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Verfahren zur Herstellung wasserlöslicher, basischer Aluminiumhalogenide
Es ist bekannt, daß Salzsäure mehr Aluminium lösen kann, als nach der Gleichung
Al -L 3 HCl -->- AIC13 + 3/2 HZ |
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zu erwarten wäre. Der Auflösungsvorgang von überschüssigem Aluminium in Salzsäure
läßt sich besser mit folgender Gleichung beschreiben:
2A1 HCl --,' 5H20 -+- A12(OH)5Cl + 3H, |
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Man kann so hochbasische Aluminiumchloride herstellen, indem man Aluminium in verdünnter
Salzsäure in der Wärme löst. Diese Arbeitsweise ist jedoch langwierig, da nach anfänglich
stürmischer Reaktion der Stoffumsatz immer langsamer wird, und zwar in dem Maße,
als Dichte und pH-Wert der Reaktionsmischung ansteigen.
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Bei Beginn der Reaktion wird die oxydische Schutzschicht des Aluminiums
von der in der Reaktionsmischung vorhandenen Salzsäure durchbrochen, und das ungeschützte
Aluminium kann mit der verdünnten Salzsäure reagieren. Die Zeitdauer der ungehemmten
Reaktion ist verhältnismäßig kurz und erreicht ihr Ende, wenn der pH-Wert der Lösung
auf 2,5 bis 3,0 angestiegen ist. Von diesem Zeitpunkt an bilden sich wieder teilweise
schützende Überzüge auf dem Metall, die nur verhältnismäßig wenigen aktiv gebliebenen
Stellen des Metalls die Möglichkeit zur weiteren Reaktion belassen.
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Es ist bereits versucht worden, einerseits durch Vergrößerung der
reagierenden Metalloberfläche, z. B. durch Granulation, die Raum-Zeit-Ausbeute der
Umsetzung zu verbessern, oder andererseits durch Amalgamierung des eingesetzten
Metalls den gleichen Effekt zu erreichen. Beide Maßnahmen, getrennt oder in Kombination
miteinander, erreichen keine Aktivierung der Aluminiumoberfläche, die für die Zeitdauer
des gesamten Reaktionsumsatzes gemäß Gleichung (2) ausreichen würde. Außerdem erfordert
die Verunreinigung des Endproduktes mit Quecksilber zusätzliche Aufbereitungsmaßnahmen.
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Ferner ist bekannt, wasserlösliche, hochbasische Aluminiumverbindungen
durch Elektrolyse wäßriger Lösungen von Aluminiumsalzen, z. B. AIC12, herzustellen.
Diese Verfahren arbeiten mit unangreifbaren Elektroden, z. B. aus Graphit, bei Badspannungen
von 4,2 bis 4,5 V und Stromdichten von 1800 bis 2600 A/m2. Der Aufwand an elektrischer
Energie ist dabei sehr hoch, und es entstehen als unerwünschte Nebenprodukte Chlor-
und Wasserstoffgas, zu deren gefahrloser Handhabung erheblicher, technischer Aufwand
nötig ist. Außerdem werden nur Gemische verschiedener basischer Salze erhalten.
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Es wurde nun gefunden, daß man wasserlösliche, basische Aluminiumhalogenide
der Formel AIZ(OH)mXn, worin X, Cl-, Br- oder J-, m eine ganze Zahl zwischen 3 und
5, n eine ganze Zahl zwischen 1 und 3 und m + n = 6 ist, vorteilhaft
herstellen kann, wenn das zur Reaktion kommende Aluminium elektrochemisch aktiviert
wird. Die elektrochemische Aktivierung erfolgt erfindungsgemäß durch Anlegen von
Gleichstrom an Aluminiumelektroden, die in wäßrige Chlorwasserstoff-, Bromwasserstoff
oder Jodwasserstoff säure eintauchen. Strom und Spannung des angelegten Gleichstromes
werden hierbei so eingestellt, daß die Abscheidungspotentiale der im Elektrolyten
vorhandenen Ionen, d. h. der Säureanionen und der OH-Ionen nicht überschritten werden
(z. B. 0,3 bis 0,8 V bei Stromdichten von 150 bis 300 A/m2).
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Der fließende Strom bewirkt die anodische Auflösung des Aluminiums
ohne z. B. gleichzeitige Chlor- und Sauerstoffentwicklung und verhindert gleichzeitig
die Ausbildung lösungshemmender Deckschichten von basischen Aluminiumsalzen auf
den Elektrodenoberflächen. Die Aluminiumelektroden lösen sich im Elektrolyten, z.
