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Verfahren zur Aufarbeitung der Waschsäuren aus der Blausäuresynthese
Bei vielen Verfahren zur Erzeugung von Blausäure entstehen zunächst Gasgemische,
die neben Cyanwasserstoff noch Ammoniak enthalten. Als Beispiel hierfür seien die
Blausäuresynthesen aus Formamid bzw. aus Methan oder anderen Kohlenwasserstoffen,
Ammoniak und Sauerstoff oder aus Methan und Ammoniak unter Wärmezufuhr genannt.
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Für die Trennung von Blausäure und Ammoniak wird vielfach verdünnte
wässerige Schwefelsäure benutzt, wobei das Ammoniak als Ammonsulfat gebunden wird.
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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Aufarbeitung
von Waschsäuren, die durch die Auswaschung von Ammoniak aus Ammoniak-Cyanwasserstoff-Gasgemischen
mittels wässeriger schwefelsaurer Lösungen entstehen. Hierbei erhält man nach Beendigung
der Ammoniakabsorption- eine wässerige Lösung von Ammonsulfat, welche noch etwa
1 bis 20/o (Gewichtsprozent) Schwefelsäure enthält. In der schwefelsauren Ammonsulfatlösung
ist außerdem etwas Blausäure, je nach den Betriebsbedingungen im allgemeinen 0,2
bis 1,0 Gewichtsprozent HCN'gelöst enthalten.
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Die verbrauchte Waschsäure kann zur Gewinnung vom Ammonsulfat dienen,
was meistens nicht wirtschaftlich ist, weil die Lösungen zu verdünnt und nicht rein
genug sind. Wenn man die verbrauchte Waschsäure jedoch als Abwasser in die Flüsse
abgeben will) muß sie zunächst von ihrem Blausäuregehalt befreit werden Die Entfernung
der Hauptmenge der Blausäure aus der verbrauchten Waschsäure kann durch Austreiben
mit Dampf in einer Gegenstrom-Austauschkolonne erfolgen. Es handelt sich dabei um
eine recht aufwendige Arbeitsweise.
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Außerdem darf die in Freiheit gesetzte Blausäure wegen ihrer Giftigkeit
nicht direkt in die Luft gelangen, sondern muß entweder durch Absorption mit wässeriger
Alkalilauge in Form ihrer Salze, wie NaCH oder KCN, oder als wasserfreie 1000/oige
Blausäure wiedergewonnen werden, was ebenfalls sehr umständlichist.
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Wenn man einen unwirtschaftlich hohen Dampfverbrauch beim Austreiben
der Blausäure aus der Waschsäure vermeiden will, gelingt das Abtreiben der Blausäure
aus der verbrauchten Waschsäure nicht restlos. Bei einem wirtschaftlich tragbaren
Dampfverbrauch für das Austreiben ist mit einem Restgehalt von etwa 0,02 bis 0,04
Gewichtsprozent HCN in der verbrauchten Waschsäure zu rechnen. Auch die mit Dampf
behandelte verbrauchte Waschsäure enthält also noch zu viel Blausäure, um sie als
Abwasser abgeben zu können. Deshalb muß noch eine Entgiftung,
z. B. mit Ferrosulfat
und Natronlauge oder mit Chlor, nach an sich bekannten Verfahren erfolgen, bevor
die verbrauchte Waschsäure als Abwasser abgegeben werden darf. Die Entfernung der
Blausäure aus der verbrauchten Waschsäure ist also umständlich und mit erheblichen
Kosten verbunden.
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Es wurde gefunden, daß man diese Nachteile vermeidet, wenn man die
verbrauchte Waschsäure mit Formaldehyd oder einer Formaldehyd abgebenden Substanz
umsetzt. Der Formaldehyd kann gasförmig oder als wässerige Lösung (Formalinlösung)
angewandt werden. Nach der Reaktionsgleichung (NH4)HSO4 HCHO + 3 HCN N(CH2CN)3 +'H2SOa
+ 3H2O entsteht dabei Nitrilotriacetonitril, welches als schwerlösliche Substanz
ausfällt und leicht abfiltriert werden kann. Es ist ein wertvolles Zwischenprodukt
für die Herstellung von Netzmitteln oder Chelatbildnern.
