DE3935906A1 - Verwendung von galaktose zur (par)enteralen ernaehrung und versorgung in der intensivmedizin sowie hierzu geeignete praeparationen - Google Patents
Verwendung von galaktose zur (par)enteralen ernaehrung und versorgung in der intensivmedizin sowie hierzu geeignete praeparationenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft die Verwendung von D-Galaktose zur
(par)enteralen Ernährung in der Intensivmedizin und hierzu
geeignete Präparatzusammensetzungen mit Monosacchariden, von
denen mindestens ein bedeutender Anteil von D-Galaktose oder
D-Galaktoseabkömmlingen bzw. D-Galaktose-Vorläufern gestellt
wird.
D-Galaktose ist bekanntlich ein Aldohexose-Isomeres der D-
Glucose, das im Milchzucker gebunden als Lactose und in
einigen Gummiarten in Form von Galaktanen vorkommt. Die D-
Galaktose hat folgende Formel
Ein Abkömmling der D-Galaktose ist die Fucose, die 6-
Desoxygalaktose, deren L-Form die wichtigere Isomerenform
darstellt. Andere Abkömmlinge sind die D-Galaktoside und D-
Galaktosamine, d. h. 2-Amino-2-desoxy-Derivate der D-
Galaktose. Bei der Galakturonsäure liegt das C6-
Kohlenstoffatom zur Carboxylgruppe oxidiert vor.
Die parenterale Ernährung auf der Intensivstation betrifft in
erster Linie Patienten, die sich in einer ausgeprägten
metabolischen Streß-Situation befinden. Mit Glucose- und
Aminosäurengemischen wurde bisher versucht, den notwendigen
Kalorienbedarf zu decken. Da für die Funktion jeder Zelle
primär Energie in Form von ATP notwendig ist, werden die
Substrate der Infusionslösungen für die Gewinnung dieser
energiereichen Verbindung verwendet.
Auf dem Markt der Kohlenhydratinfusionslösungen stehen eine
Reihe von Präparaten zur Verfügung, die Glucose oder Fructose
enthalten, vgl. Fructosteril ®, Glucose-Infusions-Set-Braun,
Glucoselösung salvia, Glucoselösung Biotest, Glucosteril ®
u. a.. Neben dem Monosaccharid sind in vielen Fällen speziel
le Nährsalzkombinationen enthalten, um auch die Isotonie
sicherzustellen. In Form von Kombinationslösungen mit Amino
säuren bzw. Proteinhydrolysaten finden sich in speziellen
Aminosäurezusammenstellungen einerseits vor allem die Mono
saccharide D-Glucose und D-Fructose und in einer Reihe ande
rer Infusions- und Standardinjektionslösungen vor allem
Sorbit und Inosit.
D-Galaktose ist bisher für diese Zwecke nicht verwendet
worden.
Glucose galt für obige Zwecke als besonders geeignet, da sie
in der Glykolyse entsprechende Energieäquivalente in Form von
NADH selbst liefert. Die im gebildeten NADH befindlichen
Elektronen dienen der Atmungskette zur ATP-Bildung, was durch
Fig. 1 verdeutlicht wird.
Das Endprodukt der D-Glucose-Veratmung in der aeroben
Glykolyse ist Pyruvat (Brenztraubensäure). Hieraus wird
mitochondrial Acetyl-Coenzym A gebildet, das den Citratcyclus
in Gang setzt und damit die Bildung weiterer NADH -Moleküle
einleitet, pro Mol Acetyl-CoA 3 Mole NADH. Anschließend
werden in der Atmungskette aus 1 Mol NADH 3 Mole ATP
gebildet, siehe Fig. 2.
Insgesamt werden pro Mol verstoffwechselter Glucose 36 Mole
ATP gebildet. In Gewichtseinheiten ausgedrückt, werden 82 g
ATP aus 1 g Glucose gebildet. Wegen des großen Bedarfs an ATP
muß die Zelle rasch und möglichst quantitativ Glucose in
Pyruvat und Acetyl-Coenzym A für den Citratcyclus umwandeln.
