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Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs mit wenigstens einem um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerten Fahrzeugsitz nach dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie ein Fahrzeug nach dem Oberbegriff des Anspruchs 11.
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Im Allgemeinen sind Fahrzeuge bekannt, die zumindest zwei Fahrzeugsitze umfassen. Fahrzeuge, die einen mittels eines Fahrassistenzsystems keine Nutzeraktion erfordernden autonomen Fahrbetrieb ermöglichen, werden den Fahrzeuginsassen mehr Freiheiten hinsichtlich der Positionierung ihrer Fahrzeugsitze bieten. Zum Beispiel wird das Drehen der Fahrzeugsitze um die Fahrzeughochachse derart möglich sein, dass den Fahrzeuginsassen ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht ermöglicht wird.
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Hinsichtlich der passiven Sicherheit stellen derartige Sitzkonfigurationen jedoch neue Herausforderungen dar. Wenn zum Beispiel ein oder mehrere Insassen in einem Winkel von 90 ° zur Fahrtrichtung sitzen, kann eine Frontalkollision des Fahrzeugs, zum Beispiel bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h, bereits zu schwerwiegenden Verletzungen bis hin zum Tod der Insassen infolge der hohen lateralen Belastung des durch die Kopfstütze nicht gestützten Genicks führen.
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So ist aus der
DE 10 2014 002 187 A1 beispielsweise ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs bekannt, bei dem mittels einer Kollisionserkennungsvorrichtung eine potentielle Unfallgefahr für das Fahrzeug erfasst wird. Des Weiteren wird in einem mittels eines Fahrassistenzsystems keine Nutzeraktion erfordernden autonomen Fahrbetrieb und bei erfasster, dem Fahrzeug bevorstehender Kollision ein variabel im Fahrzeug positionierbarer Fahrzeugsitz eines Fahrers des Fahrzeugs automatisch relativ zu einem Insassenschutzmittel des Fahrzeugs und/oder einer Fahrzeugstruktur positioniert.
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In der
US 5 328 234 ist des Weiteren ein drehbarer Sitz für ein Fahrzeug offenbart, der einen im Wesentlichen horizontalen Sitzbereich und einen allgemein aufrechten Rückenlehnenbereich aufweist. Der Sitz umfasst Mittel zum Drehen des Sitzbereiches und/oder des Rückenlehnenbereichs in Reaktion auf eine Seitenkollision des Fahrzeugs, um den Sitz zwischen einem darauf sitzenden Insassen und der eindringenden Seite des Fahrzeugs zu platzieren.
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Ferner beschreibt die
US 7 195 092 B2 ein Insassenrückhaltesystem für ein Fahrzeug, durch das der zur Verfügung stehende Kopfraum zwischen einem Insassen des Fahrzeugs und einem Fahrzeugdach im Falle eines Überschlags vergrößert wird. Hierzu wird die Rückenlehne im Falle des Überschlags relativ zur Sitzfläche des Fahrzeugsitzes nach hinten geschwenkt.
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Ein ähnliches System, bei dem im Falle einer Frontalkollision eines Fahrzeugs sowohl eine Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes nach hinten geschwenkt wird als auch eine Sitzfläche des Fahrzeugsitzes nach hinten verschoben wird, ist in der
US 2015/0165937 A1 offenbart.
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Aus der
US 7 374 223 B2 ist ein Fahrzeugsitz bekannt, welcher bei einem oder unmittelbar vor einem Seitenaufprall eine Relativbewegung des darauf sitzenden Insassen von der aufprallzugewandten Fahrzeugseite weg zur Fahrzeugmitte bewirkt. Hierzu ist ein Sitzpolster gesondert gegenüber anderen Sitzkomponenten und der Sitzbefestigung quer zur Fahrzeuglängsachse mittels eines Verschiebeaggregats verschiebbar.
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Vor diesem Hintergrund liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs sowie ein Fahrzeug, das mindestens einen um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerten Fahrzeugsitz aufweist, anzugeben, bei denen das Verletzungsrisiko für die Fahrzeuginsassen im Falle einer beliebig gearteten Kollision des Fahrzeugs minimiert ist bzw. die Sicherheit der Insassen wesentlich erhöht ist.
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Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie durch ein Fahrzeug mit den Merkmalen des Anspruchs 11 gelöst. Weitere, besonders vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung offenbaren die jeweiligen Unteransprüche.
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Es ist darauf hinzuweisen, dass die in den Ansprüchen einzeln aufgeführten Merkmale in beliebiger, technisch sinnvoller Weise miteinander kombiniert werden können und weitere Ausgestaltungen der Erfindung aufzeigen. Die Beschreibung charakterisiert und spezifiziert die Erfindung insbesondere im Zusammenhang mit den Figuren zusätzlich.
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Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs, das wenigstens einen um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerten Fahrzeugsitz aufweist, aufgezeigt, bei dem mittels einer Kollisionserkennungsvorrichtung eine potentielle Unfallgefahr für das Fahrzeug erfasst wird. Unter einer Kollisionserkennungsvorrichtung ist hierbei insbesondere eine mit wenigstens einem Fahrzeugsensor zur Erfassung der Fahrzeugumgebung in Verbindung stehende Steuereinheit zu verstehen. Der Fahrzeugsensor kann beispielsweise ein im oder am Fahrzeug angeordneter optischer Sensor wie eine Kamera, ein Radarsensor, Ultraschallsensor und dergleichen sein, der dazu geeignet ist, die Fahrzeugumgebung zur Vorhersage einer möglichen Kollision des Fahrzeugs in Verbindung mit der Steuereinheit zu erfassen. Mittels des wenigstens einen Fahrzeugsensors werden fortlaufend Signale erfasst und der Steuereinheit zur Verarbeitung und Auswertung zugeführt.
