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Verfahren und Vorrichtung zur thermischen Entgasung von Flüssigkeiten
durch Entspannung Die thermische Entspannungsentgasung von beispielsweise Kesselspeisewasser
erfolgt vielfach so, daß man das Wasser, meistens mit Dampf, um 4 bis 50 C über
seinen Siedepunkt erhitzt, und unter Entspannung auf Normaldruck über Konstruktionselemente
mit großer Oberfläche, wie Horden, Kaskaden, Glockenböden oder Füllkörpersäulen
usw., laufen läßt. Die dabei unter Aufzehrung der Dberhitzung des Wassers sich entwickelnde
Dampfmenge nebst dem gegebenenfalls zusätzlich eingeführten Dampf befördert sodann
die im Wasser gelöst gewesenen Gase - insbesondere -den korrodierenden Sauerstoff
und/ oder Kohlendioxyd - mit sich fort. Der Dampfverbrauch für die Entgasung beträgt
hierbei 7 bis 10 kg je Kubikmeter Wasser.
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Dieses Verfahren erfordert also die Vorwärmung des Wassers bis über
seine Siedetemperatur bei Normaldruck, und ist an das Vorhandensein von Wärmequellen
entsprechend hoher Temperatur gebunden. Wärmequellen niedriger und mittlerer Temperatur,
wie sie in Industriebetrieben oft reichlich und fast kostenlos zur Verfügung stehen,
können somit für diese Art der Speisewasserentgasung nicht genutzt werden.
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In vielen Fällen ist es daher vorteilhaft, die thermische Entspannungsentgasung
bei vermindertem Druck und dementsprechend tieferer Temperatur des Wassers anzuwenden.
In diesem Falle wird aus dem Entgasungsraum, in welchem das Wasser ebenfalls über
Kaskaden usw. rieselt, der gebildete Wasserdampf mit den Gasen, zweckmäßigerweise
über einen vorgeschalteten Kondensator, durch eine Luftpumpe abgesaugt.
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Bei den Entgasungsapparaten der bisher bekannten Bauart hat sich
mangels genügender Gelegenheit zur Gleichgewichtseinstellung der Gasteildrücke praktisch
ein Druckgefälle von etwa 0,2 ata als notwendig für eine ausreichende Entgasung
erwiesen, d. h., die Wasserdampfspannung des eintretenden Wassers muß mindestens
0,2 ata über derjenigen des den Entgaser verlassenden Wassers liegen.
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Da nur selten kälteres Kühlwasser als solches von 200 C zum teilweisen
Kondensieren der Entspannungsdämpfe zur Verfügung steht, läßt sich nach dem bisherigen
Stand der Technik nur Wasser mit einer höheren Temperatur als etwa 65t C ohne großen
Kraftverbrauch für die Luftpumpe unter Entspannung thermisch entgasen. Will man
niedrigere Temperaturen anwenden, so müssen dann sehr große, trocken arbeitende
Luftpumpen mit hohem Kraftbedarf verwendet werden, um die Gase zusammen mit der
gesamten Dampfmenge
von dem hohen Vakuum in die Atmosphäre zu fördern.
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Auch muß man einen bei sinkender Entgasungstemperatur wachsenden
Wärmeverbrauch in Kauf nehmen, wie folgendes Beispiel zeigt: Um Wasser von 700 C,
dessen Dampfdruck rund Q,32 ata beträgt, mit Hilfe der bisher üblichen Entspannungsentgasung
von seinem Sauerstoffgehalt zu befreien, ist es nach dem Vorhergehenden auf etwa
0,12 ata zu entspannen. Das entspricht einer Temperasur von 490 C, mit welcher das
Wasser den Entgaser verläßt. Der Wärmeverlust, den das Wasser hierdurch erleidet,
beträgt mithin 210 C bzw.
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21000 kcal je Kubikmeter, was schon einem Heizdampfbedarf von 37 kg
je Kubikmeter Wasser gleichkommt, gegenüber nur 7 bis 10 kg bei 1000 C, wie oben
erwähnt.
