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Aspekte der Erfindung beziehen sich auf ein Verfahren zur Herstellung eines Schnittmusters für eine Textilie, insbesondere für Bekleidungsstücke. Aspekte der Erfindung beziehen sich auch auf demgemäß hergestellte Textilien, Verfahren zu deren Herstellung, sowie ein entsprechendes Computerprogrammprodukt.
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Hintergrund
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Elektronisch erzeugte und gespeicherte Schnittmuster werden im industriellen Rahmen bei der Fertigung von Textilien, insbesondere für Bekleidung eingesetzt. Dabei ist eine Aufteilung des Kleidungsstücks bzw. des ihm zu Grunde liegenden Schnittmusters in symmetrische Teile üblich, die meist entlang von Symmetrielinien des Kleidungsstücks aufgeteilt sind. Ein einfaches Beispiel ist ein ärmelloses T-Shirt, das aus zwei Teilen zusammengenäht wird. Ein Teil ist die Vorder- bzw. Brustseite, der andere Teil die Rück- bzw. Rückenseite. Die Nähte zwischen den beiden Teilen verlaufen an den Seiten von den Ärmellöchern in gerader Linie bis zum unteren Rand, sowie an der Oberseite der Schultern vom Halsausschnitt in gerader Linie nach außen zu den Ärmellöchern. Diese Aufteilung ist auch die Basis für die Schnittmuster für eine Vielzahl anderer Oberbekleidungsstücke, wie Pullovern, Sweat-Shirts etc., wobei hier in der Regel die Ärmel separat zugeschnitten, angenäht und dann entlang ihrer Längsnaht vernäht werden.
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Die beschriebene Aufteilung hat den Nebeneffekt, dass die Nähte über fast die gesamte Länge des Kleidungsstücks parallel zur Fadenrichtung laufen. Dies führt dazu, dass die Kleidungsstücke beim Waschen einlaufen, was vom Kunden als negativ wahrgenommen wird. Darüber hinaus lässt die beschriebene konventionelle Aufteilung von Schnittmustern wenig Gestaltungsspielraum für unkonventionelle Nahtverläufe, die zum optischen Erscheinungsbild des Kleidungsstücks beitragen können.
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Wünschenswert ist vor diesem Hintergrund ein Verfahren zur Fertigung von Schnittmustern für Textilien, das die beschriebenen Nachteile herkömmlicher Nahtverläufe vermeidet.
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Zusammenfassung der Erfindung
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Vor diesem Hintergrund wird ein Verfahren zur Herstellung eines Schnittmusters für eine Textilie gemäß Anspruch 1, ein Kleidungsstück nach Anspruch 10, sowie ein Verfahren nach Anspruch 16 vorgeschlagen. Weitere Details, Merkmale und vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus den abhängigen Ansprüchen, aus den Figuren und aus der Beschreibung derselben.
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Gemäß einem ersten Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur Herstellung eines Schnittmusters für eine Textilie bereitgestellt. Es umfasst das Bereitstellen eines zweidimensionalen Ausgangsschnittmusters, das Nahtkanten aufweist, die jeweils dazu bestimmt sind, mit einer ihnen zugeordneten anderen Nahtkante verbunden zu werden, und Öffnungskanten aufweist, die dazu bestimmt sind, nicht mit einer anderen Kante verbunden zu werden. Es umfasst weiter das Auswählen mindestens eines Flächenstücks aus dem Ausgangsschnittmuster, wobei der Rand des Flächenstücks zumindest einen Teil mindestens einer ersten Nahtkante umfasst, und das Verschieben des mindestens einen Flächenstücks in der Weise, dass der Teil der ersten Nahtkante an dem ihm zugeordneten Teil einer zweiten Nahtkante angesetzt wird, um das Schnittmuster zu erhalten.
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Gemäß einem zweiten Aspekt der Erfindung wird ein Kleidungsstück vorgeschlagen. Das Kleidungsstück weist auf mindestens einer seiner Vorder- und Rückseite des Rumpfteils Bereiche unterschiedlichen Fadenlaufs auf, die jeweils mindestens 20% der Fläche der betreffenden Seite einnehmen.
