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Die Erfindung betrifft substituierte 1-Cyclopropylmethyl - 4 - (3'
- hydroxyphenyl) - piperidine, deren Säureadditionssalze sowie ein Verfahren zu
ihrer Herstellung.
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Es wurde gefunden, daß 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-piperidine
der allgemeinen Formel I
in der R den Äthyl-, Methoxy- oder Äthoxyrest bedeutet, sowie deren Säureadditionssalze
wertvolle pharmazeutische Eigenschaften besitzen.
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Diese Verbindungen erhält man in an sich bekannter Weise durch Alkylierung
eines sekundären Piperidins der allgemeinen Formel 11
in der R die oben angegebenen Bedeutungen besitzt, mit Cyclopropylmethylbromid.
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Die Alkylierung wird vorzugsweise in Gegenwart eines geeigneten organischen
Lösungsmittels und einer Base, beispielsweise Natriumbicarbonat, bei Temperaturen
zwischen 50 uild 150°C durchgeführt. Die Reaktionspartner können hierbei im Molverhältnis
I : 1 eingesetzt werden; vorzugsweise wird jedoch das Alkylierungsmittel im überschuß
angewendet. Als Lösungsmittel wird Äthanol oder ein Gemisch aus Dimethylformamid
und Tetrahydrofuran bevorzugt.
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Die so erhaltenen Verbindungen der allgemeinen Formell können gewünschtenfalls
nach üblichen Methoden in ein physiologisch unbedenkliches Säureadditionssalz umgewandelt
werden, z. B. durch Behandlung mit einer Säure, wie einer Mineralsäure, Zitronensäure,
Ascorbinsäure, Capronsäure, Propionsäure, Essigsäure, Methansulfonsäure, Weinsäure,
Fumarsäure oder Maleinsäure.
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Beispiel l 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-4-propionylpiperidinhydrochlorid
2,33 g (0,01 Mol) 4-(3'-Hydroxyphenyl)-4-propionylpiperidin, 1,26g (0,015 Mol) NaHC03
und 1,5 g (0,011 Mol) Cyclopropylmethylbromid werden mit 10 ml Dimethylformamid
und 25 ml Tetrahydrofuran 3 Stunden unter Rückfluß gekocht. Anschließend wird das
Lösungsmittel im Vakuum verdampft und der Rückstand mit 50 ml Chloroform in: einen
Scheidetrichter gespült. Nach Ausschütteln mit Wasser wird die Chlorofo£mlösung
mit Na2S04 getrocknet und danach das Lösungsmittel im Vakuum verdampft. Der Rückstand
wird in Athanol aufgenommen, mit alkoholischer Salzsäure angesäuert und die Lösung
, bis zur Trübung mit absolutem Äther versetzt. Man erhält so 2,2 g (770% der Theorie)
Kristalle vom Fp. 218°C. Durch Umkristallisieren aus Äthanol-; Äther erhält man
die Substanz analysenrein mit einem Fp. von 222°C.
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Beispiel 2 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-' 4-methoxycarbonylpiperidinhydrochlorid
2,72 g (0,01 Mol) 4-(3'-Hydroxyphenyl)-4-methoxycarbonylpiperidinhydrochlorid, 2,10g
(0,025 Mol) NaHC03 und 1,5 g (0,011 Mol) Cyclopropylmethylbromid werden mit 10m1
Dimethylforinamid und 25m1 Tetrahydrofuran 3 Stunden unter Rückfluß gekocht. Die
Aufarbeitung erfolgt wie im Beispiel 1 beschrieben. Man erhält so 2,1 g (69% der
Theorie) 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-4-methoxycarbonylpiperidinhydrochlorid.
Die durch Umkristallisieren aus Methanol-Äther erhaltene analysenreine Substanz
schmilzt bei 218°C.
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In analoger Weise erhält man aus 2,86 g 4 - (3' - Hydroxyphenyl) -
4 - äthoxycarbonylpiperidin und 1,5 g Cyclopropylmethylbromid 2,45 g (720% der Theorie)
1-CycIopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-4-äthoxycarbonylpiperidinhydrochlorid vom
Fp. 191 bis 192-'C.
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Bei den erfindungsgemäßen Verbindungen handelt es sich um Analgetika
mit morphinantagonistischer Wirkung, d. h. um Verbindungen, die bei Warmblütern
als Analgetika eingesetzt werden können, ohne Sucht hervorzurufen.
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Bekanntlich erzeugen Morphin und andere starke Narkotika bei regelmäßiger
Anwendung Sucht, d. h., der mit einer solchen Substanz behandelte Warmblüter verspürt
einen physischen und psychischen Zwang, zur Aufrechterhaltung seines Wohlbefindens
das Narkotikum in immer kürzeren zeitlichen Abständen anzuwenden. Wird ihm jedoch
das Mittel entzogen, so reagiert er unter den Anzeichen- von Abstinenzerscheinigungen,
wie Zittern, Krämpfe, Schweißausbrüche usw.