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Es wurde nun gefunden, daß man bei jeder beliebigen Temperatur mit
einer nur sehr geringen Abkühlung durch Entspannung - nämlich 1 bis 20 C -auskommen
kann, wenn man die Flüssigkeit, wie beispielsweise Wasser, in einer Vorrichtung
ähnlich der aus der Destillationstechnik bekannten Abtreibersäulen behandelt Hierbei
rieselt die Flüssigkeit ebenfalls über Horden, Kaskaden, Glockenböden oder Füllkörpersäulen
abwärts, welche in Berücksichtigung der apparativen Abmessungen sowie Beaufschlagung
durch Flüssigkeit und Treibmittel die Trennwirkung von einem bis drei praktischen
Kolonnenböden gewährleisten. Um den für die ausreichende Entgasung erforderlichen
Stoffaustausch zu bewirken bzw. die gelösten Gase aus der Flüssigkeit auszutreiben
und ein Teildruck-Gleichgewicht herzustellen, genügt
die Zugabe
von 2 bis 3 kg Wasserdampf oder des gleichen Volumens eines unschädlichen Gases,
wie beispielsweise Stickstoff, als Treibmittel je Kubikmeter Wasser am unteren Ende
der Abtreibersäule, worin es in vielfacher Oberflächenberührung mit der zu entgasenden
Flüssigkeit und im Gegenstrom dazu dann aufwärts steigt.
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Ausgehend von dieser Feststellung, erzielt das erfindungsgemäße Verfahren
eine wesentliche Verbesserung, indem dieses es ermöglicht, auf die zusätzliche Einführung
von Fremddampf oder Inertgas zu verzichten und als gasförmiges Treibmittel bei der
Entspannungsentgasung unter vorstehend angeführten Bedingungen den bei der Entspannung
der Flüssigkeit entwickelten Dampf selbst zu verwenden. Dieser Dampf besitzt infolge
seines geringen Gehaltes an den vorher in der Flüssigkeit gelösten Gasen den erforderlichen
Reinheitsgrad, um in jedem Falle die Entgasung bis zur gewünschten Vollständigkeit
zu ermöglichen, wie folgendes Beispiel zeigt: Es soll ein Wasser von 340 C auf 0,01
g Sauerstoff je Kubikmeter entgast werden, welches zunächst 12 g = 0,008 Nm3 Sauerstoff
und 18 g = 0,015 Nm3 Stickstoff je Kubikmeter enthält. Durch Entspannung auf 0,05
ata in einer Vorentspannungskammer wird das Wasser unter Bildung einer Dampfmenge
von 2,6 kg = 3,2 Nm3 je Kubikmeter auf 32,50 C abgekühlt und von oben über eine
Füllkörperkolonne abwärts geleitet. In diese tritt unten der in der Vorentspannungskammer
entwickelte Dampf ein, durchstreicht sie in aufsteigender Richtung, und wird vom
oberen Ende über einen mit Kühlwasser von 200 C betriebenen Kondensator einer Wasserring-Luftpumpe
zugeführt. Der höchstmögliche Teildruck des Sauerstoffes im Treibdampf ergibt sich
wie folgt: 273 0,008.0,05 0 0,000111 ata, 305 3,2 e 0,008 + 0,015 - -während der
Gleichgewichtsteildruck des Sauerstoffes von Wasser mit 0,01 g je Kubikmeter und
32,50 C schon den mehr als doppelten Betrag von 0,00028 ata hat.
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Durch Kühlung der abgesaugten Gase und Dämpfe im Kondensator auf
230 C, einer Wasserdampfspannung von 0,029 ata entsprechend, ergibt sich die erforderliche
Leistung der Luftpumpe zu:
Luft und Dampf je Kubikmeter Wasser in wirtschaftlich günstiger Weise.
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Die Erfindung ist auch vorteilhaft für die Entfernung von Kohlendioxyd
aus Wässern an Stelle der sonst üblichen Belüftung mit Luft zu verwenden, wie folgendes
Beispiel zeigt: Ein Wasser mit 100 g = 0,051 Nms freier CO2. je Kubikmeter wird
unter denselben Bedingungen wie im vorstehenden Beispiel behandelt. Da 1 m3 Wasser
bei 32,50 C und einem C O2-Teildruck von 1 ata rund 0,61 Nm3 C O2 löst und der C
O2-Teildruck im Treibdampf sich zu höchstens 0,00071 ata errechnet, gelingt es,
einen C O2.-Restgehaft von etwa 0,00071 0,61 = 0,00043 Nm3 oder 0,85 g je Kubikmeter
Wasser zu erreichen.