Da die Glucose der Infusionslösungen hierzu in der Regel
nicht ausreicht, wird ein Teil der infundierten Aminosäuren,
z. B. Glutaminsäure, Asparaginsäure, Prolin, Glycin, oder
Lactat in D-Glucose umgewandelt, wodurch wiederum die Glyko
lyse gespeist wird, d. h. die Pyruvat-Bildung mit allen nach
folgenden Schritten zur NADH -Bildung. Weil es das erste Ziel
einer Zelle ist, in einer metabolischen Streß-Situation genü
gend ATP für die Aufrechterhaltung lebenswichtiger Funktionen
zur Verfügung zu haben, dient ein erheblicher Teil der Amino
säuren ebenfalls über die Gluconeogenese der Energiegewin
nung.
Durch dieses Primat das Energiestoffwechsels kommt dar Baustoff
wechsel in einen Mangelzustand. Betroffen sind besonders die
Oligosaccharidanteile von Proteinen und Lipiden, d. h. die
Glyco-proteine und Glyco-lipide (z. B. Ganglioside). Sie sind
aber an einer Vielzahl essentieller zellulärer Funktionen
beteiligt, die von Membranen ausgehen oder in Membranen
lokalisiert sind. So gehören alle Rezeptoren einer Zelle zu
dieser komplexen Gruppe: Rezeptoren für Hormone, für
Wachstumsfaktoren und für den Zell-Zell-Kontakt. Sie sind die
Antennen einer Zelle, ohne die auf Dauer eine Zelle unterge
hen würde.
Ebenfalls sind Membran-gebundene Enzyme und Transportsysteme
Glycoproteine: Sie repräsentieren die Antigenität einer Zel
le. Zusammengefaßt regulieren sie die Informationsaufnahme
und -weitergabe einer Zelle und geben ihr darüber hinaus das
jeweils charakteristische, biochemische und morphologische
Aussehen. Die erforderlichen Substrate werden über Seitenwege
der Glykolyse gebildet. Das primäre Substrat ist jeweils ein
Metabolit der Glucose in der Glykolyse (siehe Schema), z. B.
Glucose-6-P oder Fructose-6-P.
- 1. Aus Glucose-6-P wird über Glucose-1-P UDP-Glucose gebildet, aus der das essentielle Glycoprotein- und Glycolipid-Substrat UDP-Galaktose durch Epimerisierung gebildet wird.
- 2. Aus Fructose-6-phosphat werden gebildet
- a) durch Amidierung Glucosamin-6-phosphat, das
Substrat für die Bildung der aktivierten
Aminozucker:
- - UDP-N-Acetyl-glucosamin
- - UDP-N-Acetyl-galaktosamin und
- - CMP-N-Acetyl-neuraminsäure
- b) durch Epimerisierung
Mannose-6-phosphat, das Substrat für GDP-Mannose und
GDP-L-Fucose.
- a) durch Amidierung Glucosamin-6-phosphat, das
Substrat für die Bildung der aktivierten
Aminozucker:
Fructose sollte als Infusionssubstrat wegen der bekannten
Nebenwirkungen hierfür nicht verwendet werden. Diese hängen
mit der raschen Phosphorylierung und dem damit verbundenen
ATP-Abfall in der Zelle, gefolgt vom Abbau des entstehenden
AMP zu Harnsäure, zusammen.
Um die Versorgung des Baustoffwechsels bei Patienten mit
metabolischem Defizit sicherzustellen, wäre eine Infusions
lösung zweckmäßig, die statt bzw. neben D-Glucose einen Bau
stoff infundiert, mit dem unmittelbar die Störung der essen
tiellen Funktionen von Rezeptoren oder Transportsystemen des
Stoffwechsels rasch behoben werden kann.
Der Schlüssel für die Lösung dieser Aufgabenstellung liegt in
der Verwendung von D-Galaktose zur (par)enteralen Ernährung
und Versorgung der eine Intensivbehandlung benötigenden Pa
tienten.
Die Erfindung schlägt hierzu auch bestimmte Präparationen
vor, die aus Monosacchariden und ggf. essentiellen Aminosäu
ren, zusätzlichen Proteinen, anorganischen Elektrolyten und
weiteren Zusätzen zur pH-Regulierung, Pufferung, Stabilisie
rung und Konservierung bestehen und sich dadurch auszeichnen,
daß mindestens 5 Gew.-%, bevorzugt 10 Gew.-% und besser 20%
(Gewichtsbasis) des Monosaccharidanteils durch eine Verbin
dung aus der Gruppe:
D-Galactose, L-Fucose, D-Mannose, D-Glucosamin, N- Acetyl-D-galaktosamin, N-Acetylmannosamin, D-Lactose und D-Lactulose, oder Gemische bestehen, wobei mindestens 50 Mol-% wiederum dieser Verbin dungen auf D-Galactose, deren Derivate und Vorläufer kommen.