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Bei Analgetika mit morphinantagonistischer Wirkung handelt es sich
um Substanzen, die in der Lage sind, die Wirkungen des Morphins ganz oder teilweise
aufzuheben und beispielsweise bei morphinsüchtigen Tieren (Tiere, die an Morphin
gewöhnt wurden), Entziehungserscheinigungen hervorzurufen. Da diese Substanzen jedoch
eine eigene analgetische Wirkung besitzen, können sie als Analgetika eingesetzt
werden, wobei man an Hand der nachgewiesenen morphinantagonistischen Wirkung darauf
schließen kann, daß sie bei ihrer Anwendung keine Sucht erzeugen.
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Die analgetische Wirkung von Verbindungen, die am Tier eine morphinantagonistische
Wirkung gezeigt haben, ist jedoch in Tierversuchen nur schwer oder gar nicht nachweisbar;
sie zeigt sich oft erst in der Klinik. In den USA sind zentralwirkende Analgetika
entwickelt worden, die im Tierversuch nur Morphinantagonismus zeigten und bei denen
man keine Analgesie nachweisen konnte. Diese Verbindungen erwiesen sich dann am
Menschen überraschenderweise als stark analgetisch wirksam, und da sie sich gleichzeitig
am Tier als Morphinantagonisten erwiesen haben, ist bei ihrer Anwendung mit einer
Suchtgefahr nicht zu rechnen.
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Uberdies geht die Lehrmeinung seit einigen Jahren dahin, daß Verbindungen,
die besonders starke morphinantagonistische
Wirkung im Tierversuch
und gleichzeitig starke analgetische Wirkung zeigen, auch mit starken psychotomimetischen
(halluzinogenen) Nebenwirkungen behaftet sind, während relativ schwache Morphinantagonisten
bei Menschen meist stark analgetisch wirken und keine oder nur geringe Nebenwirkungen
besitzen (vgl. A. S. K e a t s und J. T e 1 f o r d, »Drug Design«, Bd. 45, S.
162 bis 176, 1964).
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Vergleichsversuche Analgesie-Prüfung Die Prüfung auf Analgesie erfolgte
nach der von N. B. E d d y und Mitarbeitern beschriebenen Methode der »heißen Platte«
(vgl. Journal of Pharmacology and exptl. Therapeutics, Bd. 98, S. 121, 1950). Diese
Methode besteht darin, daß Mäuse auf eine Metallplatte von 55°C gesetzt werden.
Nach einigen Sekunden empfinden die Tiere die Wärme an den Pfötchen als Schmerz
und versuchen, durch Lecken der Pfoten den Schmerz zu vermindern bzw. durch einen
Sprung von der Platte zu entfliehen. Die Analgesieversuche nach dieser Methode werden
in einer Weise durchgeführt, daß zunächst unbehandelte Mäuse als Kontrolle auf die
»heiße Platte« gebracht werden und mit der Stoppuhr bestimmt wird, innerhalb welcher
Zeit die Schmerzreaktion beim Mittel aller Tiere auftritt. Dann erhalten die Tiere
das zu untersuchende Analgetikum subkutan injiziert und der Versuch wird wiederholt.
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Als EDso ist diejenige Dosis bezeichnet, die die
normale Reaktionszeit
der Tiere um 50°/r, verlängert.
EDso |
s. c. Maus |
mg/kg |
1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxy- |
phenyl)-4-propionylpiperidin - HCl 8,4 |
1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphe- |
nyl)-4-äthoxycarbonylpiperidin - HCl 52,0 |
Morphin 2,4 |
Prüfung auf Morphinantagonismus a) Mäuse erhielten eine Dosis von 15 mg/kg Morphin
subkutan injiziert; dies ist diejenige Dosis, bei der 50°% der Tiere keinerlei Schmerzreaktion
mehr zeigen (ED,0). Injiziert man nun zusätzlich einen Morphinantagonisten, so wird
die Morphinanalgesie abgeschwächt bzw. unterdrückt.
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Mit der erfindungsgemäßen Verbindung 1-Cyclopropylmethyl - 4 - (3'
- hydroxyphenyl) - 4 - methoxycarbonylpiperidinhydrochlorid wurden folgende Ergebnisse
erhalten: Nach Injektion von 100 mg/kg waren 0% der Tiere analgetisch, 50 mg/kg
waren 0°/p der Tiere analgetisch, 30 mg/kg wären 40% der Tidre analgetisch, 10 mg/kg
waren 50°% der Tiere analgetiseh.
