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Kontinuierliches Verfahren zur Gewinnung von reinem Schwefeldioxyd
aus SO, enthaltenden Gasen Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Gewinnung
von reinem Schwefeldioxyd aus SO, enthaltenden Gasen, insbesondere aus
SO, und C02 enthaltenden Rauchgasen, Röstgasen oder bei der Zersetzung von
Ca S 04 mit Kohle anfallenden Gasen.
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Es sind zu diesem Zweck bereits Verfahren bekannt, bei welchen das
Gasgemisch mit als Waschmittel für SO2 bekannten organischen Basen in flüssiger
Phase ausgewaschen wird, wobei S OZ aus dem Gasgemisch entfernt und sodann aus der
beladenen Waschlösung in an sich bekannter Weise, beispielsweise durch Erhitzung,
gewonnen wird, während die Waschflüssigkeit anschließend regeneriert und in den
Prozeß zurückgeführt wird. Mit der Abtrennung wird in der Regel gleichzeitig eine
Konzentrierung des Schwefeldioxyds erstrebt.
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Bei den bekannten Verfahren soll dabei eine Oxy dation des in der
Waschbase gebundenen Schwefeldioxyds nach Möglichkeit vermieden werden, da die damit
verbundene Sulfatbildung zu einem entsprechenden Verlust an Schwefeldioxyd führt
und für die entstehenden Sulfate in der Regel keine Verwendungsmöglichkeit gegeben
ist. Diese Verhinderung der Sulfatbildung bereitet erhebliche Schwierigkeiten, insbesondere
soweit das S02-haltige Gasgemisch auch sauerstoffhaltige Gase enthält.
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Der Hauptnachteil der bekannten Verfahren besteht darin, daß zur Vermeidung
der erwähnten Sulfatbildung die Bindung des Schwefeldioxyds in der Waschbase bei
niedrigen Temperaturen vorgenommen werden soll, was zu geringer Trennschärfe führt.
Ein weiterer wesentlicher Nachteil der bekannten Verfahren besteht in den (häufigen)
Fällen, wo SO,
aus daneben CO, enthaltenden Gasgemischen abgetrennt
werden soll; da C 02 gleichfalls in der Waschbase gebunden und bei der anschließenden
Erwärmung ebenfalls ausgetrieben wird, gelingt die Abscheidung des SO" in
diesen Fällen nur zusammen mit C02, was für viele Anwendungszwecke äußerst unerwünscht
ist.
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Die Erfindung geht demgegenüber von solchen Fällen aus, in denen eine
teilweise Sulfatbildung zugelassen werden kann, beispielsweise weil eine entsprechende
Verwendungsmöglichkeit für das entstehende Sulfat gegeben ist. Für diesen Fall,
d. h. bei Zulassung einer teilweisen Sulfatbildung, hat sich gemäß der Erfindung
ergeben, daß die Trennschärfe der S 02-Abtrennung aus dem Gasgemisch gegenüber den
bisher erreichbaren Werten wesentlich erhöht werden kann.
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Zu diesem Zweck wird das genannte Verfahren gemäß der Erfindung so
ausgestaltet, daß in einer ersten Stufe die Auswaschung des SO, in an sich
bekannter Weise vorgenommen wird und in einer zweiten Stufe die beladene Waschlösung
aus der ersten Stufe bei gegenüber der ersten Stufe erhöhtem Druck und erhöhter
Temperatur durch Zufuhr sauerstoffhaltiger Gase unter Sulfatbildung so weit oxydiert
wird, daß eine selektive Abtrennung des S 02 aus der in der zweiten Stufe abgezogenen
Waschlösung ermöglicht wird. Vorzugsweise können beide Stufen des Verfahrens in
ein und derselben Apparatur ausgeführt werden.
