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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Verringerung eines Verletzungsrisikos von Insassen zumindest eines Fahrzeuges aufgrund einer Kollision, wobei eine dem Fahrzeug bevorstehende Kollision mit einem weiteren Fahrzeug erfasst wird und eine Kollisionsart der bevorstehenden Kollision ermittelt wird.
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Aus der
DE 10 2005 062 275 A1 ist ein Verfahren zur Erkennung eines drohenden Heckaufpralles auf ein erstes Fahrzeug mittels eines von dem ersten Fahrzeug nach hinten gerichteten Abstands- und/oder Relativgeschwindigkeitssensors bekannt. Dabei werden mindestens ein Abstand und eine Relativgeschwindigkeit eines nachfolgenden zweiten Fahrzeuges zu dem ersten Fahrzeug erfasst und anhand zumindest dieser Bestimmungsgrößen wird ermittelt, ob ein Aufprall des zweiten Fahrzeuges auf das Heck des ersten Fahrzeuges droht oder zumindest nicht ausgeschlossen ist. Zur Identifizierung eines drohenden Heckaufpralles wird zusätzlich geprüft, ob das zweite Fahrzeug zu einem Überholvorgang ansetzt und, wenn ein Überholmanöver erkannt wird, ein Heckaufprall ausgeschlossen wird.
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Darüber hinaus beschreibt die
DE 10 2009 020 648 A1 ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Kollisionsvermeidung für ein Fahrzeug durch Ausweichen, insbesondere automatisches Ausweichen, vor einem Hindernis. Zur Bestimmung einer Ausweichtrajektorie oder zur Regelung der Fahrzeugbewegung entlang einer oder der bestimmten Ausweichtrajektorie wird mittels einer Positionsbestimmungseinheit eine aktuelle Position des Fahrzeuges ermittelt. In Fällen, in denen durch die Positionsbestimmungseinheit keine oder nur ungenügende Bestimmung der aktuellen Position möglich ist, wird die aktuelle Position mittels einer Rekonstruktionszeit auf Basis von Fahrzeugzustandsinformationen rekonstruiert.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein gegenüber dem Stand der Technik verbessertes Verfahren zur Verringerung eines Verletzungsrisikos von Insassen zumindest eines Fahrzeuges aufgrund einer Kollision anzugeben.
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Die Aufgabe wird erfindungsgemäß durch die in Anspruch 1 angegebenen Merkmale gelöst.
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Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.
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Ein Verfahren zur Verringerung eines Verletzungsrisikos von Insassen zumindest eines Fahrzeuges aufgrund einer Kollision sieht vor, dass eine dem Fahrzeug bevorstehende Kollision mit einem weiteren Fahrzeug erfasst wird und eine Kollisionsart der bevorstehenden Kollision ermittelt wird. Erfindungsgemäß werden bei einer erfassten, dem im autonomen Fahrbetrieb fahrenden Fahrzeug bevorstehenden Heckkollision eine Positionierung der Insassen sowie ein Status eines jeweiligen Sicherheitsgurtes im Fahrzeug ermittelt, wobei das Fahrzeug in Abhängigkeit eines vor dem Fahrzeug vorhandenen Freiraumes entsprechend vorwärts beschleunigt wird. Zudem werden bei einer erfassten, dem im autonomen Fahrbetrieb fahrenden Fahrzeug bevorstehenden Frontalkollision Insassenfahrzeugdaten zwischen dem Fahrzeug und dem weiteren Fahrzeug ausgetauscht und zumindest das Fahrzeug wird relativ zu dem weiteren Fahrzeug derart positioniert, dass sich Kollisionsstrukturen beider Fahrzeuge bei Kollisionseintritt zumindest abschnittsweise überdecken. Weithin wird bei einer erfassten, dem im autonomen Fahrbetrieb fahrenden Fahrzeug bevorstehenden Seitenkollision und einem Insassen im Bereich einer die Seitenkollision betreffenden Fahrzeugseite, das Fahrzeug derart positioniert, dass das weitere Fahrzeug auf einen Bereich außerhalb des Bereiches des Insassen trifft.
