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Verfahren zur Herstellung von Kautschuk-Ruß-Mischungen Durch elektronenmikroskopische
Aufnahmen ist nachgewiesen worden, daß die meisten Rußsorten, vor allem die aktiven
Gasruße und halbaktiven Acetylenruße, eine kettenförmige Struktur haben. Bei den
bekannten Mischverfahren, z. B. Einmischen von Ruß in Kautschuk auf der Walze oder
im Kneter oder der Mischkoagulation von Kautschuklatex und wäßriger Rußsuspension,
bleibt diese Kettenstruktur weitgehend erhalten. Die Rußketten erweisen sich damit
als außerordentlich stabil gegen mechanische Beanspruchung.
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Es ist nun bekannt, daß man die elektrische Leitfähigkeit, z. B. einer
Gasrußmischung, dadurch wesentlich verringern kann, daß man die Kautschuk-Ruß-Mischung
2 bis q. Stunden auf höhere Temperaturen (14o bis 18o°) erhitzt (Temperprozeß) und
nach dem Auskühlen auf enggestellter Walze mehrmals durchläßt (Zwickprozeß). In
den gummitechnischen Eigenschaften der Vulkanisate wirkt sich diese Maßnahme in
einer wesentlichen Erhöhung der Rückprallelastizität, einer Verringerung der Shorehärte
und einer Verbesserung des Abriebwiderstandes aus. Die Festigkeitseigenschaften
(Zerreiß- und Strukturfestigkeit, Kerbzähigkeit usw.) werden dagegen merklich verschlechtert.
Das heute vielfach angewandte Heißmischverfahren stellt einen Kompromiß zwischen
dem früher üblichen Mischverfahren bei mäßiger Temperatur und der stundenlangen
Temperung der fertiggemischten Kautschuk-Ruß-Mischung bei 1q.o bis 18o° dar. Man
beschränkt sich darauf, die Mischtemperatur bei der Herstellung der Kautschuk-Ruß-Mischung
im Kneter möglichst hoch (bis 2oo°) zu bringen, wobei die Zeit, die die Kautschuk-Ruß-Mischung
dieser Temperatur ausgesetzt ist, möglichst kurz gehalten wird. Wird die so hergestellte
Kautschuk-Ruß-Mischung im Kneter oder auf der Walze nachgearbeitet, so gewinnt man
erheblich an Elastizität und Abnutzungswiderstand, vermeidet dabei aber
noch
einen stärkeren Einbruch in die Festigkeitseigenschaften, wie es beim eigentlichen
Temperprozeß der Fall ist. Dieses Heißmischverfahren hat vor allem für die Verarbeitung
der aktiven Ofenruße eine große Bedeutung erlangt. Diese günstigen Ergebnisse wurden
auf eine bessere Dispergierung des Rußes im Kautschuk zurückgeführt.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde; daß die Verbesserung
der mechanischen Eigenschaften und die Verringerung der elektrischen Leitfähigkeit
durch die oben beschriebenen Verfahren in erster Linie auf den Abbau der Kettenstruktur
des Rußes zurückzuführen ist. Bei der obengenannten hohen Temperatur tritt eine
chemische oder sehr feste adsorptive Bindung zwischen den Rußketten und den Kautschukmolekülen
ein, und als Folge davon werden die Rußketten bei anschließenden mechanischen Walz-
und Knetprozessen zerrissen, wodurch in den Vulkanisaten eine Erhöhung der Rückprallelastizität
und die Verbesserung des Abriebs erreicht wird. Beim Temperprozeß wird allerdings
die Kautschuk-Ruß-Mischung so intensiv bzw. der Gehalt an unlöslich gewordenem Kautschuk
so hoch, daß auch die Kautschukmoleküle beim Walzen und Zwicken stark geschädigt
werden, was den Abfall der Festigkeit zur Folge hat. Diese Schädigung des Kautschuks
tritt auch beim Heißmischverfahren bis zu einem gewissen Grade ein. Ist diese feste
Verbindung der Rußketten mit dem Kautschuk infolge niedriger Mischtemperatur nicht
eingetreten,. so gleiten Ruß und Kautschuk aneinander vorbei, und die Kettenstruktur
des Rußes bleibt weitgehend erhalten.
