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Lösungspolymerisation von vernetzungsfähigen Acryl-
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nitrilpolymerisaten Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung
von vernetzungsfähigen Polymerisaten des Acrylnitrils durch Polymerisation von Acrylnitril
mit einer Vernetzungskomponente und gegebenenfalls anderen Comonomeren in stark
polaren organischen Lösungsmitteln und in Gegenwart eines Initiatorsystems. Als
Vernetzungskomponente werden durch Methylolacylestergruppen substituierte Acryl-
oder Methacrylsäureamide verwendet.
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Es ist bereits bekannt (E. Müller et al. Makromol. Chem.
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57, 27 (1962)), daß Methylolacylester von Säureamiden in Gegenwart
von Säuren oder Säurespendern leicht vernetzen.
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Es ist weiterhin bekannt, durch Zugabe einer oC-Aminocarbonsäure während
oder nach der Polymerisation selbstvernetzbare Polymerisate zu stabilisieren (DT-OS
19 11 360). Mit Hilfe
dieses Verfahrens werden lagerstabile Emulsionen
von Homo- oder Mischpolymerisaten von olefinisch ungesättigten Methylolgruppen tragenden
Amiden erhalten.
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Nach dem in der FR-PS 1 500 101 beschriebenen Verfahren wird eine
Vernetzung während der Polymerisation dadurch verhindert, daß Mineralsalze zugesetzt
werden. Durch den Zusatz an Mineralsalzen wird auch eine Vernetzung während der
Trocknung verhindert.
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Solche Stabilisatoren sind notwendig, da schon während der Polymerisation
von Acrylnitril und N-Methylolacylester von (Meth-)acrylsäureamiden, oder von Acrylnitril,
N-Methylolacylester und N-Methylolalkyläther von (Meth-) acrylsäureamiden, sehr
schnell eine unerwünschte Vernetzung eintreten kann, zumal wenn man - wie bei solchen
Polymerisationen erwünscht - in saurem Milieu arbeitet.
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Die Verwendung der bisher bekannten Stabilisatoren bringt aber Nachteile
mit sich,z.B. daß nach der Polymerisation das erhaltene Polymerisat mit einer sehr
großen Menge Waschmittel behandelt werden muß, um wenigstens den größten Teil des
zugesetzten Salzes zu entfernen.
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Es wurde nun gefunden, daß Acrylnitril mit (Meth-)acrylamid-N-methylol-acylestern
und gegebenenfalls -alkyläthern sowie gegebenenfalls weiteren Comonomeren reibungslos,
ohne daß eine Vernetzung eintritt, polymerisiert werden kann, wenn in stark polaren
organischen Lösungsmitteln gearbeitet wird.
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Gegenstand der Erfindung ist daher ein Verfahren zur Herstellung von
verspinnbaren Lösungen vernetzungsrähiger Copolymerisate des Acrylnitrils
durch
Lösungspolymerisation von mindestens 65 Gew.-* Acrylnitril mit 0,1 - 3 Gew.-t eines
copolymerisierbaren Säureamid-N-methylol-acylesters und gegebenenfalls 0,5 - 5 Gew.-%
eines copolymerisierbaren Säureamid-N-methylol-alkyläthers und gegebenenfalls weiteren
copolymerisierbaren Comonomeren mit Hilfe von Katalysatoren, dadurch gekennzeichnet,
daß die Polymerisation in einem stark polaren organischen-Lösungsmittel mit einem
Peroxodisulfat und einem 1,3-Diketon als Katalysatorsystem durchgeführt wird.
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Als Vernetzungskomponente verwendet man im Rahmen der Erfindung bevorzugt
N-Methylolacylester der allgemeinen Formel
in der R Wasserstoff oder eine Methylgruppe n 0 oder eine ganze Zahl von 1 - 5 R'
einen linearen oder verzweigten aliphatischen Rest mit 1 - 10 C-Atomen darstellen.
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Die Vernetzungskomponente wird vorzugsweise in einer Menge von 0,4
- 1 Gew.-t einpolymerisiert.
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Als Acylester von N-Methylolverbindungen ungesättigter Säureamide
sind besonders geeignet (Meth-)acrylamid-N-methylolacetylester, (Meth-) acrylamid-N-methylol-propionylester.
