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"Verfahren zur Herstellung vitaminierter Milcherzeugnisse." In den
letzten Jahren ist der Vitaminbedarf bei der Bevölkerung, insbesondere auch bei
der in den Industrieländern, in steigendem Wachstum begriffen. Als Ursache hierfür
werden von den Ernährungsphysiologen jene Eingriffe genannt, die im Verlaufe der
industriellen Herstellungsprozesse der verschiedensten Lebensmittel eine Zerstörung
oder einen Entzug der in den Lebensmitteln ursprünglich enthaltenen Vitaminanteile
bedingen. Zu diesen Verfahrensmanipulationen gehören u.a. die hohen Temperaturen
beim Sterilisieren, Trocknen oder dgl., die Bleichung oder sonstige oxidative Eingriffe.
Aber andere Methoden der Konservierungstechnik, wie auch gewisse Alterungsvorgänge
während der Lagerzeiten können einen Verlust an Vitaminen verursachen.
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In den verschiedensten Zweigen der Nahrungsmittelindustrie ist man
daher seit längerer Zeit dazu übergegangen, Lebensinittel der verschiedensten Art
mit Vitaminen anzureichern, um auf diese Weise einem Vitamindefizit auf breiter
Basis entgegenwirken zu können.
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So ist z.B. für Brasilien seit Juli 1952 eine Vitaminierung flir Margarine
obligatorisch. In Chile muß seit 1951 das geeamte Mehl nach staatlichen Richtlinien
mit Vitaminen angereichert werden. In Dänemark besteht eine gesetzliche Verpflichtung
zu einer Anreicherung der Margarine (seit 1937) und des Weizenmehls (seit 1953)
mit Vitaminen; ferner ist alle nach Grönlaiid gelieferte Milch mit Vitamin C zu
versetzen. Ähnliche Bestimmungen bestehen in England. In Kanada, SChweden und in
der Schweiz existiert kein gesetzlicher Zwang, jedoch ist eine Vitaminierung von
Lebensmitteln zulössig. Ähnliches gilt für die U.S.A., wo elne Vitaminierung staatlicherseits
ausgesprochen
erwünscht, wenn auch nicht gesetzlich vorgeschrieben
ist. Für Deutschland besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Anreicherung von
Nahrungsmitteln mit Vitaminen noch nicht. Die Herstellung vitaminierter Lebensmittel
wird durch die im September 1942 erlassene Verordnung über "vitaminierte Lebensmittel"
geregelt. Diese Verordnung entspricht nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Nach
dieser Verordnung können Lebensmittel, deren Vitamingehalt ganz oder teilweise auf
einem Zusatz von natürlichen oder synthetischen Vitaminen oder von besonders vitaminreichen
Stoffen oder auf der Anwendung von chemischen, physikalischen oder biologischen
Verfahren beruht, nur dann unter Hinweis auf ihren Vitamingehalt in den Verkehr
gebracht werden, wenn sie beim Reichsgesundheitsamt (heute bei den Gesundheitsbehörden
der Länder oder beim Bundesgesundheitsamt in Berlin) angemeldet worden sind.
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(Siehe hierzu: Souci, S.A. und A. Schillinger: "Zur Vitaminierung
von Lebensmitteln 1. Mitt.: Gesetzliche Regelung in einigen europäischen und außereuropäischen
Ländern".) Weitere Erörterungenf über das Problem der Nährwertaufbesserung sind
in der Schriftenreihe des Institutes für Ernährungswiesenschaft der Justus-von-Libig-Universität
in Gießen (Dr.- E.
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Menden und Prof. Dr. H.D. Cremer) "Das Problem der Nährwertaufbesserung
unter besonderer Berücksichtigung der Anfeicherung von Nahrungsmitteln" (Wiesbaden
1958) zu finden.
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Es hat in Deutschland und auch in anderen Ländern nicht an Versuchen
gefehlt, eines der am weitesten verbreitet Lebehsmittel, nämliob gesäuerte Milcherzeugnisse,
wie Joghurt und dgl., mit Vitaminen anzureichern. Alle Versuche sohlugen bisher
jedooh fehl, weshalb solche vitaminierte Erzeugnisse nicht im Handel erhältlich
sind. Dabei bestünde gerade für diese Milcherzeugnisse ein besonderes Bedürfnis
einer Vitaminierung, weil die überwiegende Menge der Milch in Form gesteuerter Miloherzeugnisss
konaumiert wird, da sogenannte Trinkmiloh von vielen
Personen nicht
oder nur schlecht vertragen oder geschätzt wird.
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Vitaminierte Sauermilcherzeugnise, wie z.B. Joghurt oder Buttermilch
ließen sich deshalb nicht herstellen, weil sich immer wieder zeigte, daß die zu
irgendeinem Zeitpunkt der Milch während oder nach dem Fermentationsprozeß zugesetzten
Vitamine oder Vitaminmischungen nicht haltbar waren. Dies gilt insbesondere für
die beiden empfindlichsten Vitamine "A" und "C".
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Es wurde nun dberraschenderweise gefunden, daß sich auch diese Milcherzeugnisse
mit Erfolg vitaminieren lassen, wenn anstelle der für die Fermentation der Milch
üblicherweise verwendeten Kulturen andere bisher nicht oder nur selten verwendete
Bakterienstämme zur Fermentation eingesetzt werden.
