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Verfahren zur Herstellung eines mit kaltem Wasser Kleister bildenden
Produkts aus Stärke oder stärkehaltigen Stoffen. Von den Umwandlungsprodukten der
Stärke, welche zwischen dieser und dem Endgliede ihres Abbaues, dem Stärkezucker;
liegen, kommen für technische Zwecke drei typische Körperklassen in Betracht, die
»lösliche Stärke«, die »kaltquellende Stärke« und die »Dextrine«. Sie sind in ihren
Eigenschaften durchaus verschieden und unterscheiden sich voneinander durch ganz
charakteristische Merkmale.
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Die »lösliche Stärke« besitzt das Aussehen der gewöhnlichen Stärke.
Sie reagiert mit kaltem Wasser nicht, sondern ist - wie die gewöhnliche Stärke -
darin unlöslich. Beim Erwärmen mit Wasser geht sie - etwa bei der Verkleisterungstemperatur
der gewöhnlichen Stärke -, in eine dünnflüssige Lösung über, während die gewöhnliche
Stärke beim Erwärmen mit Wasser Kleister bildet. Die Herstellung der löslichen Stärke
geschieht durch Einwirkung von Säuren oder Oxydationsmitteln auf die Stärke. Je
nach Herstellungsart gelangt man zu löslichen Stärken von verschieden klarer Löslichkeit
in warmem Wasser und verschiedener Gelatinierungsfähigkeit beim Erkalten. Die »lösliche
Stärke« gibt wie gewöhnliche Stärke mit Jod eine r@einblaue Reaktion.
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Die »kaltquellende Stärke« unterscheidet sich von der gewöhnlichen
Stärke und der löslichen Stärke dadurch, daß sie bereits mit kaltem Wasser reagiert
und damit beim Anrühren Kleister bildet. Die Quellstärke gibt ebenfalls eine reinblaue
Jodreaktion. Die »Dextrine« unterscheiden sich von der gewöhnlichen Stärke, der
löslichen Stärke und der kaltquellenden Stärke dadurch, daß sie in kaltem Wasser
sich lösen, während die gewöhnliche Stärke und die lösliche Stärke damit gar nicht
reagieren und die kaltquellende Stärke Kleister bildet. So geben z. B. die Dextrine
mit der io- bis i 5fachen Menge Wasser ganz dünnflüssige, filtrierbare Lösungen,
während die kaltquellende Stärke mit dieser Wassermenge noch einen dicken, zähen
Kleister bildet, der kaum aus dem Gefäß ausfließt.
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Die Herstellung der Dextrine geschieht meist durch Rösten der Stärke
mit oder ohne Zusatz geringer Mengen von Säuren. Die Jodreaktion der Dextrine ist
je nach dem Grade des Abbaues blauviolett über rotviolett bis orange. Die Dextrine
stellen. also eine wesentlich weitere Abbaustufe der Stärke dar als die »lösliche
Stärke« und die »kaltquellende Stärke«.
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Die vorliegende Erfindung befaßt sich mit einem Verfahren zur Herstellung
von »kaltquellender Stärke«.
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Die zur Herstellung von kaltquellender Stärke bereits bekannten Verfahren
lassen sich in zwei Gruppen einteilen.
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Bei der einen Gruppe von Verfahren werden die Stärkekörner durch Einwirkung
starker Ätzalkalien oder konzentrierter Salzlösungen (Rhodansalzlösungen) gesprengt.
Eine Verkleisterung wird dabei absichtlich vermieden dadurch, daß nian die Stärke
während der
Einwirkung der Chemikalien in einer Flüssigkeit suspendiert,
die eine Verkleisterung der Stärkekörner untereinander nicht zuläßt, wie z. B. Alkohol
usw. ' - - -Bei der zweiten Gruppe von Verfahren findet im Gegensatz hierzu die
Sprengung der Stärkekörner durch eine Verkleisterung statt. Die verkleisterte Stärke
wird dann auf Platten oder Walzen, die über ioo°- erhitzt sind, getrocknet. Stärke
- ohne Zusatz irr gendwelcher Chemikalien - gibt, nach diesem Verfahren behandelt,
ein Produkt, welches mit kaltem Wasser zwar anquillt, das aber noch weit entfernt
von technischer Brauchbarkeit ist; denn es findet wohl ein Anquellen der Stärke
statt, jedoch nicht die Bildung eines zusammenhängenden, schleimigen und klebkräftigen
Kleisters. Um eine diesen Anforderungen entsprechende »kaltquellende Stärke« herzustellen,
muß man bei dieser Arbeitsweise gleichzeitig bestimmte Reagenzien einwirken lassen,
die einen gewissen Aufschluß oder Abbau bewirken. Im Gegensatz zu der ersten Gruppe
von Verfahren genügen in diesem Falle jedoch ganz geringe Mengen von Chemikalien.
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Als solche sind bekannt: Basen, basisch reagierende Salze, Säuren
und oxydierend wirkende Mittel.
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Es wurde nun die überraschende Tatsache gefunden - und hierauf gründet
sich die Erfindung -, daß man eine >rkaltcluellende Stärke« von hervorragenden Eigenschaften
erhält, wenn man der verkleisterten Stärke bzw. der Stärkemilch, bevor sie auf den
Walzen zur Verkleisterung und Trocknung gelangt, etwas Diastase oder sonst ein stärkeabbauendes
Ferment hinzufügt. Bisher hat man die Einwirkung der Diastase bekanntlich zur Verzuckerung
der Stärke benutzt. Von den Zwischenprodukten des Abbaues bis zum Zucker hat man
lediglich dextrinartige Produkte gefaßt, niemals aber hat man eine kaltquellende
Stärke -erhalten. Die Herstellung kaltquellender Stärke unter Zuhilfenahme von Diastase
oder sonst einem stärkeabbauenden Ferment ist daher vollkommen neu.
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Das neue Verfahren hat den großen Vorteil vor den bisher bekannten,
daß das entstehende Produkt nicht durch Salze, Säuren öder Basen verunreinigt ist,
daß es neutral reagiert und kaum eine Spur von Fremdkörpern enthält, da die angewandten
Diastasemengen außerordentlich gering sind, und sich auf Bruchteile von Prozenten
belaufen.
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Durch geringe Abänderungen im Diastasezusatz kann man die Eigenschaften
der kaltquellenden Stärke, namentlich ihr Wasseraufnahmevermögen, in ziemlich weiten
Grenzen ändern, so daß die nach diesem Verfahren hergestellte Quellstärke dadurch
den Anforderungen der verschiedensten Industrien angepaßt werden kann.
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Zwei Ausführungsbeispiele des neuen Verfahrens sind folgende: i. ioo
kg Stärke werden mit ioo kg Wasser und i kg Diastafor (oder einer entsprechenden
Menge eines wässerigen Malzauszuges) verrührt und dann auf heißen Walzen oder Platten
verkleistert und getrocknet.
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Die Fermentwirkung, die durch die Einwirkung der Hitze zerstört wird,
ist demgemäß so kurz, daß die Gefahr der Dextrinbildung ausgeschlossen ist.
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z, i oo kg Stärke werden mit 150 1 Wasser und i kg Diastafor (oder
einer entsprechenden Menge eines wässerigen Malzauszuges) verrührt und längere Zeit
bei einer Temperatur von 6o bis 70° gehalten, bis die Diastase genügend eingewirkt
hat, jedoch -ohne bis zur Dextrinbildung zu führen. Die mehr oder minder breiartige
Menge wird auf heißen Walzen oder Platten verkleistert und getrocknet.