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Verfahren zur Polymerisation von Vinylchlorid nach dem Suspensionsverfahren
Vinylchlorid kann nach den bekannten Verfahren der Emulsions-, Suspensions-, Lösungs-
und Blockpolymerisation polymerisiert werden. Besonders hochwertige Polymerisate
werden durch Suspensionspolymerisation erhalten. Für die Ausführung in technischem
Maßstabe ist erwünscht, die Reaktion bis zu hohen Umsätzen zu führen und eine möglichst
hohe Raumzeitausbeute zu erzielen. Andererseits ist jedoch allgemein bekannt, daß
bei Umsätzen von 80o bei der Polymerisation unkontrollierbare Nebenreaktionen auftreten,
wodurch die Qualität der Polymerisate ungünstig beeinflußt wird.
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Zum Beispiel ist bekannt, daß bei der Verarbeitung von Polyvinylchlorid-Suspensionspolymerisaten
in den Walzfolien sogenannte »Stippen« oder »fish-eyes « auftreten. Diese Erscheinung
ist bislang bei den bekannten Verfahren stark vom Umsatz abhängig, bis zu dem die
Polymerisation geführt wurde.
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Bei der Fertigung von Walzfolien aus einem Polyvinylchlorid, das
unter Verwendung von Polyvinylalkohol als Suspensionsstabilisator mit einem Umsatz
von 40 °/o hergestellt wurde, zeigt es sich, daß die »Stippen« sich unangenehm bemerkbar
machen. Aus der Tabelle ist ersichtlich, daß die Zahl der Stippen in einer 0,2 mm
dicken Folie, die während 8 Minuten bei 1500 C gewalzt wurde, bei niederen Umsätzen
außerordentlich hoch (etwa 2000 bis 3000 pro 100cm2) ist, um optimale Werte zwischen
70 und 80°/o Umsatz zu erreichen und um schließlich wieder anzusteigen.
Umsatz °/o Stippen pro 100 cm2 |
.35 2000 bis 3000 |
70 bis 80 6 bis 8 |
85 150 bis 200 |
Es sind Verfahren bekannt, wonach die Bildung von Stippen reduziert werden kann,
wenn man die zur Polymerisation verwendeten Suspensionsstabilisatoren (z. B. Methylcellulose)
mit ionogenen Emulgatoren kombiniert. In der USA.-Patentschrift 2 528 469 wird empfohlen,
dies durch Zusetzung von Natriumdioctylsulfosuccinat zu erreichen. Jedoch werden
durch den Zusatz eines ionogenen Emulgators die elektrischen Eigenschaften des Polymerisats
ungünstig beeinflußt. Bei den ebenfalls erwähnten partiellen Estern aus Polyalkoholen
und gesättigten oder ungesättigten Fettsäuren mit 12 bis 18 Kohlenstoffatomen tritt
diese ungünstige Beeinflussung der Eigenschaften des Polymeren zwar nicht auf, jedoch
wird mit diesem Emulgator die Stippenbildung nicht so stark reduziert, und auch
diese Wirkung tritt nur bei Umsetzungen bis zu 84°/o ein.
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Weiterhin ist bekannt, den Suspensionsstabilisator
mit Monoglyceriden
von gesättigten Fettsäuren, z. B.
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Glycerinmonostearat, zu kombinieren (britische Patentschrift 755 796),
unter anderem mit dem Ziel, weniger stark verstippte Folien zu erhalten. Bei hohem
Umsatz treten jedoch in verstärktem Maße in den Walzfolien Stippen auf.
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Es wurde nun gefunden, daß man Vinylchlorid nach einem Suspensionsverfahren
bis zu hohen Umsätzen dadurch polymerisieren kann, daß man dem Polymerisationsansatz
außer den bekannten wasserlöslichen Suspensionsstabilisatoren noch eine kleine Menge
eines Esters aus einem aliphatischen mehrwertigen Alkohol und einer ungesättigten
Oxyfettsäure, vorzugsweise ein ungesättigtes Monoglycerid zusetzt, wobei die Säurekomponente
12 bis 20 C-Atome und mindestens eine Doppelbindung und eine Hydroxylgruppe enthält.