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Des Weiteren wird gemäß der Erfindung wenigstens eine augenblickliche Drehposition des Fahrzeugsitzes im Fahrzeuginnenraum mittels einer Innenraumerfassungsvorrichtung erfasst. Auch hierbei kann unter der Innenraumerfassungsvorrichtung eine Steuereinheit, die in Verbindung mit wenigstens einem im/am Fahrzeug angeordneten Innenraumsensor steht, zum Beispiel einem optischen Sensor wie einer Kamera, einem Drehwinkelsensor und dergleichen zur Erfassung wenigstens einer Eigenschaft des Fahrzeuginnenraums, insbesondere wenigstens der Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze, verstanden werden. Mittels des wenigstens einen Innenraumsensors werden fortlaufend Signale erfasst und der Steuereinheit zur Verarbeitung und Auswertung zugeführt.
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Bei einer erfassten, dem Fahrzeug bevorstehender Kollision wird weiterhin erfindungsgemäß ein potentieller Verletzungsscore einer in dem Fahrzeugsitz sitzenden Person in Abhängigkeit von der bevorstehenden Kollision und mehreren möglichen Drehpositionen des Fahrzeugsitzes berechnet. Als Verletzungsscore ist hierbei eine numerische Skala zur Einordnung der Schwere einer potentiellen Verletzung zu verstehen, die sich aus der Kombination aus der bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs, hierbei insbesondere zum Beispiel aus einer Richtung und Größe einer Beschleunigung infolge der Kollision und/oder einer Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum infolge der Kollision, und der jeweiligen Drehposition des Fahrzeugsitzes ergibt.
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Gemäß der Erfindung wird der wenigstens eine Fahrzeugsitz nun automatisch in die Position gedreht, in welcher der Verletzungsscore für die in dem Fahrzeugsitz sitzenden Person minimal ist.
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Mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens ist die Sicherheit für die Insassen des Fahrzeugs wesentlich erhöht. Da der Fahrzeugsitz im Falle einer bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs ausgehend von einer augenblicklichen Drehposition automatisch in die den Verletzungsscore minimierende Position gedreht wird, kann der Fahrzeugsitz während einer Fahrt, insbesondere während eines mittels eines Fahrassistenzsystems keine Nutzeraktion erfordernden autonomen Fahrbetriebs, beliebig gedreht werden, um mehreren Fahrzeuginsassen zum Beispiel eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht zu ermöglichen. Hierdurch wird eine verbesserte Sicherheit für die Insassen während des Fahrbetriebs und gleichzeitig auch der Fahrkomfort erhöht.
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Gemäß einer bevorzugten, vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung weist das Fahrzeug mehrere um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerte Fahrzeugsitze auf. In diesem Fall wird erfindungsgemäß mittels der Innenraumerfassungsvorrichtung jeweils wenigstens eine augenblickliche Drehposition jedes Fahrzeugsitzes im Fahrzeuginnenraum erfasst. Bei einer mittels der Kollisionserkennungsvorrichtung erfassten, dem Fahrzeug bevorstehenden Kollision wird ein potentieller Verletzungsscore einer in dem Fahrzeugsitz sitzenden Person für jeden Fahrzeugsitz in Abhängigkeit von der bevorstehenden Kollision, insbesondere zum Beispiel aus einer Richtung und Größe einer Beschleunigung infolge der Kollision und/oder einer Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum infolge der Kollision, und jeweils mehreren Drehpositionen der Fahrzeugsitze berechnet. Die Fahrzeugsitze werden dann jeweils automatisch in die Positionen gedreht, in welchen ein sich aus jedem Verletzungsscore jedes Fahrzeugsitzes zusammensetzender Gesamtverletzungsscore minimal ist. Dies stellt sicher, dass im Falle einer bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs eine für alle Insassen des Fahrzeugs optimale Drehposition der Fahrzeugsitze eingenommen wird, bei der das Verletzungsrisiko für alle Insassen minimiert ist.
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Bevorzugt werden gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung beim automatischen Drehen mehrerer Fahrzeugsitze auch Einschränkungen zum Beispiel hinsichtlich des gleichzeitigen Drehens mehrerer Fahrzeugsitze durch das erfindungsgemäße Verfahren berücksichtigt. So kann beispielsweise der Fall eintreten, dass sich nicht alle Fahrzeugsitze gleichzeitig in die gewünschte Drehposition drehen lassen, da sie sich beim automatischen Drehen aufgrund ihrer Abmessungen gegenseitig blockieren würden. In einem solchen Fall wird vorzugsweise vor dem Drehen der Fahrzeugsitze in die gewünschte Drehposition eine geeignete Drehreihenfolge und/oder Drehrichtung für die Fahrzeugsitze derart festgelegt, dass beim Drehen keine Kollisionen der Fahrzeugsitze untereinander auftreten können. Neben der ermittelten Reihenfolge zum Drehen der Fahrzeugsitze kann auch eine geeignete Drehrichtung für jeden Fahrzeugsitz derart festgelegt werden, dass Kollisionen der Fahrzeugsitze untereinander vermieden werden.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass mittels der Innenraumerfassungsvorrichtung auch erfasst wird, welcher Fahrzeugsitz tatsächlich von einer Person belegt ist und die Berechnung des Verletzungsscores und/oder das automatische Drehen auf die tatsächlich belegten Fahrzeugsitze beschränkt wird/werden. Hierdurch lässt sich in vorteilhafter Weise die Komplexität und damit die benötigte Zeitdauer der durchzuführenden Berechnungen sowohl für den zu ermittelnden Verletzungsscore pro Fahrzeugsitz als auch für das automatisch durchzuführende Drehen der Fahrzeugsitze, insbesondere zum Beispiel hinsichtlich der Festlegung einer Drehreihenfolge und/oder einer Drehrichtung der Fahrzeugsitze, reduzieren. So können die nicht belegten Fahrzeugsitze beispielsweise bei der Bestimmung der Drehreihenfolge und/der der Drehrichtung der Fahrzeugsitze unberücksichtigt bleiben oder die freien Fahrzeugsitze automatisch so gedreht werden, dass eine möglichst schnelle automatische Drehung der belegten Fahrzeugsitze in die gewünschte Drehposition möglich ist.