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Mit der erfindungsgemäßen Verbindung 1-Cyclopropylmethyl - 4 -
(Y- hydroxyphenyl) - 4 - propionylpiperidinhydrochlorid wurden folgende
Ergebnisse erzielt: Nach Injektion von 30 mg/kg waren 50% der Tiere analgetisch,
100 mg/kg waren I0% der Tiere analgetisch. b) Die Verbindung 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)
- 4 - äthoxycarbonylpiperidin - HCI wurde durch das Commitee an Problems of Drug
Dependence an morphinsüchtigen Affen nach folgender Methode geprüft: Affen, die
morphinsüchtig waren und alle 6 Stunden 3,0 mg/kg Morphin erhielten, wurde das Morphin
bis zum Auftreten von mittelschweren Abstinenzerscheinigungen entzogen (etwa 12
bis 14 Stunden). Sodann wurde die zu prüfende Verbindung injiziert und die Affen
unmittelbar vor der Injektion und danach in Abständen von 1/2, 1, 2, 3, 4, 5 und
6 Stunden beobachtet; die Beurteilung richtete sich nach der Intensität der Entziehungserscheinigungen
und den Nebenwirkungen, falls solche auftraten. Zur Feststellung sowohl der Größenordnung,
in der die Substanz wirksam ist, als auch der morphinantagonistischen Wirksamkeit
erhielten zunächst je zwei Affen die Substanz in Dosen von 2 und 4 mg/kg. Beide
Dosen bewirkten keinerlei Unterdrückung der Abstinenzerscheinungen. Damit ist bewiesen,
daß die erfindungsgemäße Verbindung keine suchterzeugende Wirkung besitzt, da in
diesem Fall die Abstinenzerscheinigungen aufgehoben worden wären.
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Nach diesem vorläufigen Test wurden morphinsüchtige Affen, die unter
Wirkung der oben angeführten Dosis Morphin standen (also keine Entziehungserscheinigungen
zeigtenJ, mit steigenden Dosen des Antagonisten behandelt und, wie ebenfalls oben
angegeben, beobachtet. Es ergab sich folgendes Bild:
Angewandte Anzahl |
Dosis der Affen Wirkungen |
4,0 mg/kg 2 milde Abstinenz- |
erscheinungen |
8,0 mg/kg 2 desgl. |
16,0 mg/kg 2 mittlere Abstinenz- |
erscheinungen |
32,0 mg/kg 2 sehr schwere Abstinenz- |
erscheinungen; beide |
Affen hatten zwischen 30 |
und 40 Minuten nach der |
Injektion Krämpfe |
Die Prüfung der zum Vergleich herangezogenen Substanzen ergab folgendes: a) 1-Methyl-4-phenyl-4-äthoxycarbonylpiperidin
Analgetische Wirkung: ED50, bestimmt nach der Methode von H a f f n e r (vgl. Deutsche
Madizinische Wochenschrift, Bd. 54, S. 731 bis 733, 1929) beträgt subkutan 22,25
mg/kg.
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Morphinantagonistische Wirkung: Wie bekannt, erzeugt diese Substanz
bei längerer Anwendung Sucht. Sie besitzt also keine morphinantagonistische Wirkung.
Vgl. N. B. E d d y, H. Halbach und D. J. B r a e n d e n, Bull. World Health Org.,
Bd. 14, S. 374 (1946), aus dem hervorgeht, daß diese Substanz (Pethidin) in einer
Dosis von über 120 mg(kg die Wirkung von 50 mg/kg Morphinsulfat aufrechtzuerhalten
vermag.
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b)1-3-Hydroxy-N-allyl-morphinan Analgetische Wirkung: Bei dieser Verbindung
handelt es sich bekanntlich um einen ausgesprochenen
Morphinantagonisten.
Die Prüfung auf analgetische Wirkung verlief sowohl nach der Methode H a f f n e
r als auch nach der Methode der »heißen Platte« negativ.
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Morphinantagonistische Wirkung: Die antagonistische Wirkung, ermittelt
nach der vorstehend beschriebenen Methode, lieferte folgende Ergebnisse: Nach Injektion
von 10 mg/kg dieser Substanz waren 00% der Tiere analgetisch, 1 mg/kg dieser Substanz
waren 0% der Tiere analgetisch, 200 y/kg dieser Substanz waren 00% der Tiere analgetisch,
100 -y/kg dieser Substanz waren 300% der Tiere analgetisch, 30 y/kg dieser Substanz
waren 50% der Tiere analgetisch.
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In allen Dosisbereichen traten vereinzelt Manegetrieb und Straubsches
Morphinschwanzphänomen auf. Aus dem Versuchsergebnis geht hervor, daß diese Substanz
zwar eine bessere morphinantagonistische Wirkung besitzt als die erfindungsgemäßen
Verbindungen 1-Cyclopropylmethyl-4-(3'-hydroxyphenyl)-4-methoxycarbonylpiperidinhydrochlorid
und 1-Cyclopropylmethyl - 4 - (Y- hydroxyphenyl) - 4 - äthoxycarbonylpiperidinhydrochlorid.
Die analgetische Wirkung der erfindungsgemäßen Verbindungen, die sich in einigen
Fällen bereits im Tierversuch nachweisen ließ, läßt- jedoch den Schluß zu, daß es
sich hierbei um suchtfreie Analgetika handelt, also daß die neuen Verbindungen nicht
nur, wie z. B.1-3-Hydroxy-N-allylmorphinan, als Zusatz zu suchtmachenden Analgetika
dienen, sondern direkt als suchtfreie Analgetika eingesetzt werden können.