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Spritzguß- und Extrudiermassen aus thermoplastischen Polycarbonaten
Es ist bekannt, hochmolekulare thermoplastische Polycarbonate, vorzugsweise solche
auf Basis aromatischer Dihydroxyverbindungen, insbesondere Bisphenylolalkane, -äther,
-sulfide, -sulfone und -sulfoxyde, durch Extrudieren ihrer Schmelze thermoplastisch
zu geformten Gebilden zu verarbeiten. Zum Unterschied zu anderen thermoplastischen
Kunststoffen, z. B. Polyamiden, zeichnen sich die Schmelzen der hochmolekularen
Polycarbonate durch einen breiten Temperaturbereich aus, innerhalb dessen die Schmelzen
eine vergleichsweise hohe Viskosität besitzen, wodurch die Herstellung geformter
Gebilde durch thermoplastisches Verarbeiten in vielen Fällen begünstigt wird. Gleichwohl
ist es überraschenderweise z. B. kaum möglich, aus Polycarbonaten größere Hohlkörper
zu fertigen, da die Schmelzstränge bzw.
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Schmelzschläuche keine genügende Standfestigkeit besitzen und bereits
nach kurzem Abstand von der Düse wegsacken.
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Gegenstand der Erfindung sind Spritzguß- und Extrudiermassen, die
ein Gemisch darstellen aus verschiedenen, hochmolekularen, thermoplastischen Polycarbonaten
aus aromatischen Dihydroxyverbindungen, wobei die Massen entweder Mischungen sind
aus verschiedenen, aber einheitlich aufgebauten Polycarbonaten oder Mischungen aus
einheitlich aufgebauten Polycarbonaten und Mischpolycarbonaten oder auch Mischungen
aus verschiedenen Mischpolycarbonaten. Die erfindungsgemäßen Massen sind dadurch
gekennzeichnet, daß sie mindestens ein Polycarbonat mit Resten ß-alkenylsubstituierter
aromatischer Hydroxyverbindungen enthalten und so zusammengesetzt sind, daß ihr
Gesamtgehalt an diesen Resten höchstens 10 Molprozent, bezogen auf ihren Gesamtgehalt
an Resten von Dihydroxyverbindungen, beträgt.
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Hochmolekulare Polycarbonate auf Basis aromatischer Dihydroxyverbindungen
mit Resten ß-alkenylsubstituierter aromatischer Dihydroxyverbindungen sind bekannt,
so z. B. aus der belgischen Patentschrift 554 222. Der Gehalt der dort im einzelnen
beschriebenen Polycarbonate an Resten derartig substituierter aromatischer Dihydroxyverbindungen
macht jedoch wesentlich mehr als 10 Molprozent der Reste aller Dihydroxyverbindungen
aus, so daß sie vorzugsweise dazu geeignet sind, zu unlöslichen und unschmelzbaren
Produkten homopolymerisiert oder zusammen mit monomeren Vinylverbindungen mischpolymerisiert
zu werden.
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Mischpolycarbonate oder Polycarbonatmischungen mit einem Gehalt an
Resten ß-alkenylsubstituierter aromatischer Dihydroxyverbindungen mit nur bis zu
10
Molprozent, wie sie erfindungsgemäß zur Herstellung geformter Gebilde verwendet
werden sollen, bleiben hingegen auch bei längerem Erhitzen thermoplastisch, so daß
sie, wie die herkömmlichen thermoplastischen Polycarbonate, die frei von derartigen
ungesättigten Gruppen sind, über die Schmelze zu Gebilden aller Art verformt werden
können.
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Ihre Schmelzen besitzen die vorteilhafte und überraschende Eigenschaft,
daß sie bei - im Vergleich zu herkömmlichen Polycarbonatschmelzen - praktisch unveränderter
Ausfiußgeschwindigkeit aus der Düse unter gleichem Extrusionsdruck ein bemerkenswert
höheres Standvermögen besitzen, wodurch die Herstellung von Gebilden, wie Folien,
Platten, profilierten Stangen und Bändern und namentlich Schläuchen bzw. Rohren
und Blaskörpern daraus, erheblich erleichtert wird. Außerdem wird das Verarbeiten
dieser Mischpolycarbonate bzw. Polycarbonatmischungen über die Schmelze durch einen
geringen Feuchtigkeitsgehalt der Produkte weit weniger beeinflußt als bei herkömmlichen
Polycarbonaten, so daß es gegebenenfalls nicht erforderlich ist, das Polycarbonatgranulat
vor dem Aufschmelzen scharf zu trocknen.
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Auch die nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten Gebilde
zeichnen sich als solche durch einige bemerkenswerte vorteilhafte Eigenschaften
aus,
so z. B. durch eine verringerte Angreifbarkeit durch Lösungsmittel,
eine erhöhte Wärmestandfestigkeit, einen höheren Widerstand gegen Spannungskorrosion,
eine erhöhte Steifigkeit und Abriebfestigkeit und geringere Brennbarkeit.
