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Verfahren zur Herstellung neuer 16-Methylentestosteron-derivate Es
wurde gefunden, daß 17a-Athinyl-testosteronderivate, die in 16-Stellung eine Methylengruppe
tragen, gegenüber den entsprechenden in 16-Stellung unsubstituierten Verbindungen
eine wesentlich erhöhte gestagene Wirkung aufweisen. Die Erfindung betrifft ein
besonders vorteilhaftes Verfahren zur Herstellung dieser Verbindungen.
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Das Verfahren nach der Erfindung besteht darin, daß man in an sich
bekannter Weise 16-Methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on bzw. die entsprechende 19-nor-Verbindung
mit einem Alkaliacetylid in Lösung behandelt, das so erhaltene 16-Methylen-17a -
äthinyl - 5 - androsten - 3ß,17ß- diol bzw. dessen 19-nor-Verbindung durch
milde chemische oder mikrobiologische Oxydation in das 16-Methylen-17a - äthinyl
- testosteron bzw dessen 19-nor-Verbindung umwandelt und die so erhaltene Verbindung
gegebenenfalls in 17-Stellung acyliert. Das erfindungsgemäße Verfahren verläuft
nach folgendem Reaktionsschema:
R = H oder CHa.
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R' = eine Acylgruppe mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen. Die Uberführung
der 17-Ketogruppe einer Verbindung der Formel 1 in eine 17a-Athinyl- und eine 17ß-Hydroxylgruppe
erfolgt, Behandlung mit einer Lösung eines Alkali'@etylids, insbesondere Lithiumacetylid,
in flüssigem Ammoniak oder einem anderen geeigneten Lösungsmittel, wie tert. Butanol
oder fert. Amylalkohol. Man setzt z. B. eine Lösung
des Steroids
in Äther, Benzol, Dioxan oder Tetrahydrofuran einer Lösung des Alkaliacetylids in
flüssigem Ammoniak zu und läßt das Gemisch im Autoklav bei Zimmertemperatur einige
Stunden stehen. Danach wird das Ammoniak verdampft, die Reaktionslösung mit Wasser
versetzt und mit einem mit Wasser nicht mischbaren Lösungsmittel, beispielsweise
Chloroform, extrahiert. Aus dem Extrakt kann die entsprechende Verbindung der Formel
Il in üblicher Weise isoliert werden.
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Die Oxydation der 3-Hydroxylgruppe zur 3-Ketogruppe unter gleichzeitiger
Isomerisierung der 5(6)-Doppelbindung zur 4(5)-Doppelbindung kann chemisch oder
mikrobiologisch erfolgen. Als milde chemische Oxydationsmethode kommt hier vorzugsweise
die Oppenauer-Oxydation in Frage, bei der eine Verbindung der Formel 1I in einem
geeigneten Lösungsmittel, wie Toluol, gelöst und anschließend in Gegenwart von Cyclohexanon
mit Aluminiumisopropylat behandelt wird. Die Umsetzung wird in üblicher Weise durch
Kochen des Reaktionsgemisches unter Rückfluß beendet. Es ist vorteilhaft, daran
eine Wasserdampfdestillation anzuschließen und die dabei erhaltene Abscheidung mit
Äther zu extrahieren. Aus dem Ätherextrakt kann die Verbindung der Formel III in
kristalliner Form isoliert werden.
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Die mikrobiologische Oxydation kann z. B. durch Einwirkung einer Kultur
von Flavobacterium dehydrogenans in einer üblichen Nährlösung durchgeführt werden.
Nach etwa .10- bis 16stündigem Wachstum bei 28'C setzt man der Kultur eine Verbindung
der Formel II zu und verfolgt den Fortgang der Reaktion mittels einer geeigneten
analytischen Methode, z. B. nach dem Verfahren der Dünnschichtchromatographie. Die
Fermentation ist nach ungefähr 10 Stunden beendet. 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteron
bzw. dessen 19-nor-Derivat wird durch Chloroformextraktion aus dem Reaktionsgemisch
isoliert und in üblicher Weise aufgearbeitet.
