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Gerben von Fellen und Häuten Es ist bekannt, daß beim Zusammengeben
von wäßrigen Lösungen wasserlöslicher, kationaktiver, stickstoffhaltiger Harze mit
wäßrigen Lösungen von Salzen polymerer anorganischer oder organischer Säuren praktisch
unlösliche neutrale, salzartige Verbindungen entstehen. Diese salzartigen Verbindungen
fallen aus der Lösung aus und sind unempfindlich gegenüber verdünnten Säuren und
Alkalien.
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Es wurde gefunden, daß derartige unlösliche, als Salze auffaßbare
Verbindungen innerhalb der Hautsubstanz von Häuten und Fellen zur Ausfällung gebracht
werden können, wodurch ein Gerbeffekt erreicht wird. Zu diesem Zweck werden die
Häute und Felle zunächst mit der Lösung des wasserlöslichen, kationischen Harzes
und anschließend im gleichen oder getrennten Bad mit den Alkalisalzen polymerer
anorganischer oder organischer Säuren behandelt. Die Behandlung kann auch in umgekehrter
Reihenfolge geschehen. Arbeitet man in gleichem Bad, so muß, um starke Fällungen
außerhalb der Hautsubstanz zu vermeiden, darauf geachtet werden, daß die eine Komponente
weitgehend von der Haut aufgenommen ist, bevor die andere Komponente langsam in
Anteilen zugesetzt wird. Die Aufnahme der Salze polymerer Säuren durch die Haut
kann durch pH-Erniedrigung auf px 3,5 bis 4,5 verbessert werden.
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Die wäßrigen Lösungen von wasserlöslichen Salzen polymerer anorganischer
oder organischer Säuren und wäßrigen Lösungen wasserlöslicher kationischer Harzsubstanzen
können auch in Kombination mit anderen bekannten Gerbmitteln, wie Formaldehyd, pflanzlichen,
synthetischen und mineralischen Gerbstoffen, z. B. Chrom-und Aluminiumsalzen, insbesondere
zur Füllung von Chromledern, sowie auch mit Fettgerbstoffen angewendet werden.
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Wendet man die erfindungsgemäß vorliegenden Lösungen allein oder in
Verbindung mit geringen Mengen anderer Gerbstoffe an, gelangt man zu technisch einwandfreien,
hochwertigen Ledern. Im Falle der Nachbehandlung von mineralgegerbten Ledern erhält
man verbesserte Wasserfestigkeit und gute Fülle der Leder. Da die eingelagerten
Salze gegen verdünnte Säuren und Alkalien beständig sind, wird das Leder unempfindlich
gegen Schweiß. Die Gerbung kann außerdem durch saure oder alkalische Mittel nicht
rückgängig gemacht werden.
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Unter wasserlöslichen Salzen polymerer anorganischer oder organischer
Säuren werden insbesondere die Alkalisalze der polymeren Kieselsäuren, die Alkalisalze
der polymeren Phosphorsäuren sowie die Alkalisalze polymerer Acryl- und Methacrylsäuren
verstanden. In entsprechender Weise sind die Ammonsalze oder Salze organischer Basen
verwendbar.
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Unter kationischen Harzen versteht man solche, die im Molekül eine
oder mehrere basische Gruppen enthalten, die das Gesamtmolekül als solches oder
in Form seiner Salze wasserlöslich machen. Derartige Harze sind bekannt. Zu ihrer
Herstellung werden z. B. Amino- oder Iminogruppen enthaltende organische Stickstoffverbindungen
mit Oxoverbindungen umgesetzt. Mit Oxoverbindungen kondensationsfähige organische
Stickstoffverbindungen sind beispielsweise Harnstoff, Thioharnstoff, Methylendiharnstoff,
Cyanamid, Guanidin, Alkylguanidine, Dicyandiamid, Dicyandiamidin, Guanamin, Ammelin,
Ammelid und Melamin. Als Oxoverbindungen kommen neben Formaldehyd und Acetaldehyd
bzw. entsprechenden aldehydabgebenden Ver-Bindungen Acrolein, Furfurol, Methyläthylketon
u. dgl. in Betracht. Die so erhaltenen Harze haben zum Teil bereits als solche kationischen
Charakter und können mit entsprechenden anorganischen oder organischen Säuren in
wasserlösliche Salze übergeführt werden. Man kann ihnen aber auch einen verstärkten
kationischen Charakter verleihen, indem man weitere basische Komponenten einkondensiert,
also z. B. Polyaminoverbindungen, wie Polyalkylenpolyamine, z. B. Triäthylentetramin,
Tetraäthylenpentamin, Oxyalkylamine, wie Dimethylaminoäthanol, Diäthanolamin, Oxazolidine
und Polyphenyldiguanide. Neben den genannten Harzen kommen auch andere bekannte
wasserlösliche kationische Harze in Betracht.
