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I. Anwendungsgebiet
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung maßgeschneiderter Bekleidungsstücke.
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II. Technischer Hintergrund
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Maßgeschneiderte Bekleidungsstücke werden heute hergestellt, indem zunächst die Körpermaße des Auftraggebers, also des späteren Trägers, erfasst werden, entweder manuell oder auch mit Hilfe einer meist computergesteuerten Messmaschine, die mit einem berührungslosen oder berührenden Abtastsystem arbeitet.
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Nach diesen Körpermaßen wird dann der Schnitt für das Kleidungsstück erstellt und das Kleidungsstück produziert.
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Eine Methode mit demgegenüber verringertem Aufwand für die Maßfertigung besteht darin, ein dem Träger sehr gut passendes analoges Kleidungsstück als Vorlage zu benutzen:
Das Vorlagen-Kleidungsstück, etwa ein Rock oder eine Hose, wird dann vom Schneider Einzelteil für Einzelteil auf den neuen Stoff übertragen und der Zuschnitt erstellt und diese neuen Teile dann auch so zusammengesetzt, wie dies das Vorlagen-Kleidungsstück erkennen ließ.
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Diese Methode ist sehr viel weniger aufwendig, da hier bereits die Umsetzung von der Körperform auf Form und Größe des gewünschten Bekleidungsstückes, also ein wesentlicher Arbeitsschritt, komplett entfällt, bei dem noch dazu der Auftraggeber mitwirken muss, indem er z. B. zum Ausdruck bringt, wie eng oder weit das Kleidungsstück am Körper in bestimmten Bereichen anliegen soll.
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Hierzu wird auf den Stand der Technik nach den Dokumenten
DE 6917809 U und Hosegood, Betsy: „Nähen, alle Techniken Schritt für Schritt!”, 2005, Seite 282–286, ISBN 3-8310-0760-8, hingewiesen.
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Das Vorlagen-Bekleidungsstück kann bei dieser Methode sogar an einen anderen Ort, den Produktionsort, versandt werden, ohne dass dort der Auftraggeber wegen seiner Körpermaße vorstellig werden muss.
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Diese Methode funktioniert bei Kleidungsstücken, die relativ großflächig sind, wie etwa Hosen, Röcke, Hemden, und nicht allzu eng am Körper anliegen und sofern eine identische Kopie der Vorlage gewünscht wird.
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Bei Kleidungsstücken wie Wäsche und Bademoden, die erst in einem durch den Körper des Trägers teilweise gedehnten Zustand die Soll-Form einnehmen, ist diese Methode bisher nicht angewandt worden, und so wie oben beschrieben auch nicht anwendbar, da bei normalen Oberbekleidungsstücken wie Hosen, Röcken und Blusen die Materialdehnung im Tragezustand nicht so stark ist, dass sie hinsichtlich Maße und Schnitt berücksichtigt werden muss.
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Darüber hinaus sind auch viele EDV-gestützte Verfahren inzwischen bekannt:
Die
DE 199 56 574 A1 beschreibt ein Verfahren zum Herstellen von Bekleidung, bei dem der Körper des Trägers gescannt, aus den gescannten Maßen seine Konfektionsgröße ermittelt und gegenüber der Konfektionsgröße individuelle Abweichungen festgelegt werden.
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Aus Rudolf Haug, IMB 2006: „Innovationen und Trends” lassen sich unterschiedliche automatische Vermessungsarten, in der Regel 3D-Vermessungsarten, für Maßkonfektion entnehmen.
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In Assyst/Bullmer: „3D-Schnitttechnik mit NVIDIA” (in: Melliant Bekleidung, 2006, Band 6, Seite 473, 474) werden virtuelle Einzelteile des Kleidungsstückes auf einen virtuellen Träger, den Avatar, aufgelegt und miteinander verbunden und dabei sowohl der Stofffall als auch der Abstand des Stoffes zum Körper farblich dargestellt.
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Gemäß der
DE 4301698 wird die 2D-Gestalt der Stoffteile für das neue Bekleidungsstück eingegeben und daraus dessen 3D-Gestalt rechnerisch mittels EDV erzeugt, und solange verändert bis sie mit der ebenfalls in 3D-Form vorliegenden Form des Trägers oder einem vorgegebenen virtuellen Größen-Avatar übereinstimmen.
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All diese Methoden erfordern jedoch als Basis eine umfangreiche Hardware- und Softwareausstattung und darüber hinaus dennoch einen erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand, so dass diese Verfahren nur für die Vorbereitung einer Serienproduktion geeignet sind, nicht für einzelne maßgefertigte Bekleidungsstücke.