B. wäßriger HCI, unter Bildung von basischen Aluminiumchloriden auf, ohne daß eine
Verlangsamung des Reaktionsablaufes während der gesamten Umsetzung gemäß Gleichung
(2) erfolgt.
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Der Strom wird dann unterbrochen, sobald das Al: CI-Verhältnis
des Elektrolyten dem der herzustellenden basischen Aluminiumverbindung entspricht.
Die
Bestimmung dieses Al: CI-Verhältnisses im Elektrolyten kann beispielsweise
analytisch erfolgen. Aus den bei verschiedenen Versuchsbedingungen durch die entsprechenden
Versuchsreihen erhaltenen Eichkurven kann dann der Zeitpunkt der Beendigung der
Reaktion für eine der definierten, erfindungsgemäß herzustellenden Aluminiumverbindungen
direkt entnommen werden.
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Der Zeitpunkt der Stromunterbrechung zur Herstellung einer definierten
Aluminiumverbindung der vorgenannten Formel kann jedoch beispielsweise auch auf
andere Weise festgestellt werden, und zwar aus der für die elektrochemische Umsetzung
von einer bestimmten Aluminiummenge erforderlichen Strommenge. Ein charakteristisches
Merkmal des Verfahrens ist nämlich, daß die für die elektrochemische Umsetzung von
1 g Aluminium notwendige Strommenge von 3 Ah bei der elektrochemischen Aktivierung
bedeutend unterschritten wird und etwa 1,5 bis 1,7 Ah je umgesetztes Gramm Aluminium
beträgt. Man braucht also nur im Elektrolyten eine bestimmte bekannte Halogenwasserstoffmenge
vorzulegen, so daß man den Halogengehalt des Elektrolyten kennt, und den Strom dann
zu unterbrechen, wenn die für die herzustellende Aluminiumverbindung erforderliche
Aluminiummenge in Lösung gegangen ist. Der Zeitpunkt hierfür kann aus der vorgenannten,
für die elektrochemische Umsetzung von 1 g Aluminium erforderlichen Strommenge von
etwa 1,5 bis 1,7 Ah im voraus berechnet werden.
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Bei Umrechnung der vorgenannten Strommenge in elektrische Leistung
ergibt sich, daß theoretisch für 1 kg Aluminiumumsatz bei der Elektrolyse eines
Aluminiumsalzes etwa 13,5 kWh benötigt werden, während die Lösung von 1 kg Aluminium
durch elektrochemische Aktivierung gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren nur etwa
1 kWh erfordert.
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Gemäß der Erfindung hat sich ferner gezeigt, daß der Endpunkt der
Reaktion zur Herstellung der Verbindungen der Formel AIZ(OH)SX, bei dem also im
Elektrolyten ein Konzentrationsverhältnis von Al : X wie 2:1 herrscht, dann erreicht
ist, sobald die Zellspannung bei Konstanthaltung der Stromdichte einen merklichen
Anstieg zeigt.
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Weiter werden die in den Aluminiumelektroden enthaltenen Schwermetallverunreinigungen,
z. B. Eisen, kathodisch niedergeschlagen. Sie reagieren nicht mit dem Elektrolyten
und können ohne Schwierigkeit vom Reaktionsprodukt abgetrennt werden.
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Es wurde ferner gefunden, daß es nicht notwendig ist, jede einzelne
Aluminiumelektrode mit dem positiven bzw. negativen Pol der Stromquelle zu verbinden,
um eine elektrochemische Aktivierung der Elektrodenober$ächen zu erreichen. Die
Aktivierung der Elektroden kann in vorteilhafter Weise auch dadurch erfolgen, daß
man die Elektroden in bipolarer Schaltung anordnet. Diese Ausführung der elektrochemischen
Aktivierung ist besonders für den technischen Einsatz des Verfahrens günstig, da
die Stromversorgung der Elektroden einfach aufgebaut ist und dabei nur Kopf- und
Endplatte einer ganzen Reihe von Elektroden mit der Stromquelle zu verbinden sind.
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Im Zellenraum bildet sich z. B. durch Auflösung von Aluminium in verdünnter,
wäßriger Salzsäure ein in Wasser lösliches, chloridhaltiges Aluminiumhydroxydsol,
etwa ein solches der Zusammensetzung AIZ(OH);Cl und Wasserstoff, oder bei Verwendung
von Bromwasserstoffsäure bromidhaltige Aluminiumhydroxydsole, etwa ein solches der
Zusammensetzung A12(OH)SBr. Bei Verwendung von Jodwasserstoff bilden sich basische
Jodide. Will man die technisch besonders interessanten Verbindungen des Typs AIZ(OH)SX
herstellen, dann wird der Strom unterbrochen und der Zelleninhalt abgezogen, sobald
ein Ansteigen der Zellenspannung anzeigt, daß über die angegebene Zusammensetzung
hinaus Aluminium in Lösung gehen könnte, und bevor sich ein Niederschlag von noch
chlorärmeren oder bromärmeren AI-Verbindungen gebildet hat.