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Verwendet man als Salz einer polymeren anorganischen Säure Wasserglaslösungen,
so eignen sich vorzugsweise Wassergläser mit einem kleinen Na20: z. B. 1 : 3,8.
Die stark alkalischen Wasserglaslösungen werden, bevor sie mit der Haut oder dem
bereits gegerbten Leder in Berührung kommen, zweckmäßig mit 8- bis 10 °/@ger Essigsäure
langsam auf einen pn-Wert von. 3,5 bis 4,5 Eingestellt. Dabei soll die Konzentration
der Behandlungsbäder an Wasserglas zweckmäßig nicht über eine etwa 2- bis 3 °/9ige
Lösung steigen, Je nach der Stärke des Hautmaterials benötigt man zur Vorbehandlung
mit
Wasserglas eine Laufzeif. von etwa 1 bis 4 Stunden. Im gleichen
oder im getrennten Bad kann anschließend die etwa 3- bis 10 %ige Lösung der kaiionischen
Harze langsam eingearbeitet werden..
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Eine schnellere und bessere Durchgerbung erhält man, wenn die Reihenfolge
der beschriebenen Arbeitsgänge umgekehrt erfolgt, d. h. wenn man nach der Harzvorbehandlung
von Fellen, Häuten und Ledern die Behandlung mit sauren Wasserglaslösungen im gleichen
oder getrennten Bad wie vorbeschrieben durchführt.
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Benötigt werden etwa, 1 bis 10 0%, vorzugsweise 2 bis 3 % Wasserglas
und 2 bis 10 0/0, vorzugsweise 4 bis 6 0%, wasserlösliche kationische Harze, auf
das Hautgewicht bezogen. Das technisch-günestigste Verhältnis von Wasserglas zu
kationischem Harz ist etwa 1 : 1 bis 1 : 3, vorzugsweise 1 : 2.
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Für die Herstellung von weißen Ledern kann das beschriebene Verfahren
entweder allein oder mit einer geringen Chromvor- oder Chromnachgerbung (0,5 bis
1% Cr, 0, - handelüblicher Chromgerbstoff) kombiniert werden. Bei der Füllung .und
Imprägnierung bereits chromgegerbter Leder können auch geringere Mengen an Harz
und Wasserglas verwendet werden.
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Werden an Stelle des Wasserglases polymere Phosphate zur Kombinationsgerbung-
mit wasserlöslichen, kationischen Harzen verwendet, so kann man in ähnlicher Weise,
wie vorstehend beschrieben, arbeiten. Da die polymeren Phosphate, wie Hexametaphosphat,
Natriumtripolyphosphat, Natriumtetrapölyphosphat, von vornherein in stabilerForm
neutral oder schwach sauer vorliegenkönnen, entfällt die p11-Einstellung mit Essigsäure,
`wie sie bei den stark alkalischen Wasserglaslösungen im allgemeinen notwendig ist.
Hierdurch gestaltet sich die Anwendung der Kombinationsgerbung einfacher. Auch die
Konzentration ist weniger von Einfluß auf die Stabilität und das °Eindringungsvermögen
von Polyphosphatlösungen in Haut und Leder.
