-
-
Diaphragma für eine elektrochemische Zelle
-
Die Erfindung geht aus von einem Diaphragma für eine elektrochemische
Zelle nach der Gattung des Oberbegriffs des Anspruchs 1.
-
Asbestgewebe werden seit mehr als 100 Jahren mit grossem Erfolg als
Diaphragmen in elektrochemischen Zellen, insbesondere in der Elektrolyse eingesetzt.
Dieser Erfolg basiert auf der Tatsache, dass es z.B. in KOH (30 Gew.-%) bis zu Temperaturen
von ca. 80 C unbegrenzt haltbar ist, eine relativ gute Ionen- und eine schlechte
Elektronenleitfähigkeit im verwendeten Elektrolyten besitzt, relativ geringe Gasdurchlässigkeiten
in diesen Elektrolyten zeigt, ein relativ günstiges Flächengewicht und hinreichende
mechanische und erosive (Gasblasenerosion) Festigkeit hat und relativ billig ist.
-
Nun hat sich aber gezeigt, dass die für diese Gewebe verwendete Ausgangssubstanz
Asbest in hohem Masse gesundheitsgefährdend ist. Das entsprechende Gefährdungspotential
(fibrogenes und kanzerogenes Potential) äussert sich in der Mannigfaltigkeit der
Wirkungsbilder, die sich als Folge der Einwirkung faserförmiger Stäube auf den menschlichen
Orga-
nismus zeigen und die von der Ausbildung von Pleuraplaques
über die Asbestose bis zum Mesotheliom und zum Lungenkrebs reichen, sich aber auch
in bösartigen Veränderungen im Magen-Darmtrakt manifestieren können. Asbest wurde
deshalb vom US National Institut für Occupational Safety and Health (NIOSH) unter
die 10 Stoffe mit dem höchsten kanzerogenen Potential von 86 industriell bedeutenden
Stoffen eingeordnet (Vergl. Maugh, T.H., "Workplace Carcinogens: A new Look of Industry",
Science, Vol. 197, Nr. 10, S. 37; Sept. 1977, p. 1268).
-
Die internationale Versicherungswirtschaft steht als Folge der immer
häufiger auftretenden Asbestkrankheiten vor den vermutlich grössten Schadenersatzforderungen
ihrer Geschichte. Nach Schätzungen hat sich allein Lloyds of London mit etwa 15'000
Ansprüchen zu befassen. Experten erwarten, dass bis Ende 1983 die Ansprüche die
Grössenordnung von 150 Mrd. Dollar erreichen werden (Vergl.
-
Milliarden für Asbestopfer", Techn. Rundschau, 8. März 1983, Nr. 10,
S. 37; Metalloberfläche, 37, 1983, 4). Es muss erwartet werden, dass die Anwendung
von Asbestprodukten in der Technik in den kommenden Jahren immer mehr eingeschränkt
und in Teilbereichen sehr wahrscheinlich ganz untersagt wird (Vergl. Spurny, K.,
"Weltsymposium über Asbest, Montreal 1982", Staub-Reinh.Luft 42, 1982, Nr. 9, s.
356-60).
-
Eine weitere unangenehme Eigenschaft von Asbestdiaphragmen in der
Elektrolyse besteht darin, dass die elektrochemische Langzeitbeständigkeit, z.B.
in konzentrierter heisser KOH, bei höheren Temperaturen (über ca. 900C) stark abnimmt
und somit der Erhöhung des elektrochemischen Wirkungsgrades durch Temperaturerhöhung
enge Grenzen gesetzt sind (P. Godin, R. Graziotti, A. Damien, P. Masniere,
Asbestos
Corrosion, Study in a Caustic Potash Solution at Several Temperatures", Int. J.
of Hydrogen Energy Vol. 2, 1977, pp. 291-97).
-
Es besteht daher ein grosses Bedürfnis nach neuen Diaphragmen für
elektrochemische Zellen, insbesondere für die Wasserelektrolyse.
-
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Diaphragma für eine
elektrochemische Zelle anzugeben, welche unter Vermeidung des von Asbestfasern her
bekannten Gesundheits-Gefährdungspotentials eine gute Benetzbarkeit, hohe Beständigkeit
im Elektrolyten insbesondere bei höheren Temperaturen, geringes Gewicht, gute Ionen-
und schlechte Elektronen leitfähigkeit sowie hohe Langzeitstabilität aufweist.