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Erfindungsgemäß gilt das insbesondere für die Mikroorganismen der
Bifidusgruppe, die selbst Vitamine zu synthetisieren vermögen und daher nicht als
Vitaminzehrer in der Milchkultur auftreten. Zur näheren Erläuterung der Erfindung
dient u.a.
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das nachfolgende Anwendungsbeispiel, mit dessen Hilfe es möglich ist,
gesäuerte Milcherzeugnisse, z.B. Joghurt, herzustellen und mit Erfolg zu vitaminieren.
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Anwendungsbeispiel: Zur Herstellung einer Joghurt ähnlichen Sauermilch
wird ein geeigne t er Stamm von L. Bifidus und Strepto coccus thermophylus in einem
geeigneten Nährmedium (z.B. Milch, Molke) in der üblichen Weise vorgezfichtet. Beide
Kulturen werden dann im Verilältnis 1:1 miteinander vermischt und dieses Gemisch
mit einer Impfmenge von 5 bis 10 % in sterilisierte, auf 420C vorgewärmte Milch
eingebracht und bei 420C so lange bebrütet, bis die Milch geronnen ist und ein pH
von etwa 4,5 aufweist. Zur Förderung des Hakterienwachstums können dieser Milch
einige der
üblichen wachstumsfördernden Zusätze in einer Menge von
0,5 bis 5 % zugesetzt werden, sofern diese Zusätze keine geschmackliohe Beeinträchtigung
des fertigen Erzeugnisses verursachen und sofern ihre Verwendung lebensmittelrechtlich
gestattet ist.
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Die erfindungsgemäße Vitaminierung der Milcherzeugnisse kann einerseits
vor Beginn des Fermentationsprozesses oder der Impfung oder aber andererseits nach
Abschluß der Fermentation erfolgen. Im ersteren Falle löst man die vorgesehen Vitaminmischung
in einem kleinen Anteil vorgewärmter Milch restlos auf und fügt diese konzentrierte
Lösung. der zu fermentierenden Milch bei, mischt-gründlich durch und setzt dann,
wie z.B. bei der Joghurtherstellung üblich, die vorbeschriebens Kultur zu, füllt
in Becher ab und bebrütet bei 42°C bis zur Gerinnung und so lange, bis der gewünschte
Säuregrad erreicht ist. Im zweiten Fall verfährt man so, daß man zunächst der Milch
in üblicher Weise die vorbereitete Kultur zusetzt, die Milch in großen Behältern
zur Gerinnung und Säuerung kommen läßt und nach Kühlung das in einer kleinen Menge
Milch aufgelöste Vitamingemisch unter gründlichem Durchmischen der fermentierten
Milch zusetzt, Man erhält in diesem Fall eine sogenannte geführte Sauermilch", die
in oremeartiger Form in entsprechende Packungen abgefüllt wird. -Es besteht weiterhin
die Möglichkeit, die Vitamine auch mit den Bifidokulturen in die zu fermentierende
Milch einzubringen. Die Menge der Vitamine und die Zusammensetzung des verwendeten
Vitamingemisches spielt grundsätzlich für den Herstellungsvorgang keine Rolle. Limitierender
Faktor für die ou verwendende Menge ist lediglich die gesohmackliche Beeinträchtigung,
die bei zu starker Vitaminierung nicht zu vermeiden ist. In der Praxis wird man
u.a. so vorgehen, daß in einem Liter fertiger Sauermilch z.B. ein halber Tagesbedarf
der Vitamine enthalten ist. Wählt man z.B. ein Konzentrat aus- einem Vitamingemisch
nachstehender Zusammensetzung, so werden 2,5-g dieses Konzentrates auf 10 Ltr. Milch
benötigt.
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In 1.000 Gramm Konzentrat sind enthalten: Vitamin A 20 Mill i.E.
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Vitamin B 80. gr Vitamin B1 6,8 gr Vitamin B2 7,2 gr Nicotinsäureamid
64 gr Vitamin B6 8 gr Vitamin C 300 gr Die Stabilität der Vitamine wurde nach einer
Lagerzeit von drei Wochen bei +1000 an Sauermilchprodukten analytisch überprüft.
Dabei konnte lediglich eine Abnahme der Aktivität bei Ascorbinsäure (Vitamin C)
und Vitamin A, also bei den enpfindlichsten Vitaminen festgestellt werden. Der analytische
Abnahmewert betrug weniger als 1Q %.
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Patentansprüche: 1. Verfahren zur Herstellung von mit Vitaminen angereicherten,
gesäuerten Milcherzeugnissen, dad. gek., daß zur Herstellung dieser Erzeugnisse
anstelle der üblichen S6uerung8kulturen Mikroorganismen der Bitidogruppe verwendet
werden.
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2. Verfahren nach Anspruch 1, dad. gek., daß die ur Herstellung des
Erzeugnisses verwendeten Bifidobakterien susammVn mit Strepto coccus thermophylus
verwendet werden.
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3. Verfahren nach Anspruch 1 und 2, dad0 gek., daß der mit Hilfe der
genannten Bakterienkulturen zu fermentierenden Milch Vitamine oder Vitaminmisohungen
zugesetzt werden.