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Verfahren zum Züchten von Hefe besonderer Rasseeigenschaften, insbesondere
von zur Vergärung konzentrierter Lösungen geeigneten Heferassen. Für diese Anmeldung
ist gemäß dem Uniönsvertrage vom a. Juni igii die Priorität auf Grund der Anmeldung
in Österreich vom 3o. November igi8 beansprucht. Den Gegenstand der vorliegenden
Erfindung bildet ein Verfahren zum Züchten von Hefen besonderer Rasseeigenschaften,
insbesondere von Heferassen, die Zuckerlösungen hoher Konzentration vollkommen und
in kurzer Zeit vergären, und zwar auch dann, wenn die hohe Dichte nicht nur durch
Zucker, sondern auch durch Nichtzucker, insbesondere Salze, hervorgerufen ist.
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Es wurde beobachtet, daß verflüssigte Hefe, wie sie entsteht, wenn
man Hefe, z. B. Preßhefe des Handels, in an sich bekannter Weise mitZusätzen zusammenbringt,
die einen reichlichen Austritt des eiweißhaltigen Zeltinhaltes aus der lebenden
Hefezelle bewirken, bei ihrer Vermehrung unter den üblichen Bedingungen der Hefefabrikation
Hefestämme von ganz besonderen Rasseeigenschaften ergibt.. So können bei Verwendung
dieser verflüssigten Hefe als Stellhefe Nachzuchten geerntet werden, die imstande
sind, Maischen oder Würzen von weit höherer als der üblichen Konzentration zu vergären.
Ferner zeigen die in dieser Weise aus gewöhnlicher Preßhefe, beispielsweise aus
Melassepreßhefe, gezüchteten Hefen eine Triebkraft, die im Verhältnis zur Ausgangshefe
um das Doppelte bis Dreifache erhöht ist, und zeichnen sich überdies auch durch
große Haltbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegen Infektion sowie durch besondere
Eignung zur Herstellung von Trockenhefe aus. Die Verflüssigung der Ausgangshefen
kann mit den bekanntermaßen brauchbaren Zusätzen, insbesondere mit Salzen, bewirkt
werden, deren Menge bis zu 4o Prozent, auf das Gewicht der Hefe bezogen, betragen
kann: Der Erfindung gemäß soll durch Abtötung eines kleineren oder größeren Teiles
der Hefezellen eine Auslese der widerstandsfähigsten Zellen eintreten, die alsdann
unter dem Einfluß der großen Mengen der verflüssigenden Stoffe eine vollständige
physiologische Umwandlung erleiden. Jedenfalls empfiehlt es sich, die Zusätze in
solchen Mengen zu verwenden, daß das Eintreten einer Selbstgärung ausgeschlossen
ist, da sonst die angestrebte Wirkung vermindert oder sogar ganz vernichtet wird.
Ein besonders geeignetes Verflüssigungsmittel bilden die Disulfite, z. B. das feste
Natriumdisulfit. Selbst Lösungen von über 3o° Balling werden von den Nachzuchten
der mit Disulfiten verflüssigten Hefen restlos vergoren; auch scheint die Gärdauer
bei Verwendung dieser Heferassen die kürzeste zu sein.
Ausführungsbeispiel.
5 kg abgepreßte Hefe werden etwas zerkleinert und mit i bis 2 kg Kochsalz oder festem,
pulverisiertem Natriumbisulfit möglichst gleichmäßig bestreut und vermengt, worauf
in wenigen Minuten vollkommene Verflüssigung eintritt. Das Gemisch wird nach 24-
bis 72stündigem Stehen wie üblich als Stellhefe zur Vermehrung angesetzt.
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Die Verflüssigung der Hefe durch Bewirkung einer reichlichen Ausscheidung
des Protoplasmas aus der lebenden Hefezelle ist bisher nur zur Herstellung von Hefeextrakten,
also zur Trennung des eiweißreichen Zeltinhaltes von den Zellwänden behufs Verwertung
des Zeltsaftes als Nahrungsmittel, vorgenommen werden. Es wurde vorgeschlagen, durch
Einwirkung von geringen Mengen indifferenter organischer Lösungsmittel in Dampfform
oder in flüssiger Form die Absonderung des Zeltinhaltes aus der Hefe herbeizuführen
(B u c h n e r und G r u b e r). Auch die Verflüssigung mit Kochsalz und anderen
Salzen ist zur Herstellung von Nährextrakten aus Hefe schon verwendet worden, wobei
die gepreßte Hefe gleichfalls mit so großen Mengen Kochsalz versetzt wurde, daß
eine Selbstgärung nicht eintrat. Die flüssige Masse wurde aber hernach zur Gewinnung
der Extraktivstoffe mit Wasser mehrere Stunden gekocht und abgepreßt. Ähnlich verläuft
auch das Verfahren nach v a n L a e r (britische Patentschrift 2228d899); danach
wird jedoch die Hefe mit so geringen Mengen Kochsalz oder anderen neutralen, basischen
oder sauern, die reichliche Absonderung des Zeltinhaltes bewirkenden Stoffen verflüssigt,
daß in der Masse durch Selbstgärung aus den Kohlehydraten reichlich Alkohol gebildet
wird. Die von der Hefe durch Filtration oder Abschleudern getrennte Flüssigkeit
wird sodann zwecks Gewinnung des Alkohols destilliert und das sich hierbei ausscheidende
koagulierte Eiweiß gesammelt und getrocknet. Der flüssige Anteil, bestehend aus
Albumosen_ und Peptonen, soll eingedampft ein zu Nährzwecken geeignetes Präparat
ergeben. Die verflüssigenden Zusätze müssen die Hefezellen vollkommen unbeschädigt
lassen, da v a n L a e r beabsichtigt, durch Trocknen der vom ausgetretenen Zeltinhalt
abgepreßten Zellen eine versandfähige Dauerhefe von ungeschwächter Gärkraft zu gewinnen.
