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Verfahren zur Herstellung von Acetoncyanhydrin Es ist bekannt, Acetoncyanhydrin
aus Aceton und Blausäure in Gegenwart alkalischer Katalysatoren herzustellen. Dazu
wird im allgemeinen dem Aceton eine wäßrige Lösung eines basischen Stoffes zugesetzt
und die flüssige Blausäure unter Kühlung eindosiert.
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Es ist ebenfalls bekannt, einen derartigen Prozeß kontinuierlich durchzuführen,
wobei meistens von einem Gemisch aus Blausäure und Aceton, welches gegebenenfalls
mit Acetoncyanhydrin verdünnt sein kann, ausgegangen wird. Diesem Gemisch wird dann
die erforderliche Menge Katalysator zugegeben und die Reaktion mittels Wärmeaustauscher
unter Kontrolle gehalten. Es ist außerdem bekannt, statt anorganischer Alkalien
basische Ionenaustauscher zu verwenden, die sich jedoch durch Quellung infolge örtlicher
Überhitzung wenig bewährt haben, so daß man nach diesem Verfahren einen hohen Acetonüberschuß
einsetzen muß.
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Es ist ferner bekannt, daß man die Acetoncyanhydrinbildung durch
Variation der Alkalimenge und der Temperatur beeinflussen kann und bei vergrößerter
Alkalimenge sowie erhöhter Temperatur die Acetoncyanhydrinbildung beschleunigt wird.
Da jedoch die Anlagerung der Blausäure stets nur bis zu einem Gleichgewicht führt,
ist es erforderlich, die Umsetzungsgeschwindigkeit nur so hoch zu wählen, daß eine
wesentliche Verringerung der Acetoncyanhydrinausbeute nicht eintritt. Bei der Verwendung
von flüssiger oder in Aceton gelöster Blausäure zur Acetoncyanhydrinherstellung
lassen sich entsprechende verfahrenstechnische Maßnahmen leicht durchführen.
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Soll jedoch gasförmige Blausäure statt flüssiger Blausäure verwendet
werden und soll insbesondere durch ein Begleitgas stark verdünnte gasförmige Blausäure
mit Aceton reagieren, so ist erforderlich, daß die eingeleitete gasförmige Blausäure
auf möglichst wirtschaftliche Weise aus dem Trägergas herausgenommen wird. Hierzu
bieten sich die Möglichkeiten an, entweder die Blausäure zu verflüssigen oder in
tiefgekühltem Cyanhydrin zu absorbieren oder aber das Blausäure enthaltende Gas
im Gegenstrom mit den anderen Reaktionsteilnehmern in Berührung zu bringen, wobei
in einer zweiten Stufe allerdings ein großer Teil nicht gebundener Blausäure zurückgewonnen
und erneut dem Prozeß zugeführt werden muß. Es ist auch ein Verfahren bekanntgeworden,
ein Gemisch aus gasförmiger Blausäure und Aceton über einen mit Alkalisalzen mehrbasischer
Säuren imprägnierten Träger zu leiten. Auch bei diesem Verfahren ist die Absorption
der Blausäure nicht quantitativ, so daß in einer anschließenden Verfahrensstufe
die nicht umgesetzten Anteile entfernt und in den Umsetzungsprozeß zurückgeführt
werden müssen.
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Derartige Verfahren, gasförmige Blausäure mit Aceton umzusetzen,
sind durch einen aufwendigen, komplizierten Verfahrensablauf gekennzeichnet. Um
die nicht umgesetzte Blausäure quantativ zurückzugewinnen, sind entweder eine Anzahl
von Wäschern notwendig oder aber umfangreiche Kälteanlagen, welche die Wirtschaftlichkeit
solcher Verfahren in Frage stellen.
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Es wurde nun gefunden, daß man Acetoncyanhydrin aus verdünnten gasförmigen
Cyanwasserstoff enthaltenden Gasen der Blausäuresynthese aus Methan und Ammoniak
herstellen kann, wenn man das Gas in flüssiges Aceton oder in eine Lösung von Aceton
in einem inerten Lösungsmittel bei einem pH-Wert von 8 bis 8,5, vorzugsweise 8,2
bis 8,4, einführt, die Umsetzung bei einer Temperatur von 0 bis 250 C, vorzugsweise
5 bis 150 C, einführt und dabei den erforderlichen pH-Wert des Reaktionsgemisches
laufend entweder durch Zusatz von Barytlauge oder gegebenenfalls eines sauren Stoffes
einhält.