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Durch die erfindungsgemäße Maßnahme lassen sich Polyvinylchloride
in technisch vorteilhafter Weise (hohe Umsätze) herstellen, ohne daß die weiter
daraus hergestellten Produkte, wie Folien, nachteilige Eigenschaften, wie Stippenbildung,
zeigen.
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Ein weiterer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht darin,
daß die Polymerisation sehr ruhig verläuft. Bekanntlich tritt bei der Polymerisation
von Vinylchlorid nach etwa 400/o Umsatz eine starke Umsatzsteigerung ein - die Polymerisation
verläuft autokalytisch. In diesem Zeitpunkt ist die verstärkte Abführung der Reaktionswärme
unerläßlich, um die vorgegebene Polymerisationstemperatur einhalten zu können. Durch
Zusatz der Monoglyceride ungesättigter Oxyfettsäuren läßt sich die genannte Temperaturspitze
völlig bzw. weitgehend unterdrücken.
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Besonders vorteilhaft wirkt sich die Verwendung der Monoglyceride
ungesättigter Oxyfettsäuren bei der Polymerisation auf die Isolierung der Polymerisate
aus, da sie das üblicherweise auftretende Schäumen beim Filtrieren und bei der Monomerenrückgewinnung
fast vollständig verhindern.
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Die bei dem Verfahren angewandten Verbindungen sind Ester mehrwertiger
aliphatischer Alkohole, vorzugsweise Glycerinester, in denen eine Hydroxylgruppe
mit einer aliphatischen ungesättigten Säure verestert ist, deren Kohlenstoffkette
aus 12 bis 20 C-Atomen besteht und die mindestens eine Oxygruppe sowie mindestens
eine Doppelbindung besitzt.
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Bei mehrfach ungesättigten Säuren stehen die Doppelbindungen vorteilhaft
nicht in Konjugation zueinander. Als Beispiel für eine derartige ungesättigte Säure
sei Ricinolsäure genannt.
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Die genannten Verbindungen werden in Mengen von 0,01 bis 1°/o, bevorzugt
in Mengen von 0,1 bis 0,50/0 (bezogen auf das Monomere), bei der Polymerisation
eingesetzt.
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Man polymerisiert nach bekannten Verfahren unter Verwendung eines
Suspensionsstabilisators, z. B.
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Gelatine, Methylcellulose, Polyvinylalkohol, und eines monomeren löslichen
Katalysators, z. B. Benzolperoxyd, 2,4-Dichlorbenzoylperoxyd, Lauroylperoxyd, Caprilylperoxyd
oder Azodiisobuttersäurenitril in Gegenwart von Wasser. Dabei setzt man das Mon
glycerid zweckmäßigerweise vor Beginn der Polymerisation zu.
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Man kann jedoch auch so vorgehen, daß man die Polymerisation normal
startet und das Monoglycerid nach einer bestimmten Reaktionszeit ganz oder nach
und nach in das Reaktionsgefäß einbringt.
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Die nach diesem Verfahren hergestellten Polymerisate eignen sich
vorzüglich zur Verarbeitung auf praktisch stippenfreie Folien.
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In dem folgenden Beispiel werden die Vorteile des beanspruchten Verfahrens
gegenüber den Vergleichsversuchen 1, 2, 3 und 4 erläutert, wobei in Vergleichsversuch
1 ein Glycerid einer ungesättigten Fettsäure ohne Hydroxylgruppe, in 2 ein Glycerid
einer gesättigten Fettsäure, in 3 ein Ester aus Sorbit und einer ungesättigten Fettsäure
und in 4 kein entsprechender Zusatz angewandt werden.
