinge mit zu Mehl verarbeitet würden, unangenehmen Geschmack,
Ranzigkeit und geringe Haltbarkeit der Mehle zur Folge hätte.
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Auf Grund eingehender mikroskopische,-und mikrochemischer Forschungen
wurde gefunden, daß sich die vorerwähnte Aufgabe durch ein eigenartiges, kombiniert
mechanisch-chemisches Aufschließverfahren lösen läßt, das besonders große Vorteile
für die Aufschließung der bisher vollkommen überhaupt nicht aufschließbaren Frucht
bietet, deren Stärkekörner durch Inkrustationsstoffe miteinander verkittet sind.
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Das Verfahren besteht der Erfindung gemäß darin, daß der trocken gröblich
geschrotene Mais in Schwemmvorrichtungen von den Keimen befreit und einem Weichverfahren
unter Ansäurung unterworfen wird, worauf nach Neutralisation das geweichte Maisschrot
getrocknet und nach Bedarf von der Kleie durch bekannte Mittel befreit und vermahlen
wird.
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Nach den Beobachtungen des Erfinders lassen sich besonders günstige
Resultate erzielen, wenn das Weichen der geschrotenen und von den Keimen befreiten
Frucht mit säurehaltigen Lösungen bei Temperaturen von etwa 7o bis 9o° C durchgeführt
wird. Es ist bereits vorgeschlagen -worden (Dinglers Polytechn. Journal, Band 151,
Jahrg. r859, S.467/468), den ungeschrotenen Mais vor dem Vermahlen einige Stunden
in Wasser zu teeichen und dann vollständig zu vermahlen und die einzelnen Bestandteile
durch stufenweise Trennung zu sondern. Da bei diesem Verfahren alle Bestandteile
des Maises, also auch die Keimlinge, vollständig vermahlen werden, gelingt die Sonderung
der einzelnen Bestandteile aus dem bereits vermahlenen Produkt nur sehr unvollständig
und nur mit Hilfe von komplizierten, stufenweise arbeitenden Apparaten. Der bei
diesem Verfahren angewendete Weichprozeß selbst bleibt, da die angewendete Flüssigkeit
auf die ungeschrotenen Maiskörner einwirkt, fast vollständig ohne Einfluß auf das
Verfahren und das Produkt.
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Es ist auch bekannt, den Mais vorerst zu schroten, um ihn hierauf
von den Keimlingen zu befreien. (Dinglers Polytechn. Journal, Band 2z6, Jahrgang
1877, Seite 538 bis 541.) Bei dem vorliegenden Verfahren werden diese einen Teil
des Kombinationsverfahrens bildenden Maßnahmen in der Weise vorgenommen, daß man
den Mais auf eine solche Schrotgröße zerkleinert, daß der erhaltene Maisschrot durch
ein den Mehlkörper mechanisch nicht angreifendes Schwemmverfahren von den Keimlingen
befreit wird, so daß der entkeimte Maisschrot leicht weiterbearbeitet werden kann.
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Ebenso ist es auch bekannt, die zerkleinerte und entkeimte Frucht
einem Weichprozeß mit verschiedenen chemischen Mitteln zu unterwerfen, um die Kleie
für die menschliche Ernährung zugänglich zu machen (britische Patentschrift 12567
vom Jahre z897). Der in dem vorliegenden Verfahren angewendete Weichprozeß bezweckt
jedoch nicht eine Aufschließung der Kleie, da, wie es sich gezeigt hat, der Wert
des Endproduktes durch derartige, mit großen Kosten verbundene Maßnahmen nur wenig
gesteigert wird, sondern bezweckt im Gegenteil eine Lockerung der Stärkekörner von
der Kleie behufs vollständiger Trennung dieser Bestandteile.
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Bei dem vorliegenden eigenartigen Kombinationsverfahren unterstützen
sich die Wirkungen der einzelnen Verfahrensmaßnahmen zu einer erhöhten Gesamtleistung,
wobei ein Produkt entsteht, das weder mit den bisher bekannten Einzelmaßnahmen noch
in ihrer Kombination mit anderen bisher bekannten Verfahren erreicht werden konnte.
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Im nachstehenden wird das Verfahren zur Herstellung von Mehl aus Mais
näher beschrieben.
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Die Abb. i bis 4 der Zeichnung geben einige für das Verständnis des
Verfahrens wesentliche
Abbildungen des Baues von Getreidefrüchten
wieder. Abb. 5 zeigt das neue Aufschließverfahren in einem schematisch gehaltenen
Arbeitsdiagramm.