-
Diese Aufgabe wird durch die im kennzeichnenden Teil des Anspruchs
1 angegebenen Merkmale gelöst.
-
Die Erfindung wird anhand des nachfolgenden, durch Figuren näher erläuterten
Ausführungsbeispiels beschrieben.
-
Dabei zeigt: Fig. 1 einen Querschnitt durch das Diaphragma, Fig. 2
einen Querschnitt durch eine elektrochemische Zelle, Fig. 3 ein Diagramm der Strom-Spannungs-Charakteristik
einer Elektrolysezelle unter Verwendung verschiedener Diaphragmen.
-
In Fig. 1 ist ein Querschnitt durch das neue Diaphragma
dargestellt.
1 stellt schematisiert und in der Faseraicke stark übertrieben das Stützgewebe aus
Polytetrafluoräthylen dar. Die Dicke der Gewebefaser kann in Wirklichkeit Werte
bis herunter zu 0,5 pm annehmen. 2 ist die aus verfilzten Fasern aus Polyphenylensulfid
bestehende Deckschicht. 3 sind die mit dem Stützgewebe 1 verflochtenen und verfilzten
aufgenadelten Fasern aus Polyphenylensulfid.
-
Die Faserdicke kann ab 0,5 Jim aufwärts betragen.
-
Fig. 2 stellt einen schematischen Querschnitt durch eine elektrochemische
Zelle dar. 4 ist die meist aus einem Metall bestehende Anode, 5 die entsprechende
Kathode. Der Elektrolyt wird durch das Diaphragma 6 in den Anodenraum 7 (Anolyt)
und den Kathodenraum 8 (Katholyt) getrennt. Im vorliegenden Fall einer elektrolytischen
Zelle für alkalische Wasserzersetzung besteht der Elektrolyt aus einer wässerigen
Lösung von KOH. 9 ist das Sammelrohr für das entstehende °2 10 das Sammelrohr für
das H2. 11 stellt den Austrittsstutzen für den Anolyt, 12 denjenigen für den Katholyt
dar.
-
In Fig. 3 ist ein Diagramm der Strom-Spannungs-Charakteristik einer
Wasserelektrolysezelle unter Verwendung verschiedener Diaphragmen dargestellt. Dabei
ist die Zellenspannung U in Volt in Funktion der Stromdichte j in A/cm Oberfläche
aufgetragen. Kurve a bezieht sich auf ein erfindungsgemässes Diaphragma aus Verbundwerkstoff
bestehend aus einem Stützgewebe 1 und je einer aufgenadelten Deckschicht 2 auf jeder
Seite. Das Flächengewicht dieses Diaphragmas betrug (580 + 50) g/m2. Kurve b stellt
im Vergleich dazu die Resultate bei Verwendung eines nerkömmlichen Diaphragmas aus
Asbestgewebe mit einem Flächengewicht von (1950 i 150) g/m2 dar. Die Elektrolysebedingungen
waren wie folgt:
Elektrolyt: ROH 25 Gew.-& Elektroden: Platiniert
Elektrodenfläche: 19,67 m2 Temperatur: 800C Von einer grossen Zahl von Werkstoffen
und Werkstoffkombinationen, die für die Herstellung von Diaphragma-Geweben für Elektrolyse-Zellen
eingesetzt und in Langzeitversuchen getestet wurden, erwies sich eine auf grobmaschiges
Polytetrafluoräthylen-Gewebe auf beide Seiten aufgenadelte Polyphenylensulfid-Faser
als besonders gut geeignet.
-
Polyphenylensulfid ist ein teilkristalliner, aromatischer Thermoplast
mit symmetrisch aufgebauter Kette, die aus sich wiederholenden para-substituierten
Benzolringen und Schwefelatomen besteht.
-
Das Polytetrafluoräthylen-Gewebe mit einer guten thermischen und chemischen
Langzeitbeständigkeit (bis 220 0C) diente als Stützgewebe und gab dieser Werkstoffkombination
die benötigte mechanische Festigkeit. Seine relativ ungünstige Benetzbarkeit wird
durch die auf beiden Seiten aufgenadelte Polyphenylensulfid-Faser, die sich z.B.
in heisser Kalilauge (800C, a 20 Gew.-%) bis zu Temperaturen 0 von (160 + 5)°C als
langzeitstabil erwies, kompensiert.
