DE4112955A1 - Steinkohlenteerpech, seine herstellung und verwendung - Google Patents

Steinkohlenteerpech, seine herstellung und verwendung

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Hans-Dieter Behrens
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Description

Die Erfindung betrifft ein neues Steinkohlenteerpech, ein Verfahren zu seiner Herstellung und seine Verwendung.
Bei der Destillation von Steinkohlenteer unter Normaldruck oder Vakuum wird als Rückstand ein Weichpech oder Normalpech erhalten, aus dem durch weitere Destillation ggf. unter Einleiten eines Trägergases oder Anwendung niedriger Drücke Hartpeche hergestellt werden. Zur Einstellung der gewünschten Eigenschaften werden die Peche auch untereinander oder mit Steinkohlenteerfraktionen gemischt.
Steinkohlenteerpeche enthalten Substanzen, die bei unsachgemäßem Gebrauch Gesundheitsschäden hervorrufen können. Eine der am längsten bekannten und bestuntersuchten Verbindungen in Steinkohlenteerpech ist das Carcinogen Benzo(a)pyren (3,4-Benzpyren). Der Gesetzgeber hat diesem Gefährdungspotential dadurch Rechnung getragen, daß Steinkohlenteerpeche mit einem Gehalt an Benzo(a)pyren (BaP) über 50 ppm als Gefahrstoffe gekennzeichnet und mit entsprechender Vorsicht gehandhabt werden müssen. Der BaP-Gehalt von Normalpechen liegt etwa zwischen 10 000 und 14 000 ppm. Oxidativ oder destillativ gewonnene Hartpeche enthalten etwa 4000 bis 12 000 ppm BaP.
Um die Gefährdung von Mitarbeitern bei unsachgemäßem Gebrauch auszuschließen, werden in einigen Bereichen Steinkohlenteerpeche trotz schlechterer Eigenschaftsprofile der hergestellten Produkte durch andere bituminöse Destillationsrückstände oder Harze ersetzt. Beispiele sind Bitumen als Bindemittel für Steinkohlenbriketts oder Steine im Straßenbau oder Phenolharze als Bindemittel in der Feuerfestindustrie.
Andererseits fällt bei der Verkokung von Steinkohle zwangsläufig Steinkohlenteer an, der ca. 50 Gew.-% Normalpech enthält. Ziel sollte sein, die vorteilhaften Anwendungspotentiale von Pech bei gleichzeitiger Verringerung der Gefährdung von Menschen bei der Verarbeitung zu nutzen.
Es bestand daher die Aufgabe, ein Steinkohlenteerpech mit einer optischen Anisotropie von weniger als 2% herzustellen, das vielseitig einsetzbar ist und einen verminderten Gehalt an Carcinogenen enthält.
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Steinkohlenteerpech gelöst, das weniger als 50 ppm Benzo(a)pyren enthält.
Es wurde überraschenderweise gefunden, daß ein solches Pech aus dem Rückstand der Primärdestillation von Steinkohlenteer durch Destillation in einem Verdampfer in einem Temperaturbereich von 300 bis 380°C bei einem Druck von nicht mehr als 1 mbar und einer mittleren Verweilzeit des Rückstandes in einem Verdampfer von 2 bis 10 min herstellbar ist, wobei der Verdampfer eine spezifische Verdampferoberfläche von 330 bis 10 000 m2/m3 aufweist. Die Verweilzeit beträgt vorzugsweise etwa 5 min. Solche Verdampfer sind beispielsweise Rieselfilmverdampfer, Dünnschichtverdampfer und Verdampfer mit rotierenden Einsätzen, wie sie in der EP 02 99 222 A1 beschrieben sind.
Aus DE 37 02 720 A1 ist zwar bekannt, filtrierte Steinkohlenteerpeche mit einem Erweichungspunkt unter 100°C im Dünnschichtverdampfer unter einem Druck von nicht mehr als 10 mbar in einem Temperaturbereich von 300 bis 425°C zu destillieren, um ein Pech mit niedrigem Gehalt an in Chinolin unlöslichem Material (QI) und hohem Erweichungspunkt und entsprechend hohem Verkokungsrückstand zu gewinnen.
Da es das Ziel dieser bekannten Destillation ist, die QI-Neubildung zu vermeiden, muß die mittlere Verweilzeit des Pechmaterials sehr gering sein. Aus diesem Grunde beträgt die mittlere Verweilzeit im Beispiel 1 bei der niedrigsten Behandlungstemperatur auch weniger als 1 min. Auch in den anderen Beispielen werden ähnlich geringe Verweilzeiten eingehalten, wie ein Vergleich der Durchsätze zeigt.
Das Pech nach Beispiel 2 enthält trotz des hohen Erweichungspunktes von 253°C (Kraemer-Sarnow) noch 140 ppm Benzo(a)pyren und ist somit kennzeichnungspflichtig. Da auch hier der Druck 1 mbar betrug und die Destillationstemperatur mit 361°C im Bereich von 300 bis 380°C lag, zeigt das Ergebnis die Bedeutung der Verweilzeit für die Abtrennung des Benzo(a)pyrens.
Die Erfindung wird anhand der nachfolgenden Beispiele näher erläutert.
Weitere Versuche haben gezeigt, daß Destillationstemperaturen von weniger als 300°C nicht zu dem gewünschten niedrigen Gehalt an Benzo(a)pyren führen. Bei Temperaturen oberhalb von 380°C kann die QI-Neubildung zu Inhomogenitäten im Pech und Behinderungen beim kontinuierlichen Betrieb der Destillationsanlage führen. Auch bei einer Blasendestillation unter einem Druck von 100 mbar und auf 420°C erhöhter Sumpftemperatur konnte selbst bei einer Verweilzeit von 60 min der Gehalt an Benzo(a)pyren nur von 1% auf 4200 ppm verringert werden. Das erhaltene Pech hatte einen Schmelzbeginn (TMA) von 116°C bei einem Mesophasengehalt von 3,8%.
Soweit wie möglich wurden für die Analytik bestehende DIN-Normen verwendet.
Erweichungspunkt
DIN 51920
Toluol-Unlösliches (TI) DIN 51906
Chinolin-Unlösliches (QI) DIN 51921