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Die 17ß-Hydroxylgruppe der erhaltenen Endprodukte III kann nach bekannten
Methoden, beispielsweise mit Hilfe eines Gemisches von Essigsäure und Essigsäureanhydrid
oder in Gegenwart von p-Toluolsulfonsäure, acyliert werden. Als Acylreste kommen
vorzugsweise Säurereste von aliphatischen Carbonsäuren mit 1 bis 8 Kohlenstoffatomen
in Frage, z. B. von Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure, Capronsäure und Caprylsäure.
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Es sind sowohl 1,2- als auch 1,4-Additionen von lithiumorganischen
Verbindungen an a,ß-ungesättigte Ketone bekannt (zur 1,4-Addition vgl. zum Beispiel
Journal 1)f the Chemical Society [London], 1949, S.50). Die 1,4-Additionen von lithiumorganischen
Verbindungen verlaufen über einen ebenen Sechsring-Zwischenzustand. In einem 16-Methylen-17-ketosteroid,
in dem die Einfachbindung zwischen den Kohlenstoffatomen 16 und 17 räumlich fixiert
und nicht mehr frei drehbar ist, ist der intermediär bei der genannten 1,4-Addition
auftretende Sechsring schon sterisch vorgebildet (die C-Atome 16 und 17, das C-Atom
der exocyclischen Methylengruppe und das Sauerstoffatom der Ketogruppe in 16-Stellung
liegen praktisch in einer Ebene). Infolgedessen mußte bei dem Verfahren nach der
Erfindung eine 1,4-Addition der lithiumorganischen Verbindung an das konjugierte
Syßtem erwartet werden. Überraschenderweise erfolgte jedoch ausschließlich eine
1,2-Addition.
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Das als Ausgangsmaterial verwendete 16-Methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on
kann man beispielsweise durch Mannich-Kondensation eines 5-Androsten-3ß-ol-17-ons
herstellen. Dabei erhält man als Zwischenprodukt 16-Dimethylaminomethyl-5-androsten-3ß-ol-17-on,
das durch Wasserdampfdestillation in 16-Methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on übergeführt
werden kann. Auf analoge Weise läßt sich auch 19-Nor-16-methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on
darstellen. Für die Herstellung der verfahrensgemäß eingesetzten Ausgangsstoffe
wird im Rahmen der vorliegenden Erfindung Schutz nicht begehrt.
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Die verfahrensgemäß erhältlichen neuen Verbindungen sollen als Gestagene
in der Humanmedizin verwendet werden und lassen sich unter Verwendung geeigneter
Zusätze zu allen üblichen pharmazeutischen Zubereitungsformen verarbeiten. Beispiel
I a1) Ein vorgekühlter Autoklav wird mit einer Lösung von l0 g 16-Methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on
in 200 ml absolutem Tetrahydrofuran beschickt. Eine Lösung von 3,5 g Lithiumacetylid
in 1 1 flüssigem Ammoniak wird langsam zugegeben und das Ganze 48 Stunden bei Zimmertemperatur
stehengelassen. Nach Abdampfen der Hauptmenge des Ammoniaks wird der Autoklavinhalt
mit Wasser aufgenommen und mehrfach mit Chloroform extrahiert. Die vereinigten Chloroformlösungen
werden mit verdünnter Salzsäure und Natriumhydrogencarbonatlösung neutral gewaschen,
getrocknet und eingedampft. Der Rückstand wird in wenig Benzol aufgenommen und an
einer Magnesiumsilikatsäule nacheinander mit Benzol, Benzol-Chloroform-Gemisch (1
: 1) und Chloroform chromatographiert. Die vereinigten Benzol- und Benzol-Chloroform-Eluate
werden eingedampft und der Rückstand aus Äther umkristallisiert. Man erhält 16-Methylen-I7a-äthinyl-5-androsten-3ß,17ß-diol,
Schmp. 198 bis 200°C, [a]1) = -100 (Chloroform).
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a2) 0,5g Lithium werden in 180 ccm flüssigem Ammoniak gelöst, und
in diese Lösung wird unter Rühren Acetylen bis zur Graufärbung eingeleitet. Nun
wird eine auf -30°C gekühlte Lösung von 2,5 g 16-Methylen-5-androsten-3ß-ol-17-on
in 33 ccm absolutem Tetrahydrofuran zugesetzt und das Ganze 3 Stunden bei einer
Temperatur von -30 bis -40"C gerührt, danach das Ammoniak abgedampft. Die weitere
Aufarbeitung und Isolierung des 16-Methylen-17a-äthinyl-5-androsten-3f,1713-diols
erfolgt wie im Beispiel 1, a1).
