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Verfahren zur Herstellung von gestagen, antioestrogen und ovulationshemmend
wirkenden, neuen 6-Alkylsteroiden der Pregnanreihe Die Erfindung bezieht sich auf
ein Verfahren zur Herstellung neuer 6-Alkylsteroide der allgemeinen Formel
worin R1 eine niedrige Alkylgruppe mit 1 bis 6 Kohlenstoffatomen und R2 gleich H(OH),
H(O-Acyl) oder O ist.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ist dadurch gekennzeichnet, daß man
in an sich bekannter Weise eine Verbindung der allgemeinen Formel
in der X einen Acyl- oder Kohlenwasserstoffrest und R2 gleich H(OH), H(O-Acyl) oder
O bedeutet, mit einer Persäure oder Wasserstoffoxyd epoxydiert, die erhaltene 5a-,
6a-Oxydoverbindung mit einem niedrigen Alkylmagnesiumhalogenid behandelt, hierauf
den 3-Substituenten und gegebenenfalls die 20-Hydroxygruppe zu einer Ketogruppe
oxydiert, die so erhaltene 3-Keto-5a-hydroxy-6il-alkyl-19-nor-pregnanverbindung
dehydratisiert und isomerisiert und gegebenenfalls das erhaltene @14-3.20-Diketo-6a-alkyl-19-nor-pregnen
insbesondere mit einem Alkaliborhydrid und vorzugsweise unter intermediärem Schutz
der 3,Ketogruppe reduziert und die erhaltene 20-Hydroxyverbindung gegebenenfalls
verestert.
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Als Ausgangsäther werden vorzugsweise der Tetrahydropyranyläther oder
tert.-Butyläther verwendet, obwohl auch andere Alkyläther verwendbar sind.
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Als Persäuren für die Epoxydation können Perbenzöesäure, Peressigsäure,
Perameisensäure oder Monoperphthalsäure verwendet werden. Als Lösungsmittel können
ein aromatischer Kohlenwasserstoff, z. B. Benzol oder Toluol, ein halogenierter
Kohlenwasserstoff, z. B. Chloroform, Tetrachlorkohlenstofl; Methylendichlorid oder
Chlorbenzol, verwendet werden.
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Die Dehydratisierung kann durch Behandlung der 5a-Hydroxyverbindung
mit einer organischen oder anorganischen Säure, z. B. Ameisensäure, p-Toluolsulfonsäure,
Chlorwasserstoffsäure, Schwefelsäure, oder durch Behandlung mit Phosphoroxychlorid
oder Thionylchlorid in Gegenwart eines tertiären Amins, z. B. Pyridin, erfolgen.
Vorzugsweise wird eine alkoholische Lösung von Chlorwasserstoffsäure verwendet.
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Wird die Dehydratisierung in einem genügend sauren Medium durchgeführt,
dann wird auch die 6f-Alkylgruppe isomerisiert. Anderenfalls muß der Dehydratisierungsstufe
die Behandlung mit einer Säure folgen, um die gewünschten 44-3,20-Diketo-6a-alkyl-19-nor-pregnenverbindungen
zu erhalten.
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Die erfindungsgemäß hergestellten Verbindungen üben eine gestagene
(progestative), antiöstrogene und ovulationshemmende Wirkung aus.
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Sie können einem flüssigen oder festen pharmazeutischen Träger untermengt
werden, gegebenenfalls mit einer anderen aktiven Substanz vermengt, um
paienteräl
oder oral in Lösungen und Suspensionen oder in festen pharmazeutischen Dosierungseinheiten,
z. B. Tabletten, Pillen, Kapseln oder überzogenen Tabletten, verabreicht zu werden.
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Durch die nachfolgenden Beispiele wird das erfindungsgemäße Verfahren
näher erläutert. Beispiel 1 10 g 45-3ß-20ß-Diacetoxy-19-nor-pregnen wurden in 90
ml Athylacetat gelöst und hierauf 60 ml einer lmolaren Monoperphthalsäurelösung
in Athylacetat hinzugefügt. Das Reaktionsgemisch wurde 16 Stunden bei Raumtemperatur
gerührt und hierauf in Eiswasser, dem 1 n-Natriumhydroxyd zugesetzt worden war,
gegossen. Durch Extraktion und Aufarbeiten des Extraktes wurde das 3ß,20ß-Diacetoxy-5a,6a-oxydo-19-nor-pregnan
in 76o/oiger Ausbeute erhalten.
