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Verfahren zur Herstellung von Beinprothesen für Oberschenkelamputierte
Bei der Herstellung von Beinprothesen für Oberschenkelamputierte unter Verwendung
einer Probeprothese besteht die Schwierigkeit darin, die mit Hilfe der Probeprothese
ermittelten Aufbauwerte festzulegen und danach auf das endgültige Kunstglied zu
übertragen. Bisher verfährt man zu diesem Zweck in der Weise, daß man zunächst die
mit Hilfe der Probeprothese ermittelten Aufbauwerte in einem Aufbaugerät fixiert
und hierauf nach den im Aufbaugerät fixieren Werten die Prothese anfertigt. Diese
Arbeitsweise ist umständlich, schwierig und zeitraubend.
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Erfindungsgemäß wird- von einer derartigen Arbeitsweise grundsätzlich
abgegangen und die Herstellung von Beinprothesen für Oberschenkelamputierte erheblich
vereinfacht. Nach der Erfindung werden keine Aufbauwerte ermittelt, nach denen anschließend
die Prothese gebaut wird, sondern erfindungsgemäß wird lediglich die Beinstellung
an einer Hilfsprothese eingestellt, und danach werden die das Bein bildenden Teile
an der Hilfsprothese selbst modelliert. Die - Hilfsprothese bildet also im Falle
der Erfindung den Kern für das aus Gips zu formende -Modellbein, auf das die Schäfte
gearbeitet werdea,-während bei der bekannten Arbeitsweise die Hilfsprothese lediglich
zur Fixierung von Werten dient, nach denen erst ein Modellbein gefertigt wird.
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Die Erfindung besteht darin, daß zunächst an einer Hilfsprothese,
bestehend aus einem Kniestück, einer auf dem Kniestück sitzenden seitenverschieblïchen
Grundplatte, einer über dieser angeordneten, nach allen Richtungen verstell- und
fixierbaren Richtplatte, einer Anzahl von lösbar auf der Richtplatte befestigten
längs verstellbaren, ein Stumpfnegativ tragenden Haltearmen,-einem an das Kniestück
an gelenkten längs verstellbaren Unterschenkelstück und einem am Unterschenkelstück
verstellbar angebrachten Fuß, die Beinstellung des Prothesenträgers beim Gehen,
Stehen usw. eingestellt und hierauf nach Entfernung des Beinstumpfes aus dem Negativ
ein Rohr-oder Stabstück durch das Stumpfnegativ und die Richtplatte hindurchgeführt
und auf der Grundplatte z. B. durch Einschrauben befestigt wird, worauf das Stumpfnegativ
mit Gips od. dgl. ausgegossen und nach Abnahme des Stumpfnegativs einerseits der
Oberschenkel vom Gipsstumpf bis zum Kniestück und andererseits der Unterschenkel
vom Kniestück bis zum Knöchelstück in- Gips geformt wird. Zum Anlenken des Unterschenkelstückes
an das Kniestück wird vorteilhaft ein aus zwei Armen bestehendes Verbindungsstück
- vorgesehen, das an den Armen Bohrungen zum Hindurchführen einer Knieachse besitzt.
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Zur Ausfüllung der Bohrungen für die Knieachse nach Entfernung der
Knieachse dienen zweckmäßig
Körnerspitzen bzw. Dübel mit möglichst kleiner Bohrung,
die beim späteren Modellieren des Beines die Drehachse des Kniegelenkes markieren.
Die Prothese wird vorteilhaft durch Umhüllung des Modellbeines mit einer Folie oder
Platte eines thermoplastischen, vorzugsweise - transparenten Kunststoffes hergestellt.
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Die bisher übliche schwierige Ermittlung der Aufbauwerte, ihre Fixierung
in einem kostspieligen Aufbaugerät und die mühevolle- Anfertigung der Prothese nach
den so festgelegten Werten kommen erfindungsgemäß in Fortfall. Die Herstellung einer
Beinprothese nach der Erfindung nimmt nur einen Teil der bisher erforderlichen Zeit
in :Anspruch, und die Prothese kann nach dem Probelauf, d. h. also nach Einstellung
der Beinstellung am Probe bein und nach der Fertigstellung des endgülfigen Modells,
auch von einem niet gelernten Orthopädiehandwerker hergestellt werden.