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Gemäß einem dritten Aspekt der Erfindung wird ein Verfahren zur Herstellung eines Schnittmusters für ein Kleidungsstück vorgeschlagen. Das Verfahren umfasst das Bereitstellen eines zweidimensionalen Ausgangsschnittmusters, das Nahtkanten aufweist, die jeweils dazu bestimmt sind, mit einer ihnen zugeordneten anderen Nahtkante verbunden zu werden, und Öffnungskanten aufweist, die dazu bestimmt sind, nicht mit einer anderen Kante verbunden zu werden. Es umfasst weiter das Auswählen mindestens eines Flächenstücks aus dem Ausgangsschnittmuster, wobei der Rand des Flächenstücks zumindest einen Teil mindestens einer ersten Nahtkante umfasst, und das Verschieben des mindestens einen Flächenstücks in der Weise, dass ein zweites Schnittmuster entsteht, und dass ein gemäß dem zweiten Schnittmuster genähtes Kleidungsstück auf mindestens einer seiner Vorder- und Rückseite jeweils mindestens ein Nahtsegment aufweist, das zu mindestens zwei anderen Nahtsegmenten auf der betreffenden Seite in jeweils unterschiedlichen Winkeln von 5° bis 170° steht.
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Hierin sind Angaben, die sich auf Textilien bzw. Stoff beziehen, so zu verstehen, dass auch andere Materialien, aus denen Kleidung hergestellt werden kann oder die nach Schnittmustern verarbeitet werden können, inbegriffen sind. Dazu gehören beispielsweise Leder oder in Bahnen verfügbare Kunststoff-Folien oder -gewebe wie Mylar, Polyurethan, Polyvinylchlorid, etc. Des Weiteren kann das Verfahren für sämtliche aus flächigen Materialien durch Nähen, Kleben, Verschweißen oder Kombinationen der vorgenannten produzierten Gegenstände angewendet werden. Dazu gehören zum Beispiel Oberbekleidung, Kleider, Hosen, Röcke, Leggins, Unterwäsche, Socken, Schuhe, Taschen, etc. Zum weiteren Anwendungsbereich zählen auch großformatige Textilien wie Leinwände, Zelte, Tischdecken, Vorhänge, Abdeckplanen, etc. Wenn im Folgenden von „Vernähen” oder „Nähen” die Rede ist, sind dabei prinzipiell auch andere im Stand der Technik bekannte Verfahren wie Vernähen und/oder Verschweißen und/oder Verkleben inbegriffen, wenn dies nicht dem Kontext technisch zuwiderläuft.
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Detaillierte Beschreibung der Erfindung
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Im Folgenden sollen einzelne Ausführungsformen der Erfindung und vorteilhafte Aspekte allgemeiner Art in Bezug auf die Figuren dargestellt werden. Dabei können verschiedene einzelne Merkmale auch weggelassen oder mit anderen Merkmalen kombiniert werden. In den Figuren zeigen:
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1 zeigt ein zweiteiliges Ausgangsschnittmuster als Ausgangspunkt für das Verfahren nach Ausführungsformen der Erfindung.
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2 zeigt ein einteiliges Ausgangsschnittmuster als Ausgangspunkt für das Verfahren nach Ausführungsformen der Erfindung.
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3 zeigt ein Schnittmuster nach einem Zwischenschritt des Verfahrens gemäß Ausführungsformen der Erfindung.
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4 zeigt ein Schnittmuster nach einem weiteren Zwischenschritt des Verfahrens gemäß Ausführungsformen der Erfindung.
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5 zeigt das Schnittmuster der 4, mit einem skizzierten weiteren Verfahrensschritt gemäß Ausführungsformen der Erfindung.
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6 zeigt ein Schnittmuster, das nach einem Verfahren gemäß Ausführungsformen der Erfindung erstellt wurde.
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7 zeigt das Schnittmuster der 6 ohne Unterteilung in Teilflächen.
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8 zeigt ein weiteres Schnittmuster, das nach einem Verfahren gemäß Ausführungsformen der Erfindung erstellt wurde.
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9 zeigt noch ein weiteres Schnittmuster, das nach einem Verfahren gemäß Ausführungsformen der Erfindung erstellt wurde.
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10 zeigt eine Vorder- und eine Rückansicht eines Kleidungsstücks, das nach dem in 9 gezeigten Schnittmuster hergestellt wurde.
