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Verfahren zur Herstellung von reiner Preßhefe nach dem Lufthefeverfahren
aus Melasse. Bei den bisher bekannten Verfahren zur Herstellung von Preßhefe aus
Melasse ist zuerst das Kochen, zum mindesten aber ein andauerndes Erhitzen -der
angesäuerten Melasselösung auf 7o° C zur Inversion des Zuckers, zur Abscheidung
schwer löslicher Bestandteile und zur Sterilisation der Melasse erforderlich. Die
erste Wirkung wird zwar auch durch das Invertin der Hefe erzielt, aber im übrigen
gilt das Erhitzen als unerläßlich.
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Es wurde nun gefunden, daß bei gewöhnlicher Temperatur oder bei gelinder
Wärme gearbeitet werden kann, wenn man die Melasse nach dem Verdünnen mit Wasser
z. B. bei einer Dichte von 3o bis 4o° Brix mit Mineralsäure versetzt und bei gewöhnlicher
Temperatur oder gelinder Wärme stehenläßt, bis die Sterilisation erfolgt ist, ohne
nach Zusatz der Säure noch zu erwärmen. ioo 1 einer Melasselösung von 3o° Brix ergeben
sich z. B. durch Lösen von etwa 39 kg reiner Melasse in 7.4 kg Wasser. Aus
dieser Melasselösung kann dann nach Zusatz von Ammonsalzen eine allen Anforderungen
entsprechende haltbare Preßhefe gewonnen werden, ohne daß weitere Stickstoffnahrung
oder eine Milchsäuregärung oder ein Milchsäurezusatz erforderlich wäre. Kochen ist
entbehrlich. Die Melasse wird in konzentrierter Lösung verwendet, damit nicht unnütz
große Mengen von Säure gebraucht werden müssen, welche dann im nachfolgenden Arbeitsgang
wieder neutralisiert werden müßten.
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Es wird so viel mit etwas Wasser vermischte Schwefelsäure angewendet,
daß das entstehende Gemenge von Schwefelsäure und konzentrierter Melasselösung einen
Säuregrad von mehr als 1%s0 Normalschwefelsäure aufweist, die zur Sterilisation
und gleichzeitig auch dazu ausreicht, um die später für die Hefeerzeugung passend
verdünnte Melasselösung ohne weitere Milchsäuregärung oder weiteren Milchsäurezusatz
genügend sauer zu machen. Auf ioo 1 Melasselösung, enthaltend 39 kg Melasse,
können je nach den Umständen 0,3 bis 4,9 kg HZSO4, also 0,77 bis 12,5
kg auf ioo kg reine Melasse angewendet werden.
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Zur Prüfung des Verfahrens wurde Melasse mit Spuren zweier Schimmelpilze
(Mucor und Aspergillus) und zweier Säurebakterien (Bac. lactic. u. butyric.) versetzt
und 8 Tage bei 25° C belassen. Von dieser Melasse wurde eine Lösung I von 3o° Brix
mit dem angegebenen Säurezusatz und eine Lösung ohne Säurezusatz bei gewöhnlicher
Temperatur hergestellt und nach 24 Stunden durch Überimpfen auf Gelatinenährböden
auf Keimzahl geprüft. Lösung I erwies sich als vollkommen steril; Lösung II enthielt
im Mittel i8oo Keime pro Kubikzentimeter.
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Der Unterschied zwischen der neuen Art der Säuerung und der bekannten
besteht darin, daß die Säure hier in Form einer starken Mineralsäure (Schwefelsäure
oder Salzsäure) in solcher Menge zur konzentrierten Melasselösung zugegeben wird,
daß sie eine Sterilisierwirkung auszuüben vermag, und daß erst, nachdem letztere
eingetreten ist, die weitere
Verdünnung der Melasselösung zur Weiterverarbeitung
erfolgt.
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Es ist bereits bekannt, Melasselösungen, die mit Säure gekocht sind,
mit weiteren Säuremengen zu versetzen und vor der letzten Verdünnung vom Niederschlag
zu trennen. Aber dabei ist dann immer mit geringen Säuremengen gearbeitet und nicht
erkannt worden, daß durch die vorstehend angegebene Arbeitsweise das unbequeme und
kostspielige Kochen der Melasse erspart werden kann.
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Zum Zwecke der Verbesserung der Vergärbarkeit von Melasse wird nach
einem anderen Vorschlage die unverdünnte Melasse mit Schwefelsäure neutralisiert
und mit einem geringen Überschuß von Schwefelsäure bei einer Temperatur von 6o bis
75° C (ohne zu kochen) behandelt. Die so behandelte Melasse wird dann in diesem
konzentrierten Zustande oder nach dem Verdünnen mit Wasser filtriert.
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Die Neutralisierung von Melasse, deren Alkalität durchschnittlich
o,25 Prozent K20 beträgt, erfordert auf ioo kg Melasse etwa o,26 kg H,S04. Ein »geringer
Überschußc< wird nicht mehr als io Prozent sein, so daL? bei diesem bekannten
Verfahren die Säuremenge insgesamt o,26 kg HZ S04 auf ioo kg Melasse betragen dürfte.
