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Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus phosphorreichem Roheisen und
Schrott Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Erzeugung von Stahl aus phosphorreichem
Roheisen und Schrott, wobei das phosphorreiche Roheisen in einem Frischgefäß vorgefrischt
und das Vormetall unter der Schlacke abgestochen und im Herdofen fertiggefrischt
wird.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine wirtschaftliche Verarbeitung
von phosphorreichem Roheisen, das bislang normalerweise nur nach dem Thomasverfahren
verarbeitet wird, im Herdofen zu ermöglichen. Die Lösung dieser Aufgabe gewinnt
im Augenblick deshalb an Bedeutung, weil die Wirtschaftlichkeit des Thomasverfahrens
der die Entstaubung der Abgase betreffenden Auflagen wegen in Frage gestellt wird.
Mit der Lösung der gestellten Aufgabe würde sich des weiteren auch bei dem Einsatz
von Stahleisen die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Steigerung der Durchsatzleistung
im Herdofen ergeben, was im Hinblick auf die Konkurrenzfähigkeit der herkömmlichen
Stahlerzeugungsverfahren im Herdofen gegenüber neu entwickelten Stahlerzeugungsverfahren
von Interesse ist.
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Der Einsatz von schmelzflüssigem Roheisen in den Siemens-Martin-Ofen
ist praktisch ein Kennzeichen des Siemens-Martin-Verfahrens. In der Regel wird allerdings
flüssiges Stahleisen eingesetzt, da die Entphosphorung von Roheisen mit höheren
Phosphorgehalten im Siemens-Martin-Ofen auf Schwierigkeiten stößt. Es hat trotzdem
von Anfang an nicht an Versuchen gefehlt, auch Roheisen mit einem höheren Phosphorgehalt
im Siemens-Martin-Ofen zu verarbeiten. Gekennzeichnet ist die Entwicklung unter
anderem durch das Bertrand-Thiel-Verfahren, das Hoesch-Verfahren, das Witkowitzer
Duplex-Verfahren und das Talbot-Verfahren. Die Arbeitsweise dieser Verfahren und
ihre Nachteile sind bekannt. Unter anderem wurde dabei Schlacke von dem Vormetall
abgezogen, beispielsweise beim Witkowitzer Duplex-Verfahren und bei den anderen
Verfahren, soweit Kippöfen zur Verfügung standen. Auf diese Weise ist jedoch eine
saubere Trennung zwischen Vormetall und Schlacke nicht möglich. Entweder wird in
Kauf genommen, daß ein Rest Schlacke auf dem Vormetall verbleibt, die sodann in
unerwünschter Weise zu einer Rückphosphorung führt, oder es wird vollständig abgeschlackt,
womit dann aber beachtliche Eisenverluste verbunden sind. Ansonsten wurde in üblicher
Weise aus dem feststehenden Siemens-Martin-Ofen abgestochen. Dabei läuft natürlich
zunächst Vormetall unter der Schlacke ab, sehr bald aber wird bereits Schlacke mitgerissen,
und gegen Ende des Abstiches laufen Vormetall und Schlacke gemeinsam. Die Trennung
von Vormetall und Schlacke erfolgt dabei nach inniger Durchmischung in der Abstichpfanne
auf Grund des verschiedenen spezifischen Gewichtes. Die Schlacke läuft über; soweit
sie nicht überläuft, wird sie abgekippt. Damit sind einerseits eine starke Rückphosphorung
und andererseits hohe Eisenverluste verbunden. Für die Elektrostahlerzeugung unter
Verwendung schmelzflüssigen Roheisens gilt Entsprechendes. Man hat auch schon phosphorreiches
Roheisen im Thomaskonverter vorgefrischt und das anfallende Vormetall in Herdöfen
eingesetzt.
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Da jedoch vor .der vollständigen Entphosphorung im Thomaskonverter
der gesamte Kohlenstoff abbrennt, die in dem Herdofen befindliche Schmelze aber
mindestens 1 bis 2% Kohlenstoff aufweisen muß, um das Kochen des Bades zu gewährleisten,
können nur geringe Mengen solchen Vormetalls zusätzlich zu Stahleisen eingesetzt
werden, es sei denn, das Vormetall wird vor seinem Einsatz in dem Herdofen wieder
aufgekohlt. Es ist überdies bereits vorgeschlagen worden, in besonderen Vorfrischgefäßen
Vormetall aus Roheisen zu erzeugen. Dabei werden durch über eine Tauchlanze in das
Roheisenbad eingeführten Sauerstoff und gegebenenfalls Kalkstaub Silizium, Mangan
und Phosphor aus dem Roheisen weitgehend herausgefrischt; es verbleiben in .dem
Vormetall jedoch bis zu 2% Kohlenstoff. Nach dem Abschlacken wird dieses Vormetall
in üblicher Weise in einem Herdofen eingesetzt und zusammen mit dem eingeschmolzenen
Schrott fertiggefrischt.
Das zuletzt beschriebene Verfahren führt
zwar zu einem Vormetall, das den zum Kochen erforderlichen Kohlenstoff enthält,
weist jedoch den Nachteil auf, daß starke Eisenverluste durch hohe Granaliengehalte
in der Schlacke auftreten, was daher rührt, daß das Vormetall au_ f Grund des hohen
Kohlenstoffgehaltes noch kocht, während bereits abgeschlackt wird. Zwar kann man
das. metallische Eisen aus der Schlacke weitgehend : z.-B. durch Magnetscheidung
zurückgewinnen, die Rückgewinnung erfordert jedoch hohe Aufbereitungskästen. Das
aus der Schlacke gewonnene Eisen muß erneut eingeschmolzen werden.
