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Die Erfindung betrifft ein Mehrscheibenisolierglas mit wenigstens einer ersten und einer zweiten Glasscheibe, wobei die erste und die zweite Glasscheibe durch einen Zwischenraum voneinander beabstandet sind und der Zwischenraum zwischen der ersten und der zweiten Glasscheibe mit der Umgebungsatmosphäre verbunden ist.
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Mehrscheibenisoliergläser werden auch als Wärmedämmverglasung oder Isolierverglasung bezeichnet. Es handelt sich bei einem gattungsgemäßen Mehrscheibenisolierglas um ein aus zwei oder mehr Glasscheiben zusammengesetztes Bauelement für Fenster und andere Verglasungen. Die Zwischenräume zwischen den Glasscheiben dienen der Wärmedämmung, da die in einen Zwischenraum einzubringenden Gase eine geringere Wärmeleitfähigkeit aufweisen als die Glasscheiben selbst.
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Aus dem Stand der Technik bekannt sind zum einen solche Mehrscheibenisoliergläser, bei denen sämtliche Zwischenräume zwischen den Glasscheiben hermetisch abgedichtet sind. Dies hat den Vorteil, dass eine Wärmeübertragung aufgrund von Konvektion weitestgehend vermieden werden kann. Ein Nachteil besteht jedoch darin, dass sich das Volumen des Gases infolge von Druck- und/oder Temperaturänderungen verändert. Dies führt dazu, dass sich die Glasscheiben verformen. Dieser Effekt ist sowohl aus technischen als auch aus ästhetischen Gründen unvorteilhaft. In technischer Hinsicht führt der wechselnde Verformungszustand der Glasscheiben zu einer Ermüdung des Randverbundes des Isolierglases, so dass beispielsweise die Dichtung für die hermetische Abdichtung im Laufe der Zeit undicht wird. In der Folge kann Feuchtigkeit in den Zwischenraum eindringen, welche sich als Kondensat an den Glasscheiben niederschlägt und das Mehrscheibenisolierglas dadurch „erblinden“ lässt.
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Aus ästhetischen Gesichtspunkten kommt es durch die Verformung der Glasscheiben beispielsweise zu verzerrten Spiegelbildern, beispielsweise im Falle einer großen Glasfassade eines Gebäudes. Dieser Effekt ist unerwünscht.
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Ein weiterer gravierender Nachteil randdichter Isoliergläser besteht darin, dass die Glasscheiben unwirtschaftlich dick dimensioniert werden müssen um die im Scheibenzwischenraum auftretenden Drücke aufnehmen zu können, ohne dass ein Glasbruch auftritt.
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Um die vorgenannten Nachteile zu vermeiden, ist es aus der
DE 38 08 907 C2 bekannt, die Zwischenräume gerade nicht hermetisch abzudichten, sondern vielmehr die Möglichkeit eines (langsamen) Druckausgleichs vorzusehen.
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Diese Lösung bringt jedoch den Nachteil mit sich, dass zum einen vergleichsweise schnell unerwünschte Feuchtigkeit in die Zwischenräume gelangt und zum anderen, dass keine sich als vorteilhaft erwiesenen Gase in die Zwischenräume eingebracht werden können, da sie infolge der fehlenden hermetischen Abdichtung schnell entweichen würden.
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Bereits in der
EP 0 090 916 A2 ist vorgeschlagen, die Luftwege zwischen Glasscheibenzwischenraum einerseits und Umgebungsatmosphäre andererseits zu kanalisieren und in den Luftweg Trocknungsmittel einzubringen. Eine praktikable Lösung dafür ist in der
EP 2 982 824 A1 offenbart, bei welcher bei einem Dreischeibenisolierglas Scheiben unterschiedlicher Biegesteifigkeit verwendet werden und ein hermetisch abgedichteter Zwischenraum mit einem randoffenen Zwischenraum zu kombinieren. Auch hier werden die Luftströmungen durch Strömungskanäle geführt, in welchen Trocknungsmittel angeordnet sind.
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Inzwischen ist es Stand der Technik, in den hermetisch abgedichteten Innenraum zwischen Glasscheiben mit Randabdichtung Trocknungsmittel einzubringen.