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Diese Verbindungen lassen sich nach den in der Literatur angegebenen
Vorschriften entweder aus N-Methylolacrylamid und dem entsprechenden Carbonsäureanhydrid
(E. Müller, K.
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Dinges, W. Graulich, Makro. Mol. Chem. 57, 27 (1962)) oder aus den
Methyloläthern des (Meth-)acrylsäureamids und dem entsprechenden Carbonsäureanhydrid
(DT-OS 1 927 642) leicht gewinnen.
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Daneben kann als weitere Vernetzungskomponente N-Methylolalkyläther
der allgemeinen Formel
eingesetzt werden, in der R Wasserstoff oder eine Methylgruppe n 0 oder eine ganze
Zahl von 1 - 5 und R' einen linearen oder verzweigten Alkylester mit 1 - 10, vorzugsweise
1 - 4 Kohlenstoffatomen darstellt.
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Von diesen sind als besonders geeignet zu nennen: (Meth-) acrylamid-N-methylol-methyläther,
(Meth-) acrylamid-N-methylol-äthyläther, (Meth-)acryiamid-N-methylolpropyläther,
(Meth-) acrylamid-N-methylol-isopropyläther, (Meth-) acrylamid-N-methylol-n-butyläther.
Ganz besonders bevorzugt ist N-Methoximethylacrylamid.
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Solche Verbindungen lassen sich nach den in der Literatur angegebenen
Vorschriften (E. Müller, K. Dinges, W. Graulich, Makromol. Chem. 57, 27 (1962))
leicht gewinnen.
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Sie werden vorzugsweise in einer Menge von 1 - 5 Gew.-% einpolymerisiert.
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Als gegebenenfalls weitere Comonomere kommen die in der Acrylnitrilfasertechnik
bekannten Monomere besonders in Betracht. Bevorzugt sind zu nennen: Acrylsäure und
Methacrylsäurealkylester,
wie z.B. (Meth)acrylsäuremethylester und
(Meth)acrylsäureäthylester. Solche Monomere werden in Mengen von vorzugsweise bis
zu 10 Gew.-% einpolymerisiert. Es können auch die üblichen Färbeadditive, wie z.B.
ungesättigte Sulfonsäuren, vorzugsweise Methallylsulfonsäure, Vinylsulfonsäure oder
Styrolsulfonsäure und deren Alkalisalze in Mengen bis ca. 3 Gew.-% einpolymerisiert
werden. Werden zur Verbesserung der Flammbeständigkeit Halogen enthaltende Monomere
copolymerisiert, so setzt man zweckmäßig diese in Mengen von 10 - 30 Gew.-% ein.
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Als stark polare organische Lösungsmittel verwendet man vorzugsweise
Dimethylformamid, Dimethylacetamid, N-Methylpyrrolidon oder Dimethylsulfoxid, von
denen die beiden erstgenannten besonders bevorzugt sind.
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Als Starter können die bekannten Redoxsysteme eingesetzt werden; ganz
besonders bevorzugt aber wird mit einem System aus einem Peroxodisulfat und einem
1,3-Diketon gearbeitet. Als Peroxodisulfat finden Alkaliperoxodisulfate, vorzugsweise
Ammonperoxodisulfat Verwendung. Unter den eingesetzbaren 1,3-Diketonen sind z.B.
Dibenzoylmethan, Benzoylaceton und Acetylpropionylmethan zu nennen. Bevorzugtes
1,3-Diketon ist das Acetylaceton.
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Die Konzentration der Monomeren im Lösungsmittel beträgt zu Beginn
der Reaktion etwa 30 - 40 Gew.-%. Das Molverhältnis von Peroxodisulfat zu 1,3-Diketon
kann in weitem Rahmen variiert werden. Als besonders vorteilhaft hat sich ein Verhältnis
zwischen 1:1,1 und 1:1,3 erwiesen.
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Es ist weiter vorteilhaft, das System Peroxodisulfat/1,3-Diketon portionsweise
der Reaktionsmischung zuzufügen. Die
Reaktionsdauer beträgt im allgemeinen
8 - 24 Stunden, wobei am besten unter Inertgas, vorzu-gsweise Stickstoff, gearbeitet
wird. Vorteilhafterweise wird die Reaktion bei -erhöhter Temperatur durchgeführt.
Als besonders günstig haben sich dabei Temperaturen von 35 bis 550-C erwiesen.