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Für den Aufbau der erfindungsgemäß zu verwendenden Polycarbonate
kommen außer den üblichen aromatischen und gegebenenfalls auch aliphatischen und
cycloaliphatischen Dihydroxyverbindungen, wie Hydrochinon, Resorcin, Brenzkatechin,
den Dihydroxydiphenylen, den Dihydroxynaphthalinen, den Bisphenylolalkanen, -äthern,
-sulfiden, -sulfoxyden und -sulfonen, Äthylenglykol, Diäthylenglykol, Triäthylenglykol,
Polyäthylenglykol, Thiodiglykol, Äthylendithiodiglykol, Propandiol-1,2, Propandiol-1,3,
Butandiol-1,3, Butandiol-1,4, 2-Methylpropandiol-1,3, Pentandiol-1,5, Hexandiol-1,6,
Octandiol-1,8, 2-Äthylhexandiol-1,3, Dekandiol-1,10, Chinit, Cyclohexandiol-1,2,
o-, m- und p-Xylylinglykol, 2,2-Bis-(4-hydroxylcyclohexyl)-propan, Bis-(4-hydroxylcyclohexyl)-methan
und 2,6-Dihydroxydekahydronaphthalin, als Mischkomponenten Mono- oder Diallylhydrochinon,
3-Mono- oder3,3'-Diallyl-4,4'-dihydroxydiphenyl, insbesondere aber die 3-Mono- oder
3,3'-Diallylverbindungen der Bis-(4-diphenylol)-alkane, wie des Bis-(4-diphenylol)-methans,
-äthans, -propans, -butans, -pentans oder -cyclohexans, -äther, -sulfide, -sulfoxyde
und -sulfone sowie die entsprechenden Mono- und Dimethallylverbindungen in Frage.
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Die Herstellung der-Mischpolycarbonate kann-in bekannter Weise durch
Umsetzung der Gemische der Dihydroxyverbindungen mit z. B. Phosgen oder einem Bischlorkohlensäureester
einer solchen Dihydroxyverbindung, zweckmäßig in wäßrig-alkalischer Lösung unter
Zusatz eines das Polycarbonat Iösenden organischen Lösungsmittels und eines Beschleunigers,
oder durch Umestern aliphatischer bzw. vorzugsweise aromatischer Diester der Kohlensäure
bzw. von
Bisalkyl-, -cycloalkyl- oder -arylcarbonaten organischer Dihydroxyverbindungen
mit etwa äquivalenten Mengen von Dihydroxyverbindungen der obenerwähnten Art bei
erhöhten Temperaturen, vorzugsweise unter Zusatz von Umesterungskatalysatoren, erfolgen.
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Die Polycarbonatmischungen kann man durch Zusammenschmelzen der verschiedenen
Polycarbonate herstellen.
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Beispiel 1 Dieses Beispiel zeigt, daß sich die Schmelzviskosität
durch einen Gehalt von 1 bis 2 Molprozent an Resten von Diallyl-bisphenol A in einem
Polycarbonatgemisch praktisch nicht erhöht, während die Standfestigkeit der Schmelze
dadurch zunimmt. Außerdem geht aus dem Beispiel hervor, daß die relative Viskosität
des Gemisches im fertigen Prüfkörper gegenüber derjenigen des Ausgangsgranulats
mit steigendem Gehalt an Resten von Diallyl-bisphenol A zunimmt und die Spannungskorrosion
gegenüber einem Polycarbonat aus Bisphenol vermindert wird.
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Ein Granulat eines Polycarbonats aus Bisphenol A mit der relativen
Viskosität 1,315, gemessen an einer 0,5°/Oigen Methylenchloridlösung bei 25°C, wird
als solches (Versuch a) sowie im Gemisch mit einer solchen Menge (1,2 t 0,2 Gewichtsteile
bzw. 1,0 + 0,2 Gewichtsteile) eines Granulats eines Mischpolycarbonats aus 93 Molprozent
Bisphenol A und 7 Molprozent Diallyl-bisphenol A (relative Viskosität 1,305), daß
das Gemisch 1 Molprozent (Versuchb) bzw.
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2 Molprozent (Versuch c) Diallyl-bisphenol-A-Reste enthält, über eine
Schneckenpresse (Heizzonen: 265, 265, 280 und 225"C, 25 U/m) aufgeschmolzen, homogenisiert
und zu einer Borste verarbeitet, diese granuliert und die Zwischengranulate zu Prüfkörpern
verspritzt. Die Ergebnisse sind in folgender Tabelle zusammengestellt:
Versuch |
a b I c c |
Gehalt an Diallyl-bisphenol-A-Resten, Molprozent ..........