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Die Erfindung schafft ein Verfahren zum Herstellen einer Kautschuk-Ruß-Mischung,
und das Neue besteht darin, daß man Ruß verwendet, der vor dem Einmischen einer
chemischen oder mechanischen Behandlung unterworfen ist, die eine Lockerung oder
Zerstörung der Kettenstruktur des Rußes bewirkt, wodurch die Bindung zwischen den
einzelnen Rußteilchen so weit gelockert wird, daß sie beim späteren Einmischen in
den Kautschuk selbst unter milden Temperaturbedingungen mechanisch leicht zerrissen
werden. Auf diese Weise erreicht man, daß der Ruß in der Kautschukmischung und im
Vulkanisat in kettenloser Form vorliegt, ohne daß man diesen Zustand unter Schädigung
und Übermastikation des Kautschuks erreicht, wie es beim Temperprozeß und beim Heißmischverfahren
der Fäll ist. Weiter unten wird beschrieben, wie mit einem solchen Verfahren nicht
nur die hohe Rückprallelastizität und den verbesserten Abnutzungswiderstand der
Vulkanisate von getemperten Mischungen erreicht werden kann, sondern auch die dort
gefundenen Werte noch erheblich übertroffen werden, bei gleichzeitig verbesserter
Festigkeit.
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Der Abbau der Rußketten kann nach der Erfindung auf verschiedenen
Wegen erfolgen, z. B. bei manchen inaktiven Flammrußen genügt schon ein Vermahlen
in trockenem Zustand oder in wäßriger Suspension in einer Kugelmühle öder Kolloidmühle.
Die Mahlwirkung kann durch Erhöhung der Temperatur wesentlich gesteigert werden.
Als besonders wirksam erwies sich eine Behandlung mit Ultraschall, wenn die Einwirkung
auf eine Rußsuspension in irgendeinem flüssigen Medium, vorzugsweise in Wasser,
erfolgt. Bei den aktiven Rußsorten von wesentlich geringerer Teilchengröße werden
Vermahlung oder Beschallung vorteilhaft unterstützt durch vorangehende oder gleichzeitige
chemische Behandlung. So ist gefunden worden, daß es mit Oxydationsmitteln gelingt,
die Rußketten zu zerstören bzw. so weit in ihrer Struktur anzugreifen, daß sie durch
einen Mahlprozeß, oder schon beim gewöhnlichen Einmischen in Kautschuk in ihre Einzelteilchen
zerfallen. Solche Oxydationsmittel sind z. B. Salpetersäure, konzentrierte Schwefelsäure
(allein oder unter Zusatz von anderen oxydierenden Stoffen, wie Salpetersäure, Kaliumbichromat,
Eisen-III-chlorid) u. a. Die Oxydation kann auch in wäßriger Suspension erfolgen,
z. B, mit Kaliumpermanganat, Chlorkalk oder auch mit Luftsauerstoff bei Gegenwart
von Sauerstoff übertragenden Mitteln. Ferner kann man Ozon in eine Rußsuspension
einleiten. Auf besonders einfache Weise läßt sich dieser Prozeß in den Rußwerken
schon in der Ruß-Wäsche durchführen. Es ist aber auch möglich, den Ruß in trockenem
Zustand zu oxydieren, z. B. mit Luftsauerstoff, Ozon, Stickstoffoxyden, Chlor usw.
Es versteht sich von selbst, daß alle diese Prozesse durch Erhöhung der Reaktionstemperatur
beschleunigt werden können. Es wird sich daher oft als vorteilhaft erweisen, diese
chemische Behandlung sofort bei der Entstehung des Rußes anzuwenden.