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Es ist bekannt, dass Isolierglas bedauerlicherweise nur eine begrenzte Lebenszeit hat, die sich je nach Scheibengröße, Scheibeneinbau, Aufbausituation, Witterungsbelastung und dergleichen auf einen Zeitraum von 25 bis 35 Jahre beläuft.
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Auch mit Trocknungsmitteln wird durch das zwangsläufige Altern des Randverbundes auch bei hermetisch abgeschlossenen Systemen früher oder später ein Pumpeffekt eintreten, durch welchen Umgebungsluft in den Zwischenraum gesaugt und aus diesem herausgedrückt wird. So kommt es zum Eintrag von Feuchtigkeit und Schmutz. Selbst wenn trocknungsmittelgefüllte Kanäle vorhanden sind, werden diese Trocknungsmittel mit der Zeit verbraucht und unwirksam und eine entsprechende Alterung des Scheibenaufbaus ist unvermeidbar.
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Es mag sein, dass eine Lebensdauer von 30 Jahren im privaten Fenster-Scheibenbereich erträglich ist, jedoch haben sich im Laufe der Zeit die architektonischen Anforderungen verändert. Scheibenkombinationen sind sehr vielfältig geworden und umfassen Wärmeschutz, Sonnenschutz, Schallschutz, Einbruchschutz, Fassaden-Gestaltungselemente und dergleichen. Gewaltige Glasfassaden sind weltweit zu finden. In Abhängigkeit von den Scheibengrößen kann allein ein Austausch einer entsprechenden Scheibe einen erheblichen wirtschaftlichen Faktor darstellen.
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Im Rahmen der Energiediskussionen sind Dreifachisoliergläser ebenfalls Standard geworden. Bei diesen ist mit einer reduzierten Lebensdauer zu rechnen, da aufgrund der doppelten Luftvolumina bei Temperatur- und Luftdruckänderungen starke innere Drücke auftreten. Geht man, wie im Stand der Technik vorgeschlagen, auf randoffene Systeme über und führt die Luft durch Kanäle mit Trocknungsmitteln, mag dadurch eine geringfügige Standzeitverlängerung erzielbar sein, allerdings werden die Eigenschaften des Trocknungsmittels aufgrund Alterung, Verbrauch und Beladung mit Feuchtigkeit schwächer.
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Ausgehend vom vorbeschriebenen Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, bei einem Mehrscheibenisolierglas eine Beeinträchtigung der Ästhetik durch Verformung der Glasscheiben zu verhindern bei gleichzeitig guter Wärmedämmfähigkeit und die Lebensdauer des randbelüfteten Mehrscheibenisolierglases wesentlich zu erhöhen.
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Zur technischen Lös u n g schlägt die Erfindung ein Isolierglas mit den Merkmalen des Patentanspruches 1 vor. Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Gemäß der Erfindung wird vorgeschlagen, das Isolierglasprinzip des absolut hermetisch abgedichteten Randes zu verlassen und ein insgesamt randoffenes System einzusetzen. Dabei wird ein Bereich vorgesehen, in welchem der Zwischenraum über eine Öffnung mit der Umgebung verbunden ist. Erfindungsgemäß wird an dieser Stelle ein Behältnis angeordnet, welches in dem Zwischenraum ein und aus diesem ausströmende Luft passiert werden muss. Dieses Behältnis ist mit einem Trocknungsmittel gefüllt.
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Durch die erfindungsgemäße Lösung wird das Trocknungsmittel in einem Gehäuse in Art einer Patrone (und im Folgenden so bezeichnet) auswechselbar in den Strömungsweg zwischen Umgebung und Isolierglaszwischenraum positioniert. Dadurch ist es austauschbar und regenerierbar. Auch kann auf Neuentwicklungen in diesem Bereich reagiert werden, ohne das Scheibensystem kostenaufwändig austauschen zu müssen.
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Gemäß einem Vorschlag der Erfindung weist die Randabdichtung des Isolierglassystems eine Öffnung auf, in welche der Rohrstutzen einer Trocknungsmittelpatrone einsetzbar ist.