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Die Erfindung wird demnach darin gesehen, daß Flüssigkeiten durch
Entspannung unter Dampfen.-
wicklung in Gegenstromentgasern entgast werden. wobei
der größte Teil der Entspannung in einer Vorentspannungskammer vorgenommen wird.
Der dort anfallende Dampf - für den die Verdampfungswärme aus dem Wärmeinhalt der
Flüssigkeit gedeckt wird und wobei sich deren Temperatur entsprechend senkt - wird
im Gegenstromentgaser als Treibdampf verwendet.
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Der erzielte Vorteil besteht darin, daß ohne großen Wärmeaufwand
bei niedrigen Temperaturen entgast werden kann und kein Fremddampf benötigt wird.
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Wenn ein besonders hoher Grad an Gasfreiheit der Flüssigkeit angestrebt
wird, kann der Entgasungsvorgang ein oder mehrere Male wiederholt werden. Dabei
kann man stufenweise die Temperatur senken oder die Flüssigkeit nach jeder Verfahrensstufe
wieder aufwärmen.
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Um den für eine gute Entgasung erforderlichen weitgehenden Gasaustausch
zwischen Flüssigkeit und Treibdampf zu erreichen, sollen die Berührungsflächen für
Flüssigkeit und Dampf im Gegenstromentgaser mindestens denen eines theoretischen
Bodens einer Destillier- bzw. Abtreibkolonne entsprechen.
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In der Zeichnung ist eine zur Durchführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens dienende Vorrichtung schematisch dargestellt, ohne die darin gezeigte
Bauweise der Einzelapparate und deren räumliche Anordnung zueinander festzulegen.
Zur Ausübung des Verfahrens kann jede zweckdienliche Art bekannter Apparate verwendet
werden, soweit das kennzeichnende Merkmal des erfindungsgemäßen Verfahrens, nämlich
die Verwendung des aus der Flüssigkeit selbst durch Entspannung gewonnenen Dampfes
als Treibmittel im Gegenstrom gewahrt bleibt.
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In der Zeichnung bedeutet 1 einen beliebigen Vorwärmer zum Aufheizen
der Flüssigkeit auf die Entgasungstemperatur; 2 die Vorentspannungskammer zur Erzeugung
des Treibdampfes; 3 einen Tauchverschluß zur dampfseitigen Trennung von Vorentspannungskammer
und Gegenstromentgaser; 4 eine Verteileinrichtung zur gleichmäßigen Aufgabe der
Flüssigkeit auf den Gegenstromentgaser; 5 den Gegenstromentgaser selbst, in diesem
Falle eine Füllkörpersäule; 6 die Dampfleitung von der Vorentspannungskammer zum
Entgaser; 7 einen mit Kühlwasser betriebenen Kondensator zum Niederschlagen einesTeils
des verwendeten Treibdampfes und 8 eine Luftpumpe zum Absaugen der Gase und restlichen
Dämpfe.
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Außer für Wasser kann das erfindungsgemäße Verfahren auch für andere
Flüssigkeiten und andere darin gelöste Gase oder leicht siedende Stoffe als Sauerstoff,
Stickstoff und Kohlendioxyd angewendet werden, insbesondere dann, wenn die Flüssigkeiten
anschließend bei niedriger Temperatur verarbeitet oder genutzt werden sollen, und
eine vorübergehende Aufheizung auf hohe Temperatur allein zum Zwecke der Entgasung
einen vermeidbaren Wärmeaufwand darstellt.
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Andererseits kann auch gelegentlich das Bedürfnis eintreten, die
Entspannungsentgasung bei höherer Temperatur als dem Siedepunkt bei Normaldruck
vorzunehmen. Das erfindungsgemäße Verfahren kann dann bei Überdruck angewendet werden
und bietet den Vorteil erheblicher Wärmeersparnis nebst besonders guter Entgasung.
In allen Fällen können an Stelle oder hinter der Luftpumpe Adsorptions- oder Absorptionseinrichtungen
eingeschaltet werden, um wertvolle Bestandteile wiederzugewinnen, wie beispielsweise
bei
der Entgasung von Benzin und anderen Kohlenwasserstoffen usw.