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Unter diesen Bedingungen reagiert die in dem Gas enthaltene Blausäure
momentan mit dem Aceton unter Bildung des Cyanhydrins, so daß auch bei erhöhtem
Gasdurchsatz keine Blausäure durchbricht und praktisch hundertprozentige Absorption
erfolgt.
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Durch eine derartige Arbeitsweise werden komplizierte Rückgewinnungsanlagen
für durchgebrochene gasförmige Blausäure unnötig.
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Zur einwandfreien Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ist
es notwendig, daß die Zusätze zur Einhaltung des pH-Bereiches möglichst niedrig
gehalten werden. Es wird daher der pH-Verlauf während der Reaktion fortwährend überwacht,
und im Bedarfsfall, d. h., wenn der pH-Wert der Mischung nach oben oder unten aus
dem optimalen Bereich herauszuwandern beginnt, werden geringe Mengen Barytlauge
oder saurer Stoffe zugesetzt.
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Die Umsetzung wird nach dem Verfahren der Erfindung in flüssiger
Phase durchgeführt, wozu man das Gasgemisch, welches Blausäure enthält, in das vorgelegte
Aceton einleitet. Es ist jedoch ebensogut möglich, ein indifferentes organisches
Lösungs- oder Verdünnungsmittel für das Reaktionsgemisch zu - verwenden. In manchen
Fällen kann eine gewisse Menge vorgebildetes Cyanhydrin vorgelegt werden.
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Es hat sich als günstig erwiesen, bei kontinuierlicher Arbeitsweise
das vorgebildete Endprodukt nach dem Umwälzungsprinzip (Mammutpumpenprinzip) im
Kreis zu führen und die Reaktionspartner im Maße der Umsetzung hinzuzufügen. Es
ist auch zweckmäßig, bei dieser Arbeitsweise Barytlauge dem Reaktionsgemisch zur
Einhaltung des pH-Wertes kontinuierlich zuzugeben.
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Als gasförmige Blausäure wird bei dem Verfahren der Erfindung vorzugsweise
ein Gasgemisch verwendet, wie es bei der Synthese von Blausäure aus Methan und Ammoniak
entsteht und das im allgemeinen etwa 22°/o Blausäure enthält.
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Da die Reaktion von Aceton mit gasförmiger Blausäure unter Volumenverminderung
verläuft, kann es zur Unterbindung der Rückreaktion in manchen Fällen vorteilhaft
sein, die Umsetzung unter Druck vorzunehmen.
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Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens liegt darin,
daß auch ein Überschuß bei der Blausäuredosierung weder zu Verfärbungen noch zur
Labilisierung der Reaktionsprodukte führt. Das mit einer Säure in üblicher Weise
anschließend stabilisierte Acetoncyanhydrin kann entweder direkt oder nach Konzentrierung
zu Folgeprodukten in bekannter Weise weiterverarbeitet werden und läßt sich auch,
ohne Zersetzungserscheinungen zu zeigen, durch Destillation reinigen. Ein weiterer
Vorteil des vorliegenden Verfahrens ist die Verwendung von Blausäure, die unmittelbar
als verdünntes Gas, wie sie bei der Synthese anfällt, verwendet werden kann. Bedingt
durch das Herstellungsverfahren, nämlich die konsequente Verwendung nur minimaler
und gerade notwendiger Mengen an Zusatzstoffen, sind die so hergestellten Cyanhydrine
besonders haltbar und lassen sich auch in konzentrierter Form sicher lagern und
transportieren, womit der ausschließliche Verbrauch am Herstellungsort nicht mehr
notwendig wird.