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Zu 265m1 einer 3molaren Lösung von Methylmagnesiumbromid in Äther
wurde eine Lösung von 10 g 3ß,20ß-Diacetoxy-5a,6a-oxydo-19-nor-pregnan in 125 ml
Benzol zugesetzt. In einer Destilliervorrichtung (V i g r e u x) wurde der Äther
abdestilliert, wobei jedoch das Volumen durch Zusatz von absolutem Benzol konstant
gehalten wurde. Das Reaktionsgemisch wurde 3 Stunden unter Rückfluß gekocht, hierauf
abgekühlt und in Eiswasser, dem 2 n-Schwefelsäure zugesetzt worden war, gegossen.
Durch Extraktion und Aufarbeiten des Extraktes wurde das 3ß,5a,20ß-Trihydroxy-6ß-methyl-19-nor-pregnan
in 75o/oiger Ausbeute erhalten.
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Einer Lösung von 10 g der so erhaltenen Verbindung in 1 1 Aceton wurden
bei 10°C 20 ml einer 8 n-Chromtrioxydlösung zugegeben. Das Gemisch wurde dann 10
Minuten bei 10°C gerührt und hierauf etwas Methanol zugesetzt, um überschüssiges
Chromtrioxyd zu zersetzen. Das Reaktionsgemisch wurde dann auf 100 ml eingeengt,
in Wasser gegossen und durch Extraktion und Eindampfen aufgearbeitet, wobei das
3,20-Diketo-5a-hydroxy-6ß-methyl-19-norpregnan in 95o/oiger Ausbeute erhalten wurde.
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10 g dieser Verbindung wurden in 150 ml Äthanol, das 1 ml konzentrierter
Chlorwasserstoffsäure enthielt, gelöst. Das Reaktionsgemisch wurde 10 Minuten unter
Rückfluß gekocht und hierauf in Eiswasser gegossen. Der Niederschlag wurde abgesaugt,
gewaschen- und getrocknet, wobei d4-3,20-Diketo-6a-methyl-19-nor-pregnen in 90o/oiger
Ausbeute erhalten wurde; F. 111 bis 112°C; [a]" = -I-94° (CHC13).
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Bei obiger Grignardierung der 5a,6a-Oxydoverbindung kann auch ein
anderes niedriges Alkylmagnesiumbromid statt des Methylmagnesiumbromids verwendet
werden, z. B. Äthylmagnesiumbromid, Propylmagnesiumbromid und Pentylmagnesiumbromid,
wobei nach dem oben beschriebenen Herstellungsverfahren die entsprechenden 6a-Äthyl-,
6a-Propyl-und 6a-Pentylverbindungen erhalten werden. Beispiel 2 1 g des nach Beispiel
1 erhaltenen 44-3,20-Diketo-6a-methyl-19-nor-pregnens wurde in 10 ml Methanol gelöst,
und es wurden hierauf 0,25 ml Pyrrolidin hinzugefügt. Die 3-Enaminverbindung kristallisierte,
worauf das Gemisch abgekühlt und dann abgesaugt und getrocknet wurde. Der Rückstand
wurde in 40 ml Tetrahydrofuran gelöst und 2,4 g Lithiumaluminiumhydrid in kleinen
Anteilen unter Rühren hinzugefügt. Das Gemisch wurde 1 Stunde gerührt und hierauf
etwas Wasser hinzugefügt. Dann wurde das Gemisch mit 125 ml Methanol verdünnt und
hierauf eine Pufferlösung, bestehend aus 25 ml Wasser, 21 g Natriumacetat und 20
ml Eisessig, zugesetzt. Die Lösung wurde 3 Stunden unter Rückfluß gekocht und hierauf
das Methanol im Vakuum abgedampft. Das wäßrige Gemisch wurde dann mit 3 n-Chlorwasserstoffsäure
angesäuert und mit Chloroform extrahiert. Die Chloroformauszüge wurden mit einer
5o/oigen NaHC03-Lösung und mit Wasser gewaschen, hierauf über Natriumsulfat getrocknet
und zur Trockene eingedampft. Der Rückstand wurde über Aluminiumoxyd chromatographiert,
wobei das 44-3-Keto-6a-methyl-20ß-hydroxy-19-nor-pregnen und dessen 20a-Isomeres
erhalten wurden. Die 20ß-Hydroxyverbindung wurde in Form eines Öls bei Raumtemperatur
erhalten mit dem [a] o = -I-11 ° (CHCI3). Das 20-Acetat dieser Verbindung zeigte
den F. 148 bis 150°C, [,a], = -I-44° (CHC13). Die 20a-Hydroxyverbindung wurde nach
der Acetylierung der 20-Hydroxylgruppe isoliert. Die so erhaltene Verbindung war
bei Raumtemperatur ein Öl. Beispiel 3 Einem Gemisch von 1,25 g d4-3-Keto-6a-methyl-20a-hydroxy-19-nor-pregnen
in 8 ml Pyridin und 5 ml Benzol wurden 1,6 g Essigsäureanhydrid hinzugefügt. Die
Lösung wurde bei Raumtemperatur 15 Stunden stehengelassen und in 150 ml Wasser gegossen.
