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Stabilisieren von Massen, die makromolekulare Polyacetalen enthalten
Unter der Bezeichnung Polyacetale werden Polymerisate verstanden, die folgenden
Grundbaustein besitzen:
wobei an das Kohlenstoffatom vorzugsweise 2 H-Atome oder 1 H-Atom und ein Alkylrest,
der auch substituiert sein kann, gebunden sind. Polyacetale lassen sich nach verschiedenen
Verfahren herstellen. Hochgereinigter Formaldehyd kann in Gegenwart von anionisch
wirksamen Katalysatoren in inerten Lösungsmitteln polymerisiert werden. Andererseits
ist es möglich, durch Polymerisation von 1,3,5-Trioxan zu entsprechenden Polyoxymethylenen
von hohem Molekulargewicht mit guter Thermostabilität zu kommen.
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Aus höheren Aldehyden, z. B. Acetaldehyd oder Propionaldehyd, können
Polyacetale ebenfalls hergestellt werden. Die erfindungsgemäß zu verwendenden Verbindungen
sind auch bei Polymeren anwendbar, die durch Mischpolymerisation von Aldehyden oder
Ringacetalen wie Trioxan mit Formalen wie Diglykolformal oder Ringäther entstanden
sind. Solche Mischpolymerisate enthalten in der polymeren Kette außer den Acetalbindungen
Äthergruppierungen.
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Die bei der Polymerisation anfallenden Polyacetale enthalten endständige
Hydroxylgruppen. Sie zersetzen sich beim Erwärmen und müssen deshalb durch Veresterung
oder Verätherung der Hydroxylendgruppen stabilisiert werden.
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In der Hitze, die insbesondere bei der Verarbeitung von Polyacetalen
in den üblichen Verarbeitungs maschinen für Thermoplaste auftritt, sind aber auch
endgruppenstabilisierte Polyacetale mehr oder weniger instabil und neigen zur Depolymerisation
und Kettenspaltung, wobei monomere Aldehyde und ihre Folgeprodukte entstehen.
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Bei der Verarbeitung auf den üblichen Thermoplast-Verarbeitungsmaschinen
zeigt sich dies darin, daß blasige Gebilde entstehen, die wertlos sind. Auch kann
bei sehr starker Depolymerisationsneigung der Polymeren der Druck der gasförmigen
Zersetzungsprodukte im Zylinder der Spritzgußmaschine so groß werden, daß die Schmelze
aus dem Zylinder getrieben wird.
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Es ist deshalb bereits vorgeschlagen worden, Polyacetale gegen die
Einwirkung von Hitze durch Zugabe von Hydrazin-, Harnstoff- und Thioharnstoffderivaten
sowie Polyamiden und Dicarbonsäureamiden zu stabilisieren. Insbesondere sind Dicarbonsäureamide
wirksame Stabilisatoren gegen den thermischen Abbau der Polyacetale.
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Die genannten Verbindungen haben die Aufgabe, die bei der thermischen
Spaltung entstehenden Aldehyde und ihre Folgeprodukte aufzufangen und die im Polymeren
auftretenden aktiven Zentren zti blockieren und eine Depolymerisation zu verhindern.
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Noch instabiler aber sind Polyacetale gegen die gleichzeitige Einwirkung
von Sauerstoff und Hitze.
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Als Stabilisatoren gegen diesen oxydativen Abbau sind bisher Amine,
Phenole und - gemäß deutscher Auslegeschrift 1 076 363 - organische Verbindungen,
die Schwefel- und Stickstoffatome im Molekül enthalten, wie Thiodiazole, vorgeschlagen
worden. Ferner eignen sich organische Mono- und Polysulfidverbindungen.
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Als Lichtstabilisatoren wurden bekannte, im UV-Bereich wirksame Verbindungen
vom Benzophenontyp vorgeschlagen.
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Es wurde nun gefunden, daß Massen, die makromolekulare Polyacetale
enthalten, durch Zusetzen von 0,1 bis 10 Gewichtsprozent, bezogen auf das Polyacetal,
an Methylen-bis-amiden von a,B-ungesättigten Säuren, gegebenenfalls zusammen mit
einem anderen üblichen Antioxydans oder Lichtstabilisator, gegen die Einwirkung
von Hitze und Sauerstoff stabilisiert werden können. Der Schutz bezieht sich nur
auf das Zusetzen zu bereits fertigvorliegenden hochpolymeren Polyacetalen.
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Besonders geeignet sind z. B. Methylen-bis-acrylamid und Methylen-bis-crotonamid.