-
Als Stützgewebe können auch beliebig andere chemisch, thermisch und
mechanisch beständige Gewebe mit hinreichender Reissfestigkeit eingesetzt werden.
-
Weder Polytetrafluoräthylen noch Polyphenylensulfid haben das fibrogene
und kanzerogene Gefährdungspotential von Asbest. Die Temperaturbeständigkeit dieser
erfindungsgemässen Werkstoffkombination Polytetrafluoräthylen/Poly-
phenylensulfid,
vorgegeben durch die Temperaturbeständigkeit des Polyphenylensulfids, ist um etwa
1000C besser als die von Asbest.
-
Ausführungsbeispiel I: Siehe Fig. 1.
-
Ein thermo-mechanisch und thermo-chemisch langzeitstabiles Diaphragma
für einen KOH-Elektrolyseur wurde als Verbundkörper wie folgt hergestellt. Auf ein
Stützgewebe 1 aus Polytetrafluoräthylen mit einem mittleren Fadendurchmesser von
100 bis 200 pm und einer Maschenweite von 400/um, 2 einem Flächengewicht von 340
g/m und einer Reissfestigkeit längs von 580 N, quer von 980 N (mittlere Reissdehnung
33 %) wurde auf beiden Seiten eine filzartige Deckschicht 2, 3 aus Polyphenylensulfid-Fasern
aufgenadelt.
-
Letztere wiesen einen mittleren Durchmesser von 40 bis 60 pm auf.
Jede Deckschicht 2, 3 hatte ein Flächengewicht von 120 g/m , so dass das gesamte
Diaphragma ein solches von 580 g/m aufwies. Die Deckschichten 2, 3 wurden während
3 min bei einer Temperatur von 2000C thermofixiert.
-
Daraufhin wurde das Diaphragma in heissem destilliertem Wasser während
1 h ausgekocht. Dann wurde das Verbund-Diaphragma in eine bipolare Elektrolysezelle
von 360 cm2 einseitiger Elektrodenoberfläche eingebaut und während 10 000 h unter
einer Belastung von 150 A geprüft. Die Elektrolysezelle enthielt einen Elektrolyten
aus 30 Gew.-% KOH und hatte eine Temperatur von 80°C. Sie kann jedoch ohne weiteres
mit Temperaturen von mindestens 160 0c betrieben werden.
-
Die Benetzungs- und Isolationseigenschaften des Diaphragmas erwiesen
sich als ausgezeichnet und die Werkstoffkombination Polytetrafluoräthylen/Polyphenylensulfid
war im Lang-
zeitversuch unter technischen Bedingungen absolut stabil.
-
In der Fig. 3 ist die Strom-Spannungs-Charakteristik dieser erfindungsgemässen
Werkstoff-Kombination mit einem Flächengewicht von 580 g/m im Vergleich zu einem
Asbestgewebe (Turner, GB, KP 407), vergleichbarer Dicke, mit einem Flächengewicht
von 1950 g/m , dargestellt. Die Figur zeigt, dass bei gleichguten elektrischen Isolatoreigenschaften
die Ionenleitfähigkeit - neben der erreichbaren Gas reinheit die wichtigste elektrochemische
Eigenschaft eines Diaphragmas - merklich besser ist, als beim herkömmlichen Asbestgewebe.
Die erreichbaren Gasreinheiten sind im Rahmen der vorgegebenen Messgenauigkeit mindestens
genauso gut wie von Elektrolysezellen, die mit Asbestdiaphragmen bestückt waren;
teilweise, wegen der gleichmässigeren Dichte, sogar besser. Weder die Ionenleitfähigkeit
noch die Gasreinheit (99,9 Vol.-% H2, 99,8 Vol.-% 02) zeigten nach dieser Betriebsdauer,
irgendeine negative Veränderung. Auch das Flächengewicht (580 g/m2) hatte sich nach
einer Versuchsdauer von effektiv etwa 10 000 h nicht geändert; die mechanischen
und erosiven Eigenschaften waren unter den genannten Bedingungen ebenfalls stabil.
