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Verfahren zur Herstellung von Polymerisaten mit erhöhtem Erweichungspunkt
Bei verschiedenen Kunststoffen würde die Erhöhung des Erweichnungspunktes um nur
wenige Grad Celsius einen großen Fortschritt bedeuten und die praktischen Anwendungsmöglichkeiten
der Kunststoffe erheblich erweitern. Beispielsweise würde Polystyrol kochfest werden,
Polycyclohexylmethacrylat würde sich zur Herstellung von wärmestandfesten photographischen
Linsen eignen, und auch für Polymethacrylsäuremethylester ist eine Erhöhung des
Erweichungspunktes für verschiedene Zwecke erwünscht.
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Es wurde nunmehr gefunden, daß man Polymerisate mit erhöhtem Erweichnungspunkt
erhält, wenn man monomere wasserunlösliche oder nur geringfügig lösliche Vinylverbindungen
mit Hilfe von Emulgatoren, die zur Bildung umgekehrter Emulsionen befähigt sind,
zu einer Emulsion vom Typ Wasser-in-Öl emulgiert und mit radikalbildenden Verbindungen,
vorzugsweise monomerenlöslichen Radikalbildnern, polymerisiert.
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Zur Herstellung derartiger umgekehrter Emulsionen vom Typ Wasser-in-Öl
eignen sich als Emulgierhilfsmittel hochmolekulare, monomerenlösliche, filmbildende
Substanzen vorzugsweise cyclisierter Kautschuk oder filmbildende Homo- oder Mischpolymerisate
auf der Basis von Vinylmonomeren, die einen mindestens 8 Kohlenstoffatome enthaltenden
Rest tragen. Die zur Herstellung dieser Homo- oder Mischpolymerisate verwendeten
Monomeren können weiterhin Hydroxylgruppen enthalten.
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Beispielhaft seien als Vinylmonomere der vorstehend genannten Art
Methacrylsäuredodecylester, ferner Acrylsäureester sowie Vinylester mit einem mindestens
8 Kohlenstoffatome enthaltenden Rest, Maleinsäurehalbester oder Fumarsäurediester
mit längerer Kohlenstoffkette genannt. Geeignete Emulgierhilfsmittel stellen sowohl
die Homopolymerisate dieser Vinylmonomeren, soweit solche herstellbar sind, als
auch Copolymerisate dieser Verbindungen untereinander dar. Darüber hinaus können
vorteilhafterweise auch Copolymerisate dieser Vinylmonomeren mit anderen beliebigen
olefinisch ungesättigten Verbindungen wie Styrol oder substituierten Styrolen, Athylen,
Vinylester, Vinyläthern, Allyläthern oder Diolefinen, wie Isopren oder 2,3-Dimethylbutadien,
zul Anwendung kommen. In bevorzugter Weise werden als filmbildende Copolymerisate
solche aus Styrol und Methacrylsäuredodecylester, aus Methacrylsäurecyclohexylester
und Methacrylsäuredodecylester oder solche aus Methacrylsäurecyclohexylester, Methacrylsäuredodecylester
und Methacrylsäurehydroxyäthylester gegebenenfalls unter Mitverwendung von Acryl-
säureestern
eingesetzt. Es ist selbstverständlich ohne weiteres möglich, auch Mischungen der
genannten Emulgierhilfsmittel untereinander zu benutzen.
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Es sind zwar bereits umgekehrte Emulsionen bei Verwendung von wasserunlöslichen
Alkalisalzen von Mischpolymerisaten aus wasserunlöslichen Vinylverbindungen mit
a"6-ungesättigten Dicarbonsäuren (mit Estergruppierungen mit mehr als 8 Kohlenstoffatomen)
beobachtet worden. In diesen Fällen handelt es sich indessen um eine Fähigkeit der
emulgierten Substanz (z. B. des Cyclokautschuks) selbst als umgekehrt wirkender
Emulgator zu fungieren, nicht dagegen um eine Wirkung des Mischpolymerisat-Alkalisalzes,
da die wasserunlöslichen Alkalisalze solcher Mischpolymerisate offensichtlich nicht
umgekehrt emulgierend wirken können.
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Die Herstellung der als Emulgierhilfsmittel zu verwendenden Homo-
oder Copolymerisate erfolgt in an sich bekannter Weise bzw. nach üblichen Methoden.
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Das Verfahren der vorliegenden Erfindung, d. h., die Polymerisation
in umgekehrter Emulsion mit Hilfe bestimmter Emulgierhilfsmittel ist auf eine große
Zahl verschiedener Monomerer, die in Wasser nicht oder nur in geringem Umfange löslich
sind und die sich zu Kunststoffen polymerisieren lassen, anwendbar. Besondere Bedeutung
kommt dem vorliegenden Verfahren bei der Polymerisation von Styrol bzw. substituierten
Styrolen, Estern der Methacrylsäure, wie beispielswelse Methacrylsäuremethylester
der Methacrylsäurecyclohexylester, zu, das Verfahren ist aber auch ohne weiteres
auf die Polymerisation einer großen Zahl anderer wasserunlöslicher Monomerer, wie
z. B. Vinylester, Acrylsäureester, anwendbar.