Das wäßrige Gemisch wurde mit Äther extrahiert, der Ätherextrakt mit 2 n-Chlorwasserstoffsäure
und hierauf mit 1 n-Natriumhydroxyd gewaschen, über trockenem Natriumsulfat getrocknet
und schließlich zur Trockene eingedampft. Der Rückstand wurde aus Äther umkristallisiert,
wobei das 20-Acetat des 44-3-Keto-6a-methyl-20a-hydroxy-19-nor-pregnens erhalten
wurde.
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Auf analoge Weise wurde diese Verbindung in das 20a-Propionat, Caproat,
Decanoat, Stearat und ß-Phenylpropionat übergeführt.
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Ferner wurde die entsprechende 20ß-Hydroxyverbindung in die 20ß-Ester
mit Essigsäure, Laurinsäure, Önanthsäure und Phenylpropionsäure übergeführt.
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Unter Verwendung eines Carbonsäurechlorids an Stelle des Anhydrids
wurden die 20a- und 20ß-Hydroxyverbindungen auch in die 20-Ester der Hexahydrobenzoesäure,
Undecylensäure, Phenylbuttersäure und Cyclophenylpropionsäure verwandelt. Die vorstehend
beschriebenen Ester der 20a- und 20ß-Hydroxyverbindungen konnten nicht kristallisiert
werden und wurden in Form von Ofen bei Raumtemperatur erhalten.
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In der nachstehenden Ubersicht werden die Ergebnisse pharmakologischer
Vergleichsversuche zwischen einigen Verbindungen nach der Erfindung und den entsprechenden
nicht alkylierten Verbindungen aufgeführt.
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Pharmakologische Tests mit 19-Nor-progesteron und 6-Methyl-19-nor-progesteron
Aus diesen Tests ging hervor, daß letzteres in dem Deciduoma-Test viel stärker gestagen
wirksam ist als 19-Nor-progesteron und daß überraschenderweise 6 - Methyl - 19 -
nor - progesteron eine lange dauernde gestagene Wirkung hervorruft, während 19-Nor-progesteron
vollkommen inaktiv ist.
Deciduoma- und lange wirkender Deciduoma-Test
Es wurden jungfräuliche Mäuseweibchen (20 bis 25 g) verwendet. Den Mäusen wurden
die Eierstöcke entfernt (Tag Null des Versuchs) und diese hierauf 3 Tage ohne jede
Behandlung gelassen (1., 2. und 3. Tag des Versuchs) zur Erholung von der Operation.
Am 4. Tag wurden sie in Gruppen geteilt (gewöhnlich von zehn Mäusen je Gruppe),
und vom 4. bis zum 7. Tag wurde die zu prüfende Substanz täglich oral oder subcutan
verabreicht. Am 5. Tag des Versuchs wurde das linke Hörn des Uterus beschädigt,
Durch eine kleine abdominale Inzision wurde das linke Uterushorn freigelegt und
ein feiner Nylonfaden mehrmals durch die Uteruswand gezogen. Das Horn wurde hierauf
wieder in die Abdomenhöhle zurückgebracht und die Wunde mit einigen Seidennähten
geschlossen. Am B. Tag des Versuchs wurden die Mäuse getötet, die Uteri entfernt
und die Uterushörner an deti cervikalen Enden abgeschnitten, gewogen und in Bouin
für die histologische Untersuchung aufbewahrt. Das Ausmaß der Deciduomaentwicklung
wurde nach dem histologischen Bild beurteilt und wird nach folgender Skala bezeichnet:
0, +1, +2, +3, +4, wobei +1 den erkenntlichen Beginn einer Deciduomabildung und
+2, +3, +4 zunehmende Grade der Deciduomaentwicklung bezeichnen. Das Ausmaß der
Deciduomareaktion wird mittels des Deciduoma-Index (D. I:) ausgedrückt, und dieser
wird erhalten, indem man die Summe aller individuellen Werte in einer Gruppe von
Versuchstieren durch die Anzahl der Tiere in dieser Gruppe dividiert.
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Bei dem lange wirkenden Deciduoma-Test wird die zu prüfende Substanz
nur am 1. Tag verabreicht.