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Im Folgenden soll mit Bezug auf die 1 bis 7 ein Verfahren zur Herstellung eines Schnittmusters gemäß einer Ausführungsform der Erfindung beschrieben werden. 1 zeigt ein herkömmliches Schnittmuster für ein ärmelloses T-Shirt, das als Ausgangsschnittmuster für das Verfahren dienen kann. Dieses ist, wie in der Industrie üblich, zweiteilig ausgeführt, mit einer Rückseite 10 und einer Vorderseite 20. Obgleich sich das hierin beschriebene Verfahren auch zur direkten Anwendung auf zwei- oder mehrteilige Ausgangsschnittmuster eignet, wird die mehrteilige Form bevorzugt auf eine einteilige Form zusammengeführt, die in 2 als Ausgangsschnittmuster 30 gezeigt ist.
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Das Ausgangsschnittmuster weist verschiedene Arten von Kanten auf, deren Unterscheidung für das folgende Verfahren nötig ist. Zum einen gibt es Nahtkanten 12, die jeweils dazu bestimmt sind, beim Herstellen eines Kleidungsstücks gemäß dem Schnittmuster mit einer ihnen zugeordneten anderen Nahtkante verbunden zu werden. Dazu zählen etwa die beiden in 2 ganz links bzw. rechts befindlichen senkrechten Seitenkanten, die beim Vernähen des T-Shirts gemäß diesem Schnittmuster – was allerdings nicht Ziel des Verfahrens ist miteinander verbunden würden. Zum anderen gibt es Öffnungskanten 14, die nicht zur Vernähung mit einer anderen Kante vorgesehen sind. Dies ist etwa durch die halbrunde Kante 14 links oben in 2 repräsentiert. Sie sind später Teil der Öffnungen für Arme, Hals oder Rumpf.
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In 3 ist dargestellt, dass das Ausgangsschnittmuster 35 in eine Anzahl von Flächenstücken aufgeteilt wird. Diese Aufteilung geschieht typischerweise an einem Computerarbeitsplatz, wobei eine elektronische Repräsentation des Schnittmusters bearbeitet wird. Dabei ist die Flächenform, die zur Aufteilung des Musters verwendet wird, weitgehend beliebig. Dreiecke bieten sich an wegen der leichten Beschreibbarkeit in digitalisierter Form, und da Algorithmen zu deren Verarbeitung weit verbreitet sind. Es sind auch höhergradige Polygone mit n größer 3 möglich, sowie Mischungen von verschiedengradigen Polygonen, oder Polygone, die teilweise von geraden Strecken und teilweise von Kurvenstücken begrenzt sind. Des Weiteren ist es nicht unbedingt notwendig, aber zweckmäßig und typisch, die gesamte Fläche vollständig in Polygone bzw. anders geformte Flächenstücke aufzuteilen.
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In 3 ist das Schnittmuster mit Dreiecken aufgeteilt, wobei aus Darstellungsgründen nur zwei Dreiecke 60, 70 bezeichnet sind. Des Weiteren sind einige Flächen vorhanden, die teilweise durch Kurven begrenzt sind, etwa Form 80, die unter anderem von zwei gerundeten Öffnungskanten begrenzt ist.
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4 zeigt ein Beispiel für eine Bearbeitung gemäß einer Ausführungsform. Dabei werden zwei Dreiecke 60, 70, die beide von einer Nahtkante begrenzt werden, aus der Form 35 ausgeschnitten bzw. ausgewählt. Sie werden dann derart verschoben, dass die Begrenzungslinien, die vorher Teil der Nahtkante 12 waren, an einer anderen Stelle an eine Nahtkante 12 angesetzt werden, als Dreiecke 61, 71. Dabei ist wichtig, dass die geänderten Flächen an genau der Nahtkante angesetzt werden, die – bei einer imaginären Vernähung eines Stoffs gemäß dem Schnittmuster – das Gegenstück zu einer sie in ihrer Ausgangsposition begrenzenden Nahtkante ist. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass trotz der durchgeführten Änderung der Geometrie des Schnittmusters und der Brechung seiner Symmetrie dennoch die gleiche Form des gefertigten Werkstücks erzielt wird.
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5 zeigt eine weitere Änderung der Geometrie des Schnittmusters 36. Dabei werden zwei Flächenstücke 90, 100 ausgewählt und gemäß der Pfeile an zwei neue Stellen verschoben. Das Ergebnis dieser Verschiebung ist in 6 gezeigt, wobei die verschobenen Flächenstücke 90, 100 die Flächenstücke 91, 101 bilden. Aus darstellungstechnischen Gründen sind einige der Unterteilungslinien aus 5 in 6 nicht dargestellt.