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Die dem Zellenraum entnommene Flüssigkeit kann man in üblicher Weise
konzentrieren bzw. zur Trockne eindampfen. Im Fall der Verbindungen Al2(OH)SX erhält
man z. B. durch Eindampfen mit einer Schuppenwalze ein weißes Produkt, das sich
in Wasser klar löst. Beispiel l In eine 51 fassende, korrosionsfest ausgekleidete
Wanne werden etwa 4,81 wäßrige Salzsäure, Dichte = 1,043, eingefüllt und hierauf
vier Aluminiumelektroden mit jeweils 40 mm Abstand voneinander eingehängt. Anfangs-
und Endelektrode werden mit dem Plus- bzw. Minuspol der Stromquelle verbunden. Die
Gleichspannungsquelle ist stromgeregelt. Man stellt den Strom auf 4,7 A ein, so
daß die Elektroden mit einer Stromdichte von 170 A/m2 beaufschlagt sind. Die Zellspannung
ist während der Dauer der elektrochemischen Aktivierung bei diesen Bedingungen durchschnittlich
1,8 V, entsprechend 0,6 V je Elektrodenpaar.
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Nach 76 Stunden sind 650 g Aluminium in Lösung gegangen, und dabei
steigt die Dichte des Elektrolyten von 1,043 auf 1,285 an. Der PH-Wert erreicht
während des Versuches etwa den Wert 4. Das Verhältnis Aluminium zu Chlor im Elektrolyten
beträgt 1,97:1. Die Zellspannung steigt zu diesem Zeitpunkt stark an, und gleichzeitig
sinkt die Leitfähigkeit des Elektrolyten ab, da alle freie Salzsäure für die Bildung
von A12(OH)5C1 verbraucht worden ist.
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Der Elektrolyt besteht nunmehr aus einer wäßrigen Lösung des hochbasischen
Aluminiumsalzes A12(OH)6Cl mit einem Gehalt von 10,60/, Aluminium und 7,08
°/o Chlor. Die wäßrige Lösung dampft man zur Trockne ein und erhält nach dem Zerkleinern
der getrockneten Masse ein weißes Pulver mit einem Gehalt von 27,2 °/o Al, 17,68
°/o Cl und einem Molverhältnis Al: Cl = 2,02: 1.
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Der Energieverbrauch beträgt 0,99 kWh/kg Al, der Stromverbrauch
1,65 Ah/g Al.
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Beispiel 2 In eine 11 fassende, korrosionsfest ausgekleidete Wanne
werden 800 ml wäßrige Bromwasserstoffsäure, Dichte =1,160, eingefüllt und hierauf
vier Aluminiumelektroden
mit jeweils 25 mm Abstand voneinander
eingehängt. Anfangs- und Endelektrode werden mit dem Plus- bzw. Minuspol der Stromquelle
verbunden. Die Gleichspannungsquelle ist stromgeregelt. Man stellt den Strom auf
1,5 A ein, so daß die Elektroden mit einer Stromdichte von 160 A/m2 beaufschlagt
sind. Die Zellspannung ist während der Dauer der elektrochemischen Aktivierung bei
diesen Bedingungen durchschnittlich 1,34 V, entsprechend 0,447 V je Elektrodenpaar.
Nach 81 Stunden sind 128 g Aluminium in Lösung gegangen, und dabei steigt die Dichte
des Elektrolyten von 1,160 auf 1,419 an. Der pH-Wert erreicht während des
Versuches etwa den Wert 4. Das Verhältnis Aluminium zu Brom im Elektrolyten beträgt
2,01:1. Die Zellspannung steigt zu diesem Zeitpunkt stark an, und gleichzeitig sinkt
die Leitfähigkeit des Elektrolyten ab, da alle freie Bromwasserstoffsäure für die
Bildung von A12(OH)5Br verbraucht worden ist.
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Der Elektrolyt besteht nunmehr aus einer wäßrigen Lösung des hochbasischen
Aluminiumsalzes A12(OH)5Br mit einem Gehalt von 10,9 °/o Aluminium und 15,05 °/o
Brom.
