-
Verfahren zur Behandlung von Zellstoff mit Alkaliborhydriden Bekanntlich
erreicht man durch die Reduktion von Cellulose mit Borhydriden gewisse vorteilhafte
Wirkungen, wie eine verringerte Vergilbung und eine Verringerung der Löslichkeit
in heißen Alkalien sowie eine leichte Erhöhung der Viskosität. Man nimmt an, daß
die Anzahl der Carbonylgruppen in der Cellulose dadurch verringert wird, daß sie
zu Hydroxylgruppen reduziert werden. Diese Erklärung wird gestützt durch die Tatsache,
daß die Reduktionswirkung der Cellulose, gemessen durch Bestimmung der Kupferzahl,
zurückgegangen ist. Eine verringerte Vergilbung ist besonders wünschenswert bei
Zellstoffaufschlämmungen, die entweder bei der Papierherstellung oder als Füllmittel
für Kunststoffe benutzt werden sollen. Eine geringere Löslichkeit in heißen Alkalien
ist besonders wünschenswert bei der Herstellung von Celluloselösungen für die Erzeugung
von Viskose und Cellulosederivaten, wie Celluloseestern und -äthern.
-
Die Behandung mit Borhydriden wurde bisher mit in Wasser suspendiertem
Zellstoff vorgenommen, wobei die Stoffdichte wenige Prozent betrug. Die Menge an
Borhydrid kann dabei je nach der Natur des Zellstoffes und der gewünschten Wirkung
zwischen 0,01 und 20% des Zellstoffgewichtes liegen. Da die Borhydride jedoch teuer
sind, erscheint es wünschenswert, die Menge an Borhydrid für eine bestimmte Wirkung
herabzusetzen, d. h das Borhydrid besser auszunutzen.
-
Es zeigte sich nun, daß dieses Resultat dadurch erreicht werden kann,
daß man die Stoffdichte während der Reaktion so hoch wie möglich hält. Erfindungsgemäß
werden auf 100 Gewichtsteile Wasser mindestens 10, vorzugsweise 25 bis 200 Gewichtsteile
Zellstoff angewandt. Überraschenderweise zeigte sich, daß eine gegebene Menge an
Borhydrid zu einer um so größeren Verbesserung der Stabilität der Cellulose führt,
je weniger Wasser anwesend ist.
-
Bei der Reaktion zwischen I\Tatriumborhydrid und Wasser oder den Carbonylgruppen
der Cellulose wird Borat aus dem Bor gebildet. Es ist nun bekannt, daß Borat mit
gewissen Kohlenstoffhydraten unter Komplexbildung reagiert, und es ist möglich,
daß eine solche Reaktion bei einer hohen Stoffdichte in höherem Maße als bei einer
niedrigeren mit der Borhvdridreduktion interferiert.
-
Man könnte annehmen, daß bei niedriger Stoffdichte, wo jede einzelne
Faser von Wasser umgeben ist, dieses Wasser relativ schnell und frei durch die Fasern
diffundieren kann, wodurch für das Borhydrid die Möglichkeit auf eine Carbonylgruppe
zu treffen, erhöht werden würde. Man kann aber andererseits auch von der Annahme
ausgehen, daß (da bei hoher Stoffdichte das Borhydrid sich innerhalb der Fasern
befindet und nicht außerhalb) die Möglichkeit einer Reaktion zwischen dem Borhydrid
und den Carbonylgruppen durch die höhere Konzentration auch dann gefördert wird,
wenn die Diffusion innerhalb der Fasern an sich langsamer ist als bei niedriger
Stoffdichte. In der Praxis zeigte es sich, daß diese beiden entgegengesetzten Standpunkte
bis zu einem gewissen Grade ihre Berechtigung haben, da Versuche zeigten, daß mit
ansteigender Stoffdichte die reduzierende Wirkung des Borhydrids zunächst bis zu
einem Maximum ansteigt, dann aber wieder langsam abfällt. Offensichtlich sind die
Verhältnisse sehr kompliziert, und das Resultat der Versuche ließ sich in keiner
Weise voraussagen. Es war vor allem nicht vorauszusehen, daß eine Erhöhung der Stoffdichte
eine so kräftige Steigerung in der Wirkung des Borhydrids herbeiführen würde, wie
dies erfindungsgemäß der Fall ist.
-
Das Verfahren nach der Erfindung kann auf verschiedene Weise durchgeführt
werden. Der Zellstoff und das Borhydrid werden auf beliebige Weise zusammengebracht,
wobei das letztere vorzugsweise in Wasser gelöst ist; gegebenenfalls kann es auch
in einer kleineren Menge eines mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittels,
wie Dioxan, Methanol, Äthanol, Isopropanol oder Tetrahydrofuran, gelöst sein. Der
Zellstoff kann beispielsweise in einer wäßrigen Lösung des Borhydrids aufgeschlämmt
werden, wonach dann das überschüssige Lösungsmittel durch Zentrifugieren, Filtrieren,
Abquetschen in einer Schraubenpresse oder auf irgendeine andere Weise entfernt werden
kann. Die überschüssige Borhydridlösung kann gegebenenfalls wieder zur Behandlung
von frischem Zellstoff verwendet werden.