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Wenn die Oxydation in einer Rußsuspension erfolgt, so kann der Ruß
abgesaugt oder abzentrifugiert, ausgewaschen und anschließend getrocknet werden.
Die Einmischung erfolgt dann in üblicher Weise auf Walzen oder in Knetern. Bei Verwendung
konzentrierter Säuren muß vor dem Abfiltrieren natürlich mit Wasser verdünnt werden.
Wird die Oxydation in wäßriger Suspension vorgenommen unter Verwendung von Stoffen,
deren Reduktionsprodukte dem Kautschuk nicht schaden, so kann eine solche Suspension
(evtl. unter Einschaltung einer Mahlung oder Beschallung) direkt mit einem Latex
aus natürlichem oder synthetischem Kautschuk in dem gewünschten Verhältnis koaguliert
werden. Es besteht ferner noch die Möglichkeit, eine konzentrierte Rußsuspension,
die nach einem der obigen Verfahren behandelt worden ist, im Kneter in Kautschuk
einzumischen. Bei erhöhter Temperatur (etwa 6o bis ioo°) scheidet sich dann plötzlich
das Wasser als klare, rußfreie Flüssigkeit von der Kautschuk-Ruß-Mischung und fließt
aus dem Kneter ab. Durch kurzes Nacharbeiten oberhalb ioo° wird die Kautschuk-Ruß-Mischung
getrocknet.
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Ein anderer Weg zum Abbau der Rußketten bestehtdarin, daß man den
Ruß in feste Stoffe, die relativ niedrig schmelzen, oberhalb der Schmelztemperatur
einrührt und das Schmelzgut nach dem Abkühlen und Erstarren in einer Kugelmühle
sehr fein zermahlt. Für diese Arbeitsweise haben sich niedrig schmelzende anorganische
Salze, Schwefel u. a. als brauchbar erwiesen. Nach der Vermahlung wird der Hilfsstoff
mit einem geeigneten Lösungsmittel herausgelöst, der Ruß ausgewaschen und getrocknet.
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Das neue Verfahren der Rußvorbehandlung kann bei sämtlichen Rußtypen
angewandt werden, die bei
der Herstellung von Kautschukmischungen
Verwendung finden, sowohl bei aktiven, halbaktiven als auch inaktiven Sorten. Auch
das Herstellungsverfahren (z. B. Kanal- oder Ofen) und das Ausgangsmaterial (z.
B. Öl oder Gas) spielt für die Anwendbarkeit des Verfahrens keine Rolle, dessen
technischen Vorteile darin bestehen, die Elastizität, den Abriebwiderstand und die
Festigkeit (Zerreiß- und Strukturfestigkeit) der Vulkanisate zu verbessern. Außerdem
wird Energie und Zeit gespart, die die Knet- und Zwickprozesse der Kautschuk-Ruß-Mischungen
zum Zerreißen der Rußstruktur fortfallen, und schließlich läßt sich eine hochisolierende
Kautschukmischung aus Aktivruß als elektrisches Isolationsmaterial herstellen.