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Der Energieverbrauch beträgt 1,27 kWh/kg Al. Beispiel 3 In eine 11
fassende, korrosionsfeste ausgekleidete Wanne werden 800m1 wäßrige Jodwasserstoffsäure,
Dichte 1,27, eingefüllt und hierauf vier Aluminiumelektroden mit jeweils 25 mm Abstand
voneinander eingehängt. Anfangs- und Endelektrode werden mit dem Plus- bzw. Minuspol
der Stromquelle verbunden. Die Gleichspannungsquelle ist stromgeregelt. Man stellt
den Strom auf 1,5 A ein, so daß die Elektroden mit einer Stromdichte von 160 A/m2
beaufschlagt sind. Die Zellspannung ist während der Dauer der elektrochemischen
Aktivierung bei diesen Bedingungen durchschnittlich 1,68 V, entsprechend 0,56 V
je Elektrodenpaar. Nach 115 Stunden sind 130 g Aluminium in Lösung gegangen, und
dabei steigt die Dichte des Elektrolyten von 1,27 auf 1,54 an. Der pH-Wert des Elektrolyten
erreicht während des Versuches etwa den pH-Wert 4. Das Verhältnis Aluminium zu Jod
im Elektrolyten beträgt 2,01:1. Die Zellspannung steigt zu diesem Zeitpunkt stark
an und gleichzeitig sinkt die Leitfähigkeit des Elektrolyten ab, da alle freie Jodwasserstoffsäure
für die Bildung von AI2(OH)SJ verbraucht worden ist.
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Der Elektrolyt besteht nunmehr aus einer wäßrigen Lösung des hochbasischen
Aluminiumsalzes A12(OH)5J mit einem Gehalt von 10,6
% A1 und 24,8 °/o Jod.
Der Energieverbrauch beträgt 2,27 kWh/kg Al. Beispiel 4 In eine 11 fassende, korrosionsfest
ausgekleidete Wanne werden 800m1 wäßrige Salzsäure, Dichte =1,043, eingefüllt und
hierauf vier Aluminiumelektroden mit jeweils 25 mm Abstand voneinander eingehängt.
Anfangs- und Endelektrode werden mit dem Plus- bzw. Minuspol der Stromquelle verbunden.
Die Gleichspannungsquelle ist stromgeregelt. Man stellt den Strom auf 1,5 A ein,
so daß die Elektroden mit einer Stromdichte von 160 A/m2 beaufschlagt sind. Die
Zellspannung ist während der Dauer der elektrochemischen Aktivierung bei diesen
Bedingungen durchschnittlich 1,06 V, entsprechend 0,35 V je Elektrodenpaar. Nach
jeweils 7, 22, 31 und 43 Stunden Reaktionsdauer werden dem Elektrolyten Proben entnommen.
Die Analysen dieser Proben zeigen, daß sich der Elektrolyt annähernd proportional
der Reaktionszeit in Lösungen von basischen Aluminiumchloriden umwandelt, in denen
folgende stöchiometrischen Verhältnisse z. B. Al: Cl herrschen:
Nach 7 Stunden ....... Al: Cl wie 0,65: I |
Nach 22 Stunden ....... Al: Cl wie 1,25:1 |
Nach 31 Stunden . . ..... Al: Cl wie 1,58:1 |
Nach 43 Stunden ....... Al: Cl wie 2:1 |
Nach etwa 7 Stunden besteht demnach der Elektrolyt aus einer Lösung des basischen
AI-Salzes AI2(OH)3CI3 mit Al:
Cl wie 0,66:1. Bei weiterer Reaktionsdauer
werden die CI--Ionen Schritt für Schritt durch OH--Ionen ersetzt, und schließlich
wird nach 43 Stunden die Zusammensetzung des Endproduktes AI2(OH)bCl mit Al: Cl
wie 2:1 erreicht. Die Reaktion kann demnach so gesteuert werden, daß die stöchiometrische
Zusammensetzung der erhaltenen Produkte der Formel AI2(OH).Xn genügt, wobei m eine
Zahl zwischen 3 und 5, n eine Zahl zwischen 1 und 3, m -I- n = 6 und X = Cl- ist.
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Der Endpunkt der Reaktion für die Bildung eines Produktes der Formel
A12(OH).Xa , in der rz zwischen 1 und 3 liegt und nicht 1 ist, wird empirisch mit
iHlfe der gegebenen Versuchsreihe ermittelt.
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Für n = 1 gelten bezüglich des Endpunktes der Reaktion und der Zusammensetzung
des Produktes analoge Bedingungen wie im Beispiel 1. Für X = Br-oder J- ergeben
sich entsprechende Reaktionsfolgen.