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Verfahren zur Entsäuerung von Wasser mit magnesiumoxydhaltigen Filtermassen
Zentrale Wasserversorgungen, besonders diejenigen, die auf Grundwasser basieren,
benötigen in den meisten Fällen Aufbereitungsanlagen, um das Wasser hygienisch einwandfrei
zu halten und es weiterhin von Stoffen zu befreien, die sich nachteilig auf das
kostspielige Rohrnetz auswirken. Ein übliches Erfordernis solcher Anlagen ist die
Entsäuerung des Wassers.
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Bei der Entsäuerung handelt es sich um die Entfernung oder Bindung
der aggressiven Kohlensäure, die sowohl metallene als auch Zementrohre zerstört.
Soweit diese aggressive Kohlensäure nicht mechanisch durch viel Raum beanspruchende
Anlagen (Verrieselung, Verstäuben, Verregnen usw.) entfernt wird, muß sie durch
Neutralisation gebunden werden, wobei man soweit als möglich von teuren Dosierungsaggregaten
absieht und statt dessen kontinuierlich arbeitende Filter einsetzt. An Stelle der
früheren, wenig reaktionsfähigen und bald inaktiv werdenden Marmorfilter sind in
den letzten Jahrzehnten die sogenannten alkalischen Filtermassen getreten, die außerordentlich
reaktionsfähig sind und gleichzeitig das im Rohwasser enthaltene Eisen bei entsprechender
Belüftung in leicht abspülbarer Form abscheiden und filtern. Einer besonderen Wartung
bedürfen solche Filter meist nur in der ersten Zeit, in der infolge der Alkalität
der Filtermasse bei karbonathärtehaltigen Wässern in den unteren Filterschichten
eine Calciumkarbonatabscheidung eintritt, die zum Verkleben der einzelnen Filterkörner
führt und bei nicht rechtzeitiger Rückspüluncg ein totales Verbacken der Masse nach
sich ziehen kann. Der Verkittungsvorgang wird dadurch gefördert, daß die durch Brechen
gewonnenen Filterkörner kantigen Charakter mit ebenen Oberflächen besitzen, die
dann durch das Caleiumkarbonat vermörtelt werden und bei stärkeren Abscheidungen
dann durch das Rückspülen kaum noch zu trennen sind. Bei diesen alkalischen Filtermassen
wirkt vorzugsweise die Magnesia entsäuernd, die im Gegensatz zu dem nahezu äquimolekularen
Anteil des Filtermaterials an Calciumkarbonat in gebrannter, aktiver Form vorliegt.
Das Material erleidet beim Einbringen in Wasser eine Hydratation, jedoch keine Kornveränderung
wie z. B. gebrannter Stückenkalk. Sein Anwendungsgebiet erstreckt sich im allgemeinen
auf die Entsäuerung kohlensäurehaltiger Wässer und deren Enteisenung und Entmanganung.
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Zur Entsäuerung saurer Abwässer, wie z. B. schwefelsaurer Nitrierabwässer
oder Beizab)Arässer, ist das Material wegen seiner starken Kohlensäureentwicklung
und vor allem wegen der schnellen Inaktivierung durch einen Gipsüberzug nicht verwendbar.
Versuche haben ergeben, daß bereits 0,5%ige Schwefelsäure. das Material in kürzester
Zeit durch Reaktion mit dem in dem Material enthaltenen Calciumkarbonat mit einem
Gipsüberzug versieht und es dadurch völlig unangreifbar macht.
