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Ruß ist von Natur aus hydrophob und organophil. Er läßt sich daher
vorzugsweise in unpolaren Lösungsmitteln, beispielsweise Benzol, dispergieren. Es
macht aber die größten Schwierigkeiten, stabile Rußsuspensionen in wäßrigem Medium
herzustellen. Stabile Rußsuspensionen haben aber für verschiedene Verwendungen praktische
Bedeutung, z. B. wenn man den Ruß mit Kautschuklatex dispergieren will oder die
Suspension als Tinte oder Druckerschwärze verwenden will.
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Bisher hat man stabile Rußsuspensionen durch Zusatz eines besonderen
Dispersionsmittels, z. B: der Natriumsalze des Lignins oder der Sulfosäure des Lignins,
hergestellt, also von Säuren, die von der Oberfläche des Rußes absorbiert werden
und ihm einen hydrophilen Charakter verleihen.
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Aus der USA.-P4tentschrift 2 439 442 ist ferner ein Verfahren bekannt,
nach dem Ruß einer Oxydationsbehandlung unterworfen wird, indem man portionsweise
Ruß zu einer wäßrigen Natriumhypochloritlösung bis zum Eintreten der exothermen
Reaktion gibt.
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Man läßt die erhaltene Aufschlämmung, um die Reaktion zu vervollständigen,
noch etwa 24 Stunden stehen. Anschließend säuert man mit konzentrierter Salzsäure
an und wäscht mit Wasser.
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Dieses Verfahren hat aber verschiedene Nachteile. Die Reaktion verläuft,
am Anfang sehr stürmisch, um gegen Ende stark abzuflachen. Das bedeutet aber, daß
sich die Reaktion zu Beginn schwer unter Kontrolle halten läßt. Der ungleichmäßige
Reaktionsverlauf wirkt sich naturgemäß auch ungünstig auf das Endprodukt aus, d.
h., die Rußoberfläche wird von dem Oxydationsmittel nicht gleichmäßig angegriffen.
Auf die Wasserlöslichkeit des Rußes bleibt das nicht ohne Einfluß.
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Es kommt noch hinzu, daß man nach diesem Verfahren in der Regel einen
Ruß erhält, bei dem nur etwa 1%, höchstens 2 bis 31/o der Kohlenstoffatome des Rußes
in Carboxylgruppen umgewandelt worden sind. Ein solcher Ruß ist zwar hydrophil,
jedoch reicht seine Löslichkeit für viele Zwecke noch nicht aus. Er ist nicht spontan
löslich und läßt sich beispielsweise nicht als Tinte verwenden, da die Suspension
nicht genügend stabil ist. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß zu Beginn der
oxydativen Behandlung des Rußes als Folge der stürmischen Reaktion ein Teil des
Rußes durch Bildung von Kohlendioxyd verlorengeht.
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-Um insbesondere eine glättere Oxydation zu erhalten, wird nach der
deutschen Patentschrift 892 493 die Oxydation des Rußes mit neutralen Hypochloritlösungen
durchgeführt. Es wird entweder einer Bußsuspension ein Alkalichlorid zugesetzt und
unter starkem Rühren elektrolysiert oder-, Chlor, in :eine Bußsuspension
eingeleitet, die eine bestimmte Menge Kalziumcarbonat enthält. Nach diesem Verfahren
entstehen noch keine stabilen Suspensionen, da der behandelte Ruß als Folge der
in ihm enthaltenen Kalziumcarboxylatreste relativ schwer löslich ist. Ein solcher
Ruß muß aber, um mit ihm stabile wäßrige Lösungen beispielsweise zur Verwendung
als Tinte herstellen zu können, angesäuert werden und mindestens 12 Stunden erhitzt
werden.
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Außerdem ist zu bedenken, daß während der Elektrolyse stark gerührt
werden muß und daß die Elektrolyse einen hohen Aufwand erfordert. Andererseits stellt
das Einleiten von Chlor eine Maßnahme dar, die man wegen der Giftigkeit und Aggressivität
des Chlors immer dann vermeidet, wenn es überhaupt nur geht.