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b) Lösung der Aufgabe
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Diese Aufgabe wird durch die Merkmale des Anspruches 1 sowie 24 bis 27 gelöst. Vorteilhafte Ausführungsformen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Der Grundgedanke beruht darauf, das Vorlage-Bekleidungsstück zumindest auch in einem Tragezustand als Vorlage zu erfassen, sei es auch nur hinsichtlich der Maße im getragenen Zustand und damit auch der sich ergebenden dreidimensionalen Form des Bekleidungsstückes.
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Der Tragezustand kann der echte Tragezustand sein, also das Vorlage-Bekleidungsstück getragen am Körper des Auftraggebers, oder ein simulierter Tragezustand, also das Vorlage-Bekleidungsstück getragen an einer Puppe, die insbesondere jedoch in ihrer Kontur und/oder Oberflächenspannung veränderbar, beispielsweise aufblasbar, sein sollte, zumindest in Teilbereichen.
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Nach den abgenommenen, insbesondere auch den dreidimensionalen, Maßen des Vorlage-Bekleidungszustandes im Tragezustand wird entweder – vorzugsweise automatisch mittels eines EDV-Programms – das hierfür günstigste Schnittmuster für das Bekleidungsstück automatisch ermittelt einschließlich der Einzelteil-Zuschnitte oder der Schnitt und damit die Form der Einzelteil-Zuschnitte wird ebenfalls vom Vorlagen-Bekleidungsstück abgenommen.
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Um den Soll-Zustand beim Tragen möglichst genau zu erreichen, ist es auch wichtig, dass die Abnahme der Maße vom Vorlagenstück in einem definierten Tragezustand erfolgt. Da für den Tragezustand hauptsächlich das Maß der Vorspannung im Bekleidungsstück von Bedeutung ist und diese Vorspannung wiederum nur von dem Körper des Trägers selbst gegen das Kleidungsstück aufgebracht werden kann, können die definierten Verhältnisse beim Tragen an einer Puppe beispielsweise simuliert werden durch die Vorgabe einer bestimmten Kontur und eines bestimmten Innendruckes in der aufblasbaren Puppe gegenüber dem Vorlagen-Bekleidungsstück oder es kann als Vorgabewert eine bestimmte Vorspannung im Vorlagen-Bekleidungsstück selbst vorgegeben werden.
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Unter Berücksichtigung dieser Vorspannung erfolgt dann auch die Festlegung der Größe der Einzelteile für das anzufertigende Kleidungsstück, denn deren Zuschnitt kann nur im nicht vorgespannten Zustand erfolgen.
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Wird das Vorlage-Kleidungsstück zur Aufnahme der Maße vom Auftraggeber selbst getragen, kann die Vorspannung z. B. dadurch ermittelt werden, dass die in diesem Tragezustand im Vorlagen-Kleidungsstück vorliegende Spannung ermittelt wird. Dies kann auf einfache Art und Weise beispielsweise durch Anbringen von Dehnmessstreifen (DMS) auf das Vorlagen-Kleidungsstück vor dem Anlegen durch den Träger erfolgen. Hierzu kann das Positionieren der DMS auch für bestimmte Positionen vorgegeben werden und gegebenenfalls auch vollautomatisch von einer Messapparatur erfasst werden.
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Ebenso wird die Erfassung der Maße des Vorlagen-Kleidungsstückes im Tragezustand vorzugsweise automatisch mittels eines z. B. kontaktlos arbeitenden optischen Abtastverfahrens durchgeführt.
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Die Ermittlung der Vorspannung kann auch mit anderen Methoden, z. B. optischen Verfahren oder Längenvergleich, im Tragezustand oder entspannten Zustand erfolgen.
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Der Vorteil liegt auf der Hand:
Nachdem einmal die Maße des Vorlagenkleidungsstückes aufgenommen sind, können – gegebenenfalls durch spezifisches Abändern gegenüber der Vorlage nach Kundenwunsch – diese Maße übermittelt und damit das Kleidungsstück kostengünstig an einem Produktionsort hergestellt werden, der weit entfernt vom Ort der Aufnahme des Maßes sein kann.
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Besonders einfach ist dies möglich, wenn die Aufnahme der Maße und gegebenenfalls auch des Schnittes halbautomatisch oder vollautomatisch, insbesondere computergestützt, erfolgt und auch das Produktionsverfahren, insbesondere der Zuschnitt, computergestützt erfolgt und dabei die Daten im gleichen Datenformat wie für die Produktion erforderlich aufgenommen werden.
