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Verfahren zur Nutzbarmachung von Sulfitablauge. Mit der Nutzbarmachung
der Sulfitablauge haben sich bekanntlich zahlreiche Techniker beschäftigt, und im
besonderen hat man auch die organischen, die gerbsäure- und ligninartigen Bestandteile
der Ablaugen zu verwerten gesucht. Dies glaubte man am besten derart erreichen zu
können, daß man die Ablauge mit erheblichen Mengen Leim oder anderen Proteinstoffen
unter gleichzeitigem oder nachfolgendem Zusatz von Säuren oder sauren Salzen, wie
z. B. Alaun, behandelte. Auf diese Weise wurden. die gerbsäure- und ligninartigen
Stoffe zum größten Teil in einen Niederschlag übergeführt, die verbleibende Lauge
war (vgl. Chemiker-Zeitung 1892, Seite x782) fast farblos, ihre Untersuchung ergab,
daß etwa ein Viertel der gesamten organischen Körper, die in der Ablauge enthalten
sind, auf diese Weise aus ihr abgeschieden werden.
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Die durch Leimstoffe, saure Salze usw. erhaltenen Niederschläge wurden
- gegebenenfalls nachdem sie (durch Lösen z. B. mit Soda und Wiederausfällen durch
Säuren) einer Reinigung unterzogen waxen - für Klebzwecke, zum Leimen von Papier
oder als Bindemittel technisch verwendet. Dabei wurden also im besten Falle etwa
25 Prozent der gesamten vorhandenen organischen Stoffe der Ablauge verwertet, während
der Rest, nahezu .der dreifache Betrag, nicht nutzbar gemacht wurde. Weiter waren
ziemlich große Mengen Leim (und anderer Chemikalien) anzuwenden, um die fällbaren
organischen Stoffe abzuscheiden, und endlich.gingen in den Niederschlag auch noch
nicht unerhebliche Mengen von Körpern mit über, die durchaus nicht seine klebenden
oder leimenden Eigenschaften erhöhten (weswegen wohl auch von einer Seite die Reinigung
des Niederschlages durch Lösen und Wiederausfällen vorgeschlagen worden ist).
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Das Verfahren, das den Gegenstand der Erfindung bildet, geht von einer
ganz anderen Grundlage aus, es will eine ganz andere Art der wirtschaftlichen Nutzbarmachung
der Ablaugen. ermöglichen. Wie gefunden worden ist, können die ligninartigen und
andere Stoffe der Ablauge in viel einfacherer und besserer Weise technisch verwendet
werden, wenn man sie nicht möglichst vollständig rausfällt, sondern wenn man sie
zum größten Teil in der Lauge beläßt, die als solche (auf Grund der in ihr.verbliebenen
organischen Stoffe) für Appretur-, Schlichte- und ähnliche Zwecke, wie auch (nach
geeigneter Behandlung) als Klebmittel ausgezeichnete Verwendung finden kann.
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Nach dem Verfahren setzt man der Ablauge nur so viel leimartige Stoffe
zu, daß lediglich ein Bruchteil der fällbaren Körper abgeschieden wird; es wird
also nur derjenige Teil der organischen Stoffe der Ablauge ausgefällt, der die größte
Affinität zu dem Leim usw. hat. Praktisch läßt sich dies dahin festlegen, daß durch
den Leimzusatz eine Suspension erzeugt wird, nach deren Absitzen eine Aufhellung
der darüber stehenden Lauge zu beobachten ist. Bei der außerordentlich schwankenden
Zusammensetzung der Sulfitablauge, ihrem wechselnden Gehalte an -färbenden Substanzen,
können allgemein und für jeden Fall gültige Zahlenangaben nicht verlangt werden.
Kennzeichnend für die
Beispiel 2. Die Sulfitablauge wird bei etwa
9o ° mit iProzent Knochenleim gut verrührt, wobei man bei Starker Aufhellung eine
ganz gleichmäßige feine Suspension erhält, aus der sich allmählich ein Bodensatz
abscheidet.
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Beispiel 3.
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Die Sulfitablauge wird bei 40 ' mit 0,75 Prozent Knochenleim
gut verrührt; man erhält eine gut aufgehellte Suspension mit allmählich sich bildendem
Absatz. neue Arbeitsmaßnahme ist die Anwendung von möglichst wenig Leimstoffen.
Für die verschieden ausfallenden Sulfitablaugen wird an kleineren Proben die Leimmenge
und Temperatur festgestellt, bei denen die Aufhellung derart ist, daß die Anwendbarkeit
für die erwähnten. Zwecke erreicht wird.
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An sich rufen alle Leimarten und leimähnlichen Stoffe eine gewisse
Entfärbung der Sulfitablauge hervor.
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Das Verfahren sei durch einige zahlenmäßige Beispiele näher erläutert:
Zur Verwendung gelangt eine warme Lösung von 2o bis 30 Prozent Leim usw.
in Wässer oder Sulfitablauge (bei hoher Konzentration tritt auch in Sulfitablauge
Lösung ein).
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Die Beispiele entstammen der Praxis, es liegt ihnen eine Sulfitablauge
vom spezifischen Gewicht 4037 und mit folgenden analytischen Daten zugrunde: Abdampfrückstand
8,o8 g in ioo ccm, Gesamtmineralstoffe i,2q. g in ioo ccm, Kalk (als Ca 0 berechnet)
o,76 g in ioo ccm, Eisen und Magnesia in äußerst geringen Spuren, freie Säure, angegeben
als äquivalentes NaOH, 0,25 g in ioo ccm, Schwefelsäure, gebunden an CaÖ,
berechnet als SO" o,ii g in ioo ccm, _ freie schweflige Säure nur in ganz
geringer, unschädlicher Menge, freie Schwefelsäure nicht nachweisbar.