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Die aufgearbeitete Lösung enthält eine größere Menge freie Schwefelsäure
als vor der Umsetzung, sie kann daher erneut für die Absorption von Ammoniak aus
Ammoniak und Cyanwasserstoff enthaltenden Gasgemischen eingesetzt werden. An Stelle
von Formaldehyd kann auch andere Formaldehyd abgebende Substanzen, z. B. leicht
spaltbare Formaldehydadditionsverbindungen, verwenden.
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Die Verwendung von gasförmigem Formaldehyd ist besonders vorteilhaft,
weil keine Verdünnung der Waschsäure außer durch das bei der Umsetzung entstehende
Wasser
eintritt. Die gleiche Menge Waschsäure kann in diesem Fall sehr oft wieder für den
Waschprozeß eingesetzt werden, wobei kein Eindampfen der Lösung erforderlich wird.
Erst nach starker Anreicherung von - Ameisensäure in der Waschsäure wird Sie nach
der Entgiftung als Abwasser abgegeben.
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Die Umsetzung kann bei einer beliebigen Temperatur vorgenommen werden,
bei der die Waschsäure noch flüssig ist. Vorzugsweise wird die Umsetzung bei 0 bis
700 C durchgeführt. Der Druck spielt bei der Umsetzung keine Rolle. Wesentlich ist
allein, daß er nicht so weit erniedrigt wird, daß die in der Waschsäure gelösten
Gase aus ihr entweichen. Da die Anwendung von Überdruck nicht notwendig ist, wäre
es unwirtschaftlich, die Umsetzung bei diesem Druck durchzuführen. Vorzugsweise
erfolgt die Umsetzung bei Normaldruck, d. h. bei dem gerade herrschenden Luftdruck.
Das Mengenverhältuis Formaldehyd zu Waschsäure ist abhängig von dem Blausäuregehalt
der Waschsäure. Im allgemeinen, d. h. bei einem Blausäuregehalt von 0,2 bis 1,0
Gewichtsprozent in der Waschsäure, wird man 2,2 bis 11 Gewichtsteile Formaldehyd
zu 1000 Gewichtsteilen Waschsäure verwenden. Da Formaldehyd leicht zugänglich ist,
kann man einen Überschuß an Formaldehyd verwenden, d. h. etwa 1 bis 2e/o Formaldehyd
mehr als theoretisch notwendig ist. Es ist aber besser, die Umsetzung mit der theoretisch
notwendigen Menge Formaldehyd durchzuführen. Wenn weniger Formaldehyd verwendet
wird, als theoretisch notwendig ist, verschleohtert sich allerdings der Effekt der
Aufarbeitung. Die aufgearbeitete Waschsäure enthält daher noch Blausäure und relativ
viel Ammonsulfat, so daß die Reinigungswirkung der aufgearbeiteten Waschsäure bei
ihrer erneuten Verwendung zur Abtrennung des Ammoniaks aus dem Ammoniak-Cyanwasserstoff-Gasgemisch
schlechter ist als bei der Verwendung von Formaldehyd im stöchiometrischen Verhältnis.
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Man kann die verbrauchte Waschsäure außer mit Formaldehyd zusätzlich
auch mit einer erheblich größeren Menge Blausäure zur Umsetzung bringen, als von
vornherein in der Waschsäure gelöst ist. Die Blausäure wird vorzugsweise in Form
von 95 bis 1000/oiger Blausäure angewandt. An Stelle von Blausäure können auch Salze
oder sonstige Verbindungen der Blausäure verwendet werden, jedoch nur in solcher
Menge, daß ein saures Reaktionsmedium erhalten bleibt. Auch cyanidhaltige Abfälle
können verwendet werden. Bei dieser Arbeitsweise erreicht man eine weitgehende Umsetzung
der sauren Ammonsulfatlösung, wobei eine viel freie Schwefelsäure enthaltende aufgearbeitete
Waschsäure entsteht, weiche erneut für das Auswaschen von Ammoniak aus dem Ammoniak
und Cyanwasserstoff enthaltenden Gasgemisch eingesetzt werden kann.