D-Galactose, L-Fucose, D-Mannose, D-Glucosamin, N- Acetyl-D-galaktosamin, N-Acetylmannosamin, D-Lactose und D-Lactulose, oder Gemische bestehen, wobei mindestens 50 Mol-% wiederum dieser Verbin dungen auf D-Galactose, deren Derivate und Vorläufer kommen.
In den erfindungsgemäßen Präparationen bildet mindestens eine
der in Anspruch 1 genannten Glykosen einen Anteil von minde
stens 5 Gew.-% des Monosaccharidanteils. Diese Angabe ist so
zu verstehen, daß im Falle von Disacchariden die Lactose oder
Lactulose wie Monosaccharide gerechnet werden. Dasselbe gilt
für die Substitution von Invertzucker- oder Rohrzuckerpräpa
raten. Als Monosaccharide fallen somit nicht nur die im
Anspruch 1 angegebenen Glykosen, sondern auch Monosaccharide
wie D-Glucose oder D-Fructose, ggf. enthalten in einem In
vertzuckeranteil, unter den Hauptanspruch. Es ist jedoch
wesentlich, daß mindestens 5 Gew.-% und vorzugsweise minde
stens 10 Gew.-% oder sogar mindestens 20 Gew.-% des Monosac
charidanteils von den speziellen Glykosen eingenommen werden.
Der Anteil dieser speziellen Glycosen oder ihrer Derviate
kann bis zu 100 Gew.-% reichen.
Es wurde gefunden, daß bis zu 50 Mol-% dieser vorgenannten
Vertreter von einer anderen Glycose als D-Galaktose gestellt
werden können, wenngleich mehr als 75 Mol-% D-Galaktose be
vorzugt sind. Reine D-Galaktosepräparationen sind ebenfalls
eines der bevorzugten Präparate.
Neben den Monosacchariden (a) kann die erfindungsgemäße Prä
paration außerdem essentielle Aminosäuren (b), bevorzugt in
einer Menge von entsprechend 1 bis 15 g/l je Aminosäure,
enthalten, wobei die folgenden Vertreter bevorzugt sind:
Arginin, Phenylalanin, Valin, Leucin, Isoleucin, Lysin,
Methionin, Histidin, Threonin, Tryptophan, Cystin und
Cystein, sämtliche in der L-Form. Von den vorstehenden sind
insbesondere Arginin, Phenylalanin, Valin, Leucin, Isoleucin,
Lysin und Methionin geeignet, so daß sich die bevorzugten
Präparationen besonders auf diese Aminosäuren beziehen. Im
einzelnen liegen essentielle Aminosäuren mit folgenden bevor
zugten Anteilen vor: Arginin (1 bis 8 g/l) , Phenylalanin (2-
9 g/l), Valin (1-7 g/l), Leucin (2-9 g/l), Isoleucin (1-
8 g/l), Lysin (2-9 g/l), Methionin (2-6 g/l), Histidin (1
-5 g/l), Threonin (1-6 g/l) und Tryptophan (0,5-2,5 g/l).
Vielfach wird der Aminosäureanteil erst in der End
lösung mit dem Kohlenhydratanteil kombiniert. Pulver- und
andere vorgefertigte Konfektionsformen sind jedoch ebenfalls
möglich.
Eine weitere mögliche Komponente der erfindungsgemäßen Präpa
rationen sind supplementierende Proteine, die den Nährstoff
bedarf des unter Streß leidenden Patienten ergänzen. Beson
ders bevorzugt sind γ-Globuline und Albumine, wie z. B.
γ-Globulin der Cohn-Fraktionen II, III und IV des Guinea-
Schweins, Huhnes, Hundes, Pferdes, Kaninchens, Schafes, der
Ziege usw., Lactalbumin, Ovalalbumin und Serumalbumin. Präpa
rate dieser Gruppe sind im Handel erhätlich, z. B. als Gamma-
Venin der Fa. Behringwerke und Humanalbumin der Fa. Behring
werke oder Humanalbumin Biotest 5%. Die bevorzugte Menge der
Proteine liegt im Bereich von entsprechend etwa 2,5 bis 10 g/l
Lösung. Neben den oben genannten können jedoch auch
andere wasserlösliche Proteine eingesetzt werden. Die Albu
minmenge ist im allgemeinen etwas größer und entspricht 2,5
bis 10% der Endlösung zur Infusion bzw. Injektion.
