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Wirbelschichtverfahren zur Herstellung von wasserfreiem Aluminiumchlorid
Es ist bekannt, Aluminiumchlorid durch Umsetzung von feinteiligem Aluminiumoxyd
mit einer Teilchengröße von 0,5 mm und darüber mit Phosgen in einer Wirbelschicht
herzustellen. Bekannt ist auch die Umsetzung in einer stationären Schicht in Gegenwart
von die Chlorierungsreaktion katalysierender Alkalialuminiumchloridschmelze.
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Die Herstellung von wasserfreiem Aluminiumchlorid durch Einleiten
von Chlor und Kohlenoxyd bzw. Phosgen bei hoher Temperatur in eine Wirbelschicht
von Tonerde in Gegenwart von Alkalialuminiumchloridschmelze ist technisch deshalb
besonders schwierig, weil mit der Anwesenheit von in Nebel- und Tropfenform verteilter
Salzschmelze in dem dreiphasigen Wirbelschichtsystem an die Tragfähigkeit der Wirbelschicht
besondere Ansprüche gestellt werden. Diese sind um so schwieriger zu befriedigen,
als die technischen Tonerdeprodukte in ihrer Kornverteilung voneinander sehr verschieden
sind, was insbesondere dann der Fall ist, wenn diese Produkte aus verschiedenen
Tonerdefabriken stammen.
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Für die technische Durchführung einer einwandfreien Chlorierung von
Tonerde mit hohen Chlorausbeuten ist es wesentlich, daß die katalysierende Schmelze
auf die gesamte Länge der mehrere Meter hohen Wirbelschicht im Schachtofen verteilt
ist. Bei einer zu stark ausgeprägten Tragfähigkeit der Wirbelschicht würde mit den
gröberen Kornanteilen zu wenig schmelzflüssige Phase in den unteren Teil des Schachtofens
gelangen, während bei einer schlechten Tragfähigkeit der Wirbelschicht in überhöhtem
Maße die gröberen Kornanteile mit katalysierendem Schmelzfluß getränkt in den unteren
Teil des Ofens absinken und dort Verstopfungen verursachen, die den Ofenbetrieb
schließlich lahmlegen können.
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Man kann die zweiphasige Umsetzung zwischen festen und gasförmigen
Reaktionskomponenten bzw. die dreiphasige Umsetzung in Gegenwart schmelzflüssiger
Komponenten in einer Wirbelschicht als ein Schwimm-Sink-Verfahren in gasförmig/fester
Phase betrachten, bei dem die Tragfähigkeit für gröbere Feststoffteilchen und Schmelzflußpartikeln
durch eine heterogene Verdichtung der gasförmigen Phase, d. h. Verstaubung, variiert
werden kann. Im Prinzip ähneln diese Verhältnisse denen bei dem bekannten Schwimm-Sink-Verfahren,
bei dem die scheinbare Dichte der wässerigen Phase durch Emulgierung von Feststoffteilen,
z. B. Ferrosilicium, von 1 auf 3 bis 4 erhöht werden kann. Die heterogene Verdichtung
des gasförmigen Mediums beim Wirbelschichtverfahren gestattet aber demgegenüber
eine Erhöhung der scheinbaren Dichte dieses Mediums um .2 bis 3 Zehnerpotenzen,
nämlich von etwa 0,001 auf etwa 0,5.
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Es zeigte sich, daß sämtliche Tonerdesorten, auch die feinstkörnigen,
technischen Produkte aus dem Bayer-Verfahren, noch zu grob und vor allem zu uneinheitlich
in ihrem Kornaufbau sind, um den dreiphasigen Schwimm-Sink-Prozeß der katalytischen
Tonerdechlorierung technisch ohne Betriebsstörungen mit höchsten Chlorausbeuten
führen zu können.
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Für das Verhalten eines solchen Produkts in der Wirbelschicht ist
nicht nur die Zusammensetzung seines Kornspektrums bestimmend, sondern eine Reihe
weiterer Faktoren, die nicht durch die bloße Angabe der Körnungsanalyse des Produkts
erfaßt werden. Die Gesamtheit dieser Einflüsse läßt sich indes in einem Modellversuch
ermitteln, indem man eine Aufschüttung des jeweiligen Produkts beispielsweise in
einem unten durch eine Fritte abgeschlossenen Glasrohr mit einem aufsteigenden Gasstrom
zunehmend anbläst und die größtmögliche prozentuale Volumenzunahme feststellt, die
das Produkt vor dem Erreichen des eigentlichen »Wirbelpunktes«, der durch ein förmliches
Kochen der Schicht gekennzeichnet ist, erfährt. Diese größtmögliche prozentuale
Volumenzunahme der Gas-Feststoff-Suspension oder, anders ausgedrückt, ihre minimale
Suspensionswichte, im folgenden in Analogie zu dem vergleichbaren Verhalten der
flüssigen Phase »Zerschäumungsgrad« genannt, stellt ein komplexes Maß für die heterogene
Verdichtung der Gasphase durch eine bestimmte Verstaubung mit dosierten Feinanteilen
dar, das über den Zerteilungsgrad hinaus auch noch andere Faktoren, wie Oberflächenkräfte,
Beeinflussungen durch kristallographischeModifikationsunterschiede, Feststoffdichtenunterschiede
und Teilchenformen, in einem einzigen Zahlenwert miterfaßt. Polydisperse Systeme
aus Tonerde oder anderen Materialien können trotz. gleicher
Kornverteilung
völlig- verschiedene »Zerschäumungsgrade« aufweisen, umgekehrt können liei zahlenmäßig
identischem »Zerschäumungsgrad« ganz verschiedene Kornfeinheiten vorliegen. Diese
Verhältnisse gehen 'überzeugend aus der Tabelle und dem Diagramm hervor, die an
einer Mischungsreihe einer groben Tonerdequalität I mit einer vorher feinvermahlenen
Tonerde anderer Provenienz II zeigen, daß die Körnung dieser Mischungen; die durch
die Rückstandssummen auf dem 10 000-Maschen-Sieb gemäß DIN 1171 charakterisiert
ist, einen stetigen Verlauf von sehr grob nach sehr fein nimmt, wohingegen die Zerschäumung
ein Maximum durchschreitet.
