-
Die Erfindung betrifft ein Schienenfahrzeug, insbesondere eine Lokomotive, nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.
-
Im Winterbetrieb von Schienenfahrzeugen lagert sich herumwirbelnder Schnee auf den Oberflächen der Fahrwerksrahmen und an der Unterseite des Wagenkastens an. Die sich hier anlagernden Schneemassen werden durch die Dreh- und Einfederbewegungen zwischen Fahrwerksrahmen und Untergestell des Wagenkastens zusammengedrückt und wandeln sich zu Eisformationen um. Die notwendigen Bewegungsfreiheiten des Fahrwerks unter dem Wagenkasten werden eingeschränkt. Zudem sorgen die Schnee- und Eisanlagerungen für zusätzliche Lasten auf den Fahrwerksrahmen. Diese können zu einem großen Klumpen anwachsen, der während der Fahrt des Schienenfahrzeugs irgendwann auf das Gleisbett fällt. In dieser Situation besteht die Gefahr, dass ein nachfolgendes Fahrwerk des Schienenfahrzeugs über den vereisten Schneeklumpen hinweg fährt, wobei Bauteile am nachfolgenden Fahrwerk beschädigt werden können oder sogar vollständig abreißen.
-
Zur Lösung dieses Problems ist es bekannt, die Fahrwerksrahmen und das Untergestell des Wagenkastens in gewissen zeitlichen Abständen manuell von Schnee und Eis zu befreien, was mit umfangreichen Personal- und Zeitaufwand und damit mit hohen Wartungskosten einhergeht.
-
Es ist auch der Einsatz von Enteisungsanlagen für Schienenfahrzeuge bekannt, die aber hohe Anschaffungs- und Betriebskosten verursachen. Alternativ ist es bekannt, die Fahrwerke gesondert mit Enteisungsmitteln zu besprühen. Bei der Verwendung von Enteisungsmitteln ergibt sich jedoch die Schwierigkeit, dass diese nur beispielsweise fünfzehn Minuten am Fahrwerk anhaften und danach ihre Wirkung verlieren.
-
Ein weiterer bekannter Lösungsansatz zur Verhinderung einer Anlagerung von Schnee und Eis auf dem Fahrwerk besteht darin, den Fahrwerksrahmen mit einer Lackbeschichtung zu versehen. Es wurden bereits mehrere Lackbeschichtungen getestet, allerdings sind noch keine Lackierungen bekannt, die Schneeanlagerungen auf Dauer verhindern können.
-
Ein anderer Lösungsansatz sieht ein Beheizen des Fahrwerksrahmens vor, was allerdings zu einer unerwünschten Erhöhung des Energieverbrauchs führt.
-
Die Offenlegungsschrift
DE 10 2010 019 272 A1 offenbart demgegenüber ein Drehgestell für ein Schienenfahrzeug, dessen Drehgestellrahmen aus Hohlprofilen gebildet ist, wobei der Drehgestellrahmen wenigstens teilweise mit einem Latentspeichermaterial gefüllt ist, dessen Phasenwechseltemperatur oberhalb von 0°C liegt. Wärmt sich ein Fahrwerk tagsüber auf eine Temperatur von beispielsweise 15 °C auf, so hält das Latentspeichermaterial diese Temperatur wenigstens teilweise trotz nächtlichem Absinken der Umgebungstemperatur. Hierdurch wird eine Schnee- oder Eisanlagerung in diesen Fahrwerksbereichen verhindert. Es besteht aber die Gefahr, dass das entstehende Tauwasser in andere Fahrwerksbereiche läuft, dort wieder gefriert und andere Komponenten in ihrer Funktion beeinträchtigt.
-
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, Maßnahmen zu ergreifen, welche die Anlagerung von Schnee- und Eismassen sowohl auf dem Fahrwerksrahmen als auch an der Unterseite des Wagenkastens verhindern oder beseitigen.
-
Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Schienenfahrzeug der eingangs genannten Art mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 angegebenen Merkmalen. Das Schienenfahrzeug, beispielsweise eine Lokomotive, umfasst mindestens ein Fahrwerk mit einem auf Radsätzen federnd abgestützten Fahrwerksrahmen. Auf dem mindestens einen Fahrwerk stützt sich um eine Hochachse drehbar gelagert federnd ein Wagenkasten mit einem Untergestell ab. Zwischen dem Untergestell und dem Fahrwerksrahmen ist eine Abführeinrichtung zum Abführen von Schnee und/oder Eis angeordnet, welche eine den Fahrwerksrahmen wenigstens teilweise überdachende, geneigte Gleitfläche aufweist. Von oben fallende Schnee- oder Eisstücke können sich auf den überdachten, ebenen Oberseiten des Fahrwerksrahmens nicht mehr ablagern, da sie auf der geneigten Gleitfläche auftreffen, entlang dieser hinabgleiten und so vom Fahrwerksrahmen abgeführt werden. Die Abführeinrichtung ist durch ein einfaches mechanisches Bauteil gebildet, welches mindestens die kritischen Anlagerungsbereiche des Fahrwerks überdacht, beispielsweise die Kopfquerträger des Fahrwerksrahmens. Die Gleitfläche kann etwa nach Art eines Pultdaches durch eine einzige Gesamtfläche oder durch mehrere in gleiche Richtung geneigte Teilflächen gebildet sein.