Komplex kompoundierte Galaktosepräparationen enthalten im
allgemeinen auch Elektrolyte, wie Natriumchlorid, Kaliumchlo
rid, Calciumchlorid und Magnesiumchlorid. 7 H2O, wobei das
Verhältnis der einwertigen zu den zweiwertigen Kationen im
allgemeinen bevorzugt im Bereich von etwa 35 : 1 bis 10 : 1
liegt. Das Alkalikation wird vorwiegend vom Natrium gestellt.
Daneben enthält die fertige Endpräparation Wasser und ggf.
Mittel zur Pufferung wie Natriumhydrogenphosphate, Natrium
acetat und dergl. Gegebenenfalls können auch sogenannte
Plasmaexpander als Blutersatzmittel enthalten sein, z. B.
Dextran in einer Menge von vorzugsweise 40 bis 75 g/l, wie "4%
Dextran 40E" und "6% Dextran 60" von Pfrimmer oder "Dex
tran 40" bzw. "60" oder "75" von Boehringer Mannheim, oder
Poly(o,2-hydroxyethyl)stärke in einer Menge von etwa 40-75 g/l,
wie z. B. Plasmasteril von Pfrimmer.
Wenn Plasmaexpander in der Lösung enthalten sind, kann
Albumin weggelassen werden. Bis zu 60 g/l Albumin sind
ansonsten zweckmäßig. γ-Globulin und Albumin werden meistens
erst während oder kurz vor der Applikation in die Infusions
lösung injiziert. Auch die Galaktose kann einer bekannten
Injektionslösung oder Infusionslösung durch Injektion kurz
vor Applikation zugesetzt werden.
Die erfindungsgemäße Präparation kann in fester Form oder als
Lösung vorgegeben werden, wobei vor Applikation auf die
richtige Verdünnung gelöst bzw. verdünnt werden muß. So
können zur Zubereitung der Präparation Ampullen mit 50%iger
Galaktoselösung verwendet werden.
Die Präparation ist auch als Sirup bereitstellbar, wenn eine
enterale Gabe von Galaktose beabsichtigt ist. In der Regel
wird eine konzentrierte Galaktoselösung aus einer Ampulle zu
einer Standardinfusionslösung oder Injektionslösung beige
mengt. Die Zumischung erfolgt meistens bei Herstellung der
Infusions-Endlösung, um die im Anspruch angegebenen Konzen
trationslevel einzustellen. Geeignete Galaktosekonzentratio
nen bietet eine 1- bis 10%ige Lösung. Im gegebenen Fall kann
die Glucosekonzentration von 10 bis 0% reichen. Die in den
folgenden Beispielen angewendeten Präparationen entsprachen
5% Galaktose in einer Basiselektrolytinfusionslösung mit
oder ohne weitere Komponenten.
Die erfindungsgemäßen Präparationen eignen sich zur Behand
lung von allen Formen des metabolischen Stresses, insbeson
dere bei hepatischem Koma und bei anderen Intensivstation-
Patienten, die parenteral ernährt werden müssen, z. B. nach
schweren Operationen, Unfällen, bei chronisch konsumierenden
Erkrankungen, bei Resorptionsstörungen, z. B. ausgedehnten
entzündlichen Darmerkrankungen oder ausgedehnten Dünndarmre
sektionen. Ein besonderes Anwendungsgebiet liegt vor bei
Streßsituationen im Falle von Diabetes mellitus, z. B. bei
hypoglykämischen Zuständen. Interessanterweise gelingt es,
mit Galaktosegaben die Hämoglobin-gebundenen Glucose-Werte
relativ schnell wieder auf ein Normalniveau zu bringen, falls
eine Entgleisung konstatierbar ist (HbA1- und HbA1 C-Werte);
dies ist unmittelbar mit der biochemischen Substitutionswir
kung der Galaktose erklärbar, wenngleich hier keine Festle
gung auf irgendeine Theorie beabsichtigt ist.