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Aus der deutschen Patentschrift 742 664 ist weiter ein Verfahren bekannt,
Ruß mit 30%iger Salpetersäure zu behandeln. Das behandelte Gemisch wird anschließend
bei etwa 150° C abgeraucht.
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Nach diesem Verfahren kann man aber keine stabilen wäßrigen Suspensionen
erhalten. Beim Abrauchen verdampft zunächst ein Teil des Wassers, die Konzentration
der Salpetersäure nimmt zu, bis man schließlich bei einer Salpetersäurekonzentration
von etwa 70% ein Azeotrop erhält. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß während
des Abrauchens bis zur Erreichung des azeotropen Gemisches sich die Salpetersäurekonzentration
ständig ändert. Von einer gleichmäßigen Oxydation kann also auch hier keine Rede
sein. Durch eine Salpetersäure von 7011/o wird außerdem bei einer Sandbadtemperatur
von 150° C nicht nur die obere Fläche, sondern auch das Innere der Rußpartikeln
angegriffen.
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Ferner werden unter diesen Bedingungen die bei der Oxydation entstandenen
Carboxylgruppen in das Anhydrid übergeführt, so daß durch Wasser das Anhydrid erst
wieder hydrolysiert werden muß, was unter Umständen mehrere Tage in Anspruch nimmt.
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Nach der deutschen Patentschrift 901706 ist ein Verfahren bekannt,
nach dem der Ruß einer chemischen oder mechanischen Behandlung unterworfen wird.
Die chemische Behandlung wird insbesondere mit etwa 70%iger Salpetersäure durchgeführt:
indem man das Ruß-Salpetersäure-Gemisch 7 - Tage bei Zimmertemperatur stehen läßt.
Obwohl hier mit Salpetersäure gearbeitet wird, verläuft die Reaktion viel zu langsam,
um in der Praxis Anwendung finden zu können. Es läßt sich nach diesem Verfahren
auch nicht vermeiden, daß die Rußoberfläche ungleichmäßig angegriffen wird, da der
Ruß in stark saurer Lösung bekanntlich die Eigenschaft hat, sich niederzuschlagen.-Gegenstand
der Erfindung ist nun ein Verfahren zum Dispergierbarmachen von Ruß durch Behandeln
des Rußes im wäßrigen Medium mit Salpetersäure und anschließendes Waschen mit Wasser,
dadurch gekennzeichnet, daß 40 bis 400 g Ruß mit einem Liter einer 19 bis 40 gewichtsprozentigen
wäßrigen Salpetersäurelösung bei Siedetemperatur unter Rückfluß 2 bis 24 Stunden
behandelt werden, der so erhaltene Ruß mit Wasser so lange gewaschen wird, bis--Ruß
kolldidal in Lösung geht, und der Ruß aus der Suspension in an sich bekannter Weise
gewonnen wird.
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überraschenderweise wurde gefunden, daß der erfindungsgemäß behandelte
Ruß hervorragende -Eigenschaften - hat. = Er ist -spontan löslich,) bildet stabile
wäßrige Suspensionen, läßt sich also beispielsweise auch als Tinte verwenden und
eignet sich vorzüglich zum Dispergieren mit Kautschuklatex.
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Bei der industriellen Durchführung kann die Konzentration der Salpetersäure
zwischen 19 und 40 Gewichtsprozent bei einer Bußmenge zwischen 40 und 400 g für
11 Bad und einer Oxydationsdauer zwischen 2 und 24 Stunden variiert werden, wobei
man immer löslichen Ruß erhält. Man arbeitet bei Siedetemperatur unter Rückfluß,
da dabei das Reaktionsgemisch immer in Bewegung bleibt. Es ist zu betonen, daß innerhalb
dieser Grenzen die chemische Natur der Oberfläche um so tiefer modifiziert wird,
je
größer die Konzentration des Oxydationsmittels und die Oxydationsdauer
sind und je kleiner andererseits die Menge des behandelten Rußes ist.