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Zusätzlich muss vom Auftraggeber noch das gewünschte Material, insbesondere der gewünschte Stoff, ausgewählt werden. Da jedoch gerade bei den hier im Vordergrund stehenden Bademoden und bei Wäsche wegen der Vordehnung im Tragezustand durch den Körper des Trägers das Dehnungsverhalten des verwendeten Stoffes eine große Rolle spielt, können Unterschiede im Dehnungsverhalten zwischen dem Stoff des Vorlagen-Bekleidungsstückes und dem für das Soll-Bekleidungsstück vom Auftraggeber gewählten Stoff einen relativ großen Einfluss auf das Endergebnis haben.
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Das unterschiedliche Dehnungsverhalten der beiden Stoffe kann jedoch berücksichtigt werden, beispielsweise indem das Dehnungsverhalten des ausgewählten Stoffes für das neue Kleidungsstück bekannt ist – z. B. vom Lieferanten mitgeteilt wird – und mit in die Berechnung der Produktionsdaten eingeht.
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Weiterhin kann das Dehnungsverhalten des Stoffes der Vorlage ermittelt werden durch einfache Versuche, was beispielsweise ebenfalls mit Hilfe der aufgebrachten Dehnmessstreifen möglich ist, indem die Dehnmessstreifen nicht nur dazu benutzt werden, die Soll-Vorspannung im Tragezustand zu messen, sondern indem nacheinander unterschiedliche Vorspannungen eingestellt und die sich dabei ergebende Längendehnung an bestimmten Stellen und in bestimmten Richtungen, beispielsweise im flächigen Gewebe oder entlang der Nähte, ermittelt wird und daraus einerseits das Dehnungsverhalten des Stoffes der Vorlage, aber andererseits eventuell auch durch weitere Faktoren wie etwa Schnitt, Nahtart usw. das sich ergebende Dehnungsverhalten des gesamten Kleidungsstückes ermittelt wird.
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Mit der bisher beschriebenen Vorgehensweise wird somit angestrebt, ein Maßbekleidungsstück zu schaffen, welches im Tragezustand dem Vorlage-Bekleidungsstück möglichst ähnlich, insbesondere identisch ist (bis auf Art, Farbe oder Muster des Stoffes), wobei jedoch wegen Verwendung eines in der Regel anderen Stoffes als bei der Vorlage, und mit anderen Gewebeeigenschaften, die Zuschnittmaße der Einzelteile, d. h. im entspannten Zustand, anders gewählt werden müssen, um einen unter Vorspannung stehenden Tragezustand mit dem gleichen Endergebnis wie bei der Vorlage zu erzielen.
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Wenn Vorlage und Bekleidungsstück dabei nach dem in etwa gleichen konstruktiven Aufbau, also insbesondere des Schnittmusters, der Nahtarten, der verwendeten stabilisierenden Einzelteile etc. entspricht, kann dies durch die besagten Abänderungsmaße gegenüber den Maßen des Vorlage-Bekleidungsstückes im entspannten Zustand weitestgehend erreicht werden.
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Ziel ist daher der Aufbau eines Fundus mit möglichst vielen Schnittmustern. Solange die zur Verfügung stehende Auswahl an Schnittmustern noch begrenzt ist, wird in der Regel die Vorlage nicht mehr mit dem für das Bekleidungsstück ausgewählten, nächst liegenden zur Verfügung stehenden Schnittmuster exakt übereinstimmen.
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Durch die Wahl eines gegenüber der Vorlage etwas anderen Schnittmusters und damit konstruktiven Aufbaus sind jedoch zusätzliche Abänderungen der von dem Vorlage-Bekleidungsstück abgenommenen Maße im entspannten Zustand notwendig, um zu einem im Tragezustand gleich wirkenden Bekleidungsstück zu gelangen.
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Da die Wirkung eines unter Vorspannung getragenen Bekleidungsstückes nicht nur von den Spannungsverhältnissen im Kleidungsstück alleine abhängt, sondern auch von der Elastizität der Hautoberfläche des Trägers – wie am Beispiel eines Bikinis bekannt –, kann es für die Perfektionierung des Endergebnisses wichtig sein, auch diese zu ermitteln und mit zu berücksichtigen.
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Dies erfolgt durch einfache Einpress-Versuche in die Hautoberfläche des Trägers an bestimmten Stellen, beispielsweise mittels einer Vorrichtung, bei der innerhalb einer größeren Auflagefläche ein Einpresstempel mit definierter Kraft und Fläche gegen die Hautoberfläche gedrückt wird. Es wird dann gemessen wie tief der Stempel sich in die Hautoberfläche eindrückt.