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Die Polymerisation ist exotherm, so daß ohne weitere Wärmezufuhr die
Reaktion mehrere Stunden bei der gewünschten Temperatur abläuft. Es rist bekannt,
daß nicht umgesetztes Acrylnitril in einer Lösung als Fällungsmittel wirkt. Im Laufe
der Polymerisation kann daher eine Trübung eintreten, die durch Abdestillieren der
nicht umgesetzten Monomere nach Beendigung der Polymerisation verschwindet. Die
Einengung der Lösung wird entweder mit Hilfe einer üblichen Destillation oder vorzugsweise
mittels eines Dünnschichtverdampfers bei niedrigen Temperaturen durchgeführt. Es
war überraschend, daß im Laufe der Polymerisation bei Verwendung der obengenannten
Katalysatoren eine Trübung während der Polymerisation nicht eintritt, wenn man in
Gegenwart eines ungesättigten Carbonsäureesters, vorzugsweise AcrylsäuremethyIester,
in einer Menge von 5 - 8 Gew.-*, bezogen auf die eingesetzten Monomere, arbeitet.
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Die Ausbeuten liegen im allgemeinen bei 80 - 85 Gew.-%, die K-Werte
der Polymerisate betragen durchschnittlich 70 - 90.
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Nach Abdestillieren der nichtumgesetzten Anteile erhält man Lösungen,
die sich naß oder trockenzu Fäden verspinnen lassen, ohne daß während des Verspinnens
eine Vernetzung zu beobachten ist. Wird an den Fäden die Vernetzung gezielt herbeigeführt,
z.B. durch Einwirkung von Hitze, so erhält man Fäden, die sich durch einen guten
Rohton- und
sehr gute Textilwerte auszeichnen.
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Somit kann man nach diesen Verfahren die Vorteile der Nichtverwendung
von Stabilisierungsmitteln, z.B. größeren Mengen von Salzen und die Vorteile der
Lösungsmittelpolymerisation ausnutzen. Die Vorteile der Lösungsmittelpolymerisation
von Acrylnitril gegenüber den bisher großtechnisch üblichen Verfahren, bei denen
die Polymerisation im wäßrigen Medium durchgeführt wird, sind bekannt: Die Isolierung,
Trocknung, Zerkleinerung und das Wiederauflösen der Polymerisate entfallen dabei,
so daß man aus einer Lösung von Monomeren direkt auf einfache Weise eine Spinnlösung
erhält.
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In den nachfolgenden Beispielen verhalten sich die angegebenen Gewichtsteile
zu Volumenteilen wie Kilogramm zu Liter.
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Beispiel 1 In 200.000 Gew.-Teile Dimethylformamid werden bei 400C
und unter Stickstoff 109.000 Vol.-Teile Acrylnitril, 5.000 Gew.-Teile N-Acetoxi-methyl-methacrylamid
und 7.200 Vol.-Teile Acrylsäuremethylester nach folgendem Dosierschema gestartet:
Zeit (min.) Acetylacton (Vol.-Teile) Ammonperoxodisulfat(Gew.-Teile) |
0 400 600 |
90 300 400 |
180 300 400 |
240 200 300 |
Nach 20 Stunden wird ein Teil des Polymerisats durch Eintragen der Polymerlösung
in Wasser isoliert.
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Ausbeute (nach dem Trocknen): 66.500 Gew.-Teile K-Wert: 82 Der Rest
der Polymerlösung kann nach Abdestillieren der Monomeren und entsprechendem Verdünnen
mit Dimethylformamid unmittelbar naß oder trocken versponnen werden.
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Beispiel 2 In 200.000 Gew.-Teile Dimethylformamid werden unter Stickstoffatmosphäre
und bei 400C 118.000 Vol.-Teile Acrylnitril und 5.000 Gew.-Teile N-Acetoximethyl-methacrylamid
gemäß Dosierschema aus Beispiel 1 gestartet. Ein Teil der Polymerlösung wird durch
Eintragen in Wasser isoliert.
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Ausbeute (nach dem Trocknen): 7.500 Ge.-Teile, K-Wert: 84 Der Rest
der Polymerlösung kann wie in Beispiel 1 erläutert, unmittelbar versponnen werden.