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Eine noch weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass mittels der Innenraumerfassungsvorrichtung ebenso eine augenblickliche Sitzposition, insbesondere eine augenblickliche Position von Gliedmaßen, zum Beispiel der Arme oder Beine, der in dem Fahrzeugsitz/den Fahrzeugsitzen sitzenden Person/en erfasst wird, wobei die Berechnung des Verletzungsscores und/oder das automatische Drehen auch in Abhängigkeit von der erfassten Sitzposition durchgeführt wird/werden. So kann beispielsweise verhindert werden, dass die Beine und/oder die Füße einer in einem Fahrzeugsitz sitzenden Person beim automatischen Drehen des Fahrzeugsitzes mit einem anderen Fahrzeugsitz oder den Beinen/Füßen einer in einem anderen Fahrzeugsitz sitzenden Person kollidieren, indem zur Bestimmung einer Drehreihenfolge und/oder Drehrichtung für die Fahrzeugsitze neben den geometrischen Abmessungen der Fahrzeugsitze auch die augenblickliche Sitzposition der Fahrzeuginsassen berücksichtigt wird.
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Gemäß einer noch weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird mittels der Innenraumerfassungsvorrichtung ebenso das Vorhandensein anderer, unbefestigter Gegenstände im Fahrzeuginnenraum, insbesondere zum Beispiel Gepäckstücke, erfasst, die in Bezug auf die bevorstehende Kollision des Fahrzeugs ein Verletzungsrisiko für die Fahrzeuginsassen darstellen können. Auch hierbei kann/können die Berechnung des Verletzungsscores und/oder das automatische Drehen in Abhängigkeit von den erfassten, unbefestigten Gegenständen durchgeführt werden, um eine noch größere Sicherheit für die Fahrzeuginsassen zu gewährleisten.
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Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass mittels der Kollisionserkennungsvorrichtung zur Erfassung der potentiellen Unfallgefahr eine zeitkontinuierliche Kollisionswahrscheinlichkeit für das Fahrzeug und/oder eine vorausberechnete Unfallschwere, die wenigstens eine Richtung und Größe einer Beschleunigung infolge der bevorstehenden Kollision umfasst, und/oder eine vorausberechnete Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum infolge der bevorstehenden Kollision und/oder eine verbleibende Zeitdauer bis zur bevorstehenden Kollision bestimmt wird/werden. Bevorzugt wird/werden dann die Berechnung des Verletzungsscores und/oder das automatische Drehen auch in Abhängigkeit von der vorausberechneten Unfallschwere und/oder der vorausberechneten Eindringposition und Eindringtiefe und/oder der Zeitdauer bis zur Kollision durchgeführt.
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So kann beispielsweise der Verletzungsscore insbesondere aus der Unfallschwere, das heißt aus der auf jeden Fahrzeuginsassen wirkenden Richtung und Größe der Beschleunigung infolge der Kollision des Fahrzeugs, und der augenblicklichen Drehposition des jeweiligen Fahrzeugsitzes für jeden Fahrzeuginsassen berechnet werden. Die aus der Kollision des Fahrzeugs mit einem anderen Objekt resultierende Größe der auf die Fahrzeuginsassen wirkenden Beschleunigung infolge der Kollision kann zum Beispiel aus einem gemessenen oder geschätzten Geschwindigkeitsdelta zwischen dem Fahrzeug und dem Kollisionsobjekt und einer geschätzten Masse des Kollisionsobjekts bestimmt werden.
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Die vorausberechnete Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum, die beispielsweise ebenfalls anhand eines gemessenen oder geschätzten Geschwindigkeitsdeltas zwischen dem Fahrzeug und einem Kollisionsobjekt sowie einer geschätzten Masse des Kollisionsobjekts bestimmt werden kann, können dazu verwendet werden, die gewünschte, hinsichtlich der Sicherheit der Fahrzeuginsassen optimale Drehposition der Fahrzeugsitze zu bestimmen. So kann zum Beispiel aufgrund einer vorausberechneten Eindringtiefe die einzunehmende, optimale Drehposition eines Fahrzeugsitzes in der Nähe der Eindringposition derart gewählt werden, dass diese einen möglichst großen Abstand der auf dem Fahrzeugsitz sitzenden Person zur Kollisionsstelle gewährleistet, um die Person noch besser vor den Unfallfolgen zu schützen.
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Des Weiteren kann auch die verbleibende Zeitdauer bis zur Kollision bei der Bestimmung der einzunehmenden, optimalen Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze berücksichtigt werden, indem zum Beispiel aufgrund einer zu geringen Zeitspanne bis zur Kollision, in der die hinsichtlich des Verletzungsscores der Fahrzeuginsassen absolut beste Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze nicht mehr eingenommen werden kann, eine hinsichtlich des Verletzungsscores zweitbeste oder drittbeste Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze bestimmt wird, die in der verbleibenden Zeit noch sicher erreicht werden kann.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird das automatische Drehen des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze in wenigstens zwei unterschiedlichen Geschwindigkeitsstufen in Abhängigkeit von einer mittels der Kollisionserkennungsvorrichtung bestimmten Kollisionswahrscheinlichkeit ausgeführt, wobei die niedrigere Geschwindigkeitsstufe eingesetzt wird, solange die Kollisionswahrscheinlichkeit unterhalb eines vorherbestimmbaren Wahrscheinlichkeitsschwellenwerts, zum Beispiel 30 %, liegt und ansonsten die höhere Geschwindigkeitsstufe. So kann durch die niedrigere Drehgeschwindigkeit der Fahrzeugsitze der Komfort für die Insassen erhöht werden. Erst in einer Notsituation, in der die Kollisionswahrscheinlichkeit einen relativ hohen Wert annimmt, wird das automatische Drehen des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze mit einer höheren Geschwindigkeit ausgeführt, die von den Fahrzeuginsassen möglicherweise nicht mehr als komfortabel wahrgenommen wird. Außerdem kann in diesem Fall (Notsituation) auch das Risiko von leichten Verletzungen, zum Beispiel Prellungen, der Fahrzeuginsassen infolge des raschen Drehens des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze in Kauf genommen werden.