-
Der gegebenenfalls angefeuchtete Zellstoff und eine wäßrige Borhydridlösung
können hierzu in einem Mischer verrührt werden, wobei man entweder diskontinuierlich,
z.
B. in einem Werner-Pfleiderer-Apparat, arbeitet oder eine kontinuierlich arbeitende
Vorrichtung benutzt, z. B. einen Mischer der beim kontinuierlichen Bleichen von
Zellstoff üblichen Art.
-
Ist der Zellstoffanteil gegenüber dem Wasser besonders hoch, so kann
es zweckmäßig und in manchen Fällen sogar notwendig sein, die Borhydridlösung auf
den Zellstoff aufzusprühen, wobei letzterer in Form von Blättern, Pulver od. dgl.
vorliegt.
-
Bei der Reaktion des Borhvdrids mit der Cellulose und bei der unvermeidlichen
Nebenreaktion zwischen dem Borhydrid und dem Wasser bildet sich ein Borat. Je nach
der Menge des zugefügten Borhydrids und je nach den übrigen Umständen, wie der beabsichtigten
Verwendung der Zellstoffaufschlämmung, kann es zweckmäßig sein, diese Borate ganz
oder teilweise durch Nachwaschen mit Wasser zu entfernen, nachdem die Reaktion beendet
ist. Gegebenenfalls kann das Auswaschen jedoch auch ganz unterbleiben.
-
Die Reaktion wird vorzugsweise zwischen Raumtemperatur und
100' C durchgeführt, insbesondere bei 35 bis 70' C. Die Temperatur
ist jedoch nicht ausschlaggebend, und es können gegebenenfalls höhere oder niedrigere
Temperaturen angewandt werden. Selbstverständlich kann die Temperatur insbesondere
in solchen Fällen beliebig niedrig sein, wo die wäßrige Borhydridlösung nicht ausgewaschen
werden soll, sondern im Zellstoff zurückbleibt, so daß die Reaktionszeit praktisch
unbegrenzt ist.
-
Es können Borhydride von Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium und Caesium,
aus wirtschaftlichen Gründen praktisch aber nur das Natrium- und das Kaliumborhydrid
verwendet werden.
-
Erfindungsgemäß. liegt die Menge an Borhydriden vorzugsweise im Bereich
von 0,1 bis 1% des Cellulosegewichtes.
-
Man kann nach einem nicht veröffentlichten Vorschlag gewisse Salze
zufügen, welche die Wirkung des Borhydrids verstärken, wie beispielsweise wasserlösliche
Lithium-, Calcium-, Magnesium-, Strontium-oder Bariumsalze, obwohl der Zusatz dieser
Salze im vorliegenden Fall sich nur bei verhältnismäßig niedrigen Stoffdichten auswirkt
und infolgedessen nur innerhalb des unteren Teiles des erfindungsgemäß angewandten
Stoffdichtebereiches sinnvoll ist. Gemäß einem solchen Vorschlag (vgl. die deutsche
Patentschrift 1045 386) hält man die Menge an zusätzlichen Salzen zwischen
0.1 und 10°/o des Cellulosegewichtes.
-
Erfindungsgemäß lassen sich alle Zellstoffarten verwenden, wie beispielsweise
nach der Sulfit- oder Sulfatmethode usw. aus Hart- oder Weichholz, Stroh oder anderen
Pflanzenstoffen hergestellte Zellstoffe oder Baumwolle, Baumwollinters u. dgl. Weiterhin
können verschiedene Arten von modifizierter Cellulose verwendet werden, z. B. Hydrocellulose
oder Oxycellulose, die durch Behandeln von Cellulose mit starken Säuren bzw. Oxydationsmitteln
erhalten werden, und ferner die aus gewissen Cellulosederivaten (Xanthogenat, Acetat,
Nitrat) regenerierte Cellulose.
-
Beispiel 1 20g Sulfitzellstoff wurden in Wasser aufgeschlämmt und
auf einer Büchner-Nutsche zu einem Kuchen von etwa 1 cm Dicke ausgeformt. Nach dem
Trocknen im Ofen wurde der Kuchen mit so viel w äßrigem Natriumborhydrid (50o C)
getränkt, daß ein Verhältnis von Zellstoff zu Wasser von 25 :100 erreicht wurde.