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Die Wirksamkeit dieser Verarbeitungsstabilisatoren kann durch Zusatz
von 0,01 bis 10 Gewichtsprozent, vorzugsweise 0,1 bis 5 Gewichtsprozent, Antioxydantien
wie Phenolen, organischen Schwefelverbindungen, in denen der Schwefel in einer -
SH-, - Sn- oder = S-Gruppe gebunden ist, wobei n eine Zahl von 1 bis4
sein
kann, oder Dicarbonsäurediamide n als Co-Stabilisatoren noch wesentlich gesteigert
werden, da bei einer Kombination dieser unterschiedlich wirksamen Stabilisatoren
ein Synergismus auftritt. So zeigen insbesondere Isobornylxylenole, die auch teilweise
hydriert sein können, wie z. B. 6-Isobornyl-2,4-xylenol in Kombination mit Methylen-bis-acrylamid,
sehr gute stabilisierende Wirksamkeit.
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Besonders stabile Produkte mit hohem Gebrauchswert können durch einen
Zusatz bekannter Lichtstabilisatoren zu den erfindungsgemäß stabilisierten Polyacetalen
erhalten werden.
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Das Vermischen der Stabilisatoren mit den hochmolekularen Polyacetalen
kann nach bekannten Methoden erfolgen. Zum Beispiel kann der feingepulverte Stabilisator
in einem Mischer in das Polyacetal eingearbeitet werden, oder die Lösung des Stabilisators
in einem Lösungsmittel wird unter Rühren auf das Polymere aufgezogen und dieses
unter Rühren im heißen Stickstoffstrom vom Lösungsmittel befreit. Andererseits können
Stabilisator und Polyacetal in einem Lösungsmittel aufgeschlemmt und anschließend
das Lösungsmittel entfernt werden.
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Weiterhin können die genannten Stabilisatoren durch Kneten in der
Schmelze in das Polymere eingearbeitet werden.
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Es können hochmolekulare Polyacetale, die freie Hydroxylendgruppen
besitzen, mit den genannten Verbindungen stabilisiert werden, vorzugsweise wird
man aber solche Polyacetale verwenden, deren Hydroxylendgruppen durchVeresterung
oder Verätherung blockiert wurden.
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Zur Charakterisierung der Verarbeitungsstabilität, die einer Thermostabilität
gleichbedeutend ist, wurde mit folgendem praxisnahem Test die Zeit ermittelt, nach
der die Depolymerisation des Polymeren beginnt.
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Der Grad des thermischen Abbaus wird durch Messung der Änderung im
Fließverhalten der Schmelze (Schmelzindex 4 bei 210°C) ermittelt. Bei dieser benutzten
Prüfmethode entspricht das Verhalten der plastischen Masse weitgehend demjenigen
bei der thermoplastischen Verarbeitung, z. B. im Zylinder einer Spritzgußmaschine.
Als Prüfgerät wird eine Apparatur verwendet, wie sie für die Messung des Schmelzindex
von thermoplastischen Massen nach ASTM-1238-52 T bekannt ist. Es besteht aus einem
beheizten Metallzylinder mit einer zylindrischen Bohrung von 9,5 mm Durchmesser,
in welche eine Düse mit einer Bohrung von 2 mm eingelassen werden kann, die im unteren
Teil des Zylinders durch eine entsprechende Vorrichtung festgehalten wird. In die
zylindrische Bohrung des Metallzylinders paßt ein Stempel mit 9,5 mm Durchmesser,
der frei bewegt und wahlweise mit 2 oder 5 kg belastet werden kann. Der Stempel
dient zum Herausdrücken der Schmelze. In den auf 210"C thermokonstant gehaltenen
Zylinder werden die einzelnen, mit den aufgeführten Stabilisatoren versetzten Polyacetale
eingebracht und fest eingestampft. Der Stempel wird nun ohne Gewicht aufgesetzt
und festgestellt, nach welcher Zeit Gasentwicklung zu beobachten ist. Mit einem
am unteren Ende des Metallzylinders befindlichen Metaliriegel wird vorher die unten
befindliche Düse verschlossen.
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Die bei der Depolymerisation entstehenden Gase drücken den Stempel
hoch und zeigen so die beginnende Zersetzung an.
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Außerdem wird nach 5, 15 und 30 Minuten Verweilzeit im Gerät bei
210"C der Schmelzindex i2
(2kg Belastung) der einzelnen Proben in bekannter Weise
bestimmt. Die bei der Schmelzindexmessung ausfließende plastische Masse wird auf
Blasenbildung untersucht.