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Man hat auch versucht, gebrannten und gebrochenen, körnigen Magnesit
zur Entsäuerung aggressiver Wässer heranzuziehen. Bei der Entsäuerung kohlensäurehaltiger
Trink- und Brauchwässer treten jedoch die Verklebung durch die Calciumkarbonatausscheidungen
in stärkerem Maße auf als bei den bekannten alkalischen Filtermassen, da das Material
alkalischer wirkt. Zwar läßt sich die Verbackung auch hier durch anfänglich häufige,
Rückspülung einigermaßen beheben, besonders wenn geringe Schichthöhen gewählt werden,
doch ist die Festigkeit des einzelnen Kornes außerordentlich stark mechanischen
Beanspruchungen gegenüber angreifbar und zerfällt bei den einzelnen Rückspülungen
mehr und mehr zu Feinkom, wenn es auch bei weitem nicht das Feinkom einer Kalkmilch
erreicht. Durch diesen Zerfall wird der Wasserdurchgang schließlich so stark behindert,
daß das Filter unbrauchbar wird, Außerdem werden beim Rückspülen beträchtliche Mengen
des Feinkomes mit abgeschwemmt, so daß untragbare Verluste entstehen. Metallsalzhaltige
Beizwässer führen durch die Abscheidung von Metalloxyden bei solchem Feinkorn in
kürzester Zeit zu Verstopfungen.
Es hat sich nun herausgestellt,
daß sich Mischungen von Magnesiumsalzen mit Magnesiumoxyd, die in bekannter Weise
erhärten und als Sorelzemente bekannt sind, unter gewissen Bedingungen als vorzügliche
alkalische Filtermassen verwenden lassen.
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Bekanntlich vermögen solche Gemische unter Aufnahme, gewisser Füllstoffe
und unter Beibehaltung ihrer Festigkeit zu erhärten. In der Bautechnik haben sie
sich als sogenanntes Steinholz in gewissem Maße eingeführt, allerdings nur im Innenbau,
da Sorelzemente gegenüber Wasser nicht beständig sind. Soweit derartige Baumaterialien
mit Wasser in Berührung kommen (z. B. Steinholzfußböden), müssen sie durch eine
entsprechende Einölung und Wachsung geschützt werden.
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Das Mischungsverhältnis Magnesiumoxyd zu Magnesiumsalz, z. B. Mg O:
Mg S O4, kann in weiten Grenzen schwanken, soll aber das Molverhältnis 6: 1 möglichst
nicht unterschreiten, z. B. nicht auf 4: 1 heruntergehen. Zweckmäßig ist es, möglichst
wenig Magnesiumchlorid oder Sulfat anzuwenden, um das Material nicht zu hart und
den mit dem Magnesiumbikarbonat in Lösung gehenden Anteil an Chloriden oder Sulfaten
möglichst niedrig zu halten. Es hat sich herausgestellt, daß sich Mischungen mit
Mindestgehalten von etwa 84 % Mg O, wie sie bisher in der Technik nicht zur Anwendung
kamen, überraschenderweise wasserbeständig, ja sogar kochbeständig sind und sich
daher in der Wasseraufbereitungstechnik wegen des hohen MgO-Gehaltes ausgezeichnet
als Entsäuerungs- und Filterinaterial verwenden lassen. Sie können in bekannter
Weise verformt werden, wobei man vorzugsweise eine kugelige Form wählt, die bei
der Filtration völlig unverändert bleibt, soweit nicht durch die entsäuernde Wirkung
eines sauren Wassers eine Schichtabtragung erfolgt. Die Festigkeit des Kornes wird
durch die ständige Wasserbehandlung in keiner Weise beeinflußt, und ein Zerfall
des geformten Kornes findet nicht statt.