Eine weitere Applikationsvariante liegt zur Bekämpfung der
Symptome der Alzheimer′schen Krankheit vor. Beim Morbus Alz
heimer ist der Glucose-Verbrauch im Gehirn gesteigert, wie
erst kürzlich auf der Alzheimer-Tagung in Berlin 1989 berich
tet wurde. Das Gehirn ist hierbei einem potentiellen Sub
stratmangel für Glykolipide (Ganglioside) und Glykoproteine
unterworfen, was durch Galaktose-Gaben behoben werden kann.
Es hat sich gezeigt, daß dabei das streng glucosebedürftige
Gehirn gut mit Galaktose versorgt werden kann.
Allgemein ist die erfindungsgemäße Präparation bei den ver
schiedensten Schädel-Hirn-Traumata anwendbar, wie Schlagan
fall, Hirnerschütterungen und sonstigen metabolisch bedingten
Erkrankungen.
Nach parenteraler Gabe von D-Galaktose (800 mg/kg) findet
sich erwartungsgemäß ein Anstieg von UDP-galaktose um einen
Faktor von 2-3, UDP-glucose, die sich direkt aus UDP-galak
tose bilden kann, steigt ebenfalls an, wenn auch nicht so
drastisch. Anschließend wird Galaktose, sofern sie nicht für
die Glykansynthese (von Glykoproteinen, Glykolipiden) genutzt
wird, teilweise in Aminosäuren umgewandelt. Deutlich meßbar
vor allem im Gehirn ist hier die Umwandlung in Glutaminsäure
und Gamma-Aminobuttersäure (= GABA). Beide besitzen im gesunden Gehirn
Neurotransmitterfunktion. Die gebildete Menge im Gehirn an
Glutamat reicht bis zu 2 µmol/g Frischgewicht, die von GABA
bis zu 0,3 µmol/g (Normalwerte: 8,7 bzw. 2,3 µmol/g).
Das Gehirn zeichnet sich gegenüber dem Hauptstoffwechselor
gan, der Leber, durch diesen Befund in besonderer Weise aus.
Die Glutamat- und GABA-Synthese wird erfindungsgemäß verbes
sert, beide Substanzen sind essentiell für die Hirnfunktion,
die bei "Intensivstation"-Patienten und M. Alzheimer-Patienten meist eingeschränkt ist.
Gleichzeitig wird dadurch erreicht, daß Aminogruppen ver
braucht werden. Damit dient diese Medikation gleichzeitig der
Entgiftung, da diese Aminogruppen Vorläufer für Ammoniak
sind. Ammoniak fällt vor allem beim Leberkoma in großen
Mengen an und führt zu starken Beeinträchtigungen zerebraler
Funktionen (Enzephalopathie). Durch Gabe von Galaktose kann
damit zur Entgiftung beigetragen werden.
Es wurde gefunden, daß durch Infundieren von D-Galaktose
enthaltenden Lösungen eine rasche und merkliche Erholung der
Patienten eintritt, was mit den bisherigen Glucose enthalten
den Lösungen nicht der Fall ist. Eine mögliche Erklärung für
diese Feststellung könnte folgende sein.
Die Enzyme des Baustoffwechsels sind verständlicherweise
weniger aktiv als die des Energiestoffwechsels. Daher wird ein Sub
stratmangel bei der Biosynthese von Glycoproteinen oder Gly
colipiden erst später manifest als ein Energiemangel. Dann
jedoch mit der Folge, daß Störungen essentieller Funktionen
von Rezeptoren oder Transportsystemen auftreten. Wenn bei
spielsweise der Insulin-Rezeptor, ein Glycoprotein, durch
unzureichende Glycosylierung defekt wird, kann Insulin von
der Zelle nicht mehr erkannt werden und seine Funktion nicht
mehr in ausreichendem Maße ausüben. Das gilt für alle Hormone
oder Regulatoren, die für die Einleitung ihrer Funktion die
Bindung an einen membranären Rezeptor benötigen.
Gibt man nun den Infusionslösungen einen Zusatz von essen
tiellen Substraten für den Baustoffwechsel zu, primär D-
Galaktose und/oder D-Glucosamin, kommt es zu einer unmittel
baren Aktivierung des Baustoffwechsels.
D-Galaktose wird sehr rasch über D-Galaktose-1-phosphat in
UDP-D-Galaktose umgewandelt; diese Bildung erfolgt nicht über
UDP-Glucose. Überschüssige UDP-Galaktose kann jedoch über
UDP-Glucose (durch Epimerisierung) in die Glykolyse einge
schleust werden. Primär steht jedoch genügend UDP-Galaktose
für den Baustoffwechsel zur Verfügung.