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Das Verfahren ist folgendes: Die gereinigte, jedoch ungeschälte Frucht
wird vorerst in Schrotmühlen i (Abb.S) grob, d. h. auf solche Größe derart geschroten,
daß die Keimlinge k (Abb. i) sich möglichst als Ganzes vom Mehlkörper der Körner
a (Abb. i) trennen. Aus dem so gewonnenen Schrot werden hierauf die Keimlinge k
des Maiskornes a entfernt. Das Sortierverfahren ist derart beschaffen, daß durch
den Sortierungsvorgang die Zellen des geschrotenen Kornes a mechanisch nicht angegriffen
«erden, d. h. jedwede schädliche Verletzung der Zellenschichten der geschrotenen
Kornstücke vermieden wird. Für diese Sortierung eignet sich besonders die neue Einrichtung
gemäß Patent 4216o8 zum Sortieren von Gut nach dem spezifischen Gewicht auf nassem
Wege. Diese Einrichtung ist in Abb. 5 mit 2 bezeichnet. Sie bewirkt die Scheidung
des aus der Schrotmühle i ausfallenden geschrotenen Gutes in der Weise, daß die
zufolge des Ölgehaltes spezifisch leichteren Keimlinge k im Sinne der Pfeilrichtung
k' aus der Einrichtung abgeschwemmt werden, während das geschrotene, von Keiriilingsbestandteilen
vollständig befreite reine Kornschrot auf dein Wege a' die Einrichtung v erläßt.
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Das auf diese Weise erhaltene entkeimte Schrot wird beispielsweise
auf dein Wege. a" in eine Einweichvorrichtung 3 unter Zusatz von Wasser eingebracht,
zweckmäßig auch unter Zusatz des aus der Einrichtung 2 erhaltenen »Milchwassers«
(Mehlteilchen enthaltendes Wasser) und durch verhältnismäßig kurze Zeit einer Temperatur
von etwa 7o° bis 9o° C ausgesetzt, bis die Aufschließung durch die mikroskopisch
nachweisbare Trennung der Stärkekörner erfolgt ist. Die Einhaltung der Temperatur
innerhalb dieser Grenzen vermeidet einerseits eine Umwandlung der Stärke in Zucker,
anderseits die Verkleisterung.
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Nach den Beobachtungen des Erfinders läßt sich die in dem Weichgefäß
vorgenommene Aufschließung des entkeimten Schrotes dadurch in ganz hervorragender
Weise verbessern und beschleunigen, cläß das Weichen unter Zusatz säurehaltiger
-Lösungen, insbesondere salzsäurehaltiger Lösungen, vorgenommen wird. Der Salzsäurezusatz
wirkt nach den Beobachtungen des Erfinders als eine Art Katalysator, der nicht nur
die erstrebenswerte vollständige Aufschließung der in den Zellen miteinander verkitteten
Stärkekörner außergewöhnlich fördert, sondern auch die scharfe Scheidung aller in
der Praxis unter dem Namen »Kleie« zusammengefaßten Ze11-schichten von den Kleber-
und Stärkeschichten des Maiskornes bewirkt. Zweckmäßig wird während des Weichens
das Gut durch Rührflügel 3' in Bewegung erhalten.
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Dem erweichten Gut werden hierauf kohlensaure Salze zugesetzt, welche
die Neutralisation der zugesetzten Säure bewirken. Das so behandelte Gut wird hierauf
auf Trockenapparaten .4 (Abb. 5) an sich bekannter Konstruktion, beispielsweise
Trommeltrocknern, getrocknet. Das Gut wird vom Trockenapparat in Form eigenartiger
Flocken f (Abb. ,4) abgenommen, in welchem die unter dem Sammelbegriff Kleie zusammengefaßten
Schalensubstanzen des Maiskornes als verhältnismäßig große, dünne Blättchen f' enthalten
sind, ohne jedoch mit den angrenzenden, wertvollen Gewebeschichten des Maiskornes
im festen Zusammenhang zu stehen; der Rest der Flockenmasse enthält vollkommen aufgeschlossene
Kleber- und Stärkesubstanzen f". Die Flocken besitzen trotz des großen Klebergehaltes
lichte Farbe.
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Die vom Trockenapparat abgenommenen Flocken werden hierauf einem an
sich bekannten Sortierapparat 5 (Abb. 5) zugeführt, der je nach Bedarf die in den
Flocken enthaltenen Kleienteile f' ganz oder teilweise ausscheidet.
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Dies wird durch das eingangs bereits nerv orgeliobene grobe Schroten
des Maises wesentlich erleichtert, da diese Maßnahme bedingt, daß die Kleienbestandteile
auch im aufgeschlossenen Produkt in gröberen bzw. größeren Stücken beigemengt sind
und daher durch einfache Siebvorrichtungen leicht und vollständig von den bereits
aufgeschlossenen Mehlkörperteilen getrennt werden können.
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Aus dein Sortierapparat läuft beispielsweise auf dein Wege v Kleie
und auf dem Wege @.v vollständig aufgeschlossenes reines Maismehl aus.