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Ist dies für einige markante Tragestellen des Bekleidungsstückes ermittelt, können Veränderungen zwischen Vorlage und späterem Bekleidungsstück, die durch nicht vollständige Identität der Schnittmuster und/oder des anderen konstruktiven Aufbaus von Vorlage und Bekleidungsstück unerlässlich sind, z. B. hinsichtlich veränderter Anpresspunkte des Kleidungsstückes an der Oberfläche des Trägers, im voraus hinsichtlich der optischen Wirkung bestimmt werden, in dem die dort vorhandene Hautelastizität des Trägers mit berücksichtigt wird bei der Festlegung der Vorspannung im Maßbekleidungsstück an dieser Stelle im Tragezustand.
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Beispiel:
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Wenn aufgrund des gewählten Schnittmusters für das Bekleidungsstück absehbar ist, dass die Oberkante z. B. des Slips im Hüftbereich höher liegen wird als bei der Vorlage und ist an diesem dann höheren Anpresspunkt die gemessene Oberflächenspannung geringer als am Anpresspunkt, an dem die Vorlage anliegt, so wird für das Bekleidungsstück das Maß des Oberzuges des Slips so vergrößert, dass in diesem eine verringerte Vorspannung gegenüber der Vorlage im Tragezustand herrscht, die der verringerten Oberflächenspannung der Haut in diesem Bereich entspricht, so dass keine stärkere Einschnürung als durch die Vorlage auftreten wird.
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Auf diese Art und Weise lassen sich trotz Verwendung eines neuen Stoffes mit neuen Stoffeigenschaften mit begrenztem Aufwand unter Vorspannung zu tragende Kleidungsstück wie etwa Bademoden, schaffen, die in ihrer optischen und/oder Figurformenden Wirkung dem Vorlagestück weitestgehend entsprechen, während dies selbst mittels des wesentlich aufwendigeren, hinsichtlich Schnitt und Maßübernahme exakten, Nachschneidens eine Vorlage niemals möglich wäre aufgrund der anderen Materialeigenschaften des gewählten neuen Stoffes gegenüber der Vorlage.
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Ferner wird es dadurch auch möglich, artfremde Bekleidungsstücke als Vorlage zu benutzen, z. B. einen gut sitzenden Wäsche-BH als Vorlage für ein Bikini-Oberteil.
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Um sicher zu stellen, dass das herzustellende Maßbekleidungsstück den gleichen Sitz und damit Tragekomfort und optische Wirkung wie die Vorlage erreicht, trotz anderer Stoffart, unter Umständen anderem Schnitt und auch maßsicher Abänderungen, können weitere Maßnahmen ergriffen werden:
Vor allem wenn die Schnitterstellung und/oder Produktion des Maßbekleidungsstückes Computerunterstützt erfolgt, also z. B. eine Software verwendet wird, in der bestimmte Schnittmuster vorgegeben und maßlich abgeändert werden können, kann durch eine virtuelle Ergebnisüberprüfung vor der Produktion des Bekleidungsstückes die optische Wirkung des Maßbekleidungsstückes vorab dargestellt und bei Bedarf auch noch korrigiert werden:
Hierzu wird das Maßbekleidungsstück vor der Produktion abhängig von der zur Verfügung stehenden Software zweidimensional oder gar dreidimensional an einer virtuellen Puppe dargestellt und überprüft.
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Die virtuelle Puppe liegt dabei bereits in mehreren Größen vor, und kann vorzugsweise zusätzlich in einzelnen Körperproportionen und auch in der Körperhaltung virtuell verändert werden, und insbesondere kann auch die Oberflächenspannung der Haut dieser virtuellen Puppe und damit das Einschnürungsverhalten von anliegenden Kleidungsstücken realistisch eingestellt und verändert werden, beispielsweise in Abhängigkeit von den beim Auftraggeber durchgeführten diesbezüglichen Messungen.
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Gefällt die optische Wirkung noch nicht in allen Punkten, so können direkt in der zweidimensionalen oder dreidimensionalen Darstellung noch Änderungen vorgenommen werden, die dann vom Programm automatisch in maßliche Änderungen an den Einzelteilen, also am Schnittmuster, umgesetzt werden, ohne dass daran manuelle Änderungsarbeiten notwendig werden.