Entsprechend verhält es sich mit D-Glucosamin. Dieser Amino
zucker wird in der Zelle ebenfalls nach Phosphorylierung in
die für die Biosynthese notwendigen aktivierten Aminozucker
UDP-N-Acetylglucosamin, das epimere UDP-N-Acetylgalaktosamin
und nach einigen weiteren Schritten in CMP-N-Acetylneuramin
säure umgewandelt. Das Schema von Fig. 3 macht dies deutlich.
Die aktivierte D-Mannose und die sich aus ihr herleitende L-
Fucose kommen im Organismus in geringerer Konzentration als
die UDP-Zucker vor. Es ist möglich, daß für die Aufrechter
haltung ausreichender Konzentrationen die endogene Bildung
aus Fructose-6-phosphat oder die Reutilisierung ausreicht.
Es ist außerordentlich vorteilhaft, eine Infusionslösung mit
Galaktose zu substituieren, z. B. als 1%ige Lösung. Die Gefahr
der Kataraktbildung ist nicht gegeben. Sie tritt bei Ratten
erst nach 3 bis 4 Wochen ein, wenn die gesamte Nahrung zu 40%
aus Galaktose besteht.
Die Verwendung von Galaktose bei Patienten in einer metaboli
schen Streß-Situation erscheint auch aus einem weiteren Grun
de sinnvoll. Überschüssige D-Galaktose wird sehr gut in Ami
nosäuren umgewandelt. Dazu müssen die entsprechenden Zwi
schenstufen aminiert werden. Galaktose hilft daher den Ein
satz nicht-essentieller Aminosäuren in Infusionslösungen zu
mindern.
Darüber hinaus wird bei Patienten mit hepatischem Coma durch
Einsatz von Galaktose die Ammoniakbildung eingeschränkt,
indem Aminogruppen für die nun notwendigen Transaminierungen
erforderlich werden. Der Galaktose wird ein "Protein-sparen
der Effekt" zugeordnet, der vermutlich auf diesem Mechanismus
beruht.
Zur Herstellung einer erfindungsgemäßen D-Galaktosepräpara
tion wurde reine D-Galaktose, z. B. die Präparat-reine Form
der Fa. Sigma, gegebenenfalls zusammen mit weiteren Verbin
dungen der in Anspruch 1 angegebenen Glycosen, zu einer
konzentrierten Lösung angesetzt. Diese Galaktose-Grundzusam
mensetzung wird dann unter Verdünnung zu einer bekannten
Standard- oder Spezialinfusionslösung zugesetzt, wobei die
gewünschte Endkonzentration, entsprechend einer 1- bis 10%
igen Konzentration an D-Galaktose,eingestellt wird. Die in
fundierten oder injizierten Lösungen sind so kompoundiert,
daß parenteral täglich etwa 100 bis 800 mg/kg an einen
menschlichen Patienten verabreicht werden. Es zeigt sich, daß
die Galaktose-Gabe auf Basis gleicher Wirkung deutlich gerin
ger ist als eine entsprechende Gabe an D-Glucose, was man
besonders eindrucksvoll anhand einer Konzentrationsreihe aus
Galaktose/Glucose erkennen kann, wenn die Galaktose-Konzen
tration stetig anwächst. Mindestens 5% der Monosaccharide
sollen von einem Monosaccharid der in Anspruch 1 angegebenen
Gruppe gestellt werden. In der folgenden Tabelle sind eine
Reihe von speziellen Präparationen verzeichnet, die gleich
zeitig stellvertretend für bevorzugte Präparate stehen. Ga
laktose kann als Glucose-Supplement für Glucose bzw. Fructose
dienen oder aber als Substitut angesehen werden. Enterale und
parenterale Gaben an Galaktose sind deshalb auch mit reiner
Galaktose bzw. einer Lösung in aqua dest. möglich.
