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Verfahren zur Herstellung von Eisen und Stahl im basischen Siemens-Martin-Ofen
ohne Zugabe besonderer Desoxydationsmittel Die bekannten Schmelzverfahren zur Herstellung
von schmiedbarem Stahl im Siemens-Martin-Ofen sind dadurch gekennzeichnet, daß im
Ofen ein starker Oxydationsvorgang bewirkt wird. Der Oxydationsvorgang wird in vielen
Fällen noch dadurch beschleunigt, daß dem Schmelzgut in Form von Erz zusätzlicher
Sauerstoff hinzugefügt wird. Die oxydierende Wirkung des in den Feuergasen und im
Einsatz enthaltenen Sauerstoffes ist bei den bekannten Verfahren derart stark, daß
nicht nur die unerwünschten Begleitelemente des Eisens (C, P; S, Si) oxydiert werden,
sondern daß darüber hinaus auch das für die Stahlqualität nützliche Mangan sowie
das Eisen selbst oxydiert wird und teils in die Schlacke übergeht, teils im Stahlbad
als Oxydul gelöst bleibt. Vor allem der letztere Umstand hat zur Folge, daß die
Eigenschaften des Stahles durch die in ihm enthaltenen großen Mengen von Eisenoxydul
so verschlechtert werden, daß Proben, die während des Schmelzprozesses entnommen
werden, rotbrüchig sind und eine geringe Zähigkeit besitzen. Um den Stahl wieder
schmiedbar zu machen, ist man gezwungen, ihn durch bestimmte Elemente am Schluß
des Schmelzprozesses zu desoxydieren. Bei der Desoxydation wird meist Mangan in
Form von Ferromangan verwandt, während andere Elemente vorwiegend nur dann zugegeben
werden, wenn besondere Bedingungen an die Stahlqualität gestellt werden. Da der
größte Teil des im Einsatz befindlichen Mangans durch Verbrennung verlorenging,
war man genötigt, die Schmiedbarkeit des Stahles unter Aufwendung beträchtlicher
Kosten und Zeitverluste wieder herzustellen.
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Wenn auch die Zähigkeit und V erformbarkeit des Eisens in der Wärme
durch die Desoxydation verbessert wurde, so hatte dieser Vorgang jedoch auch noch
erhebliche Nachteile zur Folge, die vor allen Dingen darin bestanden, daß die sich
bildenden Desoxydationsprodukte in der kurzen bis zur Beendigung des Gießens zur
Verfügung stehenden Zeit nicht restlos in die Schlacke übergehen konnten, sondern
zum Teil als Einschlüsse im Stahl verblieben und in dem fertigen Walzprodukt zu
häufigen Anständen führten.
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Erst in -neuerer Zeit sind Verfahren bekanntgeworden, diese letzteren
Schwierigkeiten dadurch zu umgehen, daß während des letzten Teiles der Schmelzführung
die Temperatur erhöht wird, wodurch eine Reduktion des Mangans aus der Schlacke
bewirkt wird und die nachträgliche Zugabe von Desoxydationsmitteln sich erübrigen
soll. Es ist auch schon vorgeschlagen worden, den für die Schmelzung erforderlichen
Kalk schon gleich mit dem Einsatz aufzugeben und durch Arbeiten mit einer schwach
basischen Schlacke
eine Manganreduktion zu bewirken. Dadurch wurde
ein ausgeprägter Manganbuckel erreicht; die Zugabe von Desoxydationsmitteln konnte
aber nicht vermieden werden, da die Manganmenge im Stahl im Verlaufe derKochperiodewieder
zurückging.
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Das Verfahren nach der Erfindung unterscheidet sich von den bekannten
.Verfahren dadurch, daß im basischen Siemens-Martin-Ofen ohne eine besondere Temperatursteigerung,
allein durch eine bestimmte Behandlung der Schlacke die Oxydationswirkung auf das
Bad derart herabgesetzt wird, daß nach Bildung der Schlackendecke keine Verbrennung
des Mangans mehr stattfindet, sondern im Gegenteil beim Einschmelzen oxydiertes
Mangan aus der Schlacke wieder reduziert wird.
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Es wird erfindungsgemäß zunächst in der bisher allgemein üblichen
Weise vorgegangen. Der Einsatz wird, wie im Roheisenschrott-oder Roheisenerzverfahren
üblich, unter Beachtung der gewünschten Endzahlen für Mangan, Kohle usw. zugestellt
und gleich mit einer so großen Kalkmenge eingesetzt, wie sie für den ganzen Prozeß
erforderlich ist. Es wird dann in üblicher Weise niedergeschmolzen, wobei sich infolge
des reichlichen Kalkeinsatzes eine basische Schlacke bildet.