-
In einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugs weist die Gleitfläche zwei entgegengesetzt geneigte Teilflächen auf, die nach oben spitz aufeinander zulaufen. In dieser Ausführung nach Art eines Satteldaches wird vermieden, dass sich Schnee und/oder Eis unterhalb der Gleitfläche anlagern kann, da die eine Teilfläche durch die jeweils andere Teilfläche abgeschottet ist. Der von den Teilflächen eingeschlossene Spitzenwinkel ist vorzugsweise ein spitzer Winkel, beispielsweise im Bereich von 80°.
-
In einer bevorzugten Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugs weist die Abführeinrichtung eine nach oben gerichtete Brechkante auf, die derart starr mit dem Fahrwerksrahmen verbunden ist, dass eine Anlagerung aus Schnee und/oder Eis bei Eindringen der Brechkante aufgrund von Relativbewegungen zwischen Fahrwerksrahmen und Untergestell aufbrechbar ist. Beim Einfedern und Nicken des Fahrwerks findet eine vertikale Relativbewegung zwischen Fahrwerksrahmen und Untergestell des Wagenkastens statt. Diese Relativbewegung macht sich die Erfindung zunutze: Die Brechkante der Abführeinrichtung, beispielsweise die Oberkante der Gleitfläche oder die Oberkanten deren Teilflächen, ist derart am Fahrwerksrahmen befestigt und von diesem beabstandet, dass sie bei der Relativbewegung zwar nicht mit dem Untergestell kollidiert aber ihm dabei so nahe kommt, dass sie in eine Anlagerung von Schnee und/oder Eis ab einer bestimmten Größe eindringt und diese in Schnee- und/oder Eisstücke aufbricht. Diese fallen herab und werden bei Auftreffen auf die Gleitfläche entlang dieser abgeführt.
-
In einer vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugs weist die Abführeinrichtung eine Befestigungsschnittstelle für Befestigungsmittel auf, mittels derer die Abführeinrichtung an Fahrwerksrahmen unterschiedlicher Breiten befestigbar ist. Hierdurch sind eine Neuausrüstung sowie eine saisonale Nachrüstung von Schienenfahrzeugen mit ein und derselben Abführeinrichtungen für unterschiedliche Fahrwerksbreiten möglich.
-
In einer bevorzugten Ausführungsform des erfindungsgemäßen Schienenfahrzeugs ist die Abführeinrichtung als einteiliges Blechbiegeteil ausgebildet, welches eine abgerundete Brechkante und als Gleitfläche zwei satteldachartig von der Brechkante ausgehende Teilflächen aufweist, wobei die Befestigungsschnittstelle durch sich an die Teilflächen anschließende, koplanare Auflageflächen mit Langlöchern gebildet sind. Das einteilige profilierte Blechbiegeteil ist einfach herstellbar und weist durch die Biegekanten eine hohe strukturelle Integrität auf. Die Einteiligkeit vereinfacht die Montage und Demontage einer erfindungsgemäßen Abführeinrichtung. Durch die Langlöcher in den Auflageflächen ist eine flexible Befestigungsschnittstelle für Befestigungsmittel an unterschiedlich positionierten fahrwerksrahmenseitigen Befestigungsstellen gegeben.
-
Weitere Eigenschaften und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus nachfolgender Beschreibung eines Ausführungsbeispiels anhand der Zeichnungen, in deren
-
1 eine erfindungsgemäße Abführeirichtung in perspektivischer Darstellung,
-
2 die Abführeinrichtung gemäß 1 in Draufsicht,
-
3 die Abführeinrichtung gemäß 1 in Seitenansicht,
-
4 die Abführeinrichtung gemäß 1 an einem Fahrwerksrahmen befestigt in perspektivischer Darstellung,
-
5 die zwischen einem Untergestell und einem Fahrwerksrahmen angeordnete Abführeinrichtung gemäß 1 in Seitenansicht und
-
6 die Abführeinrichtung gemäß 5 bei eingefedertem Fahrwerk in Seitenansicht,
schematisch veranschaulicht sind.