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Die zusätzliche Blausäuremenge richtet sich nach dem Ammonsulfatgehalt
der Waschsäure. Vorzugsweise verwendet man einen Zusatz von 40 bis 120 Gewichtsteilen
Blausäure (berechnet 100 O/o) auf 100 Gewichtsteile in der Waschsäure gelöstes Ammonsulfat.
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Selbstverständlich muß - beim Zusatz von freier Blausäure zu der verbrauchten
Waschsäure auch die für die Umsetzung verwendete Formaldehydmenge erhöht werden.
Pro 100 Gewichtsteile zusätzlich zugesetzte Blausäure (1OQO/o) müssen etwa 110 bis
112 Gewichtsteile Formaldehyd bzw. eine entsprechende
Menge einer Formaldehyd abgebenden
Substanz zu der verbrauchten Waschsäure zugesetzt werden.
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Die Umsetzung von Ammoniumbisulfat, Blausäure und Formaldehyd zu
Nitrilotriacetonitril ist bekannt (deutsche Patentschrift 694 780). Es war jedoch
überraschend, daß diese Umsetzung auch mit verbrauchter Waschsäure durchgeführt
werden kann, weil bei der.Bliausäuresynthese Nebenprodukte, z. B. Ameisensäure entstehen,
so daß erwartet werden mußte, die Umsetzung würde durch diese Nebenprodukte erheblich
gestört werden. Das Problem der Aufarbeitung verbrauchter Waschsäuren aus der Blausäuresynthese
ist seit langer Zeit bekannt, offenbar haben es aber alle Fachleute in der Vergangenheit
nicht für möglich gehalten, die verbrauchte Waschsäure nach dem erfindungsgemäßen
Verfahren aufzuarbeiten.
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Beispiel 1 45 1 einer verbrauchten Waschsäure (d20 = 1,16), welche
19,3 0/o [Gewichtsprozentj (NH4)2SO4, O,60/o HCN, 1,8 0/o H2SO4 und 2,5 0/o HCOOH
enthielt, wurden mit 1198 g 300/oigem Formaldehyd versetzt und unter gelegentlichem
Rühren in einem verbleiten Behälter in 15 Stunden auf 600 C erwärmt. Die Waschsäure
enthielt danach noch O,120/o HCN, der H2SO4-Gehalt war auf 2,1 0/o gestiegen. Nach
dem Erkalten wurde der Niederschlag abfiltriert, ausgewaschen und getrocknet. Es
wurden 402 g trockenes Nitrilotriacetonitril vom Schmelzpunkt 1270 C erhalten, was
einer Ausbeute von 75,20/0 entspricht.
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Die aufgearbeitete Waschsäure wurde erneut zum Auswaschen von Ammoniak
verwendet.
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Beispiel 2 5 1 einer Waschsäure (d2o=1,17), welche 20,20/a [Gewichtsprozent]
(NH) 2804, 0,9°/o HCN, 1,2 0/o H2SO4 und 0,7 0/o HCOOH enthielt, wurden mit 2920
g 370/oigem Formaldehyd und 982 g 99,10/oiger HCN unter Rühren in einem verbleiten
Behälter bei 15 bis 300 C versetzt und in 40 Stunden auf 500 C erwärmt. Die Lösung
enthielt nach der Reaktion noch 0,05 0/o HCN, Ider H2S-O4-Gehalt war auf 8,1 0/o
gestiegen. Nach dem Erkalten wurde der Niederschlag abfiltriert, ausgewaschen und
getrocknet. Es wurden 1340 g trockenes Nitrilotriacetonitril vom Schmelzpunkt 1270
C erhalten, die Ausbeute betrug 83,5 0/o.
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Die aufgearbeitete Waschsäure wurde erneut zum Auswaschen von Ammoniak
verwendet.