Verkokungsrückstand DIN 51905
Die optische Anisotropie wurde an in Epoxidharz eingebetteten Pechstücken nach Anschliff und Polieren mit dem Aufsicht-Polarisationsmikroskop unter Verwendung einer geeigneten Videokamera mit automatischer Bildanalyse bestimmt.
Die thermomechanische Analyse zur Charakterisierung des Erweichungsverhaltens der Peche erfolgte an gepreßten Pechpulvern (Durchmesser 7 mm, Höhe 1,2 mm) mit der Mettler Gerätekombination TA3000/TMA40 mit einer Auflagekraft von 0,05 N und einer Aufheizungsgeschwindigkeit von 5 K/min unter N2-Schutzgas. Die angegebenen charakteristischen Temperaturen wurden wie folgt definiert: der Schmelzbeginn entspricht einer Eindringung der Penetrationssonde von 5 µm; das Schmelzende einer Eindringung von 1 mm.
Beispiel 1
Ein Steinkohlenteerpech (Erweichungspunkt (Mettler) EPM = 89°C, TI = 24,1%, QI = 5,8%, β-Harze = 18,3% Verkokungsrückstand = 51,4%, BaP-Gehalt = 1,1%, Schmelzbeginn (TMA) = 36°C, Schmelzende (TMA) = 62°C) wird bei einem Vakuum von 1 mbar mit einer Destillationstemperatur von 300°C im Dünnschichtverdampfer bei einer mittleren Verweilzeit von 5 min destilliert.
Das resultierende Pech ist durch folgende Analysendaten charakterisiert:
TI|50,5%
QI 10,2%
β-Harze 40,3%
Verkokungsrückstand 83,3%
BaP-Gehalt 35 ppm
Schmelzbeginn (TMA) 156°C
Schmelzende (TMA) 194°C
optische Anisotropie 0,0%
Beispiel 2
Das Pech aus Beispiel 1 wird unter sonst gleichen Bedingungen wie im Beispiel 1 aber mit einer Destillationstemperatur von 340°C destilliert.
Das resultierende Pech ist durch folgende Analysendaten charakterisiert:
TI|62,7%
QI 12,2%
β-Harze 50,5%
Verkokungsrückstand 88,5%
BaP-Gehalt 20 ppm
Schmelzbeginn (TMA) 193°C
Schmelzende (TMA) 237°C
optische Anisotropie 0,0%
Beispiel 3
Das Pech aus Beispiel 1 wird unter sonst gleichen Bedingungen wie in den vorstehenden Beispielen aber mit einer Destillationstemperatur von 380°C destilliert.
Das resultierende Pech ist durch folgende Analysendaten charakterisiert:
TI|70,8%
QI 14,6%
β-Harze 56,2%
Verkokungsrückstand 92,3%
BaP-Gehalt 20 ppm
Schmelzbeginn (TMA) 220°C
Schmelzende (TMA) 266°C
optische Anisotropie 0,0%
Die Peche aus Beispiel 1 bis 3 können bei Einstellung einer angemessenen Mischtemperatur direkt als Bindemittel verwendet werden. Auch ein direkter Einsatz als Imprägniermittel für poröse Strukturen (z. B. Composites) ist möglich. Die Peche ergeben bei Pyrolyse eine isotrope Binderkoksstruktur und somit hohe Festigkeit der Endprodukte. Ist aus technischen Gründen ein direkter Einsatz nicht möglich, kann die Viskosität der Peche aus Beispiel 1 bis 3 mit BaP-armen kompatiblen Ölen gesenkt werden.
Beispiel 4
72 Gew.-Teile des Steinkohlenteerpechs aus Beispiel 1 werden in 28 Gew.-Teilen Anthracenöl (40 ppm Benzo(a)pyren, Siedebereich 290 bis 370°C) bei 200°C gelöst, um ein Elektrodenbindemittel herzustellen.
Das resultierende Binderpech hat folgende Eigenschaften:
EPM|111,5°C
TI 38,5%
QI 7,7%
β-Harze 30,8%
Verkokungsrückstand 63,8%
BaP-Gehalt 40 ppm
Schmelzbeginn (TMA) 50°C
Schmelzende (TMA) 85°C
optische Anisotropie 0,0%
Die β-Harze liegen in der Regel bei Elektrodenbindemitteln im Bereich zwischen 20 und 25%. Der Verkokungsrückstand ist höher als erwartet. Im Gegensatz zu üblichen Bindemitteln aus Steinkohlenteerpech mit einem Gehalt an Benzo(a)pyren von etwa 1% hat dieses neue Pech einen extrem niedrigen Gehalt von nur 40 ppm.
In ähnlicher Weise lassen sich auch andere Bindemittel beispielsweise für die Brikettierung von Steinkohle, für Stichlochstopfmassen und für Feuerfestmassen und Imprägniermittel herstellen. Als benzo(a)pyrenarmes Öl kann u. a. auch eine Fraktion aus dem Rückstandsöl der Pyrolyse von Erdölfraktionen zur Herstellung von Olefinen verwendet werden.
Selbstverständlich können für die Senkung der Viskosität des hochschmelzenden Pechs auch andere mit Pech mischbare Öle, Harze oder Bitumina verwendet werden.
Beispiel 5
92 Teile eines kommerziell erhältlichen Produkts für den bituminösen Oberflächenschutz (Emaillit BV extra der Firma Vedag) werden in einer Retorte mit 8 Teilen des Produktes aus Beispiel 1 homogenisiert und abschließend unter Rühren auf Rückflußtemperatur erwärmt. Nach erneutem Abkühlen ist das Produkt gebrauchsfertig. Die neue Mischung führt bei gleich guter Verarbeitbarkeit zu einem Anstrichmittel mit einer verbesserten Witterungsbeständigkeit.
Beispiel 6
89 Teile eines Normbitumens (B 200) werden auf 150°C erwärmt. 11 Teile feinkörniges Pech aus Beispiel 1 werden unter Rühren zugegeben. Der erhaltene Erweichungspunkt und die Penetration entsprechen denen des Normbitumens B 80. Die Penetration beträgt 77 1/10 mm, der Brechpunkt nach Fraaß -17°C und der Erweichungspunkt (Ring und Kugel) 48°C. Der Brechpunkt liegt somit bis zu 7 K niedriger als beim B 80. Daraus ergibt sich eine erweiterte Plastizitätsspanne.
Beispiel 7
60 Gew.-Teile des Steinkohlenteerpechs aus Beispiel 1 werden in 25 Gew.-Teilen Steinkohlenteeröl des Siedebereiches 230 bis 290°C und 15 Gew.-Teilen einer Toluol/Xylol-Mischung gelöst. Auf diese Weise wird ein fungizider, schnell trocknender Anstrich für Bauwerksabdichtungen mit hoher Durchwurzelungsbeständigkeit erhalten.