Zur Herstellung eines Sirups wurden in 100 ml Wasser 40 g D-
Galaktose, 8 g Stärkesirup DAB, Konservierungsmittel (wie
60 mg Methyl-4-hydroxybenzoat, 40 mg Propyl-4-hydroxybenzoat,
jeweils das Natriumsalz) und ggf. zusätzlich Vitamine wie
Retinolpalmitat (27,5 mg), entsprechend 50 000 I.E. Vitamin
A, 0,25 mg Cholecalciferol, entsprechend 10 000 I.E. Vitamin
D3, 0,01 mg Cyanocobalamin, 2 mg Thiamin-hydrochlorid (Vita
min B1, 10 mg Nicotinamid, 100 mg Ascorbinsäure (Vitamin C),
1 mg DL-α-Tocopherol (Vitamin E), 40 mg Orotsäure und
300 mg Calciumphospholactat gelöst. Der Sirup wurde nach
einem Therapieregime an streßbelastete Patienten gegeben.
Einem männlichen Patienten von 68 Jahren mit deutlicher hepa
tischer Encephalopathie (Leberkoma) und starken Bewußtseins
störungen wurde enteral 4mal täglich ein Teelöffel D-Galak
tose (je ca. 6 g) im Tee gegeben. Bereits innerhalb des ersten
Behandlungstages trat ein nahezu vollständiger Rückgang der
Bewußtseinstrübung ein. Die Bewußtseinstrübung setzte nach
Auslassen der Therapie innerhalb eines Tages wieder ein,
während nach Wiedereinsetzen der Galaktose-Gabe Remission
festgestellt wurde. Das Grundleiden wurde durch diese Behand
lung zwar nicht beseitigt, aber ein gravierendes Symptom wurde
in wesentlichem Maße gelindert.
Ein männlicher Patient mit langjährigem Diabetes mellitus und
mit Insulintherapie (täglich ca. 75 I.E. Humaninsulin), der
unter heftigen Hypoglykämiezuständen mit teilweiser Bewußtlo
sigkeit litt, erhielt nach Einsetzen hypoglykämischer Symp
tome (etwa ab ca. 65 mg % Blutzuckerwert), ca. 12 g Galaktose
anstelle der üblichen Glucosegabe. Der hypoglykämische Zu
stand wurde bereits in wenigen Minuten vollständig beseitigt.
Die Wirkung der Galaktose war ca. doppelt so schnell wie die
von Traubenzucker und ohne Einleitung zu starker Reaktionen
der Gegensteuerung therapierbar. Prophylaktische Galaktosega
ben bewirkten, daß sich der Blutzucker auf einem Normalniveau
hervorragend einpendelte. Die Tendenz zu Hypoglykämien konnte
wesentlich eingedämmt werden, ohne daß der Patient seiner
seits in eine hyperglykämische Phase verfiel.
Im Tierversuch wurden Wistarratten von ca. 250 g Körperge
wicht mit parenteralen Gaben von 100 bis 800 mg D-Galaktose
pro kg Körpergewicht versorgt. Die Organe wurden nach Ether
narkose entnommen, und der säurelösliche Überstand der Or
gane wurde nach dieser Entfernung der Proteine auf Aminosäu
ren in einem Aminosäureanalysator analysiert. Die Veränderun
gen in der Organversorgung waren detektier- und reproduzier
bar.
Eine 75jährige Patientin mit fortgeschritten erkranktem Mor
bus Alzheimer wurde mit 5 Teelöffeln D-Galaktose täglich
versorgt. Bereits nach wenigen Tagen trat eine Zustandsver
besserung ein. Der Krankheitsfortschritt kam fast vollständig
zum Stillstand, so daß geschlossen werden kann, daß der
Ausbruch der Alzheimer′schen Krankheit bei frühzeitiger Dia
gnose wesentlich verzögert werden kann.
Claims (21)
1. Präparation, geeignet für Infusionen und Injektionen zur
(par)enteralen Ernährung und Versorgung von Patienten,
die eine Intensivbehandlung benötigen bzw. unter metabo
lischem Streß leiden, enthalten
- a) mindestens ein Monosaccharid oder Monosaccharidde rivat, neben gegebenenfalls
- b) essentiellen Aminosäuren,
- c) supplementierenden Proteinen,
- d) anorganischen Elektrolyten, und
- e) üblichen Zusätzen zur Verdünnung, pH-Regulierung,
Stabilisierung, Konservierung und dergl.,
dadurch gekennzeichnet, daß mindestens 5 Gew.-% des
Monosaccharidanteils durch eine Verbindung aus der
Gruppe der folgenden Glykosen gestellt wird:
D-Galaktose, L-Fucose, D-Mannose, D-Glucosamin, N- Acetylgalactosamin, N-Acetylmannosamin, D-Lactose, D-Lactulose oder Gemische aus zwei oder mehreren dieser Verbindungen, mit der Maßgabe, daß mindestens 50 Mol-% der vorstehenden Glykosen von D-Galaktose gestellt werden.