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7 zeigt das in 6 dargestellte Schnittmuster ohne die Unterteilungslinien der Flächenstücke innerhalb des fertiggestellten Schnittmusters 38. Dieses Schnittmuster kann nun, wie im Stand der Technik bekannt, als Vorlage zum Nähen eines T-Shirts verwendet werden. Ausgehend von diesem Schnittmuster könnten auch noch weitere Umformungsschritte vorgenommen werden; auch könnte das Muster etwa mit einer anderen Flächenaufteilung bzw. anderen Polygonen neu aufgeteilt werden und wiederum einzelne Teilflächen nach dem oben beschriebenen Verfahren umgeordnet werden. Dadurch ist eine Erzeugung einer beliebig hohen Anzahl an Schnittmusterformen aus dem Ausgangsschnittmuster möglich, die entsprechend eine Vielzahl unterschiedlicher, komplexer Nahtverläufe ermöglichen.
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8 zeigt eine weitere Variante 39 eines Schnittmusters, die durch Anwendung des oben beschriebenen Verfahrens aus dem Ausgangsschnittmuster in 1 bzw. 2 erzielt werden kann.
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9 zeigt eine weitere Variante eines Schnittmusters 45 gemäß einer Ausführungsform, und 10 zeigt Vorder- und Rückansicht 46, 47 eines gemäß diesem Musters gefertigten T-Shirts.
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Da die gemäß dem Verfahren erzeugten Schnittmuster im Allgemeinen für das menschliche Auge wenig bis keinerlei Anhaltspunkte bieten, durch welche einzelnen Vernähungen das Werkstück gefertigt werden kann, ist bei der Erstellung gemäß dem obigen Verfahren wichtig, einen Datensatz o. Ä. mit Nähinformationen zu erstellen. Dieser enthält die Bezeichnungen der einzelnen Kantenstücke und die Information, welche dieser Kanten mit welchen Gegenkanten vernäht bzw. anderweitig verbunden werden sollen. Bei herkömmlichen Schnitt-Techniken werden die Kanten mit Markierungen, sogenannten Knipsen versehen, um eine exakte Passung von Kanten und Gegenkanten zu ermöglichen. Weil bei einem herkömmlichen Schnittmuster wie in 1 oder 2 bereits augenscheinlich für die nähende Person klar ist, welche Kanten mit welchen Kanten vernäht werden müssen, haben diese Knipse konventionell eine einheitliche Form, z. B. aus den Kanten in bestimmten Abständen ausgestanzte kleine Dreiecke. Gemäß Ausführungsformen des vorliegenden Verfahrens werden dagegen verschiedene Formen eingesetzt, etwa Dreiecke, Quadrate, Halbkreise, oder beliebige andere eindeutig unterscheidbare Formen oder Zeichen wie z. B. Buchstaben, Zahlen, oder andere alphanumerische Zeichen und Sonderzeichen, um zusammengehörige Kanten zu kennzeichnen. D. h., der gemäß dem Schnittmuster ausgeschnittene Textilrohling wird an verschiedenen Kanten mit verschiedenen Knipsen versehen, wobei jeweils aneinander zu nähende Kanten die gleichen Knipse aufweisen. Auf diese Weise wird der Rohling mit den Informationen versehen, an welchen sich die nähende Person bei der Fertigung orientieren kann. Der Datensatz mit den Informationen zu den verschiedenen Kanten, und an welche Gegenkanten sie genäht werden müssen, wird als Knipslegende bezeichnet. Sie kann von einem Computerprogramm automatisch erstellt werden, das typischerweise Teil eines Entwurfsprogramms ist, das das oben beschriebene Schnittmuster-Modifikationsverfahren bereitstellt.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform kann das fertig erstellte Schnittmuster als Datensatz in einem Computer gespeichert sein, und mittels eines Algorithmus das fertige Kleidungsstück simuliert werden. Dazu ist es nötig, das Schnittmuster auf einen simulierten Körper eines Trägers zu formen, wobei die Informationen der Knipsliste verwendet werden können, um die Richtungen der Verformung einzelner Bereiche festzulegen. Auf diese Weise kann etwa ein Simulator für die fertige Textilie erstellt werden, bei dem ein Benutzer zuerst das Schnittmuster selbst durch Umformen bzw. Umordnen von Flächen modifiziert, und das Ergebnis sofort als Simulation betrachten kann. Dabei kann auch ein so genannter Avatar eingesetzt werden, also eine Simulation eines Menschen im Rechner, der die Textilie virtuell trägt.