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Das Verfahren nach der Erfindung wird an Hand der Zeichnung nachfolgend
näher erläutert. In der Zeichnung ist eine Probeprothese zur Ausführung des Verfahrens
nach der Erfindung in beispielsweiser Ausführung dargestellt. Es sind dargestellt
in Abb. 1 eine Sicht auf die Probeprothese im ganzen, in Abb. 2 und 3 das Kniegelenk
mit Vorrichtung zum Einstellen der Beinstellung, in Abb. 4 eine Sicht von oben auf
die Einstellvorrichtung, in Abb. 5 ein Strumpfhalter, in Abb. 6 und 7 der Unterschenkelteil,
in Abb. 8 das den Unterschenkel mit dem Kniegelenk verbindende Stück.
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Die Herstellung einer Beinprothese unter Verwendung der dargestellten
Probeprothese gestaltet sich wie folgt: Zunächst wird das Knochelstück des Fußes
12 (Ahb. 1), der von beliebiger handelsüblicher Form
sein kann,
mit der Unterplatte 13 des Unterschenkelstückes 1 (vgl. auch Abb. 6 und 7) z. B.
durch Schrauben an dem Unterschenkelstück befestigt. Die Unterplatte besteht, um
die Fußstellung korrigieren zu können, zweckmäßig aus einer Verschiebeplatte.
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Nach Befestigung des Fußes wird das am Unterschenkelstück 1 sitzende
Verbindungsstück 2 (vgl. auch Abb. 8 und 9) über das Kniestück 3 (vgl. auch Abb.
2 und 3) gleich welcher Konstruktion geschoben und durch Einführen einer Knieachse
(nicht gezeichnet) in die Bohrungen 4 und 5 mit diesem gelenkig verbunden. Ist dies
geschehen, so wird an der aus einer Verschiebegrundplatte 6 und einer nach allen
Richtungen verstell- und fixierbaren Richtplatte 6a bestehenden Vorrichtung zum
Einstellen der Beinstellung der Stumpfhalter befestigt. Dieser besteht im Beispielsfalle
aus vier elastischen Armen 7 aus Bandstahl, die mit entsprechend ausgebildeten unteren
Enden 8 in auf der Richtplatte 6a sitzende Stege 9 eingehängt sind. In den aus den
Haltarmen 7 bestehenden Stumpfhalter wird sodann ein Stumpfnegativ (nicht gezeichnet)
eingesetzt. Das Stumpfnegativ kann aus Holz, Gips oder einem anderen geeigneten
Material bestehen und wird von dem Stumpfhalter, dessen Arme 7 durch gegenseitiges
Verschieben der Bandstahlteile auf die Form des Stumpfnegativs einstellbar sind,
festgehalten. Das gegenseitige Verschieben und Feststellen der Bandstahlteile in
der eingestellten Lage wird ermöglicht durch Langlochführungen 10 in dem einen und
Schrauben 11 in dem anderen Teil.
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Mit der so vorbereiteten Probeprothese werden sodann von dem Amputierten
Gehproben ausgeführt.
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Bei den Gehproben wird durch Verstellung einerseits der Verschiebegrundplatte
6 und der Richtplatte 6 a und andererseits durch Einstellen der Länge der Arme 7
und des Unterschenkel stückes 1 sowie durch Verstellen der Verschiebegrundplatte
13 die Beinstellung des Amputierten an der Probeprothese eingestellt. Ist dies geschehen,
wird die Probeprothese abgenommen. Hierauf wird ein Hohl- oder Vollstab 14, der
im nachfolgenden Richtungsstab genannt werden soll, durch das Stumpfnegativ hindurchgeführt
und durch die Richtplatte hindurch in die Grundplatte 6 eingeschraubt, wodurch die
Lage der Verschiebegrundplatte 6 und der Richtplatte 6 unverrückbar fixiert wird.
Nunmehr wird das Stumpfnegativ um den Richtungsstab herum mit Gips oder einer anderen
härtenden Masse ausgegossen, so daß nach dem Erhärten der Oberschenkelstumpf des
Beinamputierten in Form eines Gipsstumpfes 15 an dem Richtungsstab 14 festsitzt.
An dem Richtungsstab sind zur Erhöhung der Haltewirkung zweckmäßig Ankerzapfen 14
angeordnet.
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Nach dem Erhärten der Ausgießmasse werden die Arme 7 abgenommen und
das Stumpfnegativ entfernt.