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Durch Anwendung des Verfahrens werden die Sicherheit und der Schutz von Insassen im Fahrzeug erhöht, da die Insassen in Abhängigkeit der jeweils ermittelten Kollisionsart der dem Fahrzeug bevorstehenden Kollision vorkonditioniert werden. Insbesondere werden bzw. wird das Fahrzeug und/oder der jeweilige Insasse so positioniert, dass Folgeschäden der Kollision für den Insassen möglichst minimal sind.
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Insbesondere werden mittels des Verfahrens kollisionsbedingte Kräfte, Impulse und/oder Momente, die auf die Insassen und alle an der Kollision beteiligte Personen wirken, wesentlich verringert. Diese Verringerung resultiert insbesondere daraus, dass relative Geschwindigkeiten vermindert werden.
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Ausführungsbeispiele der Erfindung werden im Folgenden anhand von Zeichnungen näher erläutert.
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Dabei zeigen:
- 1 schematisch ein Fahrzeug, dem eine Heckkollision mit einem weiteren Fahrzeug droht,
- 2 schematisch zwei aufeinander zu fahrende Fahrzeuge mit einem kollisionsbezogenen vergleichsweise geringen Überdeckungsbereich,
- 3 schematisch zwei aufeinander zu fahrende Fahrzeuge mit einem kollisionsbezogenen maximalen Überdeckungsbereich,
- 4 schematisch zwei Fahrzeuge, denen eine Seitenkollision bevorsteht,
- 5 schematisch die zwei Fahrzeuge, denen eine Seitenkollision bevorsteht mit verändertem Kollisionsbereich und
- 6 schematisch die zwei Fahrzeuge mit verändertem Kollisionsbereich.
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Einander entsprechende Teile sind in allen Figuren mit den gleichen Bezugszeichen versehen.
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1 zeigt ein Fahrzeug 1, welchem eine Heckkollision mit einem weiteren Fahrzeug 2 bevorsteht.
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Das Fahrzeug 1 umfasst ein Assistenzsystem zum autonomen Fahren, wobei ein Fahrer als Insasse des Fahrzeuges 1 seine Fahraufgabe vollumfänglich an das Fahrzeug 1 übergibt und somit anderen Tätigkeiten im Fahrzeug 1 nachgehen kann.
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Zur Umsetzung des autonomen Fahrens umfasst das Fahrzeug 1 eine Vielzahl von im und/oder am Fahrzeug 1 angeordneten Erfassungseinheiten, insbesondere Sensoren und/oder Kameras, und weitere technische Hilfsmittel.
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Um ein Verletzungsrisiko der Insassen des autonom fahrenden Fahrzeuges 1 wesentlich zu verringern, ist ein im Folgenden beschriebenes Verfahren vorgesehen.
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Insbesondere sieht das Verfahren vor, erfasste Signale der Erfassungseinheiten verhältnismäßig sinnvoll für eine Konditionierung des Fahrzeuges 1 im Fall einer erfassten, dem Fahrzeug 1 bevorstehenden Kollision zu nutzen.
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Im Fall, dass die Kollision verhindert werden kann, weicht das Fahrzeug 1 dem weiteren Fahrzeug 2 vollständig aus, wobei im Fall, dass ein vollständiges Ausweichen nicht möglich ist, in Abhängigkeit bestimmter Bedingungen eine im Wesentlichen bestmögliche Variante, bei welcher Folgeschäden für die Insassen des Fahrzeuges 1 und möglichst für alle an der Kollision beteiligten Personen verringert werden.
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Gemäß dem in 1 vorliegenden Ausführungsbeispiel steht dem Fahrzeug 1 eine Heckkollision durch das auffahrende weitere Fahrzeug 2 bevor. Anhand erfasster Signale der Erfassungseinheiten des Fahrzeuges 1 wird ermittelt, dass dem Fahrzeug 1 eine Heckkollision mit dem weiteren Fahrzeug 2 bevorsteht.
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Gleichzeitig wird anhand erfasster Signale der Erfassungseinheiten erfasst, dass ausreichend Freiraum vor dem Fahrzeug 1 vorhanden ist und Insassenbedingungen ein vorwärts gerichtetes Beschleunigen zulassen.