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Will man in großtechnischem Umfang phosphorreiches Roheisen' im Herdofen
verarbeiten, so muß ein Weg gefunden werden, der einerseits zu einem Vormetall führt,
das ohne weiteres, eingesetzt werden kann, der `andererseits aber auch unerwünschte
Eisenverluste -in der Vorfrischschlacke vermeidet.
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Der Erfindung gemäß wird nunmehr ein Verfahren zur Erzeugung von Stahl
aus phosphorreinem Roheisen vorgeschlagen, wobei das phosphorreiche Roheisen in
einem Frischgefäß zu einem Vormetall mit niedrigem Phosphorgehalt vorgefrischt und
das Vormetall unter der Schlacke abgestochen und im Herdofen mit eingeschmolzenem
-Schrott fertiggefrischt wird, das dadurch gekennzeichnet ist, daß das phosphorreiche
Roheisen im Abstichtiegel zu einem Vormetall mit 0,8 bis 2,5% Kohlenstoff, maximal
0,3% Mangan, 0,1 bis 0,4% Phosphor, Rest Eisen, nebst den üblichen Eisenbegleitern
vorgefrischt wird.
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Dadurch, daß das Roheisen im Abstichtiegel vorgefrischt und das vorgefrischte
Roheisen unter der Schlacke abgestochen wird, wobei die Hauptmenge der Schlacke
nach der dem Vormetallabstich gegenüberliegenden Seite hin abgekippt und das Vormetall
sodann unter der Restschlacke abgestochen wird, werden unerwünschte hohe Eisenverluste
vermieden. Das Verfahren gemäß der Erfindung verbessert somit in vorteilhafter Weise
die Möglichkeit, ausgehend von schmelzflüssigem Roheisen im Herdofen wirtschaftlich
Stahl herzustellen. Es vermeidet einerseits ein überfrischen des Roheisens, zum
anderen die hohen Eisenverluste in der Vorfrischschlacke. Die Möglichkeit, ausgehend
von phosphorreichem Roheisen im Herdofen Stahl herzustellen, gestattet es, sich
von dem Thomasverfahren zu lösen, ohne beispielsweise auf ein reines Sauerstoff-Aufblas-Verfahren
ausweichen zu müssen. Letzteres ist insbesondere deshalb von Interesse, weil, wie
inzwischen bekanntgeworden ist, auch die Sauerstoff-Aufblas-Verfahren beim Verarbeiten
von phosphorreichem Roheisen ein sehr schlechtes Ausbringen haben. Bei der Verarbeitung
von phosphorreichem Roheisen nach diesen Verfahren ist nämlich mindestens eine Zwischenabschlackung
bei einem Kohlenstoffgehalt im Bad von etwa 1% erforderlich. In der Schlacke ist
wegen des auf Grund des Kohlenstoffgehalts noch kochenden Bades eine erhebliche
Menge metallischen Eisens in Form von Granalien enthalten. Das Eisen in der Schlacke
sowie das bei dem unbedingt erforderlich sauberen Abschlacken der hochphosphorsäurehaltigen
Schlacke mitlaufende Eisen verringert das Ausbringen erheblich. Das notwendigerweise
sorgfältige Abschlacken führt überdies zu unerwünschten Temperätur- und Zeitverlusten.
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Für die Erzeugung von Stahl im Herdofen, insbesondere im Siemens-Martin-Ofen,
erweist sich das vorgeschlagene Verfahren überdies deshalb als vorteilhaft, weil
einerseits billiger Einsatz verwendet werden kann (phosphorreiche Röheisenerze Lind
där= aus erschmolzenes Roheisen sind billiger als phosphorarme Eisenerze und daraus
erschmolzenes Stahleisen) und weil zum anderen beim Vorfrischen eine der Thomasschlacke
entsprechende Schlacke anfällt, die wiederum gut verkäuflich ist. Gegenüber den
üblichen Stahleisen-Schrott-Verfahren kann bei dem vorgeschlagenen Verfahren außerdem
auch noch mit einem größeren Einsatz gefahren werden, da beim Fertigfrischen eine
geringere Schlackenmenge anfällt. Gegenüber dem Thomasverfahren zeichnet sich das
vorgeschlagene Verfahren, abgesehen von der Vermeidung der Staubentwicklung, auch
noch dadurch aus, daß mit noch höheren Phosphorgehalten, nämlich mit Gehalten bis
3 % Phosphor gearbeitet werden kann, was wiederum einerseits. die Hochofenführung
erleichtert und zum anderen zu einer noch phosphorreicheren Vorfrischschlacke führt.
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Durchgeführt wird das Vorfrischen des Roheisens zweckmäßigerweise
im Tiegel nach einem an sich bekannten Sauerstoff-Aufblas-Verfahren, gegebenenfalls
einem Kalkpulver-Sauerstoff-Aufblas-Verfahren, wobei der Frischvorgang jedoch abgebrochen
wird, sobald die für den schmelzflüssigen Herdofen-Einsatz gewünschte Analyse erreicht
ist. Das ist in der Regel vor dem sonst erforderlichen ersten Schlackenwechsel der
Fall.