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Eine noch weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung sieht vor, dass der Fahrzeugsitz, insbesondere zum Beispiel eine Rückenlehne, und/oder eine Beinauflage des Fahrzeugsitzes vor dem automatischen Drehen automatisch in eine aufrechte Position gebracht wird/werden, um hierdurch den zum automatischen Drehen des Fahrzeugsitzes erforderlichen freien Drehradius zu verkleinern, was wiederum Kollisionen der Fahrzeugsitze untereinander beim Drehen vermeiden hilft. Außerdem wird durch die aufrechte, näher an der Drehachse des Fahrzeugsitzes liegende Sitzposition die bezüglich des Drehvorganges wirksame Massenträgheit der auf dem Fahrzeugsitz sitzenden Person verringert, wodurch eine schnellere Drehbeschleunigung des Fahrzeugsitzes erzielbar ist.
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Gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung wird in dem Fall, in dem das automatische Drehen des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze nicht vollständig innerhalb einer von der Kollisionserkennungsvorrichtung bestimmten verbleibenden Zeitdauer bis zur bevorstehenden Kollision abgeschlossen werden kann, solange iterativ eine bezüglich des Verletzungsscores nächstbeste Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze berechnet, bis die berechnete Drehposition des Fahrzeugsitzes/der Fahrzeugsitze innerhalb der verbleibenden Zeitdauer bis zur bevorstehenden Kollision eingenommen werden kann. Somit kann abhängig von der verbleibenden Zeitdauer bis zur Kollision ein bestmöglicher Schutz der Fahrzeuginsassen gewährleistet werden.
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Gemäß einem weiteren Aspekt der vorliegenden Erfindung wird ein Fahrzeug bereitgestellt, das wenigstens einen um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerten Fahrzeugsitz, eine Kollisionserkennungsvorrichtung zur Erfassung einer potentiellen Unfallgefahr für das Fahrzeug, eine Steuereinrichtung zur Ansteuerung von Sitzaktuatoren, um den Fahrzeugsitz automatisch zu drehen, und eine Innenraumerfassungsvorrichtung zur Erfassung wenigstens einer augenblicklichen Drehposition des Fahrzeugsitzes im Fahrzeuginnenraum aufweist. Erfindungsgemäß ist die Steuereinrichtung zur Durchführung eines Verfahrens nach einer der vorbeschriebenen Ausführungen eingerichtet.
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Bezüglich weiterer Ausgestaltungen des Fahrzeugs, seiner Wirkungen und Vorteile wird auf die vorstehende Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens verwiesen, die in analoger Weise auf das erfindungsgemäße Fahrzeug anzuwenden ist.
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Bei dem Fahrzeug handelt es sich vorzugsweise um ein zumindest im teilautomatisierten Fahrbetrieb fahrbares Fahrzeug, in dem eine Fahraufgabe eines Fahrers zumindest teilweise von einem Fahrassistenzsystem übernommen ist.
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Weitere Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der folgenden Beschreibung eines nicht einschränkend zu verstehenden Ausführungsbeispiels der Erfindung, die im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung näher erläutert wird. In dieser Zeichnung zeigen schematisch:
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1 eine Draufsicht auf ein Fahrzeug mit vier jeweils auf einem Fahrzeugsitz sitzenden Personen jeweils in einer nominalen Sitzposition,
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2 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 1 mit unterschiedlichen Drehpositionen der einzelnen Fahrzeugsitze,
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3 eine weitere Draufsicht auf das Fahrzeug aus 2,
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4 ein Flussdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Verfahrens gemäß der Erfindung,
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5 ein Flussdiagramm eines Teilaspekts des Verfahrens aus 4,
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6 ein Diagramm zur Bestimmung eines Verletzungsscores,
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7 eine Tabelle zur Bestimmung eines minimalen Gesamtverletzungsscores,
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8 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 1 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer Heckkollision,
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9 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 1 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer Frontalkollision,
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10 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 1 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer frontalen Seitenkollision,
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11 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 1 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer heckseitigen Seitenkollision,
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12 eine weitere Draufsicht auf das Fahrzeug aus 2,
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13 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 12 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer Heckkollision,
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14 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 13 zur Veranschaulichung einer optimalen Drehreihenfolge und optimalen Drehrichtungen der Fahrzeugsitze bei der Heckkollision und
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15 eine Draufsicht auf das Fahrzeug aus 12 mit alternativen Drehpositionen der Fahrzeugsitze bei einer Heckkollision.
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In den unterschiedlichen Figuren sind hinsichtlich ihrer Funktion gleichwertige Teile stets mit denselben Bezugszeichen versehen, so dass diese in der Regel auch nur einmal beschrieben werden.
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1 stellt eine Draufsicht auf ein Fahrzeug 20 gemäß der Erfindung mit vier jeweils auf einem Fahrzeugsitz 21, 22, 23 und 24 sitzenden Personen 25 jeweils in einer nominalen Sitz- bzw. Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 dar. Bei dem dargestellten Fahrzeug 20 ist der Fahrzeugsitz 21, in Fahrtrichtung des Fahrzeugs 20 gesehen, ein vorderer linker Fahrzeugsitz, der Fahrzeugsitz 22 ein vorderer rechter Fahrzeugsitz, der Fahrzeugsitz 23 ein hinterer linker Fahrzeugsitz und der Fahrzeugsitz 24 ein hinterer rechter Fahrzeugsitz.