Der Zellstoffkuchen wurde dann mit einer Glasspachtel durchgeknetet und 3 Stunden
ohne Rühren bei 50' C gehalten. Nach Waschen mit Wasser wurde mit
verdünnter Essigsäure angesäuert, wieder mit Wasser gewaschen und getrocknet, worauf
man die Kupferzahl des Kuchens bestimmte.
-
Bei drei Versuchen wurde mit verschiedenen Borhvdridlösungen gearbeitet,
in denen die Borhydridkonzentration so eingestellt war, daß dem Zellstoff jeweils
0,1 bzw. 1,0 bzw. 2,01% seines Gewichtes an Borhydrid zugeführt wurden. Die Ergebnisse
sind aus der Tabelle ersichtlich (letzte drei Versuche).
-
Zum Vergleich wurden fünf weitere Versuche durchgeführt, bei denen
das Verhältnis Zellstoff zu Wasser 2:100 betrug (21% Stoffdichte in wäßriger Aufschlämmung).
Bei diesen Versuchen wurden 20 g Zellstoff in 980 g Wasser aufgeschlämmt, worin
die einem Borhydridanteil an 0,5, 1,0, 3,0, 5,0 bzw. 10,0°/o des Zellstoffgewichtes
entsprechende Menge Natriumborhydrid gelöst war. Die Aufschlämmung wurde 3 Stunden
unter Rühren bei
50' C gehalten, worauf der Zellstoff abgesaugt und wie oben
gewaschen und getrocknet wurde. Die Ergebnisse der Bestimmung der Kupferzahl gehen
aus der Tabelle hervor. Die ursprüngliche Kupferzahl des Ausgangszellstoffs war
1,6.
Tabelle I |
Verhältnis Na B H4 in °/o des Kupferzahl |
Zellstoff zu Wasser |
Zellstoffgewichtes g/100 g |
nach Braidy |
2 : 100 0,5 1,5 |
2:100 1,0 1,3 |
2 : 100 3,0 0,4 |
2 : 100 5,0 0,2 |
2 : 100 10,0 0,1 |
25: 100 0,1 1,5 |
25 :100 1,0 0,3 |
25 :100 2,0 0.1 |
Beispie12 Sulfitzellstoff in Form von Bogen wurde mit einer Lösung von Natriumborhydrid
besprüht, wobei die Lösung mittels einer Spritzpistole auf beiden Seiten der Bogen
aufgetragen wurde. Die Bogen wurden vorher gewogen, und das Besprühen wurde unterbrochen,
sobald die Gewichtszunahme ergab, daß das gewünschte Verhältnis von Zellstoff zu
Wasser erreicht war. Die in der Lösung anwesende Menge an Borhydrid wurde so gewählt,
daß auf den Zellstoff die beabsichtigte Menge aufgebracht wurde. Nach dem Besprühen
wurden die Bogen von Hand zerrissen und in einem Kunststoffgefäß 3 Stunden im Ofen
auf
50' C gehalten. Daraufhin wurden sie gemäß Beispiel 1 gewaschen und getrocknet.
Die Kupferzahlen der behandelten Zellstoffproben gehen aus Tabelle Il hervor. Auch
in diesem Fall hatte der Ausgangszellstoff eine Kupferzahl von 1,6.
Tabelle II |
Verhältnis Na B H4 in o/o des Kupferzahl |
Zellstoff zu Wasser, Zellstoffgewichtes g 100 g |
nach Braidy |
1 : 1 0,1 1,5 |
1 : 1 0,2 1,1 |
1 : 1 0,3 0,7 |
1 : 1 0,5 0,3 |
1 : 1 0,7 0,1 |
1 : 1 1;0 0,1 |
1,5 : 1 1,0 0,2 |
2,3 : 1 1,0 0,2 |
Beispiel 3 Ein Sulfatzellstoffbrei mit einer Kupferzahl von 1,0 wurde analog Beispiel
2 mit vier verschiedenen Anteilsmengen
Natriumbörhydrid behandelt,
wobei das Verhältnis Zellstoff zu Wasser bei 1:1 gehalten wurde. Zurr Vergleich
wurde eine Reihe von Versuchen durchgeführt, bei welchen das Verhältnis Zellstoff
zu Wasser bei 2 : 100 gehalten wurde. Die Versuchsreihen wurden gemäß Beispiel 1
durchgeführt, und die Ergebnisse gehen aus Tabelle III hervor.
Tabelle III |
Verhältnis Na B H4 in % des Kupferzahl |
Zellstoff zu Wasser |
Zellstoffgewichtes g100 g |
nach Braidy |
1:1 0,1 0,9 |
1 : 1 0,2 0,7 |
1 : 1 0,5 0,2 |
1 : 1 1,0 0,1 |
2 :100 0,1 0,9 |
2 : 100 0,2 0,9 |
2 : 100 0,5 0,7 |
2 : 100 1,0 0,6 |