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Diese Ergebnisse kann man unabhängig von der Art des behandelten Rußes
erhalten. Man hat indessen gefunden, daß die Menge des anzuwendenden Oxydationsmittels,
um unter den gegebenen Bedingungen ein bestimmtes Resultat zu erzielen, von der
besonderen Oberfläche des behandelten Rußes abhängt. So kann man als Ausgangsmaterial
Philblack-0- oder Vulcan-3-Ruß verwenden, ohne viel an dem erreichten Resultat zu
ändern. Wenn man jedoch Carbolac (dessen spezifische Oberfläche viel größer ist),
verwendet, muß man im Vergleich zu den beiden zuerst genannten Rußarten, um zum
gleichen Ergebnis zu kommen, beispielsweise die Oxydationsdauer bei Beibehaltung
aller übrigen Behandlungsbedingungen verlängern oder unter sonst gleichen Bedingungen
eine an Salpetersäure konzentriertere Lösung anwenden.
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Der in wäßriger Lösung durch irgendeines der oben angegebenen Oxydationsmittel
oxydierte Ruß muß völlig von fremden Ionen befreit werden, die seine Löslichkeit
beeinträchtigen können. Es ist in der Tat wichtig, darauf zu achten, daß die oxydierten
Rußteilchen sich, wenn sie in Wasser suspendiert sind, so verhalten, wie dies nach
den Regeln der Kolloidchemie zu erwarten ist. Sie neigen dann besonders dazu, durch
Kationen ausgefällt zu werden. Durch Dissoziation ihrer chemischen oberflächlichen
Gruppen, welche durch Oxydation gebildet wurden, sind sie negativ geladen.
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Ruß in wäßrigem Medium wird ja nicht allein durch Salze, sondern auch
durch Zusatz starker Säuren ausgeflockt, weshalb im allgemeinen die Stabilität stark
herabgesetzt wird, wenn man über einen pH-Wert von 3 bis 4 hinausgeht, während die
Stabilität im alkalischen Mittel gut ist und sich praktisch von einem pH-Wert von
5 bis 6 an bewährt.
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Aus diesem Grund empfiehlt es sich, die durch Oxydation im sauren
Mittel erhaltenen Produkte sehr sorgfältig mit Wasser zu waschen, um soweit als
irgend möglich jede Spur restlicher Säure zu beseitigen.
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Der nach vorliegender Erfindung hergestellte Ruß eignet sich für zahlreiche
Verwendungen: Da er sich viel leichter als nicht behandelter Ruß sowohl in natürlichem
als auch in synthetischem Kautschuk beim Einarbeiten auf dem Kalander oder im Mischer
dispergieren läßt, ist dies ein besonderes Anwendungsgebiet. Ebenso dispergiert
er sich besser in Mischungen für die Oberflächenbehandlung wie z. B. Farben, Lacke
und Lederlacke.
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Die wäßrigen Lösungen des oxydierten Rußes bilden unmittelbar Druckerschwärze
sowohl für Papier als auch für Textilien.
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Eine Suspension des oxydierten Rußes kann übrigens beispielsweise
mit synthetischer oder natürlicher Kautschuklatex gemischt werden, um eine besonders
innige Mischung zu ergeben, welche nach Koagulation und Trocknen eine Grundmischung
bildet.
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Schließlich kann die nicht getrocknete Paste des oxydierten Rußes
für alle Zwecke verwendet werden, bei denen man viel schwieriger herzustellenden
kolloidalen Graphit verwendet.
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Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung. Beispiel 1 100 g
»Philblack-0«-Ruß wird in 500 ccm wäßriger 30 gewichtsprozentiger Salpetersäure
suspendiert und unter Rückfluß 4 Stunden lang im Sieden gehalten.