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Beispiel In einem Rührautoklav werden zu 190 Gewichtsteilen Wasser,
0,4 Gewichtsteilen Polyvinylalkohol, 0,5 Gewichtsteilen isobutylnaphthalinsulfonsaurem
Natrium und 0,3 Gewichtsteilen Lauroylperoxyd 0,12 Gewichtsteile Glycerimnonoricinoleat
und 100(> wichtsteile Vinylchlorid hinzugefügt. Man--polymerisiert bei 540 C
Die Polymerisation verläuft sehr ruhig. Die anfallende Reaktionswärme läßt sich
ohne besondere Kühlung durch Abstrahlung des Aggregates kompensieren. Nach 16 Stunden
erhält man 910je eines feinkörnigen Polymeren. Man stellt aus 70 Teilen Polymerisat,
30 Teilen Dioctylphthalat und 1 -0/o eines Stabilisators bei 1500 C eine 0,2 mm
dicke Walzfolie her. Die Folie enthält nach 8 Minuten Walzdauer auf einer Fläche
von 100 cm2 zwei Stippen. Vergleichsversuch 1 An Stelle des im Beispiel genannten
Monoglycerids setzt man vor Beginn der Polymerisation 0,12 Gewichtsteile Glycerinmonooleat
zu. Die Polymerisation verläuft bei 540 C verhältnismäßig ruhig, jedoch ist eine
Kühlung erforderlich. Man erhält nach 16 Stunden 880/0 eines feinkörnigen Polymeren.
Die wie im
Beispiel bei 1500 C hergestellte Walzfolie enthält acht Stippen pro 100
cm2.
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Vergleichsversuch 2 Zu dem im Beispiel angeführten Polymerisationsansatz
fügt man an Stelle des erfindungsgemäß zu verwendenden Monoglycerids einer ungesättigten
Oxycarbonsäure vergleichsweise 0,12 Gewichtsteile Glycerinmonostearat hinzu. Die
Polymerisation verläuft bei 540 C sehr heftig, und die Kühlung muß öfters eingeschaltet
werden. Nach 16 Stunden werden 900/0 eines feinkörnigen Polymeren erhalten. In der
wie im Beispiel hergestellten Walzfolie sind noch 300 Stippen pro 100 cm2 enthalten.
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Vergleichsversuch 3 Zu dem im Beispiel angeführten Polymerisationsansatz
fügt man an Stelle der erfindungsgemäß zu verwendenden Monoglyceride ungesättigter
Oxyfettsäuren 0,12 Gewichtsteile Sorbitmonooleat hinzu.
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Nach 151/2 Stunden erhält man 850/au eines feinkörnigen Polymeren.
In der wie im Beispiel hergestellten Walzfolie sind 100 Stippen pro 100 cm2 enthalten.
Daneben sind noch sehr kleine Stippen zu erkennen, deren Anzahl nicht genau bestimmbar
ist und die auch nach längerer Walzdauer nicht verschwinden.
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Bei 78 0/o Umsatz zählt man zwölf Stippen pro 100 cm2 und außerdem
viele kleine Stippen.
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Vergleichsversuch 4 Vinylchlorid wird nach der im Beispiel angegebenen
Rezeptur jedoch vergleichsweise ohne den erfindungsgemäßen Zusatz eines ungesättigten
Glycerids, bei 540 C polymerisiert. Während der Polymerisation muß, besonders im
kritischen Bereich von 50 bis 750h Umsatz, die Kühlung eingeschaltet werden.
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Nach 16 Stunden erhält man 87 Gewichtsteile eines feinkörnigen Polymeren.
Eine unter gleichen Bedingungen wie im Beispiel hergestellte Walzfolie enthält auf
einer Fläche von 1001com2 noch 150 Stippen.
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PATENTANSPR8CHE 1. Verfahren zur Polymerisation von Vinylchlorid
nach dem Suspensionsverfahren bis zu hohen Umsätzen mit Hilfe eines monomerenlöslichen
Katalysators und in Gegenwart von wasserlöslichen Suspensionsstabilisatoren und
eines Esters aus einem aliphatischen mehrwertigen Alkohol und einer ungesättigten
Fettsäure, dadurch gekennzeichnet, daß man dem Polymerisationsansatz außer den bekannten
wasserlöslichen Suspensionsstabilisatoren -noch eine kleine Menge eines Esters aus
einem aliphatischesl mehrwertigen Alkohol und einer ungesättigten Oxyfettsäure,
vorzugsweise ein ungesättigtes Monoglycerid. zusetzt, wobei die Säurekomponente
12 bis 20 C-Atome und mindestens eine Doppelbindung, und eine Hydroxylgruppe enthält.