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Sind die Schnittmuster gemäß dem obigen Verfahren aus einem einteiligen Ausgangsschnittmuster, wie etwa in 2 gezeigt, erstellt worden, erfüllen sie bzw. die daraus gefertigten Textilien im allgemeinen folgende Eigenschaften. Da das gesamte Werkstück aus einem Stück Rohmaterial gefertigt ist, weist die so genähte Textilie nur eine, aus mehreren zueinander gewinkelten Segmenten bestehende Naht auf. Somit ist jeder Punkt auf der Textilienoberfläche durch eine entlang der Oberfläche verlaufende Verbindungsstrecke mit jedem anderen Punkt der Oberfläche verbindbar, ohne dass die Verbindungsstrecke dabei eine Naht kreuzt. Diese Naht ist in der Regel mindestens 1,5 mal so groß wie die größte Längenausdehnung des Werkstücks, wenn es auf eine Fläche ausgebreitet ist. Die Naht hat dann in der Regel mehrere in unterschiedlichen Richtungen (bezogen auf eine Längsachse des Werkstücks) verlaufende Segmente, die miteinander Winkel von 1° bis 179°, oder typischer von 5° bis 170°, noch typischer von 10° bis 150° einschließen. Einer der Vorteile der mit dem Verfahren gemäß Ausführungsformen möglichen einteiligen Schnittmuster ist, dass bei der Produktion, die im Textilbereich häufig bei Dienstleistern geschieht, weder auf dem Transport noch bei der Handhabung in der Fertigung eines der mehreren Teile eines Rohlings verloren gehen können.
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Weiterhin weisen die erfindungsgemäßen Textilien typischerweise auf mindestens einer ihrer Vorder- und Rückseite des Rumpfteils Bereiche unterschiedlichen Fadenlaufs auf, die typischerweise jeweils mindestens etwa 20% der Fläche der betreffenden Seite einnehmen.
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In anderen Ausführungsformen kann das umgeformte Schnittmuster, wie etwa in 7 und 8 gezeigt, für die Fertigung in mehrere Teile aufgeteilt werden, etwa in zwei, drei, vier, oder mehr Teile. Die oben genannten Eigenschaften, die aus der Einstückigkeit des zu vernähenden Rohmaterials und des Schnittmusters resultieren, gelten dann für jedes der Teile des Kleidungsstücks einzeln, die jeweils gemäß einem Teil des Schnittmusters gefertigt wurden.
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Durch die beliebige Formung des Nahtverlaufs haben die mit den hier beschriebenen Schnittmustern hergestellten Kleidungsstücke weiterhin typischerweise die Eigenschaft, asymmetrisch über das Kleidungsstück verlaufende Nahtsegmente aufzuweisen. Mindestens eine von Vorder- und Rückseite weist in der Regel jeweils mindestens ein Nahtsegment auf, das zu mindestens zwei anderen Nahtsegmenten auf der betreffenden Seite in jeweils unterschiedlichen Winkeln von 1° bis 179°, oder typischer von 5° bis 170°, noch typischer von 10° bis 150° verläuft bzw. steht.
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Eine weitere Eigenschaft von Kleidungsstücken bzw. Textilien, die nach dem oben beschriebenen Verfahren gefertigt wurden, sind die verbesserten Gebrauchseigenschaften bzw. die Verformungsbeständigkeit. Diese resultieren vor allem daraus, dass erfindungsgemäß hergestellte Textilien zwangsläufig Bereiche unterschiedlicher Fadenlaufrichtung aufweisen.
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Die Kettfäden eines Gewebes verlaufen immer parallel zu den Webkanten und bilden den Fadenlauf. Der korrekte Fadenlauf muss beim Zuschnitt beachtet werden. In Schnittmustern wird dieser meist mit einem Pfeil gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass die Schnittmuster in diese Richtung auf den Stoff gelegt werden müssen. Wenn das Kleidungsstück nicht gerade im Fadenlauf, sondern im schrägen Fadenlauf zugeschnitten wird, ist es besonders dehnbar.