0 1 2 |
Schmelzviskosität bei 280O C, Poise .................. ....
41 000 42 000 42 000 |
Einschnürung des Extruderstranges nach Verlassen der Düse, |
Sekunden ............................................ | 35
| 60 | 80 |
Gewicht von 50-cm-Strang, g 41 45 59 |
Relative Viskosität des Zwischengranulats ............... 1,319
1,317 1,325 |
Relative Viskosität des Prüfkörpers .................... 1,308
1,314 1,334 |
Spannungskorrosion DIN-Normflachstab (schmal: 4 10 |
120 mm) auf zwei drehbare Büchsen vom Abstand 90 mm |
aufgelegt und im Mittelpunkt mit 4750 g belastet und mit |
Gemisch von m-Xylol und n-Propanol im Gewichtsverhältnis |
35:65 betropft (Wert in Sekunden) ....................... 104
122 128 |
Beispiel 2 Dieses Beispiel zeigt die geringere Empfindlichkeit von Diallyl-bisphenol-A-Reste
(0,5 Molprozent [Versuch b] und 2 Molprozent [Versuch c]) enthaltenden Polycarbonatgemischen
gegenüber Feuchtigkeit im Vergleich zu einem Bisphenol-A-Polycarbonat (Ver-
such
a). Das Gemisch für Versuch b wurde aus 3 Gewichtsteilen des Polycarbonats gemäß
Versuch a (relative Viskosität 1,320) und einem Gewichtsteil eines aus 98 Molprozent
Bisphenol A und 2 Molprozent Diallyl-bisphenol A (relative Viskosität des letzteren
1,320) und das Gemisch für Versuch c aus 4 Gewichtsteilen des Polycarbonats gemäß
Versuch a
und 1 Gewichtsteil eines aus 90 Molprozent Bisphenol A
und 10 Molprozent Diallyl-bisphenol A hergestellten Mischpolycarbonats (relative
Viskosität 1,315) erhalten. Das trockene Zwischengranulat wurde 16 Stunden bei 120°C
im Vakuum getrocknet. Das feuchte Zwischengranulat wurde 24 Stunden bei Raumtemperatur
bei 60°/o relativer Feuchtigkeit gelagert.
Versuch |
a Zu b T c |
Gehalt an Diallyl-bisphenol-A-Resten, Molprozent .........
0,0 0,5 2,0 |
Extruderverarbeitung (trockenes Produkt) |
Einschnürung des Schmelzstranges nach Verlassen der Düse |
Sekunden 30 31 38 |
cm ......... ....................................... 23 23
30 |
Gewicht eines 50 cm langen Schmelzstranges, g ............
46 47 61 |
Wasseraufnahme des feucht gelagerten Granulats, Gewichts- |
prozent .............................................. | 0,14
| 0,14 | 0,10 |
Relative Viskosität des Zwischengranulats .................
1,312 1 1,317 1,325 |
Relative Viskosität des Prüfkörpers aus trockenem Zwischen- |
granulat ........................................ 1,299 1,302
1,319 |
Relative Viskosität des Prüfkörpers aus feuchtem Zwischen- |
granulat ............................................. | 1,222
| 1,247 | 1,291 |
Beispiel 3 In diesem Beispiel werden wiederum das Verhalten und die Eigenschaften
eines Bisphenol-A-Polycarbonats (Versuch a) mit einem Gemisch aus dem gleichen Bisphenol-A-Polycarbonat
und einem Mischpolycarbonat aus 93 Molprozent Bisphenol A und 7 Molprozent Diallyl-bisphenol
A (Versuch b) verglichen.
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Das Bisphenol-A-Polycarbonat hat die relative Viskosität 1,301 und
das Mischpolycarbonat die relative
Viskosität 1,305. Für Versuch b werden 1,1Gewichtsteile
Bisphenol-A-Polycarbonat mit 0,3 Gewichtsteilen Mischpolycarbonat miteinander verschmolzen,
so daß eine Mischung mit einem Gehalt von 1,5 Molprozent an Diallyl-bisphenol-A-Resten
erhalten wird. Ein Teil des Zwischengranulats von Versuch b wird außerdem noch einmal
aufgeschmolzen und daraus ein zweites Zwischengranulat und aus diesem ein Prüfkörper
hergestellt (Versuch c).
Versuch |
a | b [ c |
Gehalt an Diallyl-bisphenol A, Molprozent ............... 0,0
1,5 1,5 |
Einschnürung des Extruderstranges nach Verlassen der Düse |
Sekunden ........................................ 19 30 27 |
cm ....................................... 22 35 35 |
Gewicht von 50-cm-Strang, g .................. ......... 25
36 31 |
Biegefestigkeit |
kg/cm2 .............. ............. 1108 1113 1113 |
Winkel ° 85 85 85 |
Spannungskorrosion (s. Beispiel 1), Sekunden ...............
| 65 | 68 | 71 |
Relative Viskosität des Zwischengranulats .................