-
AusführungsbeisEiel 2: Es wurde ein Verbund-Diaphragma gemäss Beispiel
I hergestellt und in eine Autoklaven-Elektrolysezelle eingebaut.
-
Der Elektrolyt war KOH (30 Gew.-%) und hatte eine Temperatur von ca.
160 C. Die Belastung betrug lA/cm2 geometrischer Elektrodenfläche. Die Zelle wurde
während ca.
-
5000 h gefahren, wobei die Resultate und Eigenschaften die gleichen
vorteilhaften Werte ergaben wie unter Beispiel I angegeben.
-
Ausführungsbeispiel 3: Ausführung ähnlich Beispiel 2, jedoch anstelle
von Polytetrafluoräthylen wurde ein Stützgewebe aus Nickeldraht mit einem Drahtdurchmesser
von 300 µm und einer Maschenweite von 800 ,/um verwendet. Die Zelle wurde bei einer
Temperatur von ca. 1600C und einer Stromdichte von lA/cm2 gefahren. Nach ca. 2500
h Betrieb waren die Baustoffe völlig stabil und unverändert.
-
Ausführungsbeispiel 4: Aehnlich Beispiel 3 wurde ein Verbund-Diaphragma
hergestellt, wobei jedoch als Stützgewebe ein korrosionsbeständiger Chrom/Nickel-Stahl
verwendet wurde. Drahtdurchmesser 500 pm, Maschenweite 1,5 mm. Die Zelle wurde während
ca. 7000 h bei einer Temperatur von ca. 80°C mit einer Stromdichte von lA/cm betrieben.
Elektrolyt: 30 Gew.-% KOH. Die Resultate waren die gleichen wie unter Beispiel 3
bzw. 2 angegeben.
-
Die Erfindung ist nicht auf die Ausführungsbeispiele beschränkt. Insbesondere
kann das Polytetrafluoräthylengewebe aus Fasern von 0,5 µm bis 500 pm Dicke bestehen
und eine Maschenweite von 10 jum bis 1000 em bei einem Flächengewicht von 100 g/m
bis 500 g/m aufweisen. Das Gewebe aus Nickeldraht kann einen Drahtdurchmesser von
50 pm bis 1000 zum und eine Maschenweite von 100 Fm bis 5 mm haben. Das Gewebe aus
korrosionsbeständigem Stahldraht kann grundsätzlich aus Draht von 50 pm bis 1000
pm mit einer Maschenweite von 100 µm bis 5 mm bestehen. Die Deckschicht aus Polyphenylensulfid
kann grundsätzlich einen Faserdurchmesser von 0,5 µm bis 100 jun und ein Flächengewicht
von 10 gim bis 300 g/m haben.
-
Das Masseverhältnis von Polytetrafluoräthylen- zu Polyphenylensulfid-Fasern
kann vorteilhafterweise wie 75 bis 20 % zu 25 bis 80 % betragen.
-
Das Auskochen des Verbund-Diaphragmas kann vorteilhafterweise zusätzlich
oder alternativ in heisser KOH von 25 Gew.-% während 1 bis 2 h erfolgen.
-
Ausser den bereits genannten Vorteilen ergeben sich weitere günstige
Aspekte wie folgt: Die höhere Temperaturbeständigkeit dieser erfindungsgemässen
Werkstoffkombination lässt sich unmittelbar umsetzen in eine Verbesserung des elektrochemischen
Wirkungsgrades um etwa 10 % durch Erhöhung der Betriebstemperatur einer Elektrolyse
bei Atmosphärendruck bzw. etwa 15 % bei 30 bar.
-
Der Kühlwasserverbrauch lässt sich dadurch beträchtlich reduzieren.
-
Der Quadratmeterpreis dieser erfindungsgemässen Werkstoffkombination
für Diaphragmen in Elektrolyse-Zellen liegt in der Grössenordnung desjenigen für
Asbestgewebe und ist also vergleichsweise niedrig.
-
Das neue Verbund-Diaphragma zeichnet sich ausserdem gegenüber Asbest-Diaphragmen
durch seine absolute Chlorfreiheit aus, wodurch jeglicher dadurch bedingte zusätzliche
korrosive Angriff von angrenzenden oder sich im Elektrolytkreislauf befindlichen
Metallteilen vermieden wird.