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Anordnung zur Inbetriebnahme einer Textilmaschine mit einem Induktionsmotor
Die Erfindung bezieht sich auf eine Anordnung zur Inbetriebnahme einer Textilmaschine
mit einem Induktionsmotor.
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Bei modernen Textilmaschinen ist das früher notwendige Anspinnen mit
langsamer Geschwindigkeit des Copsansatzes nicht mehr erforderlich. Man kann schon
beim Anspinnen gleich auf Spinngeschwindigkeit gehen, allerdings muß die Maschine
sanft an-und zügig hochgefahren werden. Es handelt sich hierbei jedoch nicht um
einen Sanftanlauf der Maschine im üblichen Sinn, sondern es muß im besonderen Maß
Rücksicht genommen werden auf den Läufer und den sich im Anlauf bildenden Ballon.
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Für den Vorgang der Ballonbildung muß ein stetiger Anstieg der Geschwindigkeit
mit einem Beschleunigungsgrad gefordert werden, der es gestattet, einerseits die
Läufer nicht zu rasch auf ihre Arbeitsgeschwindigkeit zu bringen, um Fadenbrüche
durch Überbeanspruchungen zu vermeiden, der aber auch verhindert, daß die Läufer
zu langsam oder gar mit dazwischenliegenden Verzögerungen beschleunigt werden, um
ein sogenanntes Überschlagen der Ballone (Schlagen nach innen) auszuschließen, da
sonst auch hierdurch Fadenbrüche auftreten.
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Mit der Spindelgeschwindigkeit steigt außerdem der Kraftbedarf, der
zusätzlich vom Anspinnen bis zu vollen Copsen linear um etwa 30 bis 50% zunimmt,
je nachdem, welches Spindelantriebssystem innerhalb der Maschinen verwendet wird.
Hinzu kommt, daß morgens, nach Stillstand während der Nacht, der Kraftbedarf um
etwa 20% höher liegt als am Abend vorher am Ende einer Schicht. In diesem Fall liegt
also der Kraftbedarf besonders hoch, wenn die Maschine abends mit fast vollen Copsen
stillgesetzt wurde und am nächsten Morgen wieder in Betrieb genommen wird.
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Entsprechend den sich ändernden Kraftbedarfsverhältnissen an einer
Maschine liegen die Drehmomente in den einzelnen Phasen des Herstellungsprozesses
und bei der Fertigung verschiedener Garnnummern und Qualitäten in weiten Grenzen
unterschiedlich.
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Zur Herabsetzung des hohen Stromstoßes beim Anlassen von Wechselstrommotoren
ist es bereits bekannt, die Primärwicklung in mehrere Wicklungsabschnitte zu unterteilen.
Beim Anlauf arbeitet der Motor mit einer Teilwicklung, zu der dann im Laufe des
Anlaufverfahrens die anderen Wicklungsabschnitte parallel geschaltet werden. Werden
die Wicklungsabschnitte der Primärwicklung als induktiv lose miteinander gekoppelte
Spulen ausgebildet, so wird hiermit erreicht, daß die Reaktanz der Primärwicklung
bei Einschaltung einer Teilwicklung erheblich höher ist als die Reaktanz der parallelgeschalteten
Wicklungsabschnitte. Das Parallelschalten der weiteren Wicklungsabschnitte kann
auch schon etwas vor Beendigung des Anlaßvorganges erfolgen, bei dem der durch die
Zuschaltung hervorgerufene Stromstoß gering ist. Mit diesem bekannten Motor soll
die Belastung des Netzes beim Anlassen von Wechselstrommotoren herabgesetzt werden.
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Ein anderer bekannter Motor weist ebenfalls eine in Teilwicklungen
unterteilte Ständerwicklung auf, um die Anlaufverhältnisse zu verbessern. Die Umschaltung
erfolgt in diesem Fall mit einer Stern-Dreiecks-Schalteinrichtung. Auch mit diesem
Motor können die Betriebsbedingungen zum Antrieb einer Textilmaschine nicht erfüllt
werden.