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Um die Vorteile des Verfahrens gegenüber den bisher bekannten Aufschließverfahren
klarzustellen, sei nachstehend die Wirkung des Aufschließverfahrens auf die zellulare
Struktur des Fruchtkornes an der Hand der in den Abb.2 und 3 dargestellten Querschnitte
durch ein Weizen- und ein Maiskorn näher erläutert.
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In Abb. 2 stellt o die Oberhaut, et die Mittelschicht, q die Ouerzellenschicht,
sch, die Schlauchzellen, sa die Samenhaut, 1y die hyaline Schicht, k die
Aleuronzellen und sQ die Mehlendospermzellen und st die Stärkekörner eines Weizenkornes
dar. Abb. 3 veranschaulicht die ähnlich angeordneten Gewebeschichten im Maiskorn,
bei dem aber die mit Stärke gefüllten Zellen sp wesentliche
Unterschiede
gegenüber dem Weizen oder Roggen aufweisen.
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Aus dem Vergleich der beiden Querschnitte (Abb. 2 u. 3) zeigt sich,
daß bei Weizen oder Roggen die Stärkekörner st (Abb. 2, 2a) als linsenförmige Gebilde
frei im Zellenraum lagern, während bei Mais die polyedrischen Stärkekörner st (Abb.
3, 3a) mosaikartig miteinander verbunden sind. Diese Verschiedenartigkeit in der
Lagerung der Stärkekörner hat zur Folge, daß bei Mais durch das gewöhnliche Mahlverfahren
die Stärkekörner nicht als Einzelkörner, sondern in aus solchen zusammengesetzten
Trümmern (vgl. Abb. 3a) im Mahlgut erscheinen. Dies beweist, daß hei Mais der Aufschließungsprozeß
durch das gewöhnliche Mahlverfahren nicht abgeschlossen werden kann.
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Sollte bei den bekannten mechanischen Aufschließverfahren (Mahlprozeß)
wirklich auf eine exakte Scheidung zwischen nährstoffreichen und nährstoffarmen
Substanzen der Frucht hingearbeitet werden, so müßten theoretisch die Zellschichten
des Kornes entlang der Trennlinie x-y geschieden werden. Dieser Vorgang ist undurchführbar,
da der Stand der gegenwärtigen Technik über kein mechanisches Polier-, Schleif-
bzw. Mahlverfahren verfügt, das eine derartige genaue Trennung der Zellschichten
erreichen ließe.
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Anders verhält es sich jedoch bei dem vorliegenden Verfahren, das
vorerst die vollständige Entfernung des Keimlings ohne schädliche Korrosion der
sonstigen Zellschichten des Kornes ermöglicht und das entkeimte Korn durch ein eigenartiges
Weichverfahren wieder in den Quellungszustand versetzt, in welchem die exakte Scheidung
der histologisch verschiedenen Bestandteile des Kornes leicht durchführbar ist.
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Ein weiterer für die Maismehlgewinnung außerordentlich wichtiger Vorteil
des neuen Verfahrens liegt darin, daß dieses die vollständige Freilegung der in
den Mehlendospermzellen des Kornes eingeschlossenen Stärkekörner gewährleistet,
welchem Umstand mit Rücksicht auf die eigenartige Verkittung der Stärkekörner in
den Endospermzellen für die Backfähigkeit des Mehles und für die Verdaulichkeit
des Gebäckes ausschlaggebende Bedeutung zukommt.
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Aus den Untersuchungen des Erfinders geht hervor, daß bei Mais durch
die besten mechanischen Mahlverfahren keine vollständige Freilegung der in den Zellen
eingeschlossenen Stärkekörner zu erzielen ist, da diese Körner, wie Abb. 3 und 3a
zeigen, an den Berührungsflächen miteinander verkittet sind. Während also bei anderen
pflanzlichen Nahrungsmitteln, z. B. Weizen (vgl. Abb. 2 und 2a), die Stärkekörner
frei in den Zellen lagern und beim Aufreißen der Zellwand einer Endospermzelle gleichsam
wie Kugeln aus der Zelle auslaufen (vgl. Abb.2a), tritt beim Mais dieser Vorgang
nicht ein, da die Stärkekörner durch Inkrustationsstoffe verbunden sind (vgl. Abb.
3a).
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Durch das vorstehend beschriebene neue Aufschließverfahren wird mithin
nicht nur die exakte Scheidung zwischen nährstoffreichen und nährstoffarmen Substanzen
des Maises gewährleistet, sondern überhaupt erst die vollkommene Aufschließung der
Stärkekörner ermöglicht.
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Bei dem vorliegenden Verfahren wird, wie Versuche bestätigt haben,
bei restloser Abscheidung der Kleie und vollständigem Verbleib der Kleberschicht,
bei höchster Mehlausbeute ein weißes, in hohem Grade verbackungsfähiges Maismehl
erhalten.