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Im folgenden wird das neue Verfahren an fünf Beispielen erläutert,
wobei von einer Laufflächenmischung folgender Zusammensetzung ausgegangen wird
smoked sheets . . . . . . . . . . . . .. . . . . . 6oo |
Stearinsäure ...................... 20 |
Aus Säureschlamm gewonnenes unge- |
sättigtes Kohlenwasserstofföl ...... 18 |
Zinkoxyd ......................... 32 |
Pheny-ß-naphthylamin ............. 9 |
Deutscher Aktivruß . . . . . . . . . . . . . . . . 300 |
Schwefel.......................... 17 |
Mercaptobenzothiazol .............. 4 |
iooo |
Wirk- Modulation Elasti- |
vul- wider- Festigkeit Dehnung ° |
kanisation stand tg a kg/cm2 °/ bei 300 /° Härte zität Abrieb |
k ° Dehnung bei 20° |
Unbehandelt..... 45/1430 < 40 > 480o 220 490 104 59 40 9i |
Vor dem Ein- |
mischen wie |
oben behandelt . . 45/143° 3100 103 230 51 0
94 54 53 64 |
Beispiel 3 Zoo g deutscher Aktivruß werden in 2ooo ccm Wasser dispergiert und anschließend
mit Zoo g Chlorkalk so lange auf 5o bis 6o° erwärmt, bis eine abfiltrierte Probe
aus Kaliumjodidlösung kein Jod mehr frei macht. Darauf wird das Reaktionsgut in
einer intensiv wirkenden Kugelmühle 24 Stunden vermahlen. Nach Neutralisation mit
Salzsäure kann das Mahlgut entweder direkt mit Naturlatex oder dem Latex eines synthetischen
Kautschuks, z. B. eines Mischpolimerisats aus 75 °/o Butadien und 25 °/o Styrol,
koaguliert werden, oder der Ruß wird wie in Beispiel i und 2 abgesaugt, gewaschen
und getrocknet und in üblicher Weise in Natur- oder synthetischen Kautschuk mechanisch
eingearbeitet. Beispiel 4 400 g Schwefel werden geschmolzen und ioo g deutscher
Aktivruß unter Rühren eingetragen. Man läßt dann die Schmelze erkalten und zermahlt
sie in der Kugelmühle zu äußerst feinem Pulver. Der Schwefel wird dann mit Schwefelkohlenstoff
herausgelöst und der Ruß bei 6o° getrocknet. In Natur-Im einzelnen geht die Verarbeitung
des Rußes wie folgt vor sich: Beispiel i Zoo g deutscher Aktivruß werden in 8oo
ccm Salpetersäure (spezifisches Gewicht 1,4) eingetragen. Diese Mischung bleibt
7 Tage bei Raumtemperatur stehen. Dann wird mit Wasser verdünnt, abgesaugt und mit
Wasser säurefrei gewaschen. Nach der Trocknung bei iio° wird der Ruß auf einer Walze
in die doppelte Menge Naturkautschuk eingemischt und die so erhaltene Kautschuk-Ruß-Mischung
fertiggemischt. 45 Minuten bei i43° (3 atü Dampfdruck) in einer Plattenpresse zu
6 mm Platten vulkanisiert, ergeben sich hervorragende mechanische und elektrische
Prüfdaten. Beispiel 2 Zoo g deutscher Aktivruß werden in 2ooo ccm Wasser dispergiert
(eventuell mit Hilfe einer Kugelmühle) und nach Zugabe von io ccm konzentrierter
Schwefelsäure mit 40 g Kaliumpermanganat innerhalb i Stunde oxydiert. Der Ruß wird
dann abgenutscht, mit Wasser säure- und manganfrei gewaschen und anschließend bei
iio° getrocknet. Der so behandelte Ruß wird in Naturkautschuk eingemischt und nach
demselben Laufflächenrezept fertiggemischt.
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Gegenüber dem unbehandelten Ruß werden folgende Prüfwerte erhalten
kautschuk eingemischt ergeben sich in der Laufflächenmischung folgende mechanischen
und elektrischen Daten nach der Vulkanisation: Wirkwiderstand bei o,i MH
...... 8oo k.Q tgb bei o,1 MH ................. 36o Zerreißfestigkeit . .
. . . . . . . . . . . . . . . 22o kg/cm2 Rückprallelastizität . . . . . . . . .
. . . . . 480/0 Beispiel 5 5oo g deutscher Aktivruß werden 12 Stunden bei Lufteinwirkung
einer Temperatur von 2oo° ausgesetzt. Anschließend wird der Ruß mit 2500
Wasser in der Kugelmühle vermahlen, dann abfiltriert, gewaschen und getrocknet.
Nach dieser Behandlung ergibt der Ruß in einer Autolauffläche höhere Elastizität
und geringere elektrische Leitfähigkeit als ein unbehandelter Ruß.