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Das Fahrzeug 20 verfügt über ein Fahrassistenzsystem oder mehrere Fahrassistenzsysteme (nicht dargestellt) zur Durchführung eines teilautomatisierten oder vollautomatisierten Fahrbetriebs und befindet sich in einem autonomen Fahrbetrieb, in dem das Fahrzeug 20 hoch- oder vollautomatisiert fährt, ohne dass eine Aktion vom Fahrer, beispielsweise der auf dem Fahrzeugsitz 21 sitzenden Person 25, erforderlich ist.
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Die Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 sind um die Fahrzeughochachse, beispielsweise um 360 °, drehbar gelagert, so dass sich die Personen bzw. Fahrzeuginsassen 25 mit ihren Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 bzw. 24 so drehen können, dass sie von Angesicht zu Angesicht sprechen können, wie es beispielhaft in 2 dargestellt ist, die eine Draufsicht auf das Fahrzeug 20 aus 1 mit unterschiedlichen Drehpositionen der einzelnen Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 zeigt.
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Des Weiteren verfügt das Fahrzeug 20 über eine nicht näher dargestellte Kollisionserkennungseinrichtung, die eine Anzahl von im und/oder am Fahrzeug 20 angeordneten Erfassungseinheiten, zum Beispiel einen optischen Sensor wie eine Kamera oder einen Radarsensor, Ultraschallsensor und dergleichen, umfasst, die mit einer Steuereinheit verbunden sind. Mittels der Erfassungseinheiten werden fortlaufend Signale erfasst und der Steuereinheit zur Verarbeitung und Auswertung zugeführt. Insbesondere ist anhand der Signale eine dem Fahrzeug 20 bevorstehende Kollision, das heißt eine potentielle Unfallgefahr, erfassbar.
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Außerdem stellt die Kollisionserkennungsvorrichtung des dargestellten Fahrzeugs 20 eine Kollisionswahrscheinlichkeit für das Fahrzeug 20 als eine zeitkontinuierliche Funktion bereit, ferner eine vorausberechnete Unfallschwere, die wenigstens eine Richtung und Größe einer Beschleunigung infolge der bevorstehenden Kollision umfasst, eine vorausberechnete Eindringposition und Eindringtiefe in einen Fahrzeuginnenraum 26 infolge der bevorstehenden Kollision und eine verbleibende Zeitdauer bis zur bevorstehenden Kollision.
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Des Weiteren verfügt das Fahrzeug 20 über eine ebenfalls nicht näher dargestellte Innenraumerfassungsvorrichtung zur Erfassung des Fahrzeuginnenraums 26. Die Innenraumerfassungsvorrichtung umfasst ebenso eine Anzahl von im und/oder am Fahrzeug 20 angeordneten Erfassungseinheiten, zum Beispiel einen optischen Sensor wie eine Kamera oder einen Drehwinkelsensor und dergleichen, die mit einer Steuereinheit verbunden sind. Mittels der Erfassungseinheiten werden fortlaufend Signale erfasst und der Steuereinheit zur Verarbeitung und Auswertung zugeführt. Insbesondere ist anhand der Signale wenigstens eine augenblickliche Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 erfassbar, darüber hinaus vorzugsweise aber auch die Sitzpositionen der Personen 25 in ihren jeweiligen Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 bzw. 24, insbesondere die Positionen von Armen und Beinen der Personen 25 und deren Abstand von einer Rotationsachse der jeweiligen Fahrzeugsitze 21, 22, 23 bzw. 24, sowie das Vorhandensein und die Position anderer, unbefestigter Gegenstände (nicht dargestellt) im Fahrzeuginnenraum 26, insbesondere zum Beispiel Gepäckstücke, die in Bezug auf eine bevorstehende Kollision des Fahrzeugs 20 ein Verletzungsrisiko für die Fahrzeuginsassen 25 darstellen können.
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In 3, die eine weitere Draufsicht auf das Fahrzeug aus 2 darstellt, sind der Umfang 27 einer Hinterkante einer Rückenlehne der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 sowie der Umfang 28 einer Fußspitze der jeweiligen, in den Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 und 24 sitzenden Personen 25 bezüglich einer Drehung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 gezeigt. Deutlich ist in 3 zu erkennen, dass die beiden vorderen Fahrzeugsitze 21 und 22 sowie die beiden hinteren Fahrzeugsitze 23 und 24 nicht gleichzeitig in eine beliebige Drehposition gedreht werden können, ohne sich gegenseitig zu behindern, das heißt sich in ihrer Drehung zu blockieren. Derartige Einschränkungen bei der Drehung der Fahrzeugsitze 21 und 22 bzw. 23 und 24 werden bei der vorliegenden Erfindung berücksichtigt, indem vor dem automatischen Drehen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 eine optimale, das heißt kollisionsfreie, Drehreihenfolge und/oder Drehrichtung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 bestimmt wird.
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4 stellt ein Flussdiagramm eines Ausführungsbeispiels eines Verfahrens 30 gemäß der Erfindung dar. Das Verfahren 30 startet in einem Schritt 31, in dem mit Hilfe der Kollisionserkennungsvorrichtung des Fahrzeugs 20 eine potentielle Unfallgefahr für das Fahrzeug 20 erfasst wird. Insbesondere werden in Schritt 31 die Kollisionswahrscheinlichkeit für das Fahrzeug 20 als eine zeitkontinuierliche Funktion bereitgestellt, eine vorausberechnete Unfallschwere, die eine Richtung und Größe einer Beschleunigung infolge der bevorstehenden Kollision umfasst, eine vorausberechnete Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum 26 infolge der bevorstehenden Kollision und eine verbleibende Zeitdauer bis zur bevorstehenden Kollision.