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Benötigt werden etwa 2 bis 10 0/0, vorzugsweise 4 bis 5 0% Polyphosphate
und 2 bis 12 0%, vorzugsweise 6 bis 8 0%, der wasserlöslichen kationischen stickstoffhaltigen
'Kondensationsprodukte, vorbeschriebener Art für die 'Alleingerbung. Bei Kombinationsgerbungen
mit anderen bekannten Gerbstoffen sowie bei der Füllgerbung chromgegerbter Leder
kann die notwendige Menge beider Komponenten in etwa gleichem Verhältnis entsprechend
herabgesetzt werden.
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Als zusätzliche Gerbstoffe, welche in Kombination mit den erfindungsgemäßen
Gerbstoffen angewendet werden können, sind- außer den bereits genannten Chromgerbstoffen
Aluminium- oder @ Zirkonsalze, ferner bekannte Pflanzengerbstoffe oder bekannte
synthetische Gerbstoffe sowie Fettgerbstoffe, wie Tran, Alkylsulfate, Alkylsul-'fonate,
Alkylbenzolsulfonate und entsprechende Sulfo-@chloride, zu nennen. Die Alkylsulfate,
Alkylbenzolsulfonate usw. können auch neben den Salzen der polymeren Säuren im gleichen
Arbeitsgang mitverwendet werden, wodurch besonders geschmeidige Leder erhalten werden.
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In den nachfolgenden Beispielen beziehen sich die Prozentangaben auf
Blößengewicht. Beispiele 1. Füllgerbung chromgegerbter Leder Normal chromgegerbtes
Rindleder wird ohne Neutralisation nach geringem Spülen mit etwa 20/, Wasserglas
(Na20:Si02 wie 1:3,8) in 2,5%iger wäßriger Lösung, die mit 10%iger Essigsäure vorher
auf einen pH-Wert von 4 bis 4,5 eingestellt wurde, etwa 1 bis 2 Stunden vorbehandelt.
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Anschließend erfolgt im gleichen Bad innerhalb etwa 1 Stunde ein langsamer
und anteiliger Zusatz von 4% eines kationaktiven Kondensationsproduktes, hergestellt
aus 0,5 Mol Dicyandiamid, 0,5 Mol Guanidinhydrochlorid, 3 Mol Formaldehyd in 10
%iger Lösung.
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Arbeitet man in getrennten Bädern, so benötigt man für die Harznachgerbung
etwa 100 % Flotte.
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Bei dieser Gerbung kann auch zunächst die Behandlung mit vorstehendem
kationischem Kondensationsprodukt und anschließend die Wasserglasbehandlung in folgender
Weise vorgenommen werden: 100 0% Wasser von 20°C, 4% des obigen kationischen Kondensationsproduktes,
1 bis 2stündige Laufzeit; in neuem Bad: 250 0% Wasser von 20°C, 2 % Wasserglas;
vor dem Einbringen der harzvorgegerbten Felle ist dieses Bad mit 10 %iger Essigsäure
auf p$ 4 bis 4,5 einzustellen. Weitere Laufzeit 1 Stunde.
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Die auf diese Weise hergestellten Leder werden etwa 24 Stunden über
den Bock gelagert, gespült und in üblicher Weise fertiggestellt. Man erhält gut
gefüllte Leder. 2. Herstellung von weißen Ledern Schafblößen werden nach der Entkälkung
und Beize mit 100 % Wasser von 20°C, 4 bis 5 % des im Beispiel 1 beschriebenen wasserlöslichen
stickstoffhaltigen Kondensationsproduktes oder mit der gleichen Menge eines Kondensates
aus 1Mo1 Melamin und 3 Mol Formaldehyd etwa 2 Stunden vorbehandelt.
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Die vorbehandelten Felle werden in neuem Bad zunächst mit etwa 100
% Wasser eingebracht, worauf bei laufendem Gerbfaß die mit Essigsäure auf p$ 4 bis
4,5 eingestellte Lösung von 2 bis 2,5 % Wasserglas in etwa 150 % Wasser langsam
zugegeben wird. Weitere Laufzeit etwa 1 bis 11/2 Stunde.
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Die Leder werden aus der Gerbung genommen, 24 Stunden gelagert, kurz
gespült, gelickert und in üblicher Weise fertiggestellt. Man erhält weiße Leder,
die sich für leichte Oberleder und Portefeuilleleder eignen.