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Durch diese Maßnahme, nach der vollkommenen Bindung des
SO, durch die Waschbase eine teilweise Oxydation unter Sulfatbildung zuzulassen,
wobei diese Oxydation jedoch im wesentlichen ausschließlich in der löslichen, d.
h. flüssigen Phase und nicht in der gasförmigen Phase stattfindet, ergeben sich
eine Reihe wichtiger Vorteile: 1. Der Schwefeldioxyd-Partialdruck, bis zu dem eine
S OZ-Abtrennung aus den Mischgasen möglich ist, liegt niedriger als bei den, bekannten
Verfahren; die S OZ-Abtrennung ist daher vollkommener; d. h., der restliche S02-Gehalt
in Fabrikabgasen, der meist über der zulässigen Grenze liegt, kann gemäß der Erfindung
unter diese Grenze abgesenkt werden. Dies beruht darauf, daß durch die genannte
Oxydation das Gleichgewicht Base-S02 fortgesetzt gestört und im Sinne einer Verminderung
des S Oz-Dampfdruckes verlagert wird.
2. Dies hat weiter zur Folge,
daß nur eine geringe Menge Basen für das Verfahren benötigt wird, was im Hinblick
auf die endgültige Wiedergewinnung und die kontinuierliche Rückführung der Base
während des Verfahrens von Bedeutung ist.
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3. Besonders vorteilhaft ist das Verfahren gemäß der Erfindung, wenn
das Schwefeldioxyd neben Gasen vorliegt, die ebenfalls in den als Waschmittel verwendeten
Basen gebunden und gegebenenfalls unter den gleichen Bedingungen wie das
SO, aus diesen ausgetrieben werden wie beispielsweise C02. In diesem Fall
verschieben die Bedingungen, welche die teilweise Oxydationdes SO, zu S03
in der flüssigen Phase (d. h. strenggenommen die Oxydation der Verbindung S 02 -
Absorptionsmittel zu S 03 - Absorptionsmittel) begünstigen, und die damit verbundene
Verminderung des pH-Wertes der Flüssigkeit das Gleichgewicht der Umsetzung des C02
mit der Waschbase in Richtung der Zersetzung. Indem also in Fällen, wo dies angängig
ist, gemäß der Erfindung eine Teiloxydation des gebundenen Sulfits in der flüssigen
Phase zum Sulfat in Kauf genommen wird, wird die Trennleistung des Verfahrens wesentlich
erhöht, und zwar sowohl hinsichtlich der Bindungskapazität der verwendeten Waschbasen
(die erforderliche Menge organischer Waschbase, bezogen auf die abgeschiedene S
02-Menge, verringert sich) als auch hinsichtlich der Selektivität (der S Oz-Partialdruck,
bis zu welchem eine Abtrennung erfolgt, ist niedriger als bei den bekannten Verfahren).
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Das abgetrennte S 02 wird dabei in reiner Form, insbesondere nicht
durch C02 Beimengungen verunreinigt, erhalten; das Anteiligkeitsverhältnis von
SO, und SO, kann dabei durch entsprechende Wahl der Arbeitsbedingungen
beliebig festgelegt werden.