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Die Polyacetale wurden, wie in den Beispielen angegeben, mit den
Stabilisatoren vermischt und zu Prüfplatten verpreßt. Die Tabelle zeigt die an den
einzelnen Mischungen gefundenen Werte für Depolymerisationsneigung, Schmelzindex
(gemessen an der Pulvermischung), Alterungsbeständigkeit in derWärme und Lichtstabilität
(gemessen an den Preßplatten) im Vergleich mit den entsprechenden Werten für unstabilisiertes
Polyoxymethylen und mit Malonsäurediamid stabilisiertem. Die angegebenen Teile sind
Gewichtsteile, die angegebenen Prozente Gewichtsprozente, bezogen auf das Polyacetal.
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Die Schmelzindizes 4 wurden bei 210"C ermittelt.
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Hierbei wird das Gewicht in Gramm der innerhalb von 10 Minuten ausfließenden
Schmelze bestimmt, die von einem Gewicht von 2 kg aus der Düse herausgedrückt wird.
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Die für die Versuche verwendeten acetylierten Polyoxymethylene haben
eine Lösungsviskosität, gemessen an einer 0,5zeigen Lösung des Polymeren in Butyrolacton
bei 1400 C, unter Zusatz von 2 °/0 Diphenylamin als Stabilisator von 0,3 bis 3 dl/g,
vorzugsweise von 0,5 bis 2 dl/g.
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Beispiel 1 Von einem Polyacetal, das durch Polymerisation von Trioxan
hergestellt und das dann acetyliert wurde, werden 100 Gewichtsteile mit 1 Gewichtsteil
Methylenbis-acrylamid in 100 Gewichtsteilen Methanol unter Rühren versetzt und das
Methanol unter Rühren in einem heißen Stickstoffstrom bei 80"C entfernt. Zur weitgehenden
Trocknung wird die Probe 2 Stunden bei 70"C im Vakuum-Trockenschrank gehalten. Das
stabilisierte Pulver wird im oben beschriebenen Prüfgerät bei 210"C auf seine Neigung
zur Depolymerisation geprüft. Außerdem werden aus dem Pulver 0,5mm starke Preßplatten
(gepreßt bei 190"C und einem Druck von 50 kg/cm2, der beim Erkalten auf 100 kg/cm2
erhöht wird) hergestellt, und die Alterungsbeständigkeit in der Wärme durch Tempern
in einem Wärmeschrank bei 120"C und die Lichtbeständigkeit unter einer UV-Lampe
im Fadeometer und im Xenon-Testgerät ermittelt. Zum Vergleich wird das Polyoxymethylen
außerdem in entsprechender Weise mit Malonsäurediamid stabilisiert. Die Ergebnisse
der Prüfung sind in der Tabelle aufgeführt.
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Beispiel 2 Von einem Polyacetal, das durch Polymerisation von Trioxan
hergestellt und das dann acetyliert wurde, werden 100 Gewichtsteile mit 1 Gewichtsteil
Methylenbis-acrylamid in 100 Gewichtsteilen Methanol und 1 Gewichtsteil Isobornylxylenol
in 100 Gewichtsteilen Aceton wie im Beispiel 1 behandelt und untersucht (Tabelle).
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Beispiel 3 Von einem Polyacetal, das durch Polymerisation von Trioxan
hergestellt und das dann acetyliert wurde, werden 100 Gewichtsteile mit 1 Gewichtsteil
Methylen-bis-acrylamid in 100 Gewichtsteilen Methanol und 1 Gewichtsteil Bistearylsulfid
wie im Beispiel 1 behandelt und die Zersetzungsneigung beobachtet (Tabelle).
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Depolymerisation, Schmelzindex und Versprödung von Preßplatten bei
Wärmeschranklagerung und Lichteinwirkung verschieden stabilisierter acetylierter
Polyacetale
Begin- Wärme- Versprödung |
Menge Zeit Schmelzindex i, Be- 210"C schrank- Licht- |
Stabilisator setzung Schmelzindex i2 bei 120"C heit lagerung
einwirkung |
bei 210"C der Beginn der Fadeo- Xenon- |
Gewichts- nach Schmelze Versprödung meter lampe |
prozent Minuten 5 Min. 15 Min.I 30 Min. nach Tagen [h] [h] |
ohne - sofort nicht meßbar starke blasig i 2 24 60 |
stark Zer- |
setzung . |
14 Blasen |
Malonsäurediamid 1 sofort 48,0 65,4 68,4 blasig 5 24 168 |
Methylen-bis- 1 2 gering 47,2 66,9 - vereinzelt 5 24 144 |
acrylamid Blasen |
2 Methylen-bis-acryl- 1 |
amid + Isobornyl- 1 8 gering 36,0 39 42,3 blasen- 7 48 168 |
xylenol frei |
3 Methylen-bis-acryl- 1 |
amid + Bistearyl- 1 11 gering 30,0 30,0 32,6 blasen- 7 24 144 |
sulfid frei |