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Beispiel 3 In 200.000 Gew.-Teile Dimethylformamid werden unter Stickstoffatmosphäre
und bei 400C 1.000 Gew.-Teile N-Acetoximethyl-methacrylamid und 4.000 Gew.-Teile
N-Methoximethyl-acrylamid gemäß Dosierschema aus Beispiel 1 gestartet.
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Ein Teil der Polymerlösung wird wie üblich aufgearbeitet.
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Ausbeute: 8.300 Gew.-Teile, K-Wert: 85 Beispiel 4 In 180.000 Gew.-Teile
Dimethylacetamid werden bei 400C unter Stickstoffatmosphäre 123.000 Vol.-Teile Acrylnitril
und 1.500 Gew.-Teile N-Acetoximethyl-methacrylamid gemäß Dosierschema aus Beispiel
1 gestartet. Ein Teil der Polymerlösung wird wie üblich aufgearbeitet.
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Ausbeute: 10.800 Gew.-Teile, K-Wert: 83 Beispiel 5 Die Polyacrylnitrillösung
von Beispiel 1 wurde filtriert und nach einem üblichen Verfahren trockenversponnen.
Je 70 Spulen Filamentgarne vom Gesamttiter 1600 dtex wurden zu einem Band zusammengeführt
und 4 derartige Bänder zu einem Kabel vom Gesamttiter dtex 448.000 vereinigt. Das
Kabel wird in kochendem Wasser 1:3,6-fach verstreckt, gewaschen, mit antistatischer
Präparation versehen. 3 Minuten bei 1100C spannungslos getrocknet (wobei durch die
Wärmeeinwirkung die Vernetzung stattfindet) und gekräuselt. Der Einzelfasertiter
des Faserkabels beträgt 3,3 dtex.
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Im Schmelzpunktmikroskop zeigen die Fasern bis 3500C keinerlei Verformung.
In kalter und 1300C warmer Dimethylformamidlösung bleiben die Fasern nach 1 Stunde
vollkommen ungelöst. ïn der folgenden Tabelle sind die Reißfestigkeiten (centi Newton/dtex)
und die Reißdehnung (%) in Luft bei verschiedenen Temperaturen sowie bei 200C nach
einer 1-minütigen 90°C Wäsche der Fasern m Vergleich zu einer trockengesponnenen,
in siedendem- Wasser-1:3,6 ver-streckten Acrylfaser vom Titer 3-,3 dtex, die aus
einem Copolymerisat der Zusammensetzung 94 Gew.-% Acrylnitril, 5 % Acrylsäuremethylester
und 1 % MethallyL-sulfat hergestellt wurde, angegeben:
Faser nach Beispiel 5 Vergleich |
Temperatur 20°C |
Festigkeit 1,61 2,52 |
Dehnung 19 54 |
Temperatur 50°C |
Festigkeit 1,19 0,53 |
Dehnung 35 70 |
Temperatur 900C |
Festigkeit 0,39 0,19 |
Dehnung 48 1 2OO |
Temperatur 200C n. 90°C |
Wäsche |
Festigkeit 1,44 1,48 |
Dehnung 27 60 |
Wie aus der Tabelle hervorgeht, ist die zum "Fließen" erforderliche
Kraft bei den erfindungsgemäßen Fasern deutlich höher als bei der nicht erfindungsgemäßen
Faser obiger Zusammensetzung.
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Strickstücke aus Fasergarnen der erfindungsgemäßen Fasern wurden im
Vergleich zu den Vergleichsfasern obiger Zusammensetzung 5mal bei 600C (nach DIN
54 010) bzw. 5mal bei 950C (nach DIN 54 011) mit einem Feinwaschmittel gewaschen,
geschleudert und bei Raumtemperatur getrocknet.
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Dann wurde die Maßänderung bestimmt.
Fasertiter Garn-Nr. Wäsche Dimensionsänderung (z) |
(dtex) (Nm) Länge Breite |
3,3 36/1 5 x 600C - 7 + 14 |
3,3 36/1 5 x 950C - 11 + 23 |
Vergleich |
3,3 36/1 5 x 600C - 18 + 40 |
3,3 36/1 5 x 950C - 24 + 60 |
Wie aus den Maßänderungen ersichtlich ist, wird eine deutliche Verbesserung der
Formstabilität mit den vernetzten Fasern erzielt.