-
Segelflugzeuge und Motorsegler sind Luftfahrzeuge, die in Europa überwiegend nach der europäischen Bauvorschrift CS 22 zugelassen werden. Es gibt aber auch Segelflugzeuge und Motorsegler im Bereich der Leicht- und Ultraleichtflugzeuge, die nach nationalen Regelwerken konstruiert werden.
-
Das Fahrwerk von Segelflugzeugen (und daraus abgeleiteten Motorseglern mit Klapptriebwerk) besteht in der Regel aus einem einspurigen Hauptfahrwerk (zentrales Hauptrad, ggf ergänzt um ein Bugrad, früher auch eine Kufe) und einem festen Sporn (Schleifsporn oder Spornrad).
-
Bei Motorflugzeugen, die von Natur aus eine höhere Komplexität besitzen, mehr Bauraum besitzen, auf hohe Höchstgeschwindigkeiten oder geringe Betriebskosten ausgelegt werden, sind einziehbare und lenkbare Spornräder seit etwa den 30er-Jahren Stand der Technik. (z. B.
DE 532 599 A ,
DE 639 811 A ,
DE 749 802 A ).
-
Die Firma Alexander Schleicher baute einziehbare, aber nicht lenkbare Spornräder in einzelne Exemplare der Segelflugzeuge ASW20 und ASW22 ein. 1 zeigt den Rumpf eines Segelflugzeugs mit Spornrad (1), Leitwerksträger (2) und der Austrittsöffnung (3) für das Spornrad. 2 und 3 zeigen Abdeckklappen (4), die die Rumpfkontur schließen, wenn das Spornad eingefahren ist. Beim Stand der Technik
- • sind sie seitlich angeschlagen,
- • öffnen sich nach außen,
- • sind federbelastet (in Richtung Schließen),
- • und werden von dem ausfahrenden Spornrad einfach beiseite gedrückt.
-
Seitlich angeschlagene und sich nach außen öffnende Abdeckklappen sind auch bei Motorflugzeugen Stand der Technik (z. B.
US 2 570 534 A ), beziehungsweise bei Segelflugzeugen am einziehbaren Hauptfahrwerk (z. B.
DE 10 2008 034 045 A1 ). Am Spornrad eines Segelflugzeuges würden sich diese Klappen aber nur wenige Zentimeter über dem Boden befinden, und können sich dort in Bewuchs oder Ackerfurchen verfangen, da Segelflugzeuge und Motorsegler auch auf unvorbereitetem Terrain landen können müssen. Dies ist ein Grund, warum sich einziehbare Spornräder bei Segelflugzeugen nicht durchgesetzt haben. Ein weiterer Grund ist, dass die Reduktion an Luftwiderstand alleine den erhöhten Bau- und Wartungsaufwand nicht rechtfertigt.
-
Die vorliegende Erfindung versucht die folgenden Anforderungen I) bis III) an moderne Hochleistungssegelflugzeuge zu verbinden:
- I. Moderne Hochleistungssegelflugzeuge aus Faserverbundwerkstoffen sind in höchstem Maße auf geringen Luftwiderstand getrimmt. Die üblichen Ansatzpunkte (Flügelprofile und Flügelplanform, Rumpfform, Leitwerksgeometrie) sind bereits weit ausoptimiert. Bei hohen Gleitzahlen um die 45 bis 60 (je nach Klasse) ist eine weitere Verbesserung der Gleitleistung fast nur noch durch Verringerung der Detailwiderstände zu erreichen.
- II. Während noch in den siebziger Jahren unter der Seitenflosse Schleifsporne die Regel waren, so werden heutzutage Spornäder verwendet, aufgrund des besseren Handlings am Boden. Diese ragen zur Hälfte aus der Rumpfkontur heraus, und können im Gegensatz zu Schleifspornen nicht stromlinienförmig gestaltet werden.
- III. Der Trend Segelflugzeuge durch Klapptriebwerke eigenstartfähig zu machen, lässt gleichzeitig den Wunsch nach lenkbaren Spornrädern aufkommen. Lenkbare Spornräder werden vorzugsweise über die Seitenrudersteuerung angesteuert.
-
Für die Anforderung III) gibt es in verschiedene Ansätze:
- • Normal große (210 × 65) oder nahezu normal große (200 × 50) luftbereifte Räder, die (ebenfalls wie normal üblich) halb in der Rumpfröhre versenkt sind. Um ein seitliches Schwenken zu ermöglichen, muss aber die Rumpfröhre weit ausgeschnitten werden, was zusätzlichen Luftwiderstand bedeutet.
- • Kleinere Räder, in der Regel ohne Luftbereifung, aber evtl. gefederter Aufhängung. Die Dauerhaftigkeit und die Rolleigenschaften dieser Räder sind nicht so gut wie bei luftbereiften Rädern.