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Geeignete Katalysatoren für Polymerisationen nach dem vorliegenden
Verfahren stellen die üblichen radikalbildenden Peroxyde und stickstoffhaltigen
Verbindungen dar, wie Benzoylperoxyd, Cumolhydroperoxyd, Lauroylperoxyd, Methanhydroperoxyd,
Dichlorb enzoylperoxyd oder a,a'-Azodiisobuttersäurenitril, in üblichen Mengen,
d. h. zweckmäßig etwa 0,1 bis 5 Gewichtsprozent, berechnet auf Monomeres. Zur Herabsetzung
der Polymerisationstemperatur oder zur Beschleunigung der Polymerisation können
die für die Redoxpolymerisation bekannten Reduktionsmittel, z. B. Amine (Triäthanolamin,
Diäthylentriamin) oder Schwefelverbindungen in deren niederen Wertigkeitsstufen,
z. B. Alkali-bisuliìte oder -pyrosulfite, Formaldehydsulfoxylat, Formamidinsulfinsäure
oder auch Schwermetallsalze z. B. des Eisens oder Kupfers, gegebenenfalls in Gegenwart
von Komplexbildnern wie Pyrophosphaten oder Äthylendiamintetraessigsäure, zugesetzt
werden.
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Bei umgekehrten Emulsionen ist das Monomere immer in der Grenzfläche
zu Wasser in größerer Menge vorhanden als bei einer normalen Emulsion vom Monomeren
in Wasser. Bei der Herstellung der Emulsion geht man im allgemeinen so vor, daß
man zunächst eine Lösung des Emulgierhilfsmittels in dem zu polymerisierenden Monomeren
herstellt, die auch den Polymerisationskatalysator enthält. Die Konzentration des
Emulgierhilfsmittels beträgt hierbei im allgemeinen 5 bis 30°/e, vorzugsweise 1
bis 100/o, berechnet auf Monomeres. Die Lösung wird dann mit der gesamten einzusetzenden
Menge Wasser intensiv gemischt, bis sich eine stabile Emulsion bildet. Die hierbei
einzuhaltenden Wasser-Monomeren-Verhältnisse liegen etwa zwischen 20 : 1 und 0,5
: 1, zweckmäßig bei etwa 5 : 1. Die so hergestellten umgekehrten Emulsionen zeigen
meist eine cremeartige Konsistenz und werden bei Temperaturen, die sich nach dem
jeweils anzuwendenden Katalysatorsystem richten und im allgemeinen zwischen +10
und +1000 C liegen, ohne zu rühren auspolymerisiert.
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Beispielsweise stellt man dieserart eine 15- bis 20°/Oige Lösung
von Cyclokautschuk in Styrol her, die gleichzeitig als Polymerisationskatalysator
Azodiisobuttersäuredinitril enthält, vermischt mit der doppelten Menge Wasser und
polymerisiert ohne Rühren bei 80 bis 900 C. Als Endprodukt entsteht ein fester Block,
der sich völlig trocken anfühlt, obwohl er zu zwei Drittel seines Gewichtes aus
Wasser besteht. Im Vakuum läßt sich das Wasser heraustrocknen, wobei man einen Polystyrolschaum
erhält, während bei Raumtemperatur das Wasser wochenlang im Polymerisat verbleibt.
Zur schnelleren Trocknung wird das Polymerisat gemahlen. Ein durch Verpressen von
getrocknetem Polymerisat hergestellter Formkörper kann 1 Stunde lang in Wasser gekocht
werden, ohne daß eine Formänderung des Prüfkörpers eintritt, während ein Vergleichs
stück aus einem handelsüblichen Polystyrol völlig deformiert wird.
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Verwendet man als Emulgierhilfsmittel ein Mischpolymerisat aus Methacrylsäurecyclohexyl-,
Methacrylsäuredodecyl- und Methacrylsäure-hydroxyäthylester, so kann man eine stabile
Emulsion, bereits mit 5 o des Emulgierhilfsmittels, berechnet etbf das Monomere,
herstellen. Trotzdem das Meliacrylester-Mischpolymerisat relativ weich ist und einen
Weichmachereffekt hervorrufen müßte, ist der Erweichungspunkt der damit hergestellten
Polymerisate nach dem erfindungsgemäßen Verfahren erhöht. Eine weitere
Erhöhung des
Erweichungspunktes ist möglich, wenn man die Emulgierhilfsmittel z. B. durch Extraktion
nach an sich bekannten Methoden aus dem Kunststoff entfernt.
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Die nach dem Verfahren erhältlichen Produkte eignen sich für die
Herstellung von Formkörpern, Überzügen und Folien der verschiedensten Art.
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Die in den nachfolgenden Beispielen angeführten Teile sind Gewichtsteile,
soweit nicht anders angegeben.
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Beispiel 1 15 Teile Cyclokautschuk und 0,5 Teile Azodiisobuttersäuredinitril
werden in 85 Teilen Styrol gelöst und mit 200 Volumteilen auf 700 C erwärmten Wassers
mit Hilfe eines Schnellrührers unter CO2-Atmosphäre zu einer beständigen Emulsion
gemischt.