Claims (6)

1. Steinkohlenteerpech mit einer optischen Anisotropie von weniger als 2%, dadurch gekennzeichnet, daß es weniger als 50 ppm, Benzo(a)pyren enthält.
2. Verfahren zur Herstellung eines Steinkohlenteerpechs gemäß Anspruch 1, durch Destillieren von Steinkohlenteer in einer ersten Destillationsstufe unter Normaldruck oder verminderten Druck und Destillieren des Rückstandes der ersten Destillationsstufe unter einem Druck von nicht mehr als 1 mbar in einem Verdampfer, dadurch gekennzeichnet, daß die Temperatur im Verdampfer im Temperaturenbereich von 300 bis 380°C liegt und die mittlere Verweilzeit des Rückstandes 2 bis 10 min beträgt, wobei der Verdampfer eine spezifische Verdampferoberfläche von 330 bis 10 000 m2/m3 aufweist.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß der Destillationsrückstand aus dem Verdampfer mit einem hocharomatischen, benzo(a)pyrenarmen Öl gemischt wird.
4. Verwendung des Steinkohlenteerpechs nach Anspruch 1 als Binde- oder Imprägniermittel.
5. Verwendung des Steinkohlenteerpechs nach Anspruch 1 zur Herstellung von Anstrichmitteln.
6. Verwendung des Steinkohlenteerpechs nach Anspruch 1 zur Herstellung durchwurzelungsbeständiger Bauwerksabdichtungen.
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