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Es ist aus der deutschen Auslegeschrift 1014 094 bekannt, Carbonylverbindungen
und Blausäure in gasförmiger Form bei pH-Werten von 7 bis 9 in Gegenwart eines Trägerkatalysators
umzusetzen. Hierbei handelt es sich aber um ein System Gas-Festkörper. Aus den Beispielen
geht hervor, daß die Temperaturbeherrschung in der Katalysatormasse mit Schwierigkeiten
verbunden ist, da der untere Kolonnenteil ständig geheizt werden muß.
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Demgegenüber wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren auf einfachste
Weise in einer Mammutpumpe ohne jede zusätzliche Kühl- und Rückgewinnungsvorrichtung
die Umsetzung durchgeführt.
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Trotz des dabei verwendeten cyanwasserstoffhaltigen Synthesegases,
das bekanntlich besonders leicht zu Durchbrüchen neigt, werden befriedigende Ausbeute
erhalten. Das gewonnene Acetoncyanhydrin neigt weder zu Verfärbungen noch zu Zersetzungen.
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Es ist zwar auch bekannt, flüssige Blausäure mit Aldehyden und Ketonen
unter Aufrechterhaltung eines bestimmten pH-Wertes umzusetzen (deutsche Patentschrift
947 550), aber abgesehen davon, daß es
sich bei diesem Verfahren um die Umsetzung
mit flüssiger Blausäure und nicht mit gasförmigem Cyanwasserstoff handelt, stellen
die dort zur Aufrechterhaltung des pH-Wertes angewandten Pufferlösungen Verunreinigungen
für die gewonnenen Cyanhydrine dar und müssen aus den Produkten durch zusätzliche
Destillation entfernt werden. Dagegen erübrigt sich eine Destillation bei dem erfindungsgemäßen
Verfahren, da die Bariumionen durch den Zusatz der stabilisierenden Säure ausgefällt
werden.
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Beispiel 1 In einer Laboratoriumsumlaufapparatur (Mammutpumpe) werden
in 120 Minuten 10,808 Mol Blausäure (Synthesegas mit 22,0 Volumprozent HCN) mit
10,808 Mol Aceton unter laufendem Zusatz von Barytlauge (3,5201o) bei pH 8,2 bis
8,3 und 20"C umgesetzt. Es werden 931,0 g Rohprodukt, enthaltend 86,70 Gewichtsprozent
(= 9,484 Mol) Acetoncyanhydrin und 1,579 Gewichtsprozent (= 0,544 Mol) freie Blausäure,
erhalten. Von der durchgesetzten Blausäuremenge werden 10,028 Mol HCN, entsprechend
92,78 °/o, absorbiert, während 0,780 Mol HCN = 7,22 0/, durchbrechen. Die Ausbeute
beträgt 87,75 01o Acetoncyanhydrin und 5,03 °/0 freie Blausäure, bezogen auf eingesetztes
HCN.
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Beispiel 2 In der gleichen Apparatur werden 16,692 Mol Blausäure
und 16,692 Mol Aceton bei pH 8,3 und 3 bis 7"C in 180 Minuten umgesetzt und 1517,3
g Rohprodukt erhalten, die 85,58 Gewichtsprozent = 15,257 Mol Acetoncyanhydrin und
2,063 01o = 1,158 Mol freie Blausäure enthalten. Die absorbierte Blausäuremenge
beträgt 16,415 Mol = 98,340/0.
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Cyanhydrin-Ausbeute 91,40 0/o, freie Blausäure 6,940/o, bezogen auf
eingesetztes HCN.
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Beispiel 3 In analoger Weise werden 11,020 Mol Blausäure und 11,020
Mol Aceton bei pH 8,35 und 10°C in 120 Minuten umgesetzt. In 1017,1 g Rohprodukt
sind 85,62 Gewichtsprozent, entsprechend 10,232 Mol, Cyanhydrin und 1,934 Gewichtsprozent,
entsprechend 0,728 Mol, freie Blausäure enthalten. Es werden 10,960Mol Blausäure
absorbiert, entsprechend 99,46 °/o der eingesetzten Menge HCN; die Cyanhydrin-Ausbeute
beträgt 92,85°/o, während 6,61 0/o HCN gelöst bleiben. Nur 0,060 Mol Blausäure.
entsprechend 0,54 0in, brechen durch.