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Ohne zu rühren wird die Emulsion in einem verschlos senen Gefäß 24
Stunden lang auf 800 C und anschließend noch 24 Stunden lang auf 900 C erwärmt.
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Nach dieser Zeit ist bei vollständigem Umsatz ein fester Polymerisatblock
entstanden, der die gesamte Wassermenge in Form feinverteilter Tröpfchen enthält.
Der Vicatgrad des Produktes beträgt 1140 C, während der eines handelsüblichen Polystyrols
90 bis 1000 C beträgt. Nach analogem Verfahren wurden die in der folgenden Tabelle
aufgeführten Polymerisationsansätze ausgeführt.
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Beispiele 2 bis 5
Lfd. Nf. |
2131415 |
Styrol, Gewichtsteile 80 95 |
Methacrylsäure- |
methylester . ... 95 |
Cyclohexyl- |
methacrylat . ... 95 |
Cyclokautschuk . 20 |
OH-Polymerisat *) 5 5 5 |
Azodiisobuttersäure- |
dinitril . . . . 0,5 0,5 |
Lauroylperoxyd ... 0,5 0,5 |
Wasser . . .. 200 200 200 200 |
Polymerisations- |
temperatur, ° C . . 80 80 80 80 |
Zeit, Stunden . . 48 48 2,5 2,5 |
Kochprobe 1 Stunde |
1000 C . . . gut gut |
Vicatgrad, ° C . . 111 113 127 107 |
*) Mischpolymerisat aus 10 Gewichtsteilen Methacrylsäurehydroxyäthylester, 48 Gewichtsteilen
Dodecylmethacrylat, 21 Gewichtsteilen Cyclohexylmethacrylat, 21 Gewichtsteilen Acrylsäureäthylester.
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Beispiele 6 bis 10 Zur Herstellung der in der nachstehenden Tabelle
aufgeführten umgekehrten Monomerenemulsionen wurden als Emulgatoren Saccharose-distearat
(als A bezeichnet) bzw. Saccharose-dilaurat (als B bezeichnet) verwendet.
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Die monomerenlöslichen Aktivatoren wurden vor dem Herstellen der
umgekehrten Emulsion in der organischen Phase gelöst, während die wasserlöslichen
Aktivatoren der wäßrigen Phase beim Einmischen zugesetzt wurden. Zur Polymerisation
wurden die umgekehrten Emulsionen in offene, beschichtete Pappbecher gegossen und
mit einem Uhrglas bedeckt. Die Emulsion des Beispiels 7 polymerisiert bereits bei
Raumtemperatur und liefert im Verlauf von wenigen Tagen einen harten festen Block,
der geschnitten werden kann und sich nach dem Abtrocknen der Oberfläche völlig trocken
anfühlt, obgleich er zu einem erheblichen Anteil aus Wasser besteht. Beim Erhitzen
im Vakuumtrockenschrank auf Temperaturen zwischen 50 und 900 C läßt sich dieses
Polymerisat sowie auch die übrigen Polymerisate dieser Tabelle trocknen und in poröses
Material von relativ geringer Dichte überführen.
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Die Emulsion des Beispiels 8 wird bei 300 C im Trockenschrank polymerisiert
und liefert ein prinzipiell gleichartiges Produkt.
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Die umgekehrten Emulsionen der Beispiele 6, 9 und 10 werden in völlig
analoger Weise bei 450 C polymerisiert, wobei vorteilhafterweise unter Stickstoffatmosphäre
gearbeitet werden kann.
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Die mit wasserlöslichen Aktivatoren polymerisierten umgekehrten Emulsionen,
d. h. beispielsweise die Emulsion des Beispiels 8, liefert Polymerisate, die nach
dem Trocknen noch anorganische Substanz enthalten und so trübe Preßlinge ergeben.
Falls man diese Polymerisatblöcke nicht als Schaumstoffe direkt einsetzen will,
entfernt man diese anorganischen Substanzen zweckmäßig nachträglich. In vielen Fällen
jedoch, beispielsweise bei Einsatz dieser Schaumstoffe als Bauelement für Dekorationen
oder Isolierstoffe, stören diese Verunreinigungen praktisch nicht.
Beispiel |
6 7 8 9 10 |
Monomere |
Styrol ............. . 100 80 100 95 100 |
Methylmethacrylat . . 5 |
Methylacrylat . . 5 |
Divinylbenzol ............... .. 20 |
Maleinsäuremonocyclohyxylester . 10 |
Maleinsäureglykolpolyester . 15 |
Emulgator-Typ . A A B B A |
Emulgator-Menge . . 6 5 10 6 15 |
Aktivator |
Benzoylperoxyd .. 2 |
Kaliumpersulfat ... 2 |
Natriumpyrosulfit .. 2 |
pDimethyltoluidin .. 1 |
Azodiisobutyronitril . 1 1 1,5 |
Wassergehalt . . 20 500 1000 60 50 |
Puffer (Natriumacetat) . 4 |