Daß sich die verflüssigte Hefe, wenn man sie unter den üblichen Bedingungen der
Hefefabrikation fortzüchtet, unter Entstehung von ganz besonderen Rasseeigenschaften,
vermehrt, hat v a n L a e r nicht erkannt; er hat daher auch die nicht naheliegende
Möglichkeit, die verflüssigte Hefe als Stehhefe zu verwenden, nicht ins Auge gefaßt.
Um so überraschender ist es, daß diese Möglichkeit auch bei Verflüssigung der Hefe
mit so großen Mengen der plasmolysierenden Zusätze besteht, daß jede Selbstgärung
unterdrückt wird, ja daß gerade die Verwendung solcher Mengen sich als vorteilhaft
empfiehlt, damit ein großer Teil der Zellen, nämlich die weniger widerstandsfähigen,
abgetötet und die überlebenden besonders kräftigen Zellen physiologisch umgewandelt
werden. Auch die besondere Brauchbarkeit der Disulfite als verflüssigende Mittel
läßt sich aus der britischen Patentschrift 2228d899 nicht entnehmen, da v a n L
a e r das Kalziumdisulfit neben Bleiazetat und Sublimat als Hefegift hervorhebt
und für sein Verfahren als ungeeignet bezeichnet. Gerade die freie schweflige Säure,
die in den angewendeten Konzentrationen nach dem bisherigen Wissen eine gänzliche
Abtötung der lebenden. Hefe erwarten ließ, bringt aber die neuartigen technischen
Wirkungen im Sinne der Erfindung vorzugsweise hervor. Die Verflüssigung der Hefe
hat hier eben den Zweck einer Auslese von bestimmten Zellen. Bei der Behandlung
mit verflüssigenden Zusätzen im Sinne der Erfindung, insbesondere mit Disulfiten,
werden 3o bis 70 Prozent der Hefezellen getötet. Der Rest wird bei der Verwendung
als Stehhefe auf die 6- bis iofache Menge biologisch vollkommen veränderter Heferassen
mit besonderen Eigenschaften vermehrt. Die gewonnene Hefe ist im Durchschnitt der
Zellengröße zwei- bis dreimal so groß, als die in das Verfahren eingebrachte, und
einzelne Zellen zeigen sogar eine Vergrößerung auf das 4- bis 5fache, woraus sich
die neuen biologischen Eigenschaften vielleicht erklären lassen.
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In der französischen Patentschrift4617q.2 ist ein Verfahren zur Umwandlung
der für Bäckereizwecke unbrauchbaren Bierhefe in brauchbare Bäckerhefe-hesehrieben,
nach welchem die Bierhefe mit geringen Mengen von Salzen, beispielsweise Kochsalz,
verflüssigt und sodann in einer stickstoffreichen Maische umgegoren wird. Nur nebenher
geht eine sehr geringfügige Vermehrung von 25 bis 30 Prozent. Der Hauptzweck.
ist die Veränderung der Eigenschaften dr Bierhefe in der Weise, daß sie die Beschaffenheit
einer guten Lufthefe annimmt; sie wird heller, verliert die Bitterkeit und soll
die Triebkraft von Lufthefe bester Beschaffenheit erhalten. Das Verfahren bezweckt
also eine billigere Art der Lufthefeerzeugung durch Umgärung von Bierhefe. Die vorliegende
Erfindung hingegen geht von dem Produkt aus, dem das bekannte Verfahren die behandelte
Bierhefe durch Umgärung in ihren Eigenschaften anzunähern bestrebt ist, nämlich
von normaler
Lufthefe oder Hefe des alten Wiener Verfahrens oder
von normaler Spiritushefe. Aus der Tatsache, daß Bierhefe nach ihrer Verflüssigung
unter geringer Vermehrung zu einer Hefe.umgegoren werden kann, die guter Lufthefe
gleichwertig ist, konnte nicht geschlossen 'werden, daß verflüssigte normale Lufthefe
oder Preßhefe als Stellhefe, auf die 6- bis iofache Menge vermehrt, Nachzuchten
von ganz besonderen Rasseeigenschaften ergeben würde. Auch in der Art der Verflüssigung
besteht übrigens der Unterschied, daß dasVerfahren der frarizöSiSCheriPatentSChrlft,
ebenso wie das Verfahren v a n L a e r , mit geringen Zusätzen einer ganz anderen
Größenordnung, z. B. mit 2 Prozent mild wirkender Zusätze, arbeitet, so daß die
verflüssigte Masse in Selbstgärung gerät, wogegen die Hefe nach dem vorliegenden
Verfahren zweckmäßig der Einwirkung von Salzen in großer Menge ausgesetzt wird,
die ,4o Prozent erreichen kann, und sich sogar saure, schwefligsaure Salze, also
bekannte Hefegifte, für das vorliegende Verfahren vorzugsweise eignen.