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Weiterhin hat man versucht, Kurzschlußläufermotoren zu verwenden und
bei ihnen mit Rücksicht auf den notwendigen Sanftanlauf ein- oder zweiphasige Vorschaltwiderstände
vorzusehen. Insbesondere ist eine Einrichtung bekannt, bei der derjenigen Phasenwicklung
der Drehstromprimärwicklung vorwiegend ohmsche Parallelwiderstände zugeordnet werden,
deren magnetische Wirkung durch die zusätzliche Wirkung des Sanftanlaufwiderstandes
während des Anlaufs am meisten vermindert ist. Die Verwendung einphasiger Vorschaltwiderstände
in Motoren bringt es mit sich, daß durch das elliptische Drehfeld der Strom in einer
Phase größer werden kann als der Nennstrom. Um mit dem Motoranzugsmoment möglichst
nahe an das Ruhemoment der Arbeitsmaschine zu kommen und um den Anlaufvorgang möglichst
lange hinzuziehen, wird der Widerstandswert bei kleinstmöglicher Motorleistung so
hoch wie möglich zu wählen sein. Dadurch kann es leicht zu einer Überlastung des
Motors kommen. Außerdem besteht die Gefahr, daß der Motor die Arbeitsmaschine gar
nicht aus dem Stillstand, insbesondere
mit vollen Copsen, anfahren
kann. Das bedeutet aber auch, daß der einmal eingestellte Widerstandswert nur für
einen bestimmten Betriebszustand der Arbeitsmaschine gilt. Das fortwährend sich
ändernde Gegenmoment der Arbeitsmaschine macht daher eine laufende Änderung des
Vorschaltwiderstandes notwendig. Derartige Anlaßschaltungen können mithin den großen
Kraftbedarfsschwankungen von 50% und mehr nicht angepaßt werden.
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Aufgabe der Erfindung ist es, eine Anordnung zur Inbetriebnahme einer
Textilmaschine mit einem Induktionsmotor vorzusehen, die den Besonderheiten des
Spinnprozesses weitgehend angepaßt ist. Erfindungsgemäß weist der Induktionsmotor
dieser Anordnung zwei voneinander getrennte Ständerwicklungen auf, von denen die
eine als Anlaufwicklung dient und so ausgelegt ist, daß der Motor die Textilmaschine
mit einem relativ hohen Anlaufmoment von etwa 110% des Motornennmomentes zum Anlauf
bringt und danach über einen Drehmomentsattel von 60% des Motornennmomentes mit
geringem Momentunterschied gegenüber der Gegenmomentkennlinie der Textilmaschine
sowie über einen Bereich mit einem Kippmoment von 180% des Motornennmomentes zügig
etwa bis zur Nenndrehzahl hochfährt, und die zweite Wicklung nach erfolgtem Hochfahren
über ein Zeitglied und eine Umschalteinrichtung parallel zur Anlaufwicklung an das
Netz schaltbar ist.
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In einer besonderen Ausbildung der Anordnung nach der Erfindung liegt
der Beginn der Sattelbildung bei etwa 25% der Nenndrehzahl.
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Der besondere Vorteil der Anordnung gemäß der Erfindung besteht darin,
daß mit ihr eine hervorragende Anpassung an die Technologie des beginnenden Spinn-
oder Zwirnprozesses erzielt wird. Sowohl bei Vollast als auch bei starker Unterlast
des Motors ist ein weicher Anlauf einwandfrei gewährleistet, da der Momentunterschied
zwischen der Gegenmomentkennlinie und der Motorkennlinie bis zur Einsattelung sehr
gering ist.
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Die bekannte Anordnung mit einphasigem Vorschaltwiderstand, bei der
zwar das Anzugsmoment so liegt, daß ein Sanftanlauf der Maschine gewährleistet ist,
hat sich aber nicht genügend wirkungsvoll bei beginnender Ballonbildung gezeigt,
weil die Momentkennlinie zu früh dem Kippmoment zustrebt. Dieser Antrieb arbeitet
gerade in jenem Augenblick des Spinnprozesses nicht weich genug.
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An Hand der Figuren wird im folgenden die Erfindung näher beschrieben:
In F i g. 1 sind die Drehmoment-Drehzahlkennlinien des Induktionsmotors für die
erfindungsgemäße Anordnung zur Inbetriebnahme einer Textilmaschine im Vergleich
zu den Kennlinien anderer Antriebe aufgetragen; F i g. 2 stellt die Schaltung für
die Anordnung zur Inbetriebnahme der Textilmaschine dar.
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In F i g. 1 ist für verschiedene Antriebe das bezogene Drehmoment
MIM"""" über der bezogenen Drehzahl n/n"e"" aufgetragen. Der Verlauf der Kurve 1,
die sich bei der erfindungsgemäßen Auslegung der Anlaufwicklung ergibt, zeigt den
günstigsten Momentenverlauf sowohl zur Gegenmomentkennlinie bei hoher Spindeldrehzahl2
als auch bei niedriger Spindeldrehzahl 3. Das relativ hohe Anzugsmoment der Kurve
1 liegt wesentlich höher als bei einem Kurzschlußläufer mit vorgeschaltetem einphasigem
Ständerwiderstand (Kurve 6) oder bei Sternschaltung eines Normalmotors (Kurve 7),
so daß der Motor auch bei Unterspannung sicher anzieht. Bei einer Gegenmomentkennlinie
2, auch mit zusätzlichem Energiebedarf nach vielstündigem Maschinenstillstand, wird
der Motor selbst bei fast vollen Copsen sicher hochgefahren. Die tiefe Einsattelung
der Kurve 1 zeigt nur geringe Momentenunterschiede gegenüber der Gegenmomentlinien
2 und 3, so daß auch bei stark unterbelastetem Motor die notwendige Weichheit bei
der Ballonbildung gewährleistet ist. Die Hochlaufzeit eines unterbelasteten Motors
liegt bei dem erfindungsgemäßen Anlaufverfahren nur wenig unter dem eines gut belasteten
Motors.