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Man kann nach der Harz-Wasserglas-Gerbung auch zusätzlich eine leichte
Chromnachgerbung mit 0,5 bis l0/0 Cr203 in üblicher Weise anwenden. Man erhält je
nach der angewendeten Chrommenge weiße bzw. hellfarbige Leder. 3. Herstellung von
weißen Ledern Normal geäscherte, entkälkte und gebeizte Kalbblößen werden mit
1000/, Wasser von 20°C, 3 bis 511/, eines kationaktiven Kondensationsproduktes,
bestehend aus 0,5 Mol Dicyandiamid, 0,5 Mol Guanidinhydrochlorid, 3 Mol Formaldehyd
oder 1 Mol Dicyandiamid, 5 Mol Formaldehyd, etwa 2 Stunden vorbehandelt.
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Nach dem Ablagern über Nacht erfolgt in neuem Bad die Behandlung mit
100 % Wasser, 6 bis 10 % Hexametaphosphat. Laufzeit etwa 2 Stunden.
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Anschließend erfolgt in gleichem oder getrenntem Bad eine Nachbehandlung
mit 3 bis 5 % eines der vorstehend genannten kationischen, stickstoffhaltigen Kondensationsprodukte,
1:10 verdünnt. Arbeitet man im gleichen Bad, so muß die Zugabe des kationischen
Harzes innerhalb etwa 1 Stunde erfolgen. Nach der Gerbung erfolgt das übliche Ablagern
der Leder, kurzes Spülen, Lickern und die übliche Fertigstellung. Man erhält weiße,
oberlederartige Leder, die auch für Nubukleder geeignet sind. 4. Kombiniertes Gerbverfahren
in Verbindung mit der Chromgerbung Entkälkte und gebeizte Kalb- oder Ziegenblößen
werden gepickelt mit 100 % Wasser von 20°C, 6 % Kochsalz, 0,8 % Schwefelsäure. Nach
10minütiger Laufzeit werden 2 bis 3 % des gemäß Beispiel 1 verwendeten katioinischen
Harzes zugesetzt.
Nach weiterer Laufzeit von etwa 1,5 Stunden wird
in neuem Bad gegerbt mit 80 °/o Wasser von 20°C, 3 °/o Kochsalz, 0,5 % Cr,
0, (handelsüblicher Chromgerbstoff). Laufzeit etwa 3 Stunden ohne abzustumpfen.
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Die Leder werden herausgenommen, über Nacht auf Bock gelagert und
nachbehandelt mit 100 O/, Wasser von 20°C, 3 bis 5 °/o Hexametaphosphat. Laufzeit
1 Stunde.
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Anschließend erfolgt in gleichem oder getrenntem Bad eine Nachbehandlung
mit 2 bis 3 % des gleichen kationischen Harzes wie bereits beschrieben.
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Nach kurzem Ablagern und Spülen werden die Leder in üblicher Weise
fertiggestellt. Man erhält ein für Oberleder geeignetes Leder. 5. Füllgerbung chromgegerbter
Leder Chromgegerbte Leder werden neutralisiert und nachbehandelt mit 100°/o Wasser,
3 bis 4°/o Hexametaphosphat. Laufzeit etwa 1,5 Stunden.
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In neuem Bad werden die Leder nachgegerbt mit 100 11/o Wasser, 4 bis
6 °/o eines kationaktiven wasserlöslichen Harzes, bestehend aus 1 Mol Guanylharnstoffhydrochlorid,
5,3 Mol Formaldehyd.
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6. Füllgerbung chromgegerbter Leder Chromgegerbte Leder werden nach
der Neutralisation und dem Spülen nachbehandelt mit 1000/, Wasser von 20°C, 3 bis
5 °% Natriumsalz der polymeren Methacrylsäure. Laufzeit 1 bis 11/z Stunden.
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In einem neuen Bad erfolgt die Nachbehandlung mit 100 °/o Wasser von
20°C, 4 bis 6 °/o eines kationaktiven wasserlöslichen Harzes, welches aus 0,5 Mol
Dicyandiamid, 0,5 Mol Guanidinhydrochlorid und 3 Mol Formaldehyd gebildet wurde.