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Nach einer bevorzugten Ausführungsform der Erfindung ist vorgesehen,
daß die Temperatur in der zweiten Stufe zwischen 30 und 150°C und der Druck dementsprechend
zwischen 10 und 1 Atm. abs. gewählt werden.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung kann ohne Schwierigkeit unter Verwendung
herkömmlicher Apparaturen, beispielsweise in einem (oder mehreren) Absorptionsturm
bzw. -säule, ausgeführt werden. Bei Ausführung des Verfahrens im Turm werden beispielsweise
die als Waschmittel dienenden organischen Basen (Basen aus Steinkohlenteer, Dimethylanilin,
Xylidin usw.) unter Zusatz einer beliebigen Wassermenge am Kopf des Absorptionsturmes
eingeführt, wobei nur darauf geachtet werden muß, daß das System einphasig bleibt,
um die Anwendung von Umrührvorrichtungen, welche die praktische Durchführung komplizieren
würden, zu erübrigen. Die S 02-haltigen Gase, aus welchen das S 02, gegebenenfalls
zusammen mit einer gewissen Menge des begleitenden C02, durch die Basen ausgewaschen
wird, werden etwa in der Mitte des Turmes zugeführt. Die obere Turmzone wird zweckmäßig
mit Wasser gekühlt, um den Basenverlust durch mit den Abgasen mitgeführte Base zu
verringern. Am Boden des Turmes wird Luft oder Sauerstoff eingeführt, wodurch die
mit ausgewaschenem Sulfit beladene Waschflüssigkeit so weit zu Sulfat oxydiert wird,
daß der pH-Wert der Flüssigkeit ausreichend herabgesetzt wird, um das gleichfalls
in der flüssigen Phase gebundene C02 aus seiner Verbindung mit der Base freizusetzen,
worauf es nach oben abgeht. Diese untere Zone des Turmes, in welcher die genannte
Oxydation in der flüssigen Phase vor sich geht, darf nicht gekühlt werden; vielmehr
soll darin eine Temperatur im Bereich zwischen 30 und 150°C aufrechterhalten werden;
falls die durch die exotherme Reaktion selbst erzeugte Wärmemenge (diese hängt davon
ab, wie weit der Oxydationsprozeß geführt wird) hierfür nicht ausreicht, muß diese
untere Zone des Turmes sogar mit Dampf erwärmt werden. Nach Erreichung des stationären
Zustandes treten am oberen Turmende die inerten Gaskomponenten (Stickstoff usw.)
sowie gegebenenfalls C02 aus, während am Boden des Turmes eine Flüssigkeit gewonnen
wird, die in der Base gebunden S 02 und S 03 enthält, wobei das Anteiligkeitsverhältnis
S 02/S 03 gemäß der Erfindung innerhalb weiter Grenzen veränderlich ist, je nachdem,
ob die Temperatur, bei welcher die Berührung mit der Luft bzw. dem sauerstoffhaltigen
Gas in der unteren Turmzone stattfindet, höher oder niedriger ist.
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Die unter Turmzone kann so ausgebildet sein, daß ein Druck im Bereich
von 1 bis 10 Atm. abs. herrscht, wobei einem höheren Druck in dieser unteren Oxydationszone
eine niedrigere Temperatur entspricht, und umgekehrt.
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Aus dieser am unteren Ende des Turmes entnommenen Flüssigkeit kann
das S 02 nach einem beliebigen Verfahren durch Erwärmung und Druckverringerung gewonnen
werden, wobei das nicht zu Sulfat oxydierte S02 in reiner Form anfällt. Die zurückbleibende
Waschflüssigkeit wird in bekannter Weise mit Wasser, Ammoniak, Kaliumhydroxyd usw.
behandelt, wobei in bekannter Weise verdünnte Schwefelsäure, Ammoniumsulfat bzw.
Kaliumsulfat gewonnen und die Waschbasen für erneuten Einsatz in dem Verfahren zurückgewonnen
werden.
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Durch Verwendung herkömmlicher Absorptionstürme bzw. -säulen in der
beschriebenen Weise kann das Verfahren gemäß der Erfindung kontinuierlich durchgeführt
werden, wobei die Zufuhr der sauerstoffhaltigen Gase zur Oxydation gleichzeitig
mit der Zufuhr des Gasgemisches, aus welchem das S02 abgetrennt werden soll, und
gleichzeitig mit dem Auswaschprozeß erfolgt. Der gewählte Oxydationsgrad und die
Durchsatzgeschwindigkeiten der am Verfahren beteiligten Flüssigkeits- und Gasströme
hängen im wesentlichen von der Verteilung der Gase und Flüssigkeiten, d. h. von
dem sogenannten »Kontakt- bzw. Berührungsgrad« ab, der seinerseits für die jeweils
verwendeten Vorrichtungen verschieden sein kann.