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Auf die gleiche Art und Weise kann virtuell auch eine bestimmte Farbwahl oder Musterwahl des vorgesehenen Stoffes und auch die Größe des Musters überprüft werden, indem all diese Faktoren in der 2D- und oder 3D-Darstellung dabei realistisch eingebbar sind, beispielsweise durch Einscannen eines Originalstoffmusters und Verändern dessen Größe.
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Außer diesen optischen Wirkungen können mittels einer solchen virtuellen Darstellung auch die an einzelnen Stellen oder auch allen Stellen vorliegenden Spannungen im Gewebe in den unterschiedlichen Richtungen sichtbar gemacht werden, was von großer Bedeutung ist, wenn vorab die Auswirkungen von Veränderungen an Schnitt oder Abmessungen abgeschätzt werden sollen.
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Bei BHs oder Badeanzügen können auch unterschiedlich hergestellte Cups, also mittels vernähter Einzelteile oder mittels Moulden hergestellter Cups, ebenfalls virtuell mit Hilfe einer solchen Software dargestellt werden, ebenso wie die Stärke von Unterpolsterungen und Hinterfütterungen, das Vorhandensein und/oder die Art von stabilisierenden Bügeln und deren Größe, und weiterer konstruktiver Details.
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Auf diese Art und Weise kann beispielsweise auch überprüft werden, wie sich die Verwendung unterschiedlicher Stoffarten für ein und denselben Schnitt und ein und dasselbe Kleidungsstück vom optischen Endergebnis her unterscheiden würde, also nicht nur begründet durch Farbe und Muster eines anderen Stoffes, sondern dessen andere Dehnungs- und Struktureigenschaften.
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Ebenso können die Bekleidungsstücke in der virtuellen Darstellung bereits mit unterschiedlichen Accessoires ausgestattet werden, wie etwa Stickereien, Schleifen, Knöpfen, Ösen, oder es können ergänzende Bekleidungsstücke hierzu entworfen werden, wie Pareo, Beachware etc., um die optische Wirkung von Materialkombinationen und Schnittkombinationen unmittelbar erkennen zu können.
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Vorzugsweise wird dabei das Programm, welches zur Produktion des Maßbekleidungsstückes verwendet wird, kompatibel sein mit dem Programm, mit dessen Hilfe die virtuelle Darstellung und Abänderung im virtuellen Zustand möglich ist.
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Anstelle der Darstellung an einer virtuellen Puppe und/oder auch ergänzend dazu kann das teilweise fertig gestellte Maßbekleidungsstück auch an einer echten Puppe im Tragezustand begutachtet werden, was natürlich den Nachteil hat, dass eine echte Puppe nur schwer in sämtlichen Details in Übereinstimmung mit den Charakteristiken des wirklichen Trägers des Bekleidungsstückes gebracht werden kann:
Vorgeschlagen wird hierfür eine Puppe, die wenigstens einfach größenveränderbar, z. B. aufblasbar, ist, nämlich hinsichtlich des Kernes, und dabei vorzugsweise separat für die einzelnen Körperregionen, also Brust, Bauch, Taille, Hüfte etc.
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Um auch die Oberflächenspannung der Haut an der Puppe simulieren zu können, ist zusätzlich die äußere Schicht der Puppe um den Kern herum separat in ihrer Vorspannung veränderbar, beispielsweise durch Druckveränderung des Innendruckes dieser Außenschicht, vorzugsweise wiederum getrennt nach den einzelnen Körperregionen.
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Abhängig von der zur Verfügung stehenden Ausstattung, also volle Computerunterstützung und entsprechender Simulationssoftware oder nicht, ist dabei folgende beispielhafte Vorgehensweise möglich, um auf Basis eines gut sitzenden Wäsche-BHs und Wäsche-Slips einen Bikini in einem Wunsch-Stoff herzustellen:
Bei der stärker manuell durchgeführten Variante wäre der Ablauf etwa wie folgt:
- a) Abnahme der Maße vom Vorlage-Bekleidungsstück im entspannten (nicht getragenen) Zustand sowie im Tragezustand,
- b) Ermittlung von Spannungswerten an definierten Stellen der Vorlage im Tragezustand,
- c) ggf. Ermittlung der Körpermaße und Oberflächenspannung der Kundin an definierten Stellen,
- d) ggf. Umsetzung der Körpercharakteristika der Kundin auf eine Puppe,
- e) Vergleich des Schnittes der Vorlage mit für das Maßbekleidungsstück zur Verfügung stehenden Schnitten,
- f) Entscheidung für einen bestimmten Schnitt,
- g) Auswahl des Stoffes,
- h) Auswahl weiterer konstruktiver Details wie Nahtarten, weitere Konstruktionselement (BH-Bügel, Cups, Einlagen),
- i) Ermittlung der Dehnungswerte, insbesondere in unterschiedlichen Gewebsrichtungen, des ausgewählten Stoffes,
- k1) Durchführung von Maßänderungen bedingt durch die unterschiedlichen Materialeigenschaften des ausgewählten Stoffes gegenüber dem Stoff der Vorlage,
- k2) Durchführung von Maßänderungen bedingt durch die Abweichung des gewählten Schnittes vom Schnitt der Vorlage,
- l) Durchführung von maßlichen Änderungen aufgrund zusätzlichen Kundenwunsches,
- m) ggf. Darstellung des Maßbekleidungsstückes entweder vor der Herstellung virtuell mittels eines Computersimulationsprogramms oder im teilfertigen Zustand des Maßbekleidungsstückes an der auf die Charakteristika der Trägerin eingestellten Puppe,
- n) Überprüfung und Durchführung weiterer Änderungen/Ergänzungen, insbesondere Ausstattungen mit Accessoires,
- o) Herstellung des Maßbekleidungsstückes bis zum fertigen Tragezustand.