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Aus F i g. 1 ist weiterhin ersichtlich, daß die Anlaufverhältnisse
eines Antriebs mit Vorschaltwiderstand gemäß Kurve 6 bedeutend weniger wirkungsvoll
für den Sanftanlauf bei der Ballonbildung sind als die der erfindungsgemäßen Anordnung
mit einem Doppelwicklungsmotor. Dabei ist das Anzugsmoment nach Kurve 1 wesentlich
höher als das nach Kurve 6. Würde das Anzugsmoment des Antriebes mit vorgeschaltetem
Einphasenwiderstand in der Höhe der Kurve 1 angesetzt werden, so wäre der Sanftanlauf
für die Maschine im ersten Augenblick vorhanden, hätte aber keinen Einftuß mehr
auf die Ballonbildung. Das Fahren in die Nenndrehzahl geschieht dadurch, daß beide
Wicklungen nach Beendigung des Anlaufvorgangs parallel geschaltet werden. Bei diesem
Parallelschalten erfolgt der übergang von Kurve 1 auf Kurve 4, welche die Kennlinie
für die parallelgeschalteten Wicklungen darstellt. Dieses Umschalten ist mit einem
geringen Stoß (gestrichelte Linie 5) verbunden, der aber praktisch nicht einmal
bemerkbar ist und maximal eine Drehzahlerhöhung von 10 bis 20 Umdrehungen pro Minute
bewirkt.
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In F i g. 2 ist die Schaltung für die Anordnung zur Inbetriebnahme
der Textilmaschine mit einem Induktionsmotor dargestellt. über den Schalter 11 wird
die gesamte Anordnung an Spannung gelegt, also auch die Steuereinrichtungen erhalten
über den Transformator 12 Spannung. Nach Betätigen der »Ein«-Taste 13 zieht entweder
Schütz 14 oder Schütz 15 unter Schließung der Kontakte 14 a bzw. 15 a an, je nach
der Stellung des Schalters 16, d. h. je nachdem, ob Links- oder Rechtslauf des erfindungsgemäß
ausgelegten Motors 17 vorgesehen ist. Im dargestellten Beispiel wird über Schütz
15 die Anlaufwicklung des Motors an Spannung gelegt. Gleichzeitig wird der Kontakt
15a geschlossen, über den das Zeitrelais 18 Spannung erhält, welches nach
Ablauf der eingestellten Zeit, vorzugweise nach Ablauf von etwa 4 Sekunden, den
Kontakt 18 a betätigt. Dadurch zieht Schütz 19 an, d. h., die zweite Wicklung des
Motors wird parallel zu der ersten geschaltet. Der Anlaufvorgang ist beendet. Das
Zeitrelais 18 ist so eingestellt, daß nach Durchlaufen der einzelnen Punkte der
Kurve die Zuschaltung der zweiten Wicklung erfolgt. Im Motorkreis sind weiterhin
ein Strommeßgerät 20, im Steuerkreis der Ausschalter 21 sowie ein
Sicherungsschalter 22 vorgesehen.
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Es zeigt sich, daß die Bedienung dieser Anordnung so einfach ist wie
bei einem Kurzschlußläufer für Direkteinschaltung. Es wird beim Anfahren lediglich
der »Ein«-Taster 13 gedrückt. Die Maschine läuft hoch, und nach etwa 4 Sekunden
wird über das Zeitrelais 18 die zweite Wicklung zugeschaltet. Es braucht nichts
nachgestellt oder für jeweils vorliegende Verhältnisse
eingestellt
zu werden. Bei allen auf einer Maschine vorkommenden Varianten arbeitet der Motor
in der gewünschten und geschilderten Form stabil. Diese Eigenschaft muß in einem
modernen Textilbetrieb gefordert werden.
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Da hoher Strom beim Anlauf nicht stehenbleibt, wie beim Betrieb des
Doppelsternmotors mit Schleichdrehzahl, ist es auch nicht nötig, den Doppelwicklungsmotor
mit einer wärmebeständigen Isolation auszurüsten.