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Wesentlich für die Erfindung ist die Erhöhung des Oxydationsgrades
der bei der Bindung des S 02 in der Waschbase gebildeten Sulfitverbindungen.
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Weitere Vorteile und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den
folgenden Beispielen.
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Beispiel 1 1000 Ncbm eines Verbrennungsgases mit folgender Zusammensetzung:
3°/o S02, 13,4°/o C02, 24,5°/o CO, 59,1 °% N2 werden in die Mitte des Turmes eingeführt,
während gleichzeitig 600 kg Xyhdin als Austauschflüssigkeit durch den Kopf. des
Turmes eintreten.
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In der oberen Hälfte des Turmes wird eine Temperatur von 20 bis 30°C
unter normalem Druck aufrechterhalten; in der unteren Hälfte unterhält man eine
Temperatur von 100°C und einen Druck von
8 Atm. abs. Durch den Boden
des Turmes werden 20 Ncbm Luft eingeführt.
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Die wiedergewonnene Flüssigkeit in dem Bodenteil des Turmes (die vollkommen
frei von CO, ist), enthält 9,60/, S02 und 0,70/, SO,; das SO2-Gas
wird ausgetrieben und dabei 64 kg technisch reines SO, erhalten.
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Die verbleibende Flüssigkeit wird von Zeit zu Zeit mit einer Kalklösung
behandelt, wodurch Calciumsulfat erhalten wird; die wiedergewonnene Waschbase wird
im Kreislauf zurückgeführt. Beispiel 2 100 Ncbm eines Gasgemisches mit der Zusammensetzung
(in Volumprozent) 7 °/o S 02, 110/, 02, 82 °/o N2 werden in die Mitte des
Turmes eingeführt, während 80 kg einer Waschflüssigkeit aus Chinolin (mit 120/0
Wasser) durch den Kopfteil des Turmes eintreten; gleichzeitig werden 14,5 Ncbm Luft
durch den Bodenteil eingeführt.
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In der oberen Zone des Turmes wird eine Temperatur von 20 bis 50°C
und ein Druck von 1 Atm. abs. aufrechterhalten, während in der unteren Zone mit
einer Temperatur von 50 bis 80°C und einem Druck von 4 Atm. abs. gearbeitet wird.
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Aus dem Bodenteil des Turmes werden 102 kg Flüssigkeit entnommen,
die 11,20/0 S02 und 10,60/, S 03 enthält. Nach der Aufheizung auf 110 ° C wird das
S 02 ausgetrieben und so 11,4 kg technisch reines SO,
erhalten.
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Die verbleibende Flüssigkeit wird in einen Sättiger geleitet, wo durch
die Behandlung mit Ammoniak 18 kg Ammoniumsulfat produziert werden. Die wiedergewonnene
organische Base wird im Kreislauf zurückgeführt. Beispiel 3 100 Ncbm Ofengase mit
der Zusammensetzung (in Volumprozent) 5,90/, SO" 17,60/, CO" 6,20/0
02, 70,3 °/o N2 werden in die Mitte des Turmes eingeführt, während 90 kg Pyridin
als Waschflüssigkeit durch den Kopfteil eintreten. Gleichzeitig werden 35 Ncbm Luft
durch den Bodenteil eingeblasen.
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In dem oberen Teil des Turmes wird eine Temperatur von 20 bis 40°C
und ein Druck von 1 Atm. abs. aufrechterhalten, während der untere Teil eine Temperatur
von 80°C und 5 Atm. abs. hat.
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Aus dem Bodenteil wird eine Flüssigkeit entnommen, die 6 °/o
SO, und 110/, SO, enthält; durch Erhitzung dieser Flüssigkeit auf
90°C werden 6 kg technisch reines S 02 erhalten.
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Die verbleibenden 108 kg Flüssigkeit werden mit 15 kg Nag C 03 behandelt,
so daß 21 kg Nag S 0,
produziert werden.
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Die wiedergewonnenen organischen Basen werden im Kreislauf zurückgeführt.