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Bei beiden bekannten Verfahren wird also mit weit geringeren Säuremengen
gearbeitet als bei dem vorliegenden Verfahren, und in keinem Falle kommt cs bei
jenen zur Sterilisation der Melasse durch die Säure.
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Für die geringe Hefemenge, die bei der Melassespiritusfabrikation
erforderlich ist, mag die dort benutzte kleine Schwefelsäuremenge genügen, um die
Neutralisierung der Melasse zu bewirken und einen geringen Säur@überschuß in der
Melasse zu belassen. Bei der Lufthefefabrikation dagegen ist viel mehr Säure erforderlich,
um die vielfach größeren Hefemengen in der verdünnten Melasselösung steril zu halten.
Bei Verwendung von z. B. 3,7 Gewichtsteilen H,S04 auf ioo Gewichtsteile konzentrierte
Melasse nach dem vorliegenden Verfahren beträgt die Säuremenge das i2,ßfache der
bei dem bekannten Verfahren verwendeten.
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Eine große Säuremenge ist bei der Lufthefefabrikation auch schon aus
dem Grunde erforderlich, um die sehr verdünnte Melasselösung auf den nötigen Säuregehalt
zu bringen. Bisher hat man jedoch die erforderliche große Säuremenge immer erst
zu der verdünnten Melasselösung gegeben. Daß die Zugabe dieser ohnehin notwendigen
Säuremenge zur konzentrierten Melasse -eine wesentliche Verbesserung der Lufthefefabrikation
bedingt und sogar das weitere Erwärmen ganz überflüssig macht, ist bisher nicht
bekannt gewesen.
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Das zweite, obenerwähnte, bekannte Verfahren arbeitet mit Temperaturen
von 6o bis 75° C und bleibt wirkungslos, wenn man diese Temperatur nicht längere
Zeit einhält bzw. bei gewöhnlicher Temperatur arbeitet. Das vorliegende Verfahren
ist jedoch auch bei gewöhnlicher Temperatur voll wirksam. Eine mäßige Erwärmung
wird man nur in besonderen Fällen anwenden und dann, wenn dadurch keine besonderen
Kosten entstehen.
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Eine weitere Ausgestaltung des Verfahren: ermöglicht es, die bisher
recht ungünstige Ausnutzung der Phosphorsäurenahrung zu verbessern. Wendet man die
Phosphorsäure nicht in Form des löslichen Ammonphosphats an, sondern wie üblich
als Superphosphat, und erhitzt man das Superphosphat zunächst mit der Mineralsäure,
die zum Ansäuern der Melasse bestimmt ist, so wird durch Zugabe dieses Reaktionsgemisches
zur konzentrierten Melasse mit der Sterilisation zugleich auch eine Zuführung der
Phosphorsäure in wirksamer Form erreicht. Statt von Superphosphat könnte man auch
von Phosphorit ausgehen.
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Wird in dieser Weise Schwefelsäure und Superphosphat benutzt, so gelangt
damit zugleich Gips in die saure konzentrierte Melasselösung. Gips verbindet sich
leicht mit Kaliumsulfat zu unlöslichem Kalkkalisulfat, das sich dementsprechend
aus der Melasse ausscheidet. Auf diese einfache Weise wird also auch die schon oft
angestrebte Verminderung der Kalisalze in der Melasse herbeigeführt. Diese Verminderung
kann durch Zugabe von weiterem Gips zur konzentrierten Melasse noch gesteigert werden.
Die Melasselösung läßt sich von dem Niederschlag leicht trennen durch Filterpressen
und Auswaschen mit angesäuertem Wasser.
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Wird auf die Entfernung von Kaliumsulfat kein Wert gelegt, weil bei
der Lufthefeerzeugung in sehr verdünnter und somit salzarmer Lösung gearbeitet wird,
so wird man zweckmäßig die durch Kochen von Superphosphat mit Schwefelsäure entstehende
Flüssigkeit erst vom Niederschlag trennen und für sich der konzentrierten Melasse
zuführen. In diesem Fall, wie bei der Arbeit mit Schwefelsäure allein, sind für
die praktische Klärung der sauren konzentrierten Melasselösung folgende besonderen
Maßnahmen von Vorteil: Die Klärung erfolgt zweckmäßig so, daß man die Hauptmenge
des Niederschlages sich absetzen läßt und die so vorgeklärte Lösung durch ein Flächenfilter
oder Sandfilter filtriert. Dabei kann, je nach Beschaffenheit der Melasse, Klärung
und Filtration durch vorherige Verdünnung auf etwa 15 bis 2o° Brix beschleunigt
werden. Aus den schlammreichen Bestandteilen werden dann durch Schleudern weitere
Mengen schlammarmer und demnach leicht
filtrierbarer Flüssigkeit
abgetrennt und weiter geklärt. Der nun verbleibende Schlammrückstand kann mit angesäuertem
Wasser dekantiert und geschleudert oder für die Spiritusherstellung ohne Hefegewinnung
verwendet werden.