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Im Gegensatz dazu würde als anderes Extrem, also bei einer voll computerunterstützten Herstellung, wobei auch Zwischenstufen in jeder Variation möglich sind, der Herstellungsprozess wie folgt aussehen:
- a) Abnahme der Maße vom Vorlage-Bekleidungsstück im entspannten (nicht getragenen) Zustand sowie im Tragezustand,
- b) Ermittlung von Spannungswerten an definierten Stellen der Vorlage im Tragezustand,
- c) ggf. Ermittlung der Körpermaße und Oberflächenspannung der Kundin an definierten Stellen, wobei die Ermittlung der Körpermaße computerunterstützt und insbesondere kontaktlos mit optischen Messverfahren erfolgen kann,
- e) Vergleich des Schnittes der Vorlage mit für das Maßbekleidungsstück zur Verfügung stehenden Schnitten, wobei die Unterteilung in Einzelteile und Abmessungen der Einzelteile der Vorlage im entspannten Zustand EDV-gestützt eingegeben werden können, beispielsweise durch Auflegen der Vorlage auf eine Berührungssensitive Abtastfläche, die mit dem PC verbunden ist, und Berühren von markanten Eckpunkten der Einzelteile,
- f) Entscheidung für einen bestimmten Schnitt,
- g) Auswahl des Stoffes,
- h) Auswahl weiterer konstruktiver Details wie Nahtarten, weitere Konstruktionselement (BH-Bügel, Cups, Einlagen),
- i) Ermittlung oder Eingabe der Dehnungswerte, insbesondere in unterschiedlichen Gewebsrichtungen, des ausgewählten Stoffes,
- k1) insbesondere automatische Durchführung von Maßänderungen bedingt durch die unterschiedlichen Materialeigenschaften des ausgewählten Stoffes gegenüber dem Stoff der Vorlage,
- k2) insbesondere automatische Durchführung von Maßänderungen bedingt durch die Abweichung des gewählten Schnittes vom Schnitt der Vorlage,
- l) Durchführung von maßlichen Änderungen aufgrund zusätzlichen Kundenwunsches,
- m) ggf. Darstellung des Maßbekleidungsstückes entweder vor der Herstellung virtuell mittels eines Computersimulationsprogramms,
- n) Überprüfung und Durchführung weiterer Änderungen/Ergänzungen, insbesondere Ausstattungen mit Accessoires in der virtuellen Darstellung,
- o) Herstellung des Maßbekleidungsstückes durch automatischen Zuschnitt der Einzelteile, gesteuert vom Computerprogramm und manuellem Vernähen der Einzelteile.
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c) Ausführungsbeispiele:
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Die Erfindung wird anhand der folgenden Figuren beispielhaft erläutert.
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Es zeigen:
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1: einen Bikini im Tragezustand,
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2: das Vorderteil separat,
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3: eine Messvorrichtung,
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4: unterschiedliche Formen von Bikioberteilen,
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5: ein Kraftdehnungsdiagramm,
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6: unterschiedliche Schnitte für Slips,
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7: unterschiedliche Schnitte für BH-Oberteile.
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1 zeigt ein Vorlagen-Bekleidungsstück, beispielsweise BH 1 und Slip 2, in Vorderansicht (1a) und Rückansicht (1b) an einer realen Person, nämlich der Trägerin 10, oder auch an einer Puppe 11.