1,299 1,307 1,305 |
Relative Viskosität des Prüfkörpers .......................
1,290 1,304 1,300 |
Beispiel 4 Bei diesem Beispiel wird von einem Bisphenol-A-Polycarbonat mit einer
höheren relativen Viskosität, nämlich 1,509, ausgegangen (Versuch a). 1,2 Gewichtsteile
desselben wurden mit 0,2 Gewichtsteilen eines
Mischpolycarbonats aus 93 Molprozent
Bisphenol A und 7 Molprozent Diallyl-bisphenol A mit der relativen Viskosität 1,305
zu einem Zwischen-Mischgranulat verarbeitet, dessen Gehalt an Diallyl-bisphenol-A-Resten
1 Molprozent beträgt (Versuch b).
Versuch |
a b |
Gehalt an Diallyl-bisphenol-A-Resten, Molprozent .........
0,0 1,0 |
Einschnürung des Extruderstranges nach Verlassen der Düse |
Sekunden ............................................ 28 37 |
cm .................................................. 35 41 |
Gewicht von 50-cm-Strang, g .................. ......... 37
53 |
Relative Viskosität des Zwischengranulats .................
1,494 1,485 |
Relative Viskosität des Prüfkörpers ......................
1,453 1,470 |
Kerbschlagzähigkeit, cm kg/cm2 .......... .............. 55,7
angebrochen 59,4 angebrochen |
Spannungskorrosion (vgl. Beispiel 1), Sekunden .............
| 286 | 356 |
Beispiel 5 Aus einem Polycarbonat aus Bisphenol A (relative Viskosität 1,326) [Versuch
a] und aus einem Gemisch aus 7,0 Gewichtsteilen des gleichen Polycarbonats aus Bisphenol
A und 2,0 Gewichtsteilen eines Mischpolycarbonats aus 93 Molprozent Bisphenol A
und 7 Molprozent Diallyl-bisphenol A mit 2 Molprozent Diallyl-bisphenol-A-Resten
(relative Viskosität 1,369) [Versuch b] werden auf einer herkömmlichen Vorrichtung
zum Herstellen von Flaschen jeweils Flaschen von 3 1 Inhalt hergestelIt. Die Einzelheiten
sind aus der nachstehenden Zusammenstellung ersichtlich.
Versuch |
alb |
Gehalt an Diallyl-bisphenol-A- |
Resten, Molprozent ......... | 0,0 | 2,0 |
Verarbeitungsdaten |
Drehzahl der Extruder- |
schnecke, U/m ........... 65 90 |
Stromaufnahme, Amp. ...... 25 30 |
Zylindertemperaturen, °C |
I ..................... 270 |
II ........... ........ 280 |
III ..................... 275 |
IV ..................... 255 |
V ..................... 240 |
VI ..................... 240 |
VII ..................... 45 |
Temperatur der Schmelze beim |
Austritt aus der Düse, "C.. 230 bis 240 |
Temperatur der Form, C . . . 80 |
Druckluft in der Form, atü. 2 |
Gewicht der Flaschen, g .... 171,5 219 |
Relative Viskosität der |
Flaschenprodukte ........ 1,310 1,348 |
Mit Wasser gefüllte Flaschen wurden aus einer Höhe von 3,5 m auf einen harten Fußboden
fallen-
gelassen. Bei den Flaschen gemäß Versuch a entstanden nach dem ersten Wurf
Risse, hauptsächlich an der Quetschnaht. Die Flaschen nach Versuch b konnten hingegen
wiederholt fallengelassen werden, ohne daß Schäden auftraten.
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Aus den nach den Versuchen a und b hergestellten Flaschen wurden
gleich große und gleich dicke (77 bis 86 p) rechteckige Plättchen geschnitten und
deren Brennbarkeit bestimmt. Die Nachbrennzeit bei den Proben nach Versuch a betrug
im Mittel etwa 5 Sekunden, bei den Proben gemäß Versuch b etwa 1,5 Sekunden.
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Beispiel 6 Dieses Beispiel zeigt den Einfluß eines Diallylbisphenol-A-Reste-Anteils
bis zu 10 Molprozent auf die Spannungskorrosion, die Biegefestigkeit und den Abrieb
(nach DIN 53516).
Anteil an |
Diallyl- Biegefestigkeit |
Spannungs- |
bisphenol- |
korrosion |
A-Resten |
Biege- |
kg/cm² |
Molprozent winkel mm³ |
0 117 Sekunden 1137 87° 0,19 |
5 190 Sekunden 1149 79° 0,13 |
10 >1 Stunde 1146 60° 0,11 |