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Ist der Schmelzprozeß weit genug fortgeschritten, daß der zumeist
stückig eingesetzte Kalk an die Oberfläche treibt, also nach dem Niederschmelzen
der Beschickung, so wird dem Bade Kieselsäure in Form von Sand, feuerfestem Material,
Glas o. dgl. in solcher Menge zugesetzt, daß das Mangan des Eisenbades festgehalten
und das in die Schlacke übergegangene Mangan zugleich mit dem Eisen gleichmäßig
steigend reduziert wird. Bei diesem Ansäuern der Schlacke findet ein beachtlicher
Rücktritt von Schwefel und Phosphor aus der Schlacke in das Bad nicht statt. Durch
das neue Verfahren wird so viel Mangan reduziert, daß sich eine spätere Zugabe von
Ferromangan erübrigt.. Unter Ansäuern der Schlacke ist dabei nicht eine Überführung
der Schlacke in den sauren Zustand, sondern eine solche nach dem Gleichgewicht zwischen
basisch und sauer hin zu verstehen.
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Eine weitere Auswirkung der Ansäuerung der ursprünglich basischen
Schlacke durch reichliche Zugabe von Sand o. dgl. liegt in dem erhöhten Ausbringen
an Stahl, weil weniger Eisen oxydiert wird.
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Da nach dein Ansäuern der Schlacke bei dem neuen Verfahren jede Oxydation
des Mangans vermieden wird, so wird auch die Gefahr von Einschlüssen im fertigen
Stahl in Form von Mangansilicaten unterbunden. Der schädigende Einfluß derartiger
Einschlüsse auf die physikalischen Eigenschaften des Stahls ist genügend bekannt
und. unterstreicht die Vorteile, die das neue Verfahren bietet.
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Ein weiterer Vorteil des neuen Verfahrens ist darin zu erblicken,
daß die durch Zugabe von großen Mengen Sand @ o. dgl. dünnflüssig gemachte Schlacke
alle Reaktionen zwischen Bad und Schlacke mit gewünschter Schnelligkeit abspielen
läßt, so daß ein verteuernder Zusatz von Flußspat oder ähnlichen Stoffen überflüssig
wird. Die Wirkung der richtigen Ansäuerung der Schlacke ist daran zu erkennen, daß
Proben, die nach dem Ansäuern entnommen werden, einen weit höheren Mangangehalt
aufweisen, als es bei anderen Verfahren mit gleichem Manganeinsatz der Fall ist,
und daß man es in der Hand hat, durch Änderung der Schlackenzusammensetzung den
Mangangehalt entweder auf gleicher Höhe zu halten oder sogar zu steigern, indem
das beim Einschmelzen in die Schlacke gegangene Mangan wieder reduziert wird. Ein
Kennzeichen des richtig ausgeführten Verfahrens ist ferner, daß in jedem Stadium
des Prozesses nach Ansäuern aus dem Ofen entnommene Proben sich schmieden lassen
und keine Rotbrüchigkeit zeigen.
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Es sei vor allem darauf hingewiesen, daß durch den Fortfall der Zugabe
von Desoxydationsmitteln und durch die wesentlich kürzere Schmelzdauer außerordentlich
große wirtschaftliche Vorteile erzielt «,erden. Auf die verkürzte Schmelzdauer ist
es auch zurückzuführen, daß ein ganz wesentlich geringerer Abbrand an Eisen eintritt.
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Ein weiterhin zu erwähnender Vorteil ist die Tatsache, daß das Verfahren
es gestattet, mit sehr geringen Schlackenmengen zu arbeiten, wodurch die Schmelzdauer
ebenfalls verkürzt wird.
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Die Arbeitsweise nach der Erfindung geht aus nachfolgendem Beispiel
hervor: Das Verfahren wurde in einem Siemens-Martin-Ofen normaler Bauart mit rd.
65 t Fassungsvermögen ausgeführt. Es stand ein Mischgas von 2zoo bis 22oo Wärmeeinheiten
zur Verfügung. Der Einsatz bestand aus
2o ooo kg Stahleisen, |
600 - 'Schrott, |
2 ooo - Gießabfälle, |
2400 - Kalk. |
Die Durchschnittsanalysen waren folgende: Stahleisen rund 3 °/o Mn, - 10/. si,
Schrottanalysen C :4Zn si |
0,13 0,43 0,21 |
o,16 o,92 0,40 |
0,13 0,50 - |
Einsatz Beginn io Uhr. |
Verlauf der Schmelzung |
Zeit Sand C Mn P S |
Iig |
1620 400 |
1620 0,70 0,57 |
1635 0,82 0,54 |
1650 0,81 0,54 o,o26 o,o28 |
1700 100 |
17o5 0,74 0,50 |
1715 100 |
1720 o,61 0,50 |
1730 400 |
1735' 0,49 o,63 |
1750 0,36 o,68 |
1755 200 |
18e5 0,27 0,78 |
1811 100 |
' 1820 o,19 o,85 |
1835 Abstich, T = cN:, 149o° C |
Pfanne 500 kg 45 °/oiges Ferrosilicium. |
Infolge einer notwendigen, unvorhergesehenen Reparatur des linken Ofenkopfes des
Ofens verlief die hTn-Kurve am Anfang nicht, wie üblich, sofort ansteigend, da der
Einsatz auf der linken Herdseite nicht genügend schnell aufschmolz, daher auch der
Anstieg der C-Kurve von Probe i zu Probe 2.