2. Präparation nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
mindestens 10 Gew.-% und bevorzugt mindestens 20 Gew.-%
des Monosaccharidanteils (a) von den in Anspruch genann
ten Glykosen gestellt werden.
3. Präparation nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeich
net, daß sie als Protein (c) γ-Globulin in einer Menge
von 0,05 bis 1 Gew.-%, bezogen auf 100 g Glykosen,
enthält.
4. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß sie D-Galaktose als einziges
Monosaccharid enthält.
5. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch
gekennzeichnet, daß sie D-Galaktose und D-Mannose in
einem Molverhältnis im Bereich von etwa 200 : 1 bis 2 : 1
enthält.
6. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß sie auch D-Glucosamin in
einer solchen Menge enthält, daß das Molverhältnis von
D-Galaktose/D-Glucosamin im Bereich von etwa 200 : 1 bis
2 : 1 liegt.
7. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
dadurch gekennzeichnet, daß sie ein Molverhältnis von D-
Mannose/D-Glucosamin von etwa 10 : 1 bis 1 : 10 aufweist.
8. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet, daß sie außerdem N-Acetyl-D-
mannosamin enthält und das Molverhältnis von D-
Galaktose/N-Acetyl-D-mannosamin im Bereich von etwa 10 : 1
bis 2 : 1 liegt.
9. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch
gekennzeichnet, daß sie auch L-Fucose enthält und das
Molverhältnis von D-Galaktose/L-Fucose im Bereich von
etwa 200 : 1 bis 2 : 1 liegt.
10. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 9,
dadurch gekennzeichnet, daß sie Aminosäuren, gewählt aus
der Gruppe: Arginin, Phenylalanin, Valin, Leucin,
Isoleucin, Lysin, Methionin, Histidin, Threonin und
Tryptophan, in einer Menge von jeweils entsprechend 0,5
bis 10 g pro Liter Infussions- bzw. Injektionslösung
enthält.
11. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 10,
dadurch gekennzeichnet, daß sie zusätzlich Dextran
oder Hydroxyethylstärke in einer Menge von bis zu 75 g/l
enthält.
12. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 11,
dadurch gekennzeichnet, daß sie als Protein (c) Albumin
in einer Menge bis zu 60 g/l enthält.
13. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 12,
dadurch gekennzeichnet, daß sie als Elektrolyte (d) eine
Quelle für Natrium-, Kalium-, Calcium- und
Magnesiumionen entsprechend einer Menge von insgesamt
bis zu 200 mval/l Lösung enthält.
14. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 13,
dadurch gekennzeichnet, daß das Verhältnis der
einwertigen zu den zweiwertigen Elektrolyt-Ionen im
Bereich von etwa 35 : 1 bis 10 : 1 liegt.
15. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 14,
dadurch gekennzeichnet, daß sie als Elektrolytanionen
hauptsächlich organische Anionen und bevorzugt Salze der
D-Galaktonsäure oder D-Galakturonsäure enthält.
16. Präparation nach einem der Ansprüche 1 bis 15,
dadurch gekennzeichnet, daß als weiteres Monosaccharid
D-Glucose und/oder D-Fructose enthalten ist.
17. Verwendung von D-Galaktose zur Ernährung von Patienten,
die eine Intensivbehandlung benötigen bzw. unter
metabolischem Streß leiden.
18. Verwendung von D-Galaktose, insbesondere der Präparation
nach Anspruch 1, zur Bekämpfung von Lebererkrankungen.
19. Verwendung von D-Galaktose, insbesondere der Präparation
nach Anspruch 1, zur Bekämpfung der Alzheimer-Krankheit.
20. Verwendung von D-Galaktose, insbesondere der Präparation
nach Anspruch 1, zur Bekämpfung von Streßsituationen bei
Diabetes mellitus.
21. Verwendung nach einem der Ansprüche 17 bis 20,
dadurch gekennzeichnet, daß in einem Glucosepräparat an
sich herkömmlicher Zusammensetzung mindestens 50% und
bis zu 100% der D-Glucose durch D-Galaktose ersetzt sind.
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