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Die Trocknungsmittelpatrone ihrerseits weist ein Gehäuse auf, welches an geeigneter Stelle Öffnungen aufweist, durch welche Umgebungsluft in das Gehäuse eintreten kann. Im Inneren des Gehäuses können durch geeignete Mittel Strömungskanäle ausgebildet sein, so dass die Außenluft entlang der Kanäle bis in den Zwischenraum zwischen den Glasscheiben geführt wird. In die Kanäle ist das jeweilige Trocknungsmittel eingebracht.
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Gemäß einem weiteren vorteilhaften Vorschlag der Erfindung kann die Patrone einen Deckel aufweisen, der beispielsweise zum Austausch von Trocknungsmittel geöffnet werden kann. Der Deckel ist gemäß einem vorteilhaften Vorschlag der Erfindung gemäß dem Gehäuse abgedichtet aufgesetzt.
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Die Erfindung bringt eine Reihe von Vorteilen gegenüber dem herkömmlichen Isolierglasaufbau mit sich. Verformungen der Außenscheiben treten nicht auf, da ständig ein Druckausgleich mit der Umgebung stattfindet. Die sogenannten inneren Klimalasten können daher bei der glasdicken Berechnung entfallen, so dass reduzierte Glasdicken einsetzbar werden. Dadurch verringern sich insgesamt die Gewichte der Isolierglassysteme.
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Weiterhin können größere Glasabstände ausgeführt werden, beispielsweise um den Einbau von Funktionselementen wie Sonnenschutzanlagen usw. zu ermöglichen und zu fördern. Bei Mehrscheibenisolierglassystemen mit drei und mehr Scheiben entfallen die Vorspannungen innerer Scheiben, da einem Bruch bei Temperatur- und Luftdruckänderungen nicht mehr entgegengewirkt werden muss.
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Bei entsprechenden Systemen mit zwei und mehr Zwischenräumen sind diese gemäß der Erfindung strömungstechnisch miteinander in Verbindung. So genügt es, einen der Zwischenräume über die Trocknungspatrone mit der Außenluft zu verbinden, während die anderen Zwischenräume strömungstechnisch mit diesem Zwischenraum in Verbindung stehen.
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Bei der Produktion müssen Besonderheiten der Einbauorte (Druckhöhen und dergleichen) nicht weiter berücksichtigt werden.
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Der Kerngedanke der Erfindung besteht darin, dass kein Zwischenraum zwischen Glasscheiben hermetisch abgedichtet ist. Dies bedeutet, dass jeder Zwischenraum zum Druckausgleich direkt oder indirekt strömungstechnisch mit der Umgebung des Mehrscheibenisolierglases verbunden ist. Eine Verformung einer Glasscheibe führt somit nicht zu einer Druckerhöhung auf eine andere Glasscheibe. Die resultierenden Druckänderungen werden vielmehr durch den Druckausgleich mit der Umgebung ausgeglichen. Dies bedeutet, dass im Falle einer Volumenausdehnung im Zwischenraum zwischen zwei Glasscheiben keine Scheibe ein- oder ausbeult.
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Die Glasscheiben können durch Rahmen voneinander beabstandet sein. Je nach Dicke des Rahmens kann die Dicke des Zwischenraums gewählt werden. Die Zwischenräume können beliebig groß, vornehmlich jeweils zwischen 12 mm und 18 mm dick sein. Der Rahmen kann einstückig oder aus einzelnen Profilelementen gebildet sein.
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Bei dem Trockenmittel zur Aufnahme von Feuchtigkeit kann es sich um ein Silicagel oder Molekularsieb und/oder dergleichen handeln.
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Die Trocknungspatronen können gemäß der Erfindung nahezu beliebig ausgebildet sein. Sie können darüber hinaus durch Verbindung mehrerer Trocknungspatronen zu langen und sehr effektiven Strömungskanälen ausgebaut werden. Auch können Trocknungspatronen redundant angeordnet sein oder auch bedarfsweise zu- und abgeschaltet werden. So können Rohrleitungssysteme ausgebildet werden.