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Dabei ist unter Insassenbedingungen, die das Beschleunigen in Fahrtrichtung x zulassen, zu verstehen, dass die Insassen des Fahrzeuges 1 jeweils ihren Sicherheitsgurt angelegt haben und die Insassen auf ihrem jeweiligen Fahrzeugsitz vorwärts oder rückwärtsgerichtet sitzen.
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Um eine Schwere der Heckkollision, insbesondere in Bezug auf die Insassen, zu minimieren, beschleunigt das Fahrzeug 1 automatisch in Fahrtrichtung x. Dem weiteren Fahrzeug 2 wird durch das Beschleunigen des Fahrzeuges 1 Weg zur Verfügung gestellt, da ein Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen 1, 2 vergrößert wird. Dadurch kann das weitere Fahrzeug 2 verzögern, so dass eine Aufprallgeschwindigkeit beim Kollidieren mit dem Fahrzeug 1 verringert ist. Es wird also ein sogenannter Einschlagimpuls des weiteren Fahrzeuges 2 in Bezug auf das Fahrzeug 1 verringert, wodurch kollisionsbedingt wirkende Kräfte und deren Einleitung in die Insassen des Fahrzeuges 1 verringert werden können und somit eine Schwere eines Schleudertraumas der Insassen des Fahrzeuges 1 reduziert werden kann.
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Denkbar ist auch, dass das Fahrzeug 1 aufgrund mangelnden Freiraumes vor dem Fahrzeug 1 vergleichsweise kurz, aber stark beschleunigt, so dass das Fahrzeug 1 also anruckt, so dass der Kopf des jeweiligen Insassen an seiner ihm zugeordneten Kopfstütze anliegt und somit ein Überdehnen der Halswirbelsäule des jeweiligen Insassen verringert oder sogar verhindert werden kann. Das Überdehnen der Halswirbelsäule im Kollisionsfall wird auch als Whiplash bezeichnet.
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Dabei sind die Beschleunigungswerte des Fahrzeuges 1 beim kurzen und starken Beschleunigen des Fahrzeuges 1 wesentlich geringer als die wirkende Beschleunigung beim Eintritt der Heckkollision.
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2 zeigt zwei aufeinander zu fahrende Fahrzeuge 1, 2, denen eine Frontalkollision mit vergleichsweise geringer Überdeckung bevorsteht.
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Wird anhand gegebener geografischer und spezifischer Randbedingungen ermittelt, dass die Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen 1, 2 unausweichlich ist, kommunizieren die beiden Fahrzeuge 1, 2 insbesondere mittels einer Vorrichtung zur Fahrzeug-zu-Fahrzeugkommunikation, wobei Insassenfahrzeugdaten übermittelt werden, um eine beste Konditionierung der Insassen beider Fahrzeuge 1,2 zu bestimmen.
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Ziel ist es, eine größtmögliche Überdeckung bei der Frontalkollision zu erreichen, so dass Kollisionsstrukturen beider Fahrzeuge 1, 2 optimiert zueinander positioniert sind, wie in 3 dargestellt ist. Durch eine derartige Positionierung der Fahrzeuge 1, 2 zueinander kann eine Intrusion der Fahrzeuge 1, 2 ineinander zumindest verringert werden. Hierzu wird das jeweilige Fahrzeug 1, 2 in Richtung des anderen Fahrzeuges 2, 1 gelenkt.
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Daraus resultiert, dass eine Beaufschlagung der Insassen durch kollisionsbedingt wirkende Kräfte vergleichsweise gering ist, da ein verhältnismäßig großer Teil der Kollisionsenergie in die Kollisionsstrukturen beider Fahrzeuge 1, 2 eingeleitet und somit absorbiert wird. Insbesondere erfolgt die Absorption der Kollisionsenergie durch Deformation der Kollisionsstrukturen.
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Eine restliche auf die jeweiligen Insassen wirkende Kollisionsenergie, d. h. Beschleunigung, ist vergleichsweise gering, so dass das Verletzungsrisiko für die Insassen geringer ist.
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Es wird also eine Variante gewählt, eine kritische Kollisionssituation in eine weniger kritische Kollisionssituation zu wandeln, sofern die Kollision unausweichlich ist, so dass das Verletzungsrisiko für alle beteiligten Personen vermindert werden kann.