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Dieses Material hat gegenüber den bisher in der Wasseraufbereitungstechnik
angewandten alkalischen Fiterinassen den Vorteil, daß die bei hohem MizO-Gehalt
je nach Bedarf frei von Karbonaten gehalten werden können und daher bei der
Entsäuerung kohlensäurchaltiger Wässer eine geringere Aufhärtung hervorrufen. Gegenüber
stückiger Magnesia bietet es die Sicherheit, daß das Korn sehr stabil ist und seine
Form auch bei starker mechanischer Beanspruchung beibehält. Bedeutsam für die Praxis
ist, daß die Verklebung durch bei der Entsäuerung karbonathärtehaltiger Wässer sich
vorübergehend ausscheidendes Caleiumkarbonat auf die geringste Möglichkeit reduziert
werden kann, da sich bei einer kugelförmigen Verformung die einzelnen Filterkömer
nur an einzelnen Punkten berühren und infolgedessen keine durchgehende Vermörtelung
stattfinden kann. Zusammenhaftende Kugelagglomerate zerfallen bei der geringsten
mechanischen Beanspruchung wieder in einzelne Kugeln, so daß der Wasserdurchgang
in keiner Weise gehemmt wird. Bei mineralsauren Wässern, wie z. B. schwefelsauren
Abwässern, bleibt das Material bis zum endgültigen Verbrauch aktiv, da das entstehende
Magnesiumsulfat im Gegensatz zu dem bei kalkhaltigem Entsäuerungsmaterial auftretenden
Gips wasserlöslich ist.
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In bekannter Weise können den Massen den jeweilgen Aufgaben der Wasseraufbereitung
entsprechende Zusätze beigegeben werden, wie sie in den Beispielen 1 bis 3 genannt
sind. Soll ein Wasser lediglich entsäuert werden, so wendet man nur eine Mischung
von verdünnter Chlonmagnesiumlauge (spezifisches Gewicht etwa 1,14) an und fügt
so viel Magnesiumoxyd zu, daß eine dickliche Masse entsteht. Aus dieser fertigt
man das Filterinaterial in gewünschter Form und Komgröße an. Im allgemeinen haben
die Massen nach 3 Tagen genügend Festigkeit, um dauernd im Wasser verbleiben
zu können. Sie bleiben auch im Warinwasser, ja sogar im kochenden Wasser stabil.
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Ausführungsbeispiel 1 720g Magnesia, feinst gemahlen von etwa 90%,
werden allmählich mit einem Gemisch von 400 cem Chlormagnesiumlösung, spezifisches
Gewicht 1,14, und 200 g Phosphorsäure von 85 % versetzt. Die zum Teil bröcklige
heiße Masse wird noch mit etwa 100 ccm Wasser zu einem knetbaren Brei angeteigt
und zu kleinen Kugeln oder dünnen Platten verformt, die nach 4 Tagen hart sind und
in bestimmte Körnungen gebrochen werden. Die Masse eignet sich, nachdem sie einige
Zeit gewaschen worden ist, um das überschüssige Chlormagnesium zu entfernen, als
Entsäuerungsmaterial und wirkt gleichzeitig als Phosphatfilter zum Rohrschutz.
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Ausführungsbeispiel 2 300 g Magaesia von 90 % werden
mit 375 g Calciumsulfit und 300 g Chlormagnesiumlauge mit einem spezifischen
Gewicht von 1,14 vermischt und gegebenenfalls noch 100 cem Wasser hinzugefügt.
Nach kräftigem Durchkneten wird verformt. Die Masse ist nach einigen Tagen hart
und kann nach gründlichem Auswaschen als Antichlorfiltermasse Verwendung finden.
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Fügt man bei der Bereitung der Mischung noch etwas frischgefällten
Braunstein als Katalysator hinzu, so kann die gewonnene Filterinasse zur Sauerstoffentfernung
aus Warmwasseranlagen benutzt werden (Korrosionsschutz). Ausführungsbeispiel
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Zu einem Brei aus 700g feinstgemahlener Magnesia von 90 % und 400
g Chlormagnesiumlauge werden allmählich 17g gelöstes Silbernitrat
gefügt, das Gemisch gut geknetet und zu einer körnigen Filtermasse verformt. Nach
2 Tagen wird die Masse mit Leitungswasser gewaschen und kann dann zur Filtration
und Entkeirnung bakterienhaltiger Wässer verwendet werden. Im allgemeinen ist das
filtrierte Wasser nach 3 bis 4 Stunden durch die oligodynamische Wirkung
der gelösten Silberspuren völlig keimfrei.