- • In den letzten Jahren wurden normale, luftbereifte Spornräder auch in das Seitenruder integriert (LS9, ...). Der Vorteil ist ein unkomplizierter Aufbau. Allerdings gibt es ein Dilemma: Wenn die Radachse hinter der Drehachse des Seitenruders liegt, erhöht das Rad die Rücklastigkeit des Seitenruders (Flatterproblem). Wenn das Rad in der Drehachse oder davor liegt, schwenkt es bei Ruderausschlag aus der Rumpfkontur und erhöht den Luftwiderstand.
-
Wenn man die Anforderungen I) bis III) gemeinsam lösen will, ergeben sich die folgenden Gedanken:
Das Rad soll ein luftbereiftes Rad wenigstens der Größe 200 × 50 sein. Es soll keinen Ausschnitt in der Rumpfröhre geben, wie er für ein lenkbares Spornrad dieser Größe nötig wäre. Daher war der erste Gedanke, der zu dieser Erfindung beigetragen hat, das lenkbare Spornrad (1) komplett außerhalb (unterhalb) des Leitwerksträgers (2) zu positionieren. Dort kann das Spornrad frei schwenken. So können die Anforderungen (II) und (III) erfüllt werden.
-
Dies ist nur denkbar, wenn es zum Flug eingezogen werden kann. Dies trägt zur Erfüllung von Anforderungen (I) bei, da dies widerstandsärmer selbst als ein festes Spornrad ist.
-
Ein nur lenkbares Spornrad bedeutet erhöhten Bauaufwand, das gleiche gilt für ein nur einziehbares Spornrad. Mit einem lenkbaren und einziehbaren Spornrad summiert sich nicht unbedingt der Mehraufwand, da beispielsweise eine Radgabel in beiden Fällen notwendig wäre. Es verbindet aber die Vorteile beider Ansätze (geringer Luftwiderstand, Vorzüge beim Rollen).
-
Allerdings ist es dazu nötig, die Austrittsöffnung (3) im Rumpf, durch die das Spornrad eingezogen und ausgefahren wird, auch wieder durch eine oder mehrere Abdeckklappen (4) bündig zu schließen.
-
Die der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe besteht darin, ein Segelflugzeug oder einen Motorsegler mit einem einziehbaren Spornrad zu schaffen, das/der eine ausreichende Bodenfreiheit im Bereich des Spornrades auf unebenem Untergrund ermöglicht. Die Aufgabe wird durch ein Segelflugzeug oder einen Motorsegler mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.
-
Dadurch können einziehbare Spornräder als reguläre Option angeboten werden. Die Abdeckklappe(n) (4) dürfen nicht von der Rumpfkontur abstehen. Sie müssen sich entweder an der Rumpfkontur entlangschieben, oder in das Innere des Rumpfes hineinbewegen. Sie können sich dabei beispielsweise um eine Achse (5) quer zur Flugzeugsymmetrieebene in das Innere des Leitwerksträgers drehen, wie in 4 dargestellt.
-
Bei einer solchen Gestaltung der Abdeckklappe kann das Spornrad beim Ausfahren die Abdeckklappen nicht mehr einfach aufdrücken. Damit das Spornrad ausfahren kann, muss die Abdeckklappe die Austrittsöffnung freigeben, bevor das Spornrad die Austrittsöffnung erreicht. Da die Klappe aber viel Raum beansprucht, soll sie sich darüber hinaus möglichst wenig weiterbewegen. Dies stellt eine Erschwerung dar, da die Ansteuerung des Fahrwerks bei Segelflugzeugen in der Regel rein mechanisch erfolgt. Daher muss beim Antrieb von Spornrad und Abdeckklappe, während des Bewegungsablaufes eine Veränderung der mechanischen Übersetzung stattfinden (zum Beispiel durch weit schwenkende Hebel, Verknieungen, Totpunkte, Kurvenscheiben oder ähnliches).
-
5 und 6 zeigen ein Ausführungsbeispiel, dabei ist der Leitwerksträger im seitlichen Schnitt dargestellt. Der Einfachheit halber sind keine Vorrichtungen zum Verriegeln des Spornrades im ausgefahrenen Zustand gezeichnet. In 5 ist das Spornrad (1) eingezogen, die Abdeckklappe (4) geschlossen, in 6 ist das Spornrad (1) ausgefahren, die Abdeckklappe (4) geöffnet. Die Abdeckklappe dreht sich um die Achse (5), sie wird am Punkt (6) von einer Koppelstange (7) angetrieben. Die Koppelstange läuft mit einem Stift (8) in einer Kulisse (9), die starr mit der Spornradgabel (10) verbunden ist. Die Koppelstange wird außerdem von einem flugzeugfesten Stift (11) geführt, der in ein Langloch (12) in der Koppelstange eingreift. Wenn Spornradgabel, Spornrad und Kulisse gemeinsam um die Achse (13) gedreht werden, wird die Position der Koppelstange durch die Kontur des Schlitzes in der Kulisse bestimmt. Durch eine geeignete Wahl der Kontur des Schlitzes (konzentrische Kreise um Achse (13) zu Beginn und am Ende der Kulisse, dazwischen ein geeigneter Übergang), wird erreicht, dass das schwenkende Spornrad zu keinem Zeitpunkt mit der Abdeckklappe kollidiert.