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b) In einem Kleinfermenter werden 121 Nährlösung (0,401o Glukose,
0,151)1o Hefeextrakt, 0.10o NH4Cl. 0,05% MgSO.I. Phosphatpuffer pH 6.8) mit 800m1
Submerskultur von Flavobacterium dehydrogenans beimpft. Nach 14stündigem starkem
Rühren und Belüften bei 28°C setzt man der Kultur 5 g 16-Methylen-17a-äthinyl-5-androsten-3j3,17f-diol
in 200 ml Methanol zu. Die Umsetzung wird dünnschichtchrornatographisch verfolgt
und ist nach etwa lOStunden beendet. Die Fermentationsbrühe wird dreimal mit dem
gleichen Volumen Chloroform extrahiert und die vereinigten Extrakte zur Trockne
eingedampft. Der Rückstand wird in Chloroform aufgenommen und über Kieselgel chromatographiert.
Aus den Chloroform-Äther-Fraktionen kristallisiert das 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteron,
das, aus Aceton
umkristallisiert, bei 241 bis 243°C schmilzt. [a]"
_ +30,6° (Chloroform).
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cl) 6 g 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteron werden in 60 ccm Essigsäureanhydrid
aufgeschlämmt und unter Rühren und Kühlen mit einer Lösung von 4 g p-Toluolsulfonsäure
in 40 ccm Essigsäureanhydrid versetzt. Nach insgesamt 7stündiger Reaktionsdauer
wird das Gemisch mit Wasser verdünnt, das ausgeschiedene 3-Enol-17N-diacetat abfiltriert
und dieses roh in 400 ccm Methanol mit 4 ccm konzentrierter Salzsäure 15 Minuten
zum Sieden erhitzt. Nach dem Abkühlen wird das Reaktionsgemisch mit Wasser verdünnt,
das 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteronacetat abfiltriert, getrocknet und aus Methanol
umkristallisiert. Schmp. 211 bis 213°C; Ama.x = 240 mp., E' ,m = 470;
[a]o = +30,6" (Chloroform).
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c2) Man kann die 17-Acetylierung auch durch Erhitzen von 6 g 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteron
in 30 ccm Pyridin und 30 ccm Essigsäureanhydrid während 10 Stunden durchführen.
Nach dem Eingießen des Reaktionsgemisches in Wasser erfolgt die Aufarbeitung wie
im Beispiel 1, ci) angegeben. Beispiel 2 a) Analog Beispiel 1, ai) erhält man aus
19-Nor-16-methylen-5-androsten-3#)-ol-17-on das 19-Nor-16-methylen-17a-äthinyl-5-androsten-3N,17f-diol.
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b) Analog Beispiel 1, b) erhält man aus 19-Nor-16-methylen-17a-äthinyl-5-androsten-3j3,1713-diol
das 19-Nor-16-methylen-17a-äthinyl-testosteron. amax = 239,5 m!., E,11 = 534.
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e) Analog Beispiel 1, ci) erhält man aus 19-Nor-16 - methylen - 17a
- äthinyl - testosteron das 19 - Nor-16 - methylen - 17a - äthinyl - testosteron
- acetat. dmax = 239,5 mu, E2. = 485. Beispiel 3 2 g des nach Beispiel 1, ai) erhaltenen
16-Methylen-17a - äthinyl - 5 - androsten - 3ß, Uß - diols wurden in 120 ccm Toluol
und 20 ccm Cyclohexanon gelöst, davon 20 ccm abdestilliert, danach 1,32 gAluminiumisopropylat
zugegeben und das Ganze 1 Stunde am Rückfluß gekocht. Nach Abkühlen werden 2,6 ccm
Essigsäure zugesetzt, das Gemisch anschließend dreimal mit etwa- 200 ccm Wasser
ausgeschüttelt und danach einer Wasserdampfdestillation unterworfen. Die aus der
wäßrigen Schicht ausgefallenen Kristalle werden abgesaugt und im Vakuum bei Zimmertemperatur
getrocknet. Aus Aceton umkristallisiert, schmilzt das 16-Methylen-17a-äthinyl-testosteron
bei 241 bis 243°C.