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Verfahren zur Herstellung von 1(2)-Dehydro-corticosteroidverbindungen
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von 1(2)-Dehydro-corticosteroidverbindungen,
die bekanntlich wesentlich wirksamere Chemotherapeutika als die entsprechenden in
der 1- und 2-Stellung gesättigten Corticosteroidverbindungen sind.
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Es ist bekannt, daß in 1- und 2-Stellung gesättigte Corticosteroidverbindungen
durch ein aus mehreren Stufen bestehendes rein chemisches Verfahren in die entsprechenden
1(2)-Dehydro-corticosteroidverbindungen umgewandelt werden können. Die dabei erzielten
Ausbeuten an 1(2)-Dehydroverbindungen sind gering. Es ist ferner bekannt, daß in
1- und 2-Stellung gesättigte Steroidverbindungen durch biologische Dehydrierung
mit einer Kultur eines oxydierend wirkenden Mikroorganismus in die entsprechenden
1(2)-Dehydro-steroidverbindungen umgewandelt und anschließend von den übrigen Bestandteilen
des Reaktionsgemisches abgetrennt werden können.
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Es wurde gefunden, daß gute Ausbeuten von reinen 1(2) -Dehydro-corticosteroidverbindungen
erhalten werden, wenn in 1- und 2-Stellung gesättigte Corticosteroidverbindungen
mit einem Fungus der Gattung Colletotrichum oder Vermicularia biologisch dehydriert
werden. Diese biologische Dehydrierung wird in einem Kulturmedium durchgeführt,
das eine Kohlenstoff- und Stickstoffquelle und die für das Wachstum von Fungi erforderlichen
organischen und anorganischen Faktoren enthält. Bei dieser Dehydrierung finden andere
biochemische Reaktionen als die gewünschte partielle Dehydrierung nur in geringem
Umfang statt, so daß die Isolierung der gebildeten 1(2) - Dehydro- corticosteroidverbindung
ohne Chromatographierung in einfacher Weise durch Extraktion des von den ungelösten
Bestandteilen befreiten Gemisches mit einem mit Wasser nicht oder nur geringfügig
mischbaren organischen Lösungsmittel und Verdampfung des im Extrakt vorhandenen
Lösungsmittels erfolgen kann.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung eignet sich besonders zur Herstellung
von 1(2)-Dehydro-cortison aus Cortison. An Stelle von Cortison kann zur Herstellung
von 1(2)-Dehydro-cortison auch ein Cortisonester, insbesondere Cortisonacetat, verwendet
werden, da die Estergruppe in der 21-Stellung der Ausgangsverbindung, wie gefunden
wurde, dabei gleichzeitig zur Hydroxylgruppe hydrolysiert werden kann.
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Die beim Verfahren gemäß der Erfindung angewendeten Fungusgattungen
sind so eng miteinander verwandt, daß sie in der Literatur häufig als lediglich
zu einer dieser beiden Gattungen gehörend bezeichnet werden. Als Beispiel für einen
besonders geeigneten Fungus, mit dem hohe Ausbeuten an 1(2)-Dehydrocorticosteroidverbindungen
erhalten werden, sei Colletotrichum atramentarium angegeben, der in der Literatur
auch Vermicularia atramentaria, Vermicularia varians Ducomet, Colletotrichum solanicolum,
Colletotrichum biologicum Chaud, Colletotrichum tabaficum Pethybr., Rhizoctonia
tabifica und Phellomyces sclerotiophorus genannt wird.
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Das beim Verfahren gemäß der Erfindung angewendete Kulturmedium kann
als Kohlenstoffquelle z. B. Kohlehydrate oder Glycerin und als Stickstoffquelle
z. B. proteinhaltige Stoffe, wie Fleischmehl oder Sojabohnenmehl, oder Proteinhydrolysate,
wie Pepton oder Ammoniumsalze, enthalten. Die im Kulturmedium vorhandenen Wachstumsfaktoren
sind dieselben, welche im allgemeinen für die Züchtung von Mikroorganismen benötigt
werden und sich z. B. in Hefepräparaten oder Maisweichwasser finden.
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Beim Verfahren gemäß der Erfindung beeinflussen selbst hohe Konzentrationen
der als Ausgangsstoffe verwendeten Corticosteroidverbindungen das Wachstum des angewendeten
Fungus nicht. Die Ausgangsstoffe können deshalb zur Beschleunigung des Verfahrens
dem Kulturmedium gemeinsam mit dem Fungus zugesetzt werden, vorzugsweise gelöst
in einem mit Wasser mischbaren organischen Lösungsmittel.
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Geeignete Lösungsmittel für die Isolierung der gebildeten 1(2)-Dehydro-corticosteroidverbindungen
aus den durch die biologische Dehydrierung erhaltenen Gemischen sind z. B. Chloroform,
Methylisobutylketon, Methylenchlorid, Butylacetat oder ähnliche
Ester.