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Nunmehr ist die Probeprothese so gerichtet. daß das Modellbein endgültig
fertiggestellt werden kann. Um das Modellbein fertigzustellen, wird das Unterschenkelstück
1 von dem Kniestück 3 durch Entfernen des die Teile verbindenden Gelenkbolzens getrennt.
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Danach werden der freie Teil 14 b des Richtungsstabes und die Teile
6, 6a mit Olpapier od. dgl. umhüllt und hierauf der Oberschenkel bis zum Kniestück
3 in Gips fertig modelliert. In gleicherWeise werden die Metallteile des Unterschenkelstückes
mit Ölpapier od. dgl. umhüllt und danach der Unterschenkel vom Knierand bis zum
Fuß ebenfalls modelliert. Damit hierbei die genaue Gelenklinie festgehalten wird,
werden vor dem Modellieren in die durch Entfernung des Gelenk-
bolzens frei gewordenen
Bohrungen 4 Körnerspitzen 16 eingesetzt, z. B. eingeschraubt, die die genaue Drehachse
des Kniegelenkes markieren. Aus dem gleichen Grunde werden in die Bohrungen 5, die
für den Gelenkbolzen der endgültigen Prothese im Durchmesser zu groß sind. Dübel
mit möglichst kleiner Bohrung eingesetzt.
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Unter Benutzung des so hergestellten Modellbeines kann eine Prothese
beliebig oft hergestellt werden, und die gleichen statischen und dynamischen Aufbauwerte
sind damit 100°/oig gewährleistet, was beim Tragen mehrerer Beine beim Wechseln
von einem Bein zum anderen von größter Bedeutung für den Amputierten ist. Die Herstellung
erfolgt zweckmäßig durch Uberziehen des Oberschenkelteiles und des Unterschenkelteiles
mit einer Folie bzw. formbaren Platte aus Metall oder Werkstoff irgendwelcher Art
oder auch mit einer plastisch gieß-, streich- oder spritzbaren Kunststoffmasse.
Vorteilhaft wird hierbei eine transparente Masse benutzt, da diese den Vorteil bietet,
daß die darunterliegenden Teile des Beinstumpfes beobachtet und Druckstellen leicht
festgestellt werden können. Die Verwendung einer plastischen Masse bietet weiterhin
den Vorteil, daß sie an den zu korrigierenden Stellen durch Erwärmen erweicht und
leicht verformt werden kann. Mit Hilfe des Modellbeines ist es auch dem ungeühten
Handwerker möglich, die Prothese beliebig oft herzustellen. Beispielsweise besteht
auch die Möglichkeit, die mechanischen Teile der Gehprothese einem weit entfernt
tätigen Prothesenbauer zu senden, welcher nach Anfertigung des Stumpfnegativs die
Gehprothese zur Anprobe fertigstellt und nach einwandfreiem Probelauf die fixierte
Gehprothese dem Hersteller des Kunstbeines zurücksendet.
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PATENTANSPRttCHE 1. Verfahren zur Herstellung eines für den Bau von
Beinprothesen für Oberschenkelamputierte bestimmten Modellbeines, dadurch gekennzeichnet.
daß zunächst an einer Hilfsprothese, bestehend aus einem Kniestück (3), einer auf
dem Kniestück sitzenden seitenverschieblichen Grundplatte (6), einer über dieser
angeordneten, nach allen Reich tungen verstell- und fixierbaren Richtplatte (6a),
einer Anzahl von lösbar auf der Richtplatte befestigten längs verstellbaren, ein
Stumpfnegativ tragenden Haltearmen (7!, einem an das Kniestück angelenkten längs
verstellbaren Unterschenkelstück (t) und einem am Unterschenkelstück verstellbar
angebrachten Fuß, die Beinstellung des Prothesenträgers beim Gehen, Stehen usw.
eingestellt und hierauf nach Entfernung des Beinstumpfes aus dem Negativ ein Rohr-
oder Stabstück (14) durch das Stumpfuegativ und die Richtplatte (6a) hindurchgeführt
und auf der Grundplatte (6) z. B. durch Einschrauben befestigt wird, worauf das
Stumpfnegativ mit Gips od. dgl. ausgegossen und nach Abnahme des Stumpfnegativs
einerseits der Oberschenkel vom Gips stumpf (15) bis zum Kniestück (3) und andererseits
der Unterschenkel vom Kniestück bis zum Knöchelstücli (12) in Gips geformt wird.