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In einem nachfolgenden Schritt 32 des Verfahrens 30 wird mittels der Innenraumerfassungsvorrichtung der Fahrzeuginnenraum 26 erfasst. Insbesondere werden in Schritt 32 bei dem in 4 dargestellten Verfahren 30 die Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 und die Sitzpositionen der in den Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 und 24 sitzenden Personen 25, insbesondere der Abstand der Gliedmaßen (Arme/Beine/Füße) der Personen 25 von einer Rotationsachse der jeweiligen Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24, erfasst und als Information zur Weiterverarbeitung durch die nachfolgenden Schritte des Verfahrens 30 bereitgestellt.
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In einem anschließenden Schritt 33 des Verfahrens 30 wird eine optimale Drehposition hinsichtlich der in Schritt 31 näher erfassten, bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs 20 für jeden Fahrzeugsitz 21, 22, 23 und 24 bestimmt. Insbesondere wird in Schritt 33 die optimale Drehposition mit Hilfe eines für jede Person 25 zu bestimmenden, potentiellen Verletzungsscores ermittelt. Die optimale Drehposition aller Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 ergibt sich aus dem absoluten Minimum der Summe der Verletzungsscores (= Gesamtverletzungsscore) der in den Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 und 24 sitzenden Personen 25.
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In einem nachfolgenden Schritt 34 wird die optimale Drehreihenfolge und Drehrichtung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 unter Berücksichtigung der Beschränkungen aufgrund der in 3 gezeigten Umfänge 27 und 28 ermittelt.
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In einem anschließenden Schritt 35 des Verfahrens 30 wird überprüft, ob die optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 hinsichtlich der bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs 20 überhaupt innerhalb der in Schritt 31 ermittelten, verbleibenden Zeitdauer bis zur Kollision nach der in Schritt 34 bestimmten Drehreihenfolge und Drehrichtung eingenommen werden können.
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Wenn die optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 innerhalb der verbleibenden Zeitdauer eingenommen werden können, werden in einem Schritt 36 des Verfahrens 30 an den Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 und 24 angeordnete Aktuatoren zur Durchführung der automatischen Drehung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 angesteuert.
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Wenn jedoch die optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 innerhalb der verbleibenden Zeitdauer bis zur Kollision des Fahrzeugs 20 nicht eingenommen werden können, werden in einem Schritt 37 die nächstbesten Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 anhand der Verletzungsscores ermittelt. Anschließend fährt das Verfahren 30 mit Schritt 34 fort, in dem die optimale Drehreihenfolge und Drehrichtung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 für die neu berechneten, nächstbesten Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 bestimmt werden.
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5 stellt ein Flussdiagramm eines Teilaspekts des Verfahrens 30 aus 4 dar, nämlich die Bestimmung der optimalen Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 anhand des Verletzungsscores.
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Wie 5 zu entnehmen ist, startet die Bestimmung der optimalen Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 mit den bereits zuvor beschriebenen Schritten 31 und 32, in denen die potentielle Unfallgefahr bzw. der Fahrzeuginnenraum erfasst wird.
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In einem nachfolgenden Schritt 38 wird für alle möglichen Drehpositionen des Fahrzeugsitzes 21, 22, 23 bzw. 24 in Abhängigkeit von der zu erwartenden Unfallschwere, das heißt der Richtung und Größe einer auf die im Fahrzeugsitz 21, 22, 23 bzw. 24 sitzenden Person 25 einwirkende Beschleunigung infolge der bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs 20, der potentielle Verletzungsscore berechnet, wie nachstehend auch im Zusammenhang mit der Beschreibung der 6 erläutert werden wird.
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In einem anschließenden Schritt 39 wird eine Tabelle erstellt, die alle möglichen Drehpositionskombination zwischen unterschiedlichen Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 bzw. 24 mit den diesen zugeordneten Verletzungsscores umfasst, wie nachstehend auch im Zusammenhang mit der Beschreibung der 7 erläutert werden wird.
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6 stellt ein Diagramm zur Bestimmung eines Verletzungsscores für alle möglichen Drehpositionen eines Fahrzeugsitzes 21, 22, 23 bzw. 24 in Abhängigkeit von der zu erwartenden Unfallschwere, das heißt der Richtung und Größe einer auf die im Fahrzeugsitz 21, 22, 23 bzw. 24 sitzenden Person 25 einwirkende Beschleunigung infolge der bevorstehenden Kollision des Fahrzeugs 20, dar. Hierzu sind auf der Abszissenachse des in 6 gezeigten Diagramms alle möglichen relativen Winkel zwischen dem Fahrzeugsitz 21, 22, 23 bzw. 24 und der Richtung der zu erwartenden Kollisionsbeschleunigung in Grad aufgetragen. Die Ordinatenachse stellt die Größe der Kollisionsbeschleunigung in g dar. In den im Diagramm eingezeichneten rechteckigen Kästen sind jeweils die Verletzungsscores der Größe 0, 1, 2, 3, 4 und 5 eingetragen, die jeweils von in das Diagramm eingezeichneten fünf Verletzungskurven 40 begrenzt sind.
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Der Verletzungsscore wird für jede in einem Fahrzeugsitz 21, 22, 23 bzw. 24 sitzende Person berechnet (Einzelverletzungsscore). Die berechneten Einzelverletzungsscores werden dann zu einem Gesamtverletzungsscore addiert. Die der Berechnung zugrunde liegenden Eingangsparameter sind, wie bereits weiter oben erwähnt wurde, die zu erwartende Unfallschwere, das heißt die Richtung der bevorstehenden Kollision und die Größe der Kollisionsbeschleunigung, die Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 und die zu erwartende Eindringposition und die zu erwartende Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum 26 infolge der Kollision.