Die isolierten 1(2)-Dehydro-corticosteroidverbindungen können durch Umkristallisation
in $o reiner Form erhalten werden, daß sie in der Therapie angewendet werden können.
Eine Reinigung durch umständliche und kostspielige Chromatographie ist daher nicht
erforderlich.
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Beispiel 1 Aus 50,0 g Glukose, 27,5 g Glycerin, 50 g Fleisch-und Knochenmehl,
12,5 g Maisweichwasser, 20,g Natriumchlorid, 0,25g Magnesiumsulfat, 01,3g
Kaliumdihydrogenphosphat, 25 mg Eisen(II)-sulfat, 20 mg Kupfer(II)-sulfat und destilliertem
Wasser wurden 5 1 eines Kulturmediums hergestellt, welches mit einer Kultur von
Colletotrichum atramentarium, (B. et Br.) Taub. C. B. S., Dickson, geimpft und unter
Rühren 48 Stunden bei 28° C belüftet wurde. Dann wurde eine Lösung von 2,5 g Cortison
in 150 ml Methanol zugesetzt und das Gemisch 100 Stunden unter Rühren bei 28° C
belüftet. Eine papierchromatographische Prüfung mit dem System Propylenglykol-Toluol
zeigte, daß 98'% des Cortisons in 1(2)-Dehy dro-cortison umgewandelt worden sind.
Das Fungusmycel wurde abfiltriert und mit 1. 1 Wasser gewaschen. Das Filtrat einschließlich
Waschwasser wurde zweimal mit je 1,5 1 Methylenchorid extrahiert und der gesammelte
Extrakt im Vakuum eingedampft. Der teilweise kristalline Eindampfungsrest wurde
mit Aceton umkristallisiert, wodurch 1,60 g 1(2)-Dehydro-:ortison mit einem Schmelzpunkt
231 bis 233° C und einer optischen Drehung (a) ö = -I-170° (Dioxan) erzalten wurden.
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Beispiel 2 Aus 3,0g Cortisonacetat wurden in der im Bei->piel 1 angegebenen
Weise 1,8g 1(2)-Dehydro-cortiäon mit einem Schmelzpunkt 230 bis 232° C und einer
)ptischen Drehung (a) 207 = r 170° (Dioxan) erhalten. Beispiel 3 Aus 2,5g
17a-Hydroxy-corticosteron wurden in ler im Beispiel l angegebenen Weise 1,7g Pregnal,4-dien-11ß,17a,21-triol-3,20-dionmit
einem Schmelz-)unkt 232 bis 234°C und einer optischen Drehung 'a)'=+102' =-I-102°
(Dioxan) erhalten.
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Beispiel 4 Durch Lösung von 10,0 g Glukose, 7,5 g Glycerin, ;,5 g
Maisweichwasser, 15,0 g Fleisch- und Knochennehl, 4,0 g Natriumchlorid, 0,05 g kristallisiertem
Magnesiumsulfat, 0,06 g Kaliumdihydrogenphosphat und 0,004 g kristallisiertem Kupfer(II)-sulfat
in 1 1 Wasser und Erhitzung der Lösung im Autoklav wurde ein Kulturmedium hergestellt,
das in einem S-1-Schüttelkolben mit einer Kultur von Colletotrichum atramentarium
geimpft wurde. Nach 24stündigem Schütteln des Gemisches bei 28° C konnte ein kräftiges
Wachstum des Fungus festgestellt werden. Es wurde dann eine Lösung von 200 mg 6a-Methyl-17a-hydroxy-corticosteron
in 15 ml Aceton zugesetzt und das Gemisch 170 Stunden bei 30° C geschüttelt. Anschließend
wurde das Mycel abfiltriert und mit 200 ml Wasser gewaschen. Das erhaltene Filtrat
wurde zweimal mit je 350m1 Methylisobutylketon extrahiert und der gesammelte Extrakt
mit 200m1 Wasser gewaschen, mit Natriumsulfat getrocknet und im Vakuum zur Trockne
eingedampft. Nach Erhitzen des fettigen Restes mit 3 ml Aceton am Rückfluß und 16stündigem
Stehenlassen bei 0° C konnte eine gelbe Substanz abftltriert werden. Diese wurde
durch Erwärmen in 10 ml Aceton gelöst, mit 100 mg Tierkohle behandelt und filtriert.
Durch Eindampfen des Filtrates wurden Kristalle von 6a-Methyl-pregna-1,4-dien-11ß,17a,21-triol-3,20-dion
mit einem Schmelzpunkt 228 bis 232° C erhalten. UV-Maximum 243 mu. s 14 800.
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Beispiel 5 Aus 250- mg 9a-Fluor-17a-hydroxy-corticosteron wurden in
der im Beispiel 4 angegebenen Weise 105 mg 9a-Fluor-pregna-1,4-dien-11ß,17a,21-triol-3,20-dion
mit einem Schmelzpunkt 260 bis 265'C und einer optischen Drehung (a) ö0 =-I-100
(Äthanol) erhalten.