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Dabei sind die üblichen Konstruktionselemente sichtbar wie etwa beim BH 1 eine Weitenregulierung 3 in der Mitte zwischen den Brüsten, Längeneinsteller 6 in den Trägern sowie einem Rückenverschluss 4 im Unterbrust-Band, der ebenfalls einen Umfangseinsteller 7 aufweisen kann.
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Daneben ist an einem der Träger noch eine Applikation in Form eines Accessoires 9 angeordnet.
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An wichtigen Stellen sind darüber hinaus am Stoff dieser Vorlagen-Bekleidungsstücke Dehnmessstreifen 5a–m angeordnet und in unterschiedlichen Richtungen orientiert, um vor allem im Unterbrustband, in den Oberkanten des BH-Oberteiles, im Träger, im Slip an den einzelnen Ober- und Unterkanten sowie im Mitteilbereich die im Stoff während des Tragezustandes vorliegende Zugspannung zu ermitteln. Dies kann unter Umständen auch mit anderen Methoden erfolgen.
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Denn wie am Beispiel der 2 an einem Slipvorderteil dargestellt, unterscheidet sich der Tragezustand 2a eines Einzelteiles, also hier des Vorderteiles, aufgrund der dabei vorhandenen Dehnung erheblich vom ungedehnten Zustand 2b.
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Deshalb werden von dem Vorlage-Bekleidungsstück die Maße sowohl im ungedehnten als auch im Tragezustand abgenommen, und zusätzlich im Tragezustand die Zugspannung ermittelt.
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Vorzugsweise wird auch die Widerstandskraft der Hautoberfläche 13 der Trägerin 10 ermittelt, und zwar an unterschiedlichen relevanten Positionen, vorzugsweise den Positionen, an denen die Ränder des Bekleidungsstückes, nämlich vor allem des herzustellenden Maß-Bekleidungsstückes, am Körper anliegen werden.
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Hierzu wird als Messvorrichtung eine großflächige Platte 16 auf die Haut 13 der Trägerin aufgelegt, und ein demgegenüber wesentlich kleinflächigerer Stempel 12, der mittels einer definierten Federkraft 14 gegenüber der Platte 16 vorgespannt ist, von der Platte aus gegen die Haut 13 eingedrückt. Aufgrund einer Skala 15 auf dem Stempel 12 kann dann das Maß der Einprägung des Stempels bei definierter Vorspannkraft abgelesen werden. Diese Eigenspannung der Haut kann für den optischen Eindruck eines Badebekleidungsstückes und dessen Einschnürung in der Haut der Trägerin von großer Bedeutung sein.
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Des Weiteren muss nun entschieden werden, welche der in der Regel nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung stehenden Konstruktionsarten, also welches Schnittmuster, von dem geplanten Maßbekleidungsstück dem Vorlage-Bekleidungsstück am ähnlichsten kommt.
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4 zeigt unterschiedliche BHs 1a–1d, denen auch völlig unterschiedliche Schnittmuster zugrunde liegen, die hier im Einzelnen nicht dargestellt werden.
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Nach Auswahl des ähnlichsten Modells und damit Schnittmusters, in diesem Fall des Modells 1c, wird als nächstes der Stoff für das Maßbekleidungsstück ausgewählt und dessen Dehnungsverhalten ermittelt. Das Dehnungsverhalten des Stoffes der Vorlage muss ebenfalls bekannt sein, ist jedoch in aller Regel aus dem Vergleich der Maße im ungedehnten und im Tragezustand des Vorlage-Bekleidungsstückes bekannt oder zumindest berechenbar.
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Anschließend erfolgt das Umsetzen der Maße des Vorlagen-Bekleidungsstückes aus dem ungedehnten Zustand in die Maße für das herzustellende Bekleidungsstück, allerdings unter Veränderung durch Berücksichtigung einerseits des anderen Schnittes und andererseits der anderen Stoffeigenschaften:
5 zeigt ein Kraft-Dehnungs-Diagramm für jeweils den Vorlagenstoff und den für das Maßbekleidungsstück ausgewählten Stoff, und zwar separat für die Längs- und Querrichtung dieser Stoffe, denn in der Regel ist das Dehnungsverhalten bei Geweben in den unterschiedlichen Geweberichtungen nicht gleich.
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Betrachtet man sich das Kraft-Dehnungs-Verhalten in Längsrichtung, so wird schnell klar, dass für das Erreichen ein und derselben bestimmten Zugkraft Z1 der ausgewählte Stoff prozentual weniger stark gedehnt werden darf als der Vorlagestoff.