-
Eine Abführeinrichtung 1 gemäß 1 bis 3 ist zum Abführen von Schnee S und/oder Eis E gemäß 5 und 6 zwischen einem Untergestell 13 eines Wagenkastens eines Schienenfahrzeugs und einem Fahrwerksrahmen 10 eines Fahrwerks des Schienenfahrzeugs angeordnet. Die Abführeinrichtung 1 weist gemäß 4 eine den Fahrwerksrahmen 10 wenigstens teilweise überdachende, geneigte Gleitfläche 3 auf. Aus Stabilitätsgründen und aufgrund der einfachen Herstellbarkeit ist die Abführeinrichtung 1 aus einem Blechteil 2 gebogen. Das einteilige Blechbiegeteil 2 weist eine zweiteilige Gleitfläche 3 nach Art eines Satteldaches auf, wobei eine erste Teilfläche 4 entgegengesetzt zu einer zweiten Teilfläche 5 geneigt ist. Die Teilflächen 4 und 5 laufen nach oben spitz aufeinander zu und sind über eine nach oben weisende, abgerundete Brechkante 6 miteinander verbunden. Die zwei Teilflächen 4 und 5 bilden einen Spitzenwinkel α, der vorzugsweise spitz ist und beispielsweise etwa 50° betragen kann. Nach unten gehen die Teilflächen 4 und 5 in je eine abgewinkelte erste und zweite Auflagefläche 7 und 8 über, die zueinander koplanar ausgerichtet sind. Die Auflageflächen 7 und 8 dienen der Verbindung der Abführeinrichtung 1 mit dem Fahrwerksrahmen 10. Hierzu weisen die Auflageflächen 7 und 8 Langlöcher 9 auf, durch die nicht dargestellte Befestigungsmittel, beispielsweise Schrauben, hindurchführbar sind. Die Länge und Positionierung der Langlöcher 9 sind derart ausgeführt, dass ein und dieselbe Abführeinrichtung 1 an Fahrwerke unterschiedlicher Breite montierbar ist. Die Abführeinrichtung 1 ist ein vom Fahrwerksrahmen 10 unabhängiges Bauteil, die durch ihre Befestigungsschnittstelle jederzeit an das Fahrwerk montierbar und von diesem demontierbar ist. Die Abführeinrichtung 1 kann somit zum Einen an bereits bestehenden Schienenfahrzeugen nachgerüstet und zum Anderen im Bedarfsfall in den Wintermonaten angebaut und in den Sommermonaten wieder abgebaut werden. Die langlochartigen Bohrungen 9 für die Verschraubung am Obergurt 12 sind zudem so angeordnet, dass eine einzige Ausführung der Abführeinrichtung 1 für unterschiedliche Fahrwerksrahmen 10 eingesetzt werden kann. So kann eine Variante beispielsweise sowohl bei Breitspur- als auch bei Normalspurfahrwerken ihren Einsatz finden. Außerdem hat die variable Schraubverbindung den Vorteil, dass im Falle von Beschädigungen die Abführeinrichtung 1 ohne größere Aufwände austauschbar ist.
-
Gemäß 4 ist die Abführeinrichtung 1 auf dem Obergurt 12 eines Kopfquerträgers 11 des Fahrwerksrahmens 10 montiert und überdacht den wesentlichen Teil seiner Oberseite. Die Abführeinrichtung 1 erstreckt sich im dargestellten Ausführungsbeispiel quer zu einer Fahrwerkslängsachse. Die ebene Oberfläche des Obergurts 12, welche eine Anlagerung von Schnee S und/ oder Eis E begünstigen würde, wird gemäß 5 durch die schräge Gleitfläche 3 abgedeckt. Die Teilflächen 4 und 5 bewirken, dass der Schnee S in einer Gleitbewegung G nach unten abrutscht und vom Fahrwerksrahmen 10 fällt. Kommt es durch Einfedern und/oder Nicken des Fahrwerks gemäß 6 zu einer Relativbewegung R zwischen Fahrwerksrahmen 10 und Untergestell 13, so macht diese die Abführeinrichtung 1 mit und stößt dabei mit ihrer Brechkante 6 in die Anlagerung aus Schnee S und/oder Eis E am Untergestell 13 des Wagenkastens des Schienenfahrzeugs. Dadurch wird das Eis E aufgebrochen und vom Untergestell 13 gelöst. Dadurch verhindert die Abführeinrichtung 1 sowohl Anlagerungen von Schnee S und/oder Eis E am Fahrwerksrahmen 10 als auch am Untergestell 13 des Wagenkastens.
-
ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
-
Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde automatisiert erzeugt und ist ausschließlich zur besseren Information des Lesers aufgenommen. Die Liste ist nicht Bestandteil der deutschen Patent- bzw. Gebrauchsmusteranmeldung. Das DPMA übernimmt keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.
-
Zitierte Patentliteratur
-
- DE 102010019272 A1 [0007]