-
7 zeigt beispielhaft ein einziehbares und lenkbares Spornrad (1) in zwei Stellungen, oben eingefahren und unten, strichpunktiert ausgefahren. Die Spornradgabel (10) ist drehbar in dem Zapfen (14) gelagert, so dass das Rad gelenkt werden kann. Der Einfahrmechanismus, mittels dem das Spornrad eingefahren wird, und an dem der Zapfen (14) befestigt ist, ist der Einfachheit halber weggelassen.
-
Die Ansteuerung der Lenkung erfolgt beispielsweise über die Seitensteuerseile (15). Im ausgefahrenen Zustand sind die Seile gespannt. Beim Einfahren könnte sich das Spornrad in Richtung der Seile bewegen, so dass die Seile im eingefahrenen Zustand so viel Lose haben, dass das Spornrad nicht mehr mitlenkt. Um im eingefahrenen Zustand den lenkbaren Teil des Spornrades dennoch in einer definierten Stellung zu halten, dient eine Zentriervorrichtung. Diese kann aus einem Zapfen (16) bestehen, der fest mit dem lenkbaren Teil verbunden ist, und der beim Einfahren in eine flugzeugfeste Kulisse (17) einfädelt.
-
Auch eine Feder, die bei Lenkausschlag eine Rückstellkraft erzeugt, wäre denkbar. Es kann sich dabei beispielsweise um eine Torsionsfeder handeln, die zwischen der lenkbaren, ein- und ausfahrbaren Spornradgabel und dem nur ein- und ausfahrbaren Zapfen (14) eingespannt ist. Eine solche Feder könnte im ein- wie im ausgefahrenen Zustand im Eingriff sein.
-
In einem Segelflugzeug steht als einzig zuverlässige Energiequelle die Kraft des Piloten zu Verfügung. Daher ist sowohl das Hauptfahrwerk als auch das einziehbare Spornrad mit Handkraft des Piloten ein- und auszufahren. Es bietet sich an, die Betätigung über einen gemeinsamen Griff im Cockpit auszuführen. Dies erspart einen zusätzlichen Betätigungsgriff im engen Cockpit unterbringen zu müssen, und die Betätigung des Spornrads kann nicht vergessen werden. Allerdings besteht immer die Möglichkeit, dass durch Überlastung, schlechte Wartung etc. das Ein- oder Ausfahren des Spornrades blockiert ist. Eine Maßnahme kann also vorgesehen werden, damit dann durch die Kopplung nicht auch noch das Ausfahren des Hauptrades verhindert wird.
8 zeigt den prinzipiellen Aufbau der Fahrwerkssteuerung mit Bediengriff im Cockpit (
18), Ausfahrmechanismus des Hauptfahrwerks (
19), Ausfahrmechanismus des Spornrades (
20) und einer Vorrichtung (
21), die die Betätigung des Hauptfahrwerks bei blockiertem Spornrad zuläßt. Bei Überschreiten einer bestimmten Betätigungskraft trennt diese Vorrichtung die starre Kopplung. Die Vorrichtung kann beispielsweise eine Sollbruchstelle oder eine vorgespannte Feder sein. Bezugszeichenliste
Bezugszeichen | Bezeichnung | Bemerkung |
1 | Spornrad | |
2 | Leitwerksträger | |
3 | Austrittsöffnung | |
4 | Abdeckklappen | |
5 | (Dreh-)Achse | der Abdeckklappe (4), quer zur Flugzeugachse |
6 | Punkt | nämlich der Verbindungspunkt zwischen |
| | Abdeckklappe (6) und Koppelstange (7) |
7 | Koppelstange | |
8 | Stift | der in Kulisse (9) läuft |
9 | Kulisse | |
10 | Spornradgabel | |
11 | Stift | flugzeugfest, der in Langloch (12) läuft |
12 | Langloch | in Koppelstange (7) |
13 | (Dreh-)Achse | um die Spornradgabel (10), Spornrad (1) und |
| | Kulisse (9) gemeinsam drehen |
14 | Zapfen | mit dem die Spornradgabel gelagert ist |
15 | Steuerseile | der Seitensteuerung |
16 | Zapfen | |
17 | Kulisse | Gemeinsam bilden (16) und (17) ein |
| | Ausführungsbeispiel für eine mechanische |
| | Zentriervorrichtung. |
18 | Bediengriff im Cockpit | |
19 | Ausfahrmechanismus des Hauptfahrwerks | |
20 | Ausfahrmechanismus des Spornradfahrwerks | |
21 | Vorrichtung, Funktionsglied | |