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Das Verletzungsmodell zur Berechnung der individuellen Verletzungsscores beruht auf physiologischen Modellen und Tabellen, um die Schwere einer Verletzung als eine Funktion der vorgenannten Eingangsparameter zu bestimmen.
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In 6 ist ein mit einem Punkt gekennzeichnetes Beispiel 41 zur Berechnung eines Verletzungsscores in das Diagramm eingetragen, bei dem zum Beispiel für eine erste Person der zu erwartende Winkel zwischen der Kollisionsrichtung und der augenblicklichen Drehposition eines Fahrzeugsitzes 90 ° und die zu erwartende, auf diese erste Person einwirkende Beschleunigung 17 g beträgt. Aus dem in 6 dargestellten Diagramm ergibt sich somit ein Verletzungsscore für diese Person von 3. Der Verletzungsscore wird auf diese Weise für alle auf den Fahrzeugsitzen sitzenden Personen und für alle möglichen Drehpositionen der Fahrzeugsitze durchgeführt.
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7 stellt beispielhaft eine Tabelle zur Bestimmung eines minimalen Gesamtverletzungsscores dar. Die Tabelle stellt den Gesamtverletzungsscore für die beiden vorderen Fahrzeugsitze 21 und 22 dar. In den Reihen der Tabelle sind die Winkel 42 des vorderen linken Fahrzeugsitzes 21 eingetragen sowie die diesen jeweils zugeordneten, zuvor berechneten Einzelverletzungsscores 43 einer in diesem Fahrzeugsitz 21 sitzenden Person 25. In den Spalten der Tabelle sind die Winkel 44 des vorderen rechten Fahrzeugsitzes 22 eingetragen sowie die diesen jeweils zugeordneten, zuvor berechneten Einzelverletzungsscores 45 einer in diesem Fahrzeugsitz 22 sitzenden Person 25.
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Der niedrigste Gesamtverletzungsscore ist 1, das heißt beide Fahrzeugsitze 21 und 22 weisen eine Drehposition von 45 Grad auf. Aufgrund von gegenseitigen Blockierungen nicht einnehmbare Drehpositionskombinationen 46 der Fahrzeugsitze 21 und 22 sind in der Tabelle als ausgefüllte Rechtecke ebenfalls dargestellt.
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Die 8, 9, 10 und 11 stellen jeweils eine Draufsicht auf das Fahrzeug 10 aus 1 mit optimalen Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 bei einer Heckkollision (8), Frontalkollision (9), frontalen Seitenkollision (10) bzw. bei einer heckseitigen Seitenkollision (11) dar.
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Wie 8 zu entnehmen ist, erfolgt die dargestellte Heckkollision aus einer Kollisionsrichtung 47 in etwa mittig zum Fahrzeugaufbau. Eine zu erwartende Eindringposition und Eindringtiefe 48 in den Fahrzeuginnenraum 26 ist in 8 schematisch ebenfalls dargestellt. Alle Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 sind gegen die Kollisionsrichtung 47 ausgerichtet, um den Insassen 25 einen größtmöglichen Schutz zu bieten.
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9 stellt den Fall einer etwa mittigen Frontalkollision dar. Alle Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 sind gegen die Kollisionsrichtung 47 ausgerichtet, um den Insassen 25 einen größtmöglichen Schutz zu bieten.
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10 stellt den Fall einer frontalen Seitenkollision des Fahrzeugs 20 dar, wobei die Kollisionsrichtung 47 einen Winkel von etwa 90 ° zur Fahrzeuglängsachse einschließt. In diesem Fall ist das Drehen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 gegen die Kollisionsrichtung 47 nicht vollständig möglich, da sich die Fahrzeugsitze 21 und 22 sowie 23 und 24 aufgrund ihrer Abmessungen gegenseitig blockieren. Daher sind die Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 in einem 45 °-Winkel zur Kollisionsrichtung 47 gedreht, da diese Position die Kollisionsbelastung auf das Genick und den Kopf der in den Fahrzeugsitzen 21, 22, 23 und 24 sitzenden Personen 25 bereits erheblich reduziert. Außerdem wurde die in 10 dargestellte 45 °-Drehposition der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 derart gewählt, dass ein möglichst großer Abstand zwischen der zu erwartenden Eindringtiefe 48 in den Fahrzeuginnenraum 26 und dem Fahrzeugsitz 22 eingehalten wird, um der in dem Fahrzeugsitz 22 sitzenden Person 25 einen größtmöglichen Schutz vor Verletzungen zu bieten.
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11 stellt den Fall einer heckseitigen Seitenkollision des Fahrzeugs 20 dar, wobei die Kollisionsrichtung 47 einen Winkel von etwa 45 ° zur Fahrzeuglängsachse einschließt. Wie zu erkennen ist, sind die Fahrzeugsitze 21 und 22 gegen die Kollisionsrichtung 47 gedreht, um einen optimalen Schutz gegen Verletzungen zu gewährleisten. Der Fahrzeugsitz 24 ist jedoch nicht vollständig gegen die Kollisionsrichtung 47 gedreht, um einen möglichst großen Abstand zwischen der auf dem Fahrzeugsitz 24 sitzenden Person 25 und der Eindringtiefe 48 in den Fahrzeuginnenraum 26 zu gewährleisten. Aufgrund dessen ist auch der Fahrzeugsitz 23 nicht vollständig gegen die Kollisionsrichtung 47 gedreht, da dies durch die dargestellte Drehposition des Fahrzeugsitzes 24 aufgrund seiner Abmessungen verhindert wird.