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Da die mit den hierin beschriebenen Verfahren gefertigten Schnittmuster, wie etwa in 7 oder 8 gezeigt, keine Symmetrie aufweisen, erfolgt die Übertragung auf den Stoff und der Zuschnitt in der Regel ohne Beachtung des Fadenlaufes, bzw. das Schnittmuster kann an einer Stelle dem Fadenlauf angepasst werden, weicht aber an anderen Stellen wiederum ab. Dies bedeutet, dass zahlreiche der Teilflächen bzw. Flächenstücke einen schrägen, zueinander versetzten Fadenlauf aufweisen. Dies führt dazu, dass der Stoff der fertigen Textilie dehnbarer wird.
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Die Erfinderin hat einen Test durchgeführt, bei dem ein nach dem Stand der Technik gefertigtes T-Shirt (Schnitt gemäß
2, zusätzlich Ärmel) und ein nach einem Schnitt nach dem erfindungsgemäßen Verfahren, nämlich dem in
8 gezeigten, gefertigtes T-Shirt aus handelsüblichem 100% Baumwolljersey-Stoff mit 80 g/m
2 jeweils zehn Waschgängen unterzogen wurden. Zum Einsatz kam eine übliche Haushaltswaschmaschine, mit einem Buntwaschprogramm mit 60°. Die Ergebnisse sind in der folgenden Tabelle 1 gezeigt. Bei dem erfindungsgemäßen T-Shirt ist die konventionelle Seitennaht/Schulternaht nicht vorhanden, daher wurde stattdessen an den Stellen gemessen, an denen diese beim Vergleichs-T-Shirt nach dem Stand der Technik verlaufen.
Testgegenstand | Lange Seitennähte vor Test/ nach 10 Waschgängen (jeweils links, rechts) | Länge Schulternähte vor Test/nach 10 Waschgängen (jeweils links, rechts) | Durchschnittliche prozentuale Änderung (Seitennähte/Schulternähte) |
T-Shirt gemäß Stand der Technik | 45 cm, 45 cm/43,5 cm, 44 cm | 31,5 cm, 31,5 cm/29 cm, 29,5 cm | –2,9%/–7,1% |
T-Shirt gemäß Schnittmuster aus Fig. 8 | 47 cm, 47 cm/48,5 cm, 49 cm | 28,5 cm, 28,5 cm/29 cm, 29 cm | +3,7%/+1,8% |
Tabelle 1
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Während besonders der für die Passform wichtige Bereich der Schulternähte beim T-Shirt nach dem Stand der Technik im Durchschnitt um 7,1% schrumpfte, nahm diese Abmessung bei der erfindungsgemäßen Textilie zu, und nur um +1,8%. Langzeittests haben gezeigt, dass erfindungsgemäße Textilien dazu tendieren, nach der beobachteten leichten Größenzunahme in der Größe konstant zu bleiben, während nach herkömmlichen Schnitten gefertigte Textilien dazu neigen, weiter zu schrumpfen, bis dies durch das Ermüden des Stoffs („Ausleiern”) kompensiert wird. Das geänderte Schrumpfverhalten von Textilien, die nach dem hierin beschriebenen Verfahren gefertigt wurden, ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass sich die Ausdehnung des Stoffs, die durch die Fadenrichtung mitbestimmt wird, durch die unterschiedliche Fadenrichtung in unterschiedlichen Bereichen der Textilie insgesamt weitgehend egalisiert.
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Ein weiterer Effekt des hier beschriebenen Verfahrens ist die Beständigkeit gegen Torsion. So zeigen T-Shirts nach dem Stand der Technik die dem Fachmann bekannte Tendenz, beim Waschen eine Torsionsverformung um die Hochachse des Kleidungsstücks zu entwickeln. Dies ist bei erfindungsgemäß gefertigten Kleidungsstücken nicht der Fall, was ebenfalls durch die gegenseitige Ausgleichung der Ausdehnung des Stoffs in verschiedenen Bereichen unterschiedlicher Richtung des Fadenlaufs begründet ist.
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Das hierin beschrieben Verfahren eignet sich zur Automatisierung mittels Software, wobei die programmiertechnische Umsetzung des Verfahrens lediglich Standardwissen des Fachmanns erfordert. Zum Schutzbereich wird daher neben dem Verfahren selbst und den damit hergestellten Werkstücken auch ein Computerprogramm bzw. dessen physische Verkörperung angesehen, das bei Ausführung auf einem Computer Verfahren gemäß Ausführungsbeispielen bereitstellt.