Ergebnisse |
Mäuse mit |
Verbindung N Deciduoma D, I. |
n o!,) |
19-Nor-progesteron, |
0,005 mg/d . . . . . . . . . . . . . 9 I 1 11 0,2 |
6-Methyl-19-nor-progesteron, |
0,005 mg/d . . . . . . . . . . . . . 10 6 60 1,9 |
19-Nor-progesteron, |
0,01 mg/d .. . . .. .. .... . . 10 5 50 1,5 |
6-Methyl-19-nor-progesteron, |
0.01 mg/d . . . . . . . . . . . . . . 7 7 100 3,9 |
19-Nor-progesteron, |
l-lmg ............... 11 0 0 0,0 |
6-Methyl-19-nor-progesteron, |
l-lmg ............... 12 2 17 0,5 |
19-Nor-progesteron, |
1 - 2 mg . . . . . . . . . . . . . . . 10 0 0 0,0 |
6-Methyl-19-nor-progesteron, |
1 - 2 mg . . . . . . . . . . . . . . . 4 4 100 3,7 |
Schlußfolgerungen Aus obiger Tafel erkennt man, daß der Schwellenwert bei subcutaner
Verabreichung von 19-Norprogesteron etwa 0,01 mg täglich und bei 6-Methyl-19-nor-progesteron
unter 0.005 mg täglich beträgt, woraus man schließen kann, daß letztere Verbindung
zumindest zweimal wirksamer ist als 19-Nor-progesteron. Aus dem zweiten Teil der
Tabelle erkennt man, daß 19-Nor-progesteron in Dosen von 1 - 1 mg und 1 - 2 mg keine
lange andauernde Wirkung hat, während 6-Methyl-19-nor-progesteron in einer Dosierung
von 1 - 1 mg eine schwache Wirkung und in einer Dosierung von 1 - 2 mg eine sehr
starke Wirkung aufweist.
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Es wurden ferner pharmakologische Vergleichsversuche zwischen dem
20-Acetat des 6a-Methyl-44-3-keto-20(1-hydroxy-19-nor-pregnens und dem 20-Acetat
des entsprechenden 6-desmethyl-niedrigeren Homologens durchgeführt, wobei man den
oben beschriebenen lange wirkenden Deciduoma- . Test und den lange wirkenden Clauberg-Test
verwendete.
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Für den Clauberg-Test wurden an unreife Kaninchenweibchen 8 Tage lang
2 v,g 'Ostradiolmonobenzoat täglich subcutan verabreicht und hierauf eine Dosis
der zu prüfenden Substanz. Hierauf wurde ein Stück des Uterus für die histologische
Untersuchung des Endometriums entfernt. Das Ausmaß der gestagenen Entwicklung in
dem Clauberg-Test wird durch nachstehende Skala angezeigt: - -/±, @. ±/+, +, wobei
die letzteren drei Zeichen als positives gestagenes Ansprechen zu betrachten sind.
Dies entspricht roh der McPhail-Skala 0, 1, 2, 3 und 4.
Ergebnisse |
Lange wirkender Deciduoma-Test |
Mäuse mit |
Verbindung N ' Deciduoma D. I. |
44-3-Keto-20fl-acetoxy-19-nor- |
pregnen. 1 - 0.25 mg ....... 8 0 0 0 |
44-3-Keto-6a-m ethyl-20 f -acet- |
oxy-19-nor-pregnen, |
1 - 0,25 mg . . . . . . . . . . . . . . . . 9 9 I 100 4.0 |
Aus Obigem geht hervor, daß die bekannte Verbindung keine lange wirkende gestagene
Aktivität in einer Dosierung von 1 - 0,25 mg aufweist, während das entsprechende
6a-Methylderivat ein 100o/oiges Ansprechen mit dem höchstmöglichen Deciduoma-Index
(= 4,0) zeigt.
Lange wirkender Clauberg-Test |
Verbindung- Ansprechen des |
Endometriums |
44-3-Keto-20/1-acetoxy-19-nor- |
pregnen, 1 - 5 mg/s. c. . . . . . . . . . . -, -, - |
44-3-Keto-6a-methyl-20N-acetoxy- |
19-nor-pregnen, 1 - 5 mg/s. c..... @/+, t/+ |
Aus diesen Ergebnissen geht hervor, daß die bekannte Verbindung in einer Dosierung
von 1 - 5 mg inaktiv ist, während das neue 6a-Methylderivat in derselben Dosierung
eine sehr stark und lange gestagen wirksame Verbindung ist.
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Zusammenfassend kann man schließen. daß die neuen 6-Alkylverbindungen
nach der Erfindung viel stärker gestagen wirksam sind als die entsprechenden bekannten
Homologen und daß sie überraschenderweise
lange anhaltende gestagene
Wirkungen ausüben, während die bekannten Homologen inaktiv sind.