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Wird ermittelt, dass dem Fahrzeug 1, wie in 4 gezeigt ist, eine Seitenkollision mit einem weiteren Fahrzeug 2 bevorsteht, sich nur der Fahrer als Insasse in dem Fahrzeug 1 und in einem prognostizierten Bereich einer die Seitenkollision betreffenden Fahrzeugseite befindet, wird das Fahrzeug 1 derart in Bezug auf das weitere Fahrzeug 2 positioniert, dass das weitere Fahrzeug 2 auf einen Bereich außerhalb des Bereiches des Insassen des Fahrzeuges 1 trifft.
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Gemäß der in 5 gezeigten Ausführungsform beschleunigt das Fahrzeug 1 in Fahrtrichtung x, so dass das weitere Fahrzeug 2 im Bereich eines Fonds auf die die Seitenkollision betreffende Fahrzeugseite trifft.
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Bei dem in 6 gezeigten Ausführungsbeispiel zur Verringerung des Verletzungsrisikos von Insassen des Fahrzeuges 1, dem eine Seitenkollision mit einem weiteren Fahrzeug 2 bevorsteht, ist das Fahrzeug 1 so in Bezug auf das weitere Fahrzeug 2 positioniert, dass dieses im Bereich eines nicht näher gezeigten hinteren Fahrzeugrades auf die Fahrzeugseite trifft. Dies kann z. B. der Fall sein, wenn sich im Fond des Fahrzeuges 1 weitere Insassen befinden und weitestgehend vermieden werden soll, dass das weitere Fahrzeug 2 direkt im Bereich des Fonds mit dem Fahrzeug 1 kollidiert.
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Insbesondere wird eine tragende Struktur wie die Fahrzeugräder, Reifen und/oder Achsen als Kollisionsbereich bei einer Seitenkollision gewählt und das Fahrzeug 1 entsprechend positioniert. Das weitere Fahrzeug 2 trifft somit auf den gewählten Kollisionsbereich, so dass eine Intrusion des weiteren Fahrzeuges 2 in das Fahrzeug 1 zumindest verringert ist.
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Bei einer Seitenkollision besteht die Gefahr, dass die Insassen des Fahrzeuges 1 direkt, auch wegen der Deformation im Kollisionsbereich, an vergleichsweise harte Fahrzeugbauteile prallen. Dabei sind auf die Insassen wirkende Kräfte verhältnismäßig hoch. Mittels des Verfahrens wird das Fahrzeug 1, soweit es möglich ist, derart positioniert, dass sich die Insassen des Fahrzeuges 1 außerhalb des Kollisionsbereiches befinden.
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Zusätzlich oder alternativ ist denkbar, dass das Fahrzeug 1 in eine Richtung einlenkt, so dass das weitere Fahrzeug 2 in Bezug auf das Fahrzeug 1 abgelenkt werden kann und somit eine Intrusionstiefe verringert wird und/oder eine Kollisionsenergie in eine Rotationsbewegung beider Fahrzeuge 1, 2 umgewandelt wird.
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Weiterhin ist eine Überlagerung der in den Ausführungsbeispielen beschriebenen Kollisionsfälle möglich. Dabei wird versucht, eine für die Insassen und Kollisionsteilnehmer bestmögliche Situation bereitzustellen, insbesondere herbeizuführen, damit Verletzungen minimiert werden können.
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Denkbar ist auch, dass Fahrzeugsitze zur Verringerung des Verletzungsrisikos im Fahrzeug 1 verfahren und/oder gedreht werden.
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Darüber hinaus kann automatisch ein Notruf an die Polizei und/oder Rettungskräfte abgesetzt werden, wobei Detailinformationen, insbesondere wie viele Insassen sich im Fahrzeug 1 befinden, wie viele Fahrzeuge 1, 2 an der Kollision beteiligt sind und welche Verletzungsschweren prognostiziert werden können, mit genannt werden können. Anhand dieser Detailinformationen kann beispielsweise abgeleitet werden, ob ein Rettungswagen und/oder ein Rettungshelikopter zur Unfallstelle kommen sollte.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- Fahrzeug
- 2
- weiteres Fahrzeug
- x
- Fahrtrichtung
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 102005062275 A1 [0002]
- DE 102009020648 A1 [0003]