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Um bei Mehrscheibenisolierglas mit mehreren Zwischenräumen sicherzustellen, dass alle Zwischenräume strömungstechnisch verbunden sind, können Zwischenscheiben mit Bohrungen vorgesehen sein. Bohrungsgrößen liegen im Bereich von Millimetern, beispielsweise 3 mm. Diese gewährleisten einen Luftaustausch zwischen den benachbarten Zwischenräumen. In herkömmlicher Weise können die Zwischenräume dadurch gebildet werden, dass zwischen den benachbarten Glasscheiben Abstandshalter und Dichtmittel angeordnet sind. Weiterhin können randumlaufend oder zumindest Kanten parallel Trockenmittel auch in den Zwischenräumen angeordnet sein.
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Durch die Erfindung eines randoffenen Isolierglases mit erneuerbarer Trockenpatrone vervielfacht sich die Lebensdauer des Isolierglases gegenüber derzeitigen randdichten Isoliergläsern mit Trockenmitteln nur in den Abstandshaltern.
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Weitere Vorteile und Merkmale der Erfindung ergeben sich anhand der nachfolgenden Figurenbeschreibung. Es zeigen:
- 1: eine schematische Darstellung eines Ausführungsbeispiels für ein Isolierglas mit Randbelüftung und auswechselbarer Trockenpatrone.
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In der 1 ist schematisch ein Mehrscheibenisolierglas 1 gezeigt. Im gezeigten Ausführungsbeispiel besteht dieses aus drei Glasscheiben 2, zwischen welchen zwei Zwischenräume 3 gebildet sind. Abstandshalter 4, 5 dienen randumlaufend der Sicherstellung des Abstandes zwischen den Glasscheiben 2.
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Im gezeigten Ausführungsbeispiel ist dargestellt, dass der Abstandshalter 5 mit Trockenmittel gefüllt sein kann. Es kann vorgesehen sein, dass über Öffnungen Luft in einen kanalartigen Abstandshalter ein- und austritt und in diesem getrocknet wird. Mit 6 ist eine übliche Randabdichtung angedeutet, die üblicherweise durch einen Gummi, ein Polymer oder dergleichen gebildet ist.
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Eine im gezeigten Ausführungsbeispiel kastenförmig ausgebildete Patrone 7 ist mit Trockenmittel gefüllt. Diese weist an entsprechenden Stellen nicht gezeigte Öffnungen auf, durch welche Luft in das Innere der Patrone 7 eintreten kann, welche ansonsten einen hermetisch abgedichteten Innenraum hat. Über einen Anschlussstutzen 8 ist der Innenraum der Trockenpatrone 7 mit dem Innenraum 3 verbunden.
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Um die Innenräume strömungstechnisch miteinander zu verbinden, ist an der mittleren Scheibe 2 eine Durchgangsbohrung 9 angeordnet.
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Es ist offensichtlich, dass die Zwischenräume mit der Umgebungsluft indirekt über die Öffnungen 9 und 8 und die Trockenpatrone 7 in Verbindung stehen.
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Die Abstandshalter 4, 5 können mit Trockenmitteln gefüllt sein und eine innere Oberfläche mit einer leichten Perforierung aufweisen, so dass das Trockenmittel mit der Luft im Zwischenraum 3 in Verbindung steht und so den Luftzwischenraum 3 trocken hält.
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Die Abstandshalter 4, 5 bestehen ihrerseits aus Metall oder Kunststoff.
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Durch die Erfindung eines randoffenen Isolierglases mit erneuerbarer Trockenpatrone vervielfacht sich die Lebensdauer des Isolierglases gegenüber derzeitigen randdichten Isoliergläsern mit Trockenmitteln nur in den Abstandshaltern.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Mehrscheibenisolierglas
- 2
- Glasscheiben
- 3
- Zwischenraum
- 4
- Abstandshalter
- 5
- Abstandshalter
- 6
- Abdichtung
- 7
- Trockenpatrone
- 8
- Bohrstutzen
- 9
- Durchgangsbohrung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 3808907 C2 [0006]
- EP 0090916 A2 [0008]
- EP 2982824 A1 [0008]