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Wenn die optische Wirkung des fertigen Bekleidungsstückes hinsichtlich des Einschnürungsverhaltens etc. an der Trägerin 10 der gleiche sein soll wie beim Vorlagen-Bekleidungsstück, ist das Erzielen der gleichen Zugkraft an einer vergleichbaren Stelle des Bekleidungsstückes ein ganz wesentlicher Punkt, denn eine stärkere Zugkraft bewirkt eine stärkere Einschnürung und eine schwächere Zugkraft eine geringere Einschnürung.
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Ein optisch ansprechender Sitz des Kleidungsstückes wird jedoch gerade durch den richtigen Mittelweg zwischen Körperformung und nicht zu starker Einschnürung erzielt.
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Eine dritte Stufe von Maßänderungen kann zusätzlich dadurch eingebracht werden, dass die Trägerin 10 selbst Abänderungen gegenüber dem Vorlagenbekleidungsstück wünscht, also z. B. einen breiteren oder schmaleren Seitensteg des Slips oder Ähnliches.
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6 zeigt am Beispiel eines Slips 2 die möglichen zur Auswahl stehenden Schnitte 17a, b, ..., 18a, b,... wobei in 6a Vorderteile 17a, b, ... und in der 6b Rückteile 18a, b, ... des Slips 2 einander zugeordnet dargestellt sind. Wie ersichtlich, variieren die einzelnen Schnitte hinsichtlich Breite des Seitensteges, Verlauf der Oberkante, Verlauf des Beinausschnittes etc. ganz erheblich voneinander.
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Somit wird ausgehend vom Vorlagen-Slip zunächst die dem Vorlagen-Slip ähnlichste Grundform bestimmt, eventuell getrennt nach Vorderteil und Rückteil, und anschließend auf Basis der Maße des Vorlagenstückes die Maße für diesen ausgewählten Schnitt festgelegt.
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Lediglich der Verdeutlichung halber werden in 7 unterschiedliche Schnitte des Oberteiles einer BH-Seite dargestellt, der so genannte Modellierungsteil.
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Auch hier ist gut vorstellbar, dass durch Vernähen der zweidimensional dargestellten Einzelteile zueinander unterschiedlich geformte dreidimensionale Gebilde entstehen, von denen wiederum dasjenige Schnittmuster ausgewählt werden muss, welches im zusammengenähten Zustand der Formgebung des Oberteils der Vorlage am nächsten kommt, denn genau dies hat bei der Vorlage die gute Passform bewirkt.
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In gleicher Weise muss natürlich auch die Auswahl des – insbesondere dazu passenden – Schrittes für das BH-Unterteil erfolgen.
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Das halbfertige oder auch fertige Maßbekleidungsstück kann zur optischen Überprüfung vorab, also vor Auslieferung an die Kundin, auch einer Puppe 11 übergezogen werden, sofern diese auf die körperlichen Charakteristika der Trägerin einstellbar ist.
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Falls der Torso in 1a also nicht die Trägerin 10 selbst, sondern eine Puppe 11 darstellt, sollte einerseits deren Kern 11a auf die Körperproportionen und Körperhaltung der Trägerin einstellbar sein. Vorzugsweise verfügt die Puppe 11 jedoch darüber hinaus über eine separat beeinflussbare äußere Schicht 11b, deren Eigenspannung, vorzugsweise durch Verändern des Innendruckes dieser Außenschicht 11b als Simulation der Eigenspannung der Haut der Trägerin einstellbar ist.
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Die Proportionen des Kerns 11a der Puppe können ebenfalls durch Aufblasen veränderbar sein, beispielsweise in einzelnen Körperabschnitten, wobei dann der Druck des Kernes 11a grundsätzlich höher liegen muss als der der Außenschicht 11b.
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Aufgrund der Maßanfertigung des Bekleidungsstückes kann auf Elemente zur nachträglichen Größenanpassung, wie etwa Längeneinsteller 6 in den Trägern oder Umfangseinstellern, unter Umständen vollständig verzichtet werden.
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Bezugszeichenliste
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- 1
- BH
- 2
- Slip
- 3
- Weitenregulierung
- 4
- Rückenverschluss
- 5a, b, ...
- Dehnmessstreifen
- 6
- Längeneinsteller
- 7
- Umfangseinsteller
- 8
- Messvorrichtung
- 9
- Accessoires
- 10
- Trägerin
- 11
- Puppe
- 11a
- Kern
- 11b
- Außenschicht
- 12
- Stempel
- 13
- Haut
- 14
- Feder
- 15
- Skala
- 16
- Platte
- 17a, b
- Schnitt
- 18a, b
- Schnitt