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Nach 4 Stunden schwachen Siedens wurde das Erwärmen beendet und die
überstehende Flüssigkeit vom abgesetzten Ruß abgesaugt und durch Wasser ersetzt.
Nach erneutem Absetzen wurde dann die Flüssigkeit wieder abgesaugt und so die Behandlung
weiter fortgesetzt. Nach einer geringen Anzahl von Dekantationen ließ sich die Suspension
nicht mehr in erträglichen Zeiten dekantieren.
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Der behandelte Ruß wurde dann unter Absaugen filtriert und auf dem
Filter ausgewaschen.
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Diese Arbeitsweise wird besser durch Abtrennen in einer Zentrifuge
durchgeführt, wodurch es dann möglich wird, das Auswaschen des behandelten Rußes
kontinuierlich durchzuführen.
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Das Auswaschen wurde so lange fortgesetzt, bis mit Brucin keine Spur
von N0.3 Ionen nachgewiesen werden konnten. Dies traf gewöhnlich mit einer auffälligen
Schwärzung der Waschwässer zusammen, weil der Ruß plötzlich anfing, in Lösung zu
gehen. Am Schluß des Auswaschens hatte das Waschwasser einen pH-Wert in der Größenordnung
von 5 bis 6.
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Am Schluß des Waschens dispergierte die erhaltene Paste bei der bloßen
Berührung mit Wasser und bildete unter Umrühren eine stabile Suspension. Der Gehalt
dieser Paste an Wasser hängt von der Wirksamkeit der Absaugevorrichtung ab. Hiernach
kann diese Paste bei niedriger Temperatur, beispielsweise bei 60° C im Luftstrom
getrocknet werden. Der erhaltene Ruß ist trocken, hart und spröde. Man kann ihn
dann vor der Verwendung fein zerreiben. Er behält seine Fähigkeit, sich vollkommen
wieder in Wasser zu dispergieren und bildet besonders im alkalischen Mittel sehr
stabile Suspensionen.
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Beispiel 2 100 g »Philblack-0«-Ruß wurden in 500 ccm wäßriger 19 gewichtsprozentiger
Salpetersäure suspendiert und 8 Stunden lang unter Rückfluß zum Sieden gebracht.
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Nach Beendigung des Erwärmens wurde genauso gearbeitet, wie dies oben
angegeben ist.
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Es wurde dann ein Ruß von ziemlich gleicher Beschaffenheit bezüglich
seiner charakteristischen Löslichkeit und Oberflächenstruktur wie im Beispiel 1
erhalten.
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Diese neuen erfindungsgemäß hergestellten Ruße bestehen aus Teilchen
mit einem mittleren Durchmesser von 10 Angström bis zu einigen Mikron. Ihr Kern
besteht aus Kohlenstoff, und ihre Oberfläche hat eine besondere molekulare Struktur,
die sie in Wasser löslich macht.
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Diese Struktur ist unter anderen durch die Anwesenheit hydrophiler
Gruppen gekennzeichnet, welche analytisch bestimmt werden können. Entsprechend der
Erfindung werden Produkte erzeugt, die einen Gehalt von 1 bis mehr als 10 Gewichtsprozent
an hydrophilen Gruppen bei der Behandlung eines Rußes von der Art des Philblack
0 und bei Einhaltung der oben angegebenen Oxydationsbedingungen haben.
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Bei der Hypochloritbehandlung des »Philblack-0«-Rußes kommt man dagegen
niemals über 2 bis 3%. Ganz allgemein ist die Löslichkeit in Wasser und die Stabilität
der erhaltenen Lösungen um so größer,
je größer der Prozentgehalt
an oberflächlichen hydrophilen Gruppen ist.
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Die konzentrierten wäßrigen Lösungen des erfindungsgemäß hergestellten
Rußes bilden ohne Zusätze schwarze Druckfarben sowohl für Papier als auch für Textilien.