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Die freie Säure ist hauptsächlich als Ligninsulfosäure aufzufassen.
Beispiel =, Die Sulfitablauge wird bei etwa 2o' mit i Prozent Knochenleim gut und
schnell verrührt, unter möglichster Verhütung von Schaumbildung. Aus der Suspension
scheidet sich sehr bald ein flockiger Niederschlag ab, der sich gut absetzt. Es
entsteht eine aufgehellte Flüssigkeit, die sich vom Bodensatze abgießen läßt.
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Weiter wurde beobachtet, daß nach Erhitzen der Sulfitablauge auf höhere
Temperatur Knochenleim eine längere Zeit haltbare Suspension hervorruft, aus der
sich nur langsam Gerbleim abscheidet, gemäß folgendem Beispiel: Beispiel q..
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Die- Sulfitablauge -wird zunächst zur Entfernung von Eisen, Kalk usw.
mit 1,8 Prozent Nä2COs in der Wärme behandelt, man läßt absitzen, gießt vom Niederschlage
ab, versetzt mit i Prozent Knochenleim, erwärmt auf etwa 40 ' und säuert ganz schwach
mit Essigsäure oder Salzsäure an, bis gute Aufhellung eingetreten ist. Liegt eine
Sulfitablauge von anderer Beschaffenheit vor, so sind vor allem unter Berücksichtigung
der freien Säure -und des Kalkgehaltes durch einen Vörversuch an kleiner Probe unter
Anlehnung an vorstehendes Beispiel die Reaktionsbedingungen festzustellen.
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Die Behandlung mit Soda ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn freie
Schwefelsäure vorliegt, indem diese dabei in Nag S04 umgewandelt wird. Aber auch
sonst muß, etwa vorhandene freie Schwefelsäure unbedingt unschädlich gemacht werden,
da sie selbst bei geringer Menge sich beim Trocknen anreichert und insbesondere
auf pflanzliche Gewebe zerstörend einwirkt. Man kann sie beispielsweise durch Essigsäure
er--setzen, indem man Natriumacetat in etwas größerer Menge als der äquivalenten
zufügt. Nach dem durch vorstehende Beispiele erläuterten Arbeitsverfahren, das am
besten in breiten Gefäßen vorgenommen wird, ergibt sich also eiri aus einer Suspension
entstehender Niederschlag, von dem man nach längerem Stehen (währenddessen man die
Behälter zweckmäßig zudeckt) die darüber stehende Flüssigkeit leicht abgießen kann.
Sollte sich in entstandenem Schaum etwas Niederschlag oben abgeschieden haben, so
läßt er sich leicht abnehmen. Feine, in der Flüssigkeit schwebende disperse Stoffe
können darin belassen werden. Wenn diese sich nach sehr langem Stehenlassen teilweise
absetzen, können sie durch Rühren wieder in Suspension gebracht werden. Ein in die
von dem erwähnten Bodensatze allgegossene Flüssigkeit eingetauchtes und abgequetschtes
Stück Gewebe ergibt (im Gegensatz zu unbehandelter Lauge) nur noch spurenweise Verfärbung,
die höchstens bei Weiß oder zarten, gebleichten, hellfarbigen Waren zu erkennen
ist.
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Die vom Absatz abgehobenen Flüssigkeiten sind - was für die Erzielung
besonderer Appre- ; tureffekte wie auch zur Verwendung als Klebstoff wichtig ist
- zur Aufnahme von anderen in Betracht kommenden Zusatzstoffen unter Berücksichtigung
der jeweiligen Beschaffenheit der Ablauge geeignet. Sie stellen eine wäßrige kolloide
Phase mit emulgierenden Eigenschaften dar. Durch geeignete Zusätze kann man z. B.
den auf heller Ware noch störenden schwach gelblichen Tön verdecken.
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Die aufgehellten Flüssigkeiten, die man nach dem Abgießen vom Bodensatze
gewonnen hat, kann man auch-konzentrieren; man erhält so
eine unmittelbar
verwendbare Dicklauge, ohne daß man sie erst noch mit Bleichmitteln zu behandeln
braucht, die ja immer eine Zerstörung wertvoller organischer Stoffe bedingen, auch
in anderer Hinsicht meist besser vermieden werden.
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Die organischen Schwefelverbindungen der Sulfitablauge, die für manche
Verwendungszwecke schädlich sind (z. B. auch beim Ablassen in die Flüsse), schaden
bei der Appretur, beim Schlichten usw. nichts. Im Gegenteil tragen aldehydsulfitartige
oder ähnliche Stoffe z. B. zur Erhöhung der Haltbarkeit von Textilstoffen bei, indem
sie etwa eintretende Oxydationen auf sich ableiten, also schützend wirken.
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Der als Nebenprodukt durch solche Leim-Teilfällung erhaltene Niederschlag
kann in ähnlicher Weise benutzt werden wie die durch Gesamtfällung erhaltenen Massen
nach Patent 542o6 und 63042. Man kann ihn aber auch zu anderen technischen Zwecken
verwenden, ihn z. B. noch feucht, gegebenenfalls nach Waschen mit ganz wenig Essigsäure
enthaltendem Wasser, mit Olen u. a. binden. Man erhält so Emulsionen,. die für die
verschiedensten Zwecke brauchbar sind.