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Die höchstmögliche prozentuale Volumenzunahme beträgt beispielsweise
bei einer feinkörnigen, technischen Bayer-Tonerde mit 25 bis 30% Rückstand auf dem
DIN 100-Maschen-Sieb (0,060-mm-Sieb gemäß DIN 1171) 40 bis 45 % und kann durch Mahlung
der Tonerde auf solche Feinheit, daß 15 bis 20% Rückstand auf de riz DIN 100-Maschen-Sieb
verbleiben, auf 55 bis 60% gesteigert werden. Ebenso kann z. B. eine mittelgrobe
Bayer-Tonerde, die einen Rückstand von 35 bis 40% auf dem DIN 100-Maschen-Sieb hinterläßt
und eine Zerschäumung von 30 bis 35 % hat, durch geeignete Vermahlung auf ein Produkt
mit 20 bis 251/o Rückstand auf dem DIN 100-Maschen-Sieb und einer Zerschäumung von
50 bis 55 % gebracht werden und eine grobe Bayer-Tonerde mit 50 bis 55 % Rückstand
auf dem DIN 100-Maschen-Sieb und einer Zerschäumung von 20 bis 25 % in ein Produkt
mit 20 bis 25 % Rückstand auf dem DIN 100-Maschen-Sieb. und einer Zerschäumung von
50 bis 5511/o verändert werden.
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In Anwendung dieser Erkenntnis auf die Herstellung von wasserfreiem
Aluminiumchlorid durch Umsetzung von y-Tonerde mit Chlor und Kohlenoxyd und/oder
Phosgen in einer Wirbelschicht wurde gefunden, daß der Ofen unter Erzielung eines
hohen Umsetzungsgrades von Chlor und Kohlenoxyd bzw. Phosgen gleichmäßig und ohne
die Gefahr von. Verstopfungen betrieben werden kann, wenn man die Umsetzung in Gegenwart
von hierfür an sich bekannter katalytisch wirksamerAlkalialuminiumchloridschmelze
mit y-Tonerde durchführt, die zum überwiegenden Teil eine Korngröße von unter 60
Et aufweist, mit der Maßgabe, daß diese Tonerde durch Vermahlung auf eine Kornverteilung
gebracht ist, bei der ihre höchstmögliche Volumenzunahme in der Wirbelschicht gegenüber
ihrem Volumen im Ruhezustand 40 bis 55 %, vorzugsweise 45 bis 50%, beträgt.
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Zweckmäßig verwendet man für die Chlorierung ein Gemisch von vermahlener
und unvermahlener Tonerde, indem man z. B.: eine möglichst feine Bayer-Tonerde anwendet,
nur einen Teil davon auf einen hohen Zerschäumungsgrad von 55 bis 60% vermahlt und
den vermahlenen Anteil mit dem ungemahlenen Gut in solchem Verhältnis vermischt,
da.ß ein Zerschäumungsgrad von im Mittel 45 bis 55 % resultiert. Zum Beispiel wird
eine unvermahlene Tonerde mit 25 bis 30% Rückstand auf dem DIN 100-Maschen-Sieb
und einer Zerschäumung von 40 bis 451/9 mit einer gemahlenen Tonerde mit 15 bis
20% Rückstand auf dem DIN 100-Maschen-Sieb und einer Zerschäumung von 55 bis 60%
im Gewichtsverhältnis 1 : 1 gemischt, so daß eine Tonerde mit einem Zerschäumungsgrad
von etwa 50% resultiert.
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Ein bemerkenswerter Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens besteht
darin, daß beim Optimum der Zerschäumung die ausgeblasenen Feinstaubmengen zugleich
am geringsten sind, d. h. daß trotz des künstlich erhöhten, abgestimmten Feinanteils
im Kornhaufwerk Eine vorzügliche Entstaubung erzielt wird.
Rückstand |
Mischung Zerschäumung Schüttgewicht auf 10000-Maschen-Sieb |
gemäß DIN 1171 |
o/' g/cms % |
y-A12 03 I . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . .
. . 18,9 0,91 62,86 |
900/0 I T 1011/o 1I . . . . . . . . . . . . . . . .
. . . . 29,7 0,96 63,19 |
80% I -f- 20% II . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . 42,8
0,95 54,00 |
70% I -I- 30% II . . . . . . . . ... . . . . . . . . . 46,5
0,93 52,52 |
60% I -f- 40% II . . .. . . . . . . . . . .. .. .. . 50,3 0,90
45,26 |
50% I -f- 50% II .. . . . . . . . .. . . . . . . . . . 43,8
0,90 42,07 |
40% I -I- 60% II . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 39,2
0,86 38,28 |
30% I + 70% II . . . . . . . . . . . . ... . . . . . 36,5 0,83
33,28 |
20% I -I- 80% II . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32,5
0,77 25,83 |
100% 1+901/0 1I . .. . . .. . . . . . . . . . . . .
. 29,8 0,78 19,50 |
y-A12 03 1I . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
. . 29,2 0,73 5,28 |