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Allgemein kann den 8, 9, 10 und 11 entnommen werden, dass eine optimale Drehposition der Fahrzeugsitze stets gegen die Kollisionsrichtung 47 gerichtet ist. Es kann jedoch in manchen Fällen vorteilhafter sein, von dieser Regel abzuweichen, wenn zum Beispiel ein Fahrzeuginsasse vor einer zu großen zu erwartenden Eindringtiefe 48 der Kollision in den Fahrzeuginnenraum 26 primär zu schützen ist, wie in den 10 und 11 dargestellt ist.
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Die 12, 13, 14 und 15 stellen ein weiteres Beispiel einer Heckkollision des Fahrzeugs 20 dar. 12 stellt den Zustand des Fahrzeugs 20 vor der Kollision dar und entspricht im Wesentlichen dem in 2 dargestellten Zustand des Fahrzeugs 20.
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13 stellt den Zustand optimaler Drehpositionen der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 bei einer in etwa mittigen Heckkollision mit dargestellter Kollisionsrichtung 47 und Eindringtiefe 48 dar. Dieser Zustand entspricht im Wesentlichen dem in 8 gezeigten Zustand des Fahrzeugs 20.
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Um den in 13 dargestellten Drehzustand der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 zu bestimmen, ist in 14 die Berechnung der Drehreihenfolge und Drehrichtung der Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 dargestellt. Hierbei ist aufgrund der Abmessungen der beiden vorderen Fahrzeugsitze 21 und 22 ausgehend von der in 12 dargestellten Ausgangsposition ein Drehen der Fahrzeugsitze 21 und 22 in dieselbe Drehrichtung erforderlich, da sie sich beim Drehen ansonsten gegenseitig blockieren würden. Hieraus resultiert jedoch ein sehr großer Drehwinkel für den vorderen rechten Fahrzeugsitz 22. Bei dem in 14 dargestellten Fall kann dieser Drehvorgang des Fahrzeugsitzes 22 jedoch nicht innerhalb der verbleibenden Zeitdauer bis zur Kollision abgeschlossen werden.
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Wie im Zusammenhang mit der obigen Beschreibung des erfindungsgemäßen Verfahrens 30 aus 4 bereits erläutert wurde, wird daher eine hinsichtlich der Verletzungsscores nächstbeste Drehposition aller Fahrzeugsitze 21, 22, 23 und 24 berechnet, die innerhalb der verbleibenden Zeitdauer bis zur Kollision eingenommen werden kann. Das Ergebnis dieser Neuberechnung ist in 15 dargestellt. Wie zu erkennen ist, sind die hinteren Fahrzeugsitze 23 und 24 entgegen die Kollisionsrichtung 47 gedreht, wohingegen die vorderen Fahrzeugsitze 21 und 22 zur Kollisionsrichtung 47 gedreht sind.
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Das erfindungsgemäße Verfahren und das erfindungsgemäße Fahrzeug wurden anhand eines in den Figuren dargestellten Ausführungsbeispiels näher erläutert. Das Verfahren und das Fahrzeug sind jedoch nicht auf die hierin beschriebene Ausführungsform beschränkt, sondern umfassen auch gleich wirkende weitere Ausführungsformen.
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In bevorzugter Ausführung wird das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines Fahrzeugs, insbesondere Kraftfahrzeugs, das wenigstens einen um die Fahrzeughochachse drehbar gelagerten Fahrzeugsitz aufweist, während eines mittels eines Fahrassistenzsystems keine Nutzeraktion erfordernden autonomen Fahrbetriebs verwendet.
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Bezugszeichenliste
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- 20
- Fahrzeug
- 21
- Linker vorderer Fahrzeugsitz
- 22
- Rechter vorderer Fahrzeugsitz
- 23
- Linker hinterer Fahrzeugsitz
- 24
- Rechter hinterer Fahrzeugsitz
- 25
- Person, Fahrzeuginsasse
- 26
- Fahrzeuginnenraum
- 27
- Umfang einer Hinterkante einer Rückenlehne eines Fahrzeugsitzes bzgl. einer Drehung
- 28
- Umfang einer Fußspitze bzgl. einer Drehung eines Fahrzeugsitzes
- 30
- Erfindungsgemäßes Verfahren
- 31
- Erfassung einer potentiellen Unfallgefahr
- 32
- Erfassung des Fahrzeuginnenraums
- 33
- Bestimmung einer optimalen Drehposition jedes Fahrzeugsitzes
- 34
- Bestimmung der optimalen Drehreihenfolge und Drehrichtung der Fahrzeugsitze
- 35
- Überprüfung, ob optimale Drehpositionen bis zur Kollision eingenommen werden können
- 36
- Ansteuerung von Drehaktuatoren zum automatischen Drehen der Fahrzeugsitze
- 37
- Ermittlung von nächstbesten Drehpositionen der Fahrzeugsitze
- 38
- Berechnung des Verletzungsscores für alle möglichen Drehpositionen der Fahrzeugsitze
- 39
- Erstellung einer Tabelle mit Drehpositionkombinationen zwischen Fahrzeugsitzen mit zugeordneten Verletzungsscores
- 40
- Verletzungskurve
- 41
- Beispiel zur Berechnung eines Verletzungsscores
- 42
- Winkel des vorderen linken Fahrzeugsitzes
- 43
- Einzelverletzungsscore für die im linken vorderen Fahrzeugsitz sitzende Person
- 44
- Winkel des vorderen rechten Fahrzeugsitzes
- 45
- Einzelverletzungsscore für die im vorderen rechten Fahrzeugsitz sitzende Person
- 46
- Nicht einnehmbare Drehpositionskombinationen der Fahrzeugsitze
- 47
- Kollisionsrichtung
- 48
- Eindringposition und Eindringtiefe in den Fahrzeuginnenraum
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102014002187 A1 [0004]
- US 5328234 [0005]
- US 7195092 B2 [0006]
